Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

Bild:
<< vorherige Seite

ehe sie ihr Studium beendet haben, zu den körperlichen
und seelischen Schäden für Ehe und Mutterschaft - die
oben erwähnt sind - kommt häufig die große Gefahr
des Halbwissens. Der Vorwurf, den man den Töchter-
schulen alten Stils macht, trifft in solchen Fällen, wenn
auch auf höherer Stufe, wieder zu. Das Mädchen hat
von der Wissenschaft genascht und dabei gar zu leicht
die Achtung vor ernsthafter geistiger Arbeit verloren.
Die allermeisten Studentinnen heiraten nicht, (wenn
man die immatrikulierten Lehrerinnen dazu rechnet),
damit sind sie um das höchste Glück im Frauenleben
gekommen und für den Nachwuchs unseres Volkes ist
eine große Summe von Jntelligenz und Willenskraft
verloren gegangen. Niemand wird die Notwendigkeit
einer reichen und tiefen Frauenbildung leugnen, niemand
wird ihren Vorteil für Familie und Volk unterschätzen,
aber unsere Frauenbildung darf nicht hinter der männ-
lichen herhinken, sie muß ihre eigenen Wege gehen, die
der Staat ihr ebnen muß, wie er es bei der Bildung
seiner männlichen Glieder tut. Die Bedeutung der
Frauen für Leben, Gesundheit und Fortschritt unseres
Volkes kann mit der Bedeutung des männlichen Geschlechts
nur auf gleicher Höhe bleiben, wenn die Frauen dem
Gewebe der geistigen Welt einen eigenen Einschlag geben,
wenn sie nie vergessen, daß sie nur ganze Menschen sein
können, wenn sie ganze Frauen sind!

ehe sie ihr Studium beendet haben, zu den körperlichen
und seelischen Schäden für Ehe und Mutterschaft – die
oben erwähnt sind – kommt häufig die große Gefahr
des Halbwissens. Der Vorwurf, den man den Töchter-
schulen alten Stils macht, trifft in solchen Fällen, wenn
auch auf höherer Stufe, wieder zu. Das Mädchen hat
von der Wissenschaft genascht und dabei gar zu leicht
die Achtung vor ernsthafter geistiger Arbeit verloren.
Die allermeisten Studentinnen heiraten nicht, (wenn
man die immatrikulierten Lehrerinnen dazu rechnet),
damit sind sie um das höchste Glück im Frauenleben
gekommen und für den Nachwuchs unseres Volkes ist
eine große Summe von Jntelligenz und Willenskraft
verloren gegangen. Niemand wird die Notwendigkeit
einer reichen und tiefen Frauenbildung leugnen, niemand
wird ihren Vorteil für Familie und Volk unterschätzen,
aber unsere Frauenbildung darf nicht hinter der männ-
lichen herhinken, sie muß ihre eigenen Wege gehen, die
der Staat ihr ebnen muß, wie er es bei der Bildung
seiner männlichen Glieder tut. Die Bedeutung der
Frauen für Leben, Gesundheit und Fortschritt unseres
Volkes kann mit der Bedeutung des männlichen Geschlechts
nur auf gleicher Höhe bleiben, wenn die Frauen dem
Gewebe der geistigen Welt einen eigenen Einschlag geben,
wenn sie nie vergessen, daß sie nur ganze Menschen sein
können, wenn sie ganze Frauen sind!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0125" n="123"/>
ehe sie ihr Studium beendet haben, zu den körperlichen<lb/>
und seelischen Schäden für Ehe und Mutterschaft &#x2013; die<lb/>
oben erwähnt sind &#x2013; kommt häufig die große Gefahr<lb/>
des Halbwissens. Der Vorwurf, den man den Töchter-<lb/>
schulen alten Stils macht, trifft in solchen Fällen, wenn<lb/>
auch auf höherer Stufe, wieder zu. Das Mädchen hat<lb/>
von der Wissenschaft genascht und dabei gar zu leicht<lb/>
die Achtung vor ernsthafter geistiger Arbeit verloren.<lb/>
Die allermeisten Studentinnen heiraten nicht, (wenn<lb/>
man die immatrikulierten Lehrerinnen dazu rechnet),<lb/>
damit sind sie um das höchste Glück im Frauenleben<lb/>
gekommen und für den Nachwuchs unseres Volkes ist<lb/>
eine große Summe von Jntelligenz und Willenskraft<lb/>
verloren gegangen. Niemand wird die Notwendigkeit<lb/>
einer reichen und tiefen Frauenbildung leugnen, niemand<lb/>
wird ihren Vorteil für Familie und Volk unterschätzen,<lb/>
aber unsere Frauenbildung darf nicht hinter der männ-<lb/>
lichen herhinken, sie muß ihre eigenen Wege gehen, die<lb/>
der Staat ihr ebnen muß, wie er es bei der Bildung<lb/>
seiner männlichen Glieder tut. Die Bedeutung der<lb/>
Frauen für Leben, Gesundheit und Fortschritt unseres<lb/>
Volkes kann mit der Bedeutung des männlichen Geschlechts<lb/>
nur auf gleicher Höhe bleiben, wenn die Frauen dem<lb/>
Gewebe der geistigen Welt einen eigenen Einschlag geben,<lb/>
wenn sie nie vergessen, daß sie nur ganze Menschen sein<lb/>
können, wenn sie ganze Frauen sind!</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0125] ehe sie ihr Studium beendet haben, zu den körperlichen und seelischen Schäden für Ehe und Mutterschaft – die oben erwähnt sind – kommt häufig die große Gefahr des Halbwissens. Der Vorwurf, den man den Töchter- schulen alten Stils macht, trifft in solchen Fällen, wenn auch auf höherer Stufe, wieder zu. Das Mädchen hat von der Wissenschaft genascht und dabei gar zu leicht die Achtung vor ernsthafter geistiger Arbeit verloren. Die allermeisten Studentinnen heiraten nicht, (wenn man die immatrikulierten Lehrerinnen dazu rechnet), damit sind sie um das höchste Glück im Frauenleben gekommen und für den Nachwuchs unseres Volkes ist eine große Summe von Jntelligenz und Willenskraft verloren gegangen. Niemand wird die Notwendigkeit einer reichen und tiefen Frauenbildung leugnen, niemand wird ihren Vorteil für Familie und Volk unterschätzen, aber unsere Frauenbildung darf nicht hinter der männ- lichen herhinken, sie muß ihre eigenen Wege gehen, die der Staat ihr ebnen muß, wie er es bei der Bildung seiner männlichen Glieder tut. Die Bedeutung der Frauen für Leben, Gesundheit und Fortschritt unseres Volkes kann mit der Bedeutung des männlichen Geschlechts nur auf gleicher Höhe bleiben, wenn die Frauen dem Gewebe der geistigen Welt einen eigenen Einschlag geben, wenn sie nie vergessen, daß sie nur ganze Menschen sein können, wenn sie ganze Frauen sind!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-13T13:51:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-13T13:51:38Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/125
Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/125>, abgerufen am 23.11.2024.