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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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Volksschullehrer viel eifriger sein als die Lehrerinnen.
Trotzdem ist die Lehrerin aus unserem Staatswesen nicht
mehr fortzudenken und leistet wertvolle Dienste. Sie soll
ergänzen, was die Mutter den Kindern nicht hat geben
können, sie sollte auch den erzieherisch nicht geschulten
Müttern Helferin und Beraterin sein. Mädchen haben
in dem Alter, in dem sie am empfänglichsten sind,
manchmal eine Scheu vor der Mutter und ein weit-
gehendes Vertrauen zur Lehrerin. Wieviel edler Same
kann da in die jungen Herzen gestreut werden! Noch
fassen Tausende von Lehrerinnen ihren Beruf so auf und
sind dadurch ein Segen für die Schule und für unser
Volk. Aber andererseits sind aus dem Stande der
Lehrerinnen zum großen Teil die Führerinnen der Frauen-
emanzipation hervorgegangen. Hel. Lange sagt: "Die
Lehrerin gehört mitten in die Frauenbewegung hinein."
Jm Katechismus der Frauenbewegung steht: "Über die
Einförmigkeit der täglichen Pflichterfüllung darf die
Lehrerin der Gedanke erheben, daß ihren Händen das
wertvollste Material anvertraut ist, und daß sie mit ihm
zugleich das künftige Schicksal der Frauensache formt."
Ein ganz klares Programm - eigentlich die Höhe der
Skrupellosigkeit! Die Eltern vertrauen ihr Bestes der
Lehrerin an, und sie gebraucht ihren Einfluß, um mit
ihren emanzipierten Jdeen Zwiespalt in die jungen
Herzen hineinzutragen! Die moderne Frauenfrage ist
nicht kulturell, sondern politisch. Was geschähe wohl dem
Lehrer, der seine Schüler parteipolitisch beeinflussen
wollte? Die Lehrerin aber wird von ihren Führerinnen
aufgefordert, ihre Pflicht in dieser Weise zu verletzen und

Volksschullehrer viel eifriger sein als die Lehrerinnen.
Trotzdem ist die Lehrerin aus unserem Staatswesen nicht
mehr fortzudenken und leistet wertvolle Dienste. Sie soll
ergänzen, was die Mutter den Kindern nicht hat geben
können, sie sollte auch den erzieherisch nicht geschulten
Müttern Helferin und Beraterin sein. Mädchen haben
in dem Alter, in dem sie am empfänglichsten sind,
manchmal eine Scheu vor der Mutter und ein weit-
gehendes Vertrauen zur Lehrerin. Wieviel edler Same
kann da in die jungen Herzen gestreut werden! Noch
fassen Tausende von Lehrerinnen ihren Beruf so auf und
sind dadurch ein Segen für die Schule und für unser
Volk. Aber andererseits sind aus dem Stande der
Lehrerinnen zum großen Teil die Führerinnen der Frauen-
emanzipation hervorgegangen. Hel. Lange sagt: „Die
Lehrerin gehört mitten in die Frauenbewegung hinein.“
Jm Katechismus der Frauenbewegung steht: „Über die
Einförmigkeit der täglichen Pflichterfüllung darf die
Lehrerin der Gedanke erheben, daß ihren Händen das
wertvollste Material anvertraut ist, und daß sie mit ihm
zugleich das künftige Schicksal der Frauensache formt.“
Ein ganz klares Programm – eigentlich die Höhe der
Skrupellosigkeit! Die Eltern vertrauen ihr Bestes der
Lehrerin an, und sie gebraucht ihren Einfluß, um mit
ihren emanzipierten Jdeen Zwiespalt in die jungen
Herzen hineinzutragen! Die moderne Frauenfrage ist
nicht kulturell, sondern politisch. Was geschähe wohl dem
Lehrer, der seine Schüler parteipolitisch beeinflussen
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[132/0134] Volksschullehrer viel eifriger sein als die Lehrerinnen. Trotzdem ist die Lehrerin aus unserem Staatswesen nicht mehr fortzudenken und leistet wertvolle Dienste. Sie soll ergänzen, was die Mutter den Kindern nicht hat geben können, sie sollte auch den erzieherisch nicht geschulten Müttern Helferin und Beraterin sein. Mädchen haben in dem Alter, in dem sie am empfänglichsten sind, manchmal eine Scheu vor der Mutter und ein weit- gehendes Vertrauen zur Lehrerin. Wieviel edler Same kann da in die jungen Herzen gestreut werden! Noch fassen Tausende von Lehrerinnen ihren Beruf so auf und sind dadurch ein Segen für die Schule und für unser Volk. Aber andererseits sind aus dem Stande der Lehrerinnen zum großen Teil die Führerinnen der Frauen- emanzipation hervorgegangen. Hel. Lange sagt: „Die Lehrerin gehört mitten in die Frauenbewegung hinein.“ Jm Katechismus der Frauenbewegung steht: „Über die Einförmigkeit der täglichen Pflichterfüllung darf die Lehrerin der Gedanke erheben, daß ihren Händen das wertvollste Material anvertraut ist, und daß sie mit ihm zugleich das künftige Schicksal der Frauensache formt.“ Ein ganz klares Programm – eigentlich die Höhe der Skrupellosigkeit! Die Eltern vertrauen ihr Bestes der Lehrerin an, und sie gebraucht ihren Einfluß, um mit ihren emanzipierten Jdeen Zwiespalt in die jungen Herzen hineinzutragen! Die moderne Frauenfrage ist nicht kulturell, sondern politisch. Was geschähe wohl dem Lehrer, der seine Schüler parteipolitisch beeinflussen wollte? Die Lehrerin aber wird von ihren Führerinnen aufgefordert, ihre Pflicht in dieser Weise zu verletzen und

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/134>, abgerufen am 27.11.2024.