heute zu den Parteigängerinnen des Frauenstimmrechts gezählt werden muß. Diese internationalen Erfolge haben dem Häuflein des organisierten deutschen Stimmrecht- lerinnen den traurigen Mut gemacht, zum nächsten inter- nationalen Weltkongreß für Frauenstimmrecht nach Berlin einzuladen, wo sie im Juni 1915 zu tagen gedachten. Der Beginn des großen europäischen Krieges hat diesen Plan zunächst vereitelt; aber am Ende des Krieges wird man alle die internationalen Damen wieder an der Front treffen.
Die Erfahrungen der politischen Frauen bei der Arbeit innerhalb der politischen Parteien und gelegentlich der Parlamentsdebatten, sowie das Beispiel der nordischen Länder haben zu der Erkenntnis geführt, daß der Weg der allmählichen Entwicklung die meiste Aussicht für die Erreichung des Endzieles bietet. So wirft man sich denn zur Zeit mit aller Energie auf die Eroberung des kirch- lichen und kommunalen Wahlrechts, denen dann das par- lamentarische entwicklungsgemäß nachfolgen soll. Die Er- folge in Breslau und in Baden - die Synoden sprechen sich für das kirchliche Frauenwahlrecht aus - und in Sachsen-Weimar, wo das kommunale Wahlrecht in Aus- sicht steht, fordern zur Nacheiferung heraus. So liegt nach den Zeitungsberichten dem Preußischen Landtage wie in früheren Jahren eine Petition des preußischen Frauen- stimmrechtsvereins um das kommunale Wahlrecht vor, und ebenso steht es in Bayern und anderen Bundes- ländern. Man verfährt nach dem internationalen Frauen- rezept: Nur nicht ablassen, immer wiederkommen, die Männer - insbesondere die Parteien - werden zum
heute zu den Parteigängerinnen des Frauenstimmrechts gezählt werden muß. Diese internationalen Erfolge haben dem Häuflein des organisierten deutschen Stimmrecht- lerinnen den traurigen Mut gemacht, zum nächsten inter- nationalen Weltkongreß für Frauenstimmrecht nach Berlin einzuladen, wo sie im Juni 1915 zu tagen gedachten. Der Beginn des großen europäischen Krieges hat diesen Plan zunächst vereitelt; aber am Ende des Krieges wird man alle die internationalen Damen wieder an der Front treffen.
Die Erfahrungen der politischen Frauen bei der Arbeit innerhalb der politischen Parteien und gelegentlich der Parlamentsdebatten, sowie das Beispiel der nordischen Länder haben zu der Erkenntnis geführt, daß der Weg der allmählichen Entwicklung die meiste Aussicht für die Erreichung des Endzieles bietet. So wirft man sich denn zur Zeit mit aller Energie auf die Eroberung des kirch- lichen und kommunalen Wahlrechts, denen dann das par- lamentarische entwicklungsgemäß nachfolgen soll. Die Er- folge in Breslau und in Baden – die Synoden sprechen sich für das kirchliche Frauenwahlrecht aus – und in Sachsen-Weimar, wo das kommunale Wahlrecht in Aus- sicht steht, fordern zur Nacheiferung heraus. So liegt nach den Zeitungsberichten dem Preußischen Landtage wie in früheren Jahren eine Petition des preußischen Frauen- stimmrechtsvereins um das kommunale Wahlrecht vor, und ebenso steht es in Bayern und anderen Bundes- ländern. Man verfährt nach dem internationalen Frauen- rezept: Nur nicht ablassen, immer wiederkommen, die Männer – insbesondere die Parteien – werden zum
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heute zu den Parteigängerinnen des Frauenstimmrechts
gezählt werden muß. Diese internationalen Erfolge haben
dem Häuflein des organisierten deutschen Stimmrecht-
lerinnen den traurigen Mut gemacht, zum nächsten inter-
nationalen Weltkongreß für Frauenstimmrecht nach Berlin
einzuladen, wo sie im Juni 1915 zu tagen gedachten.
Der Beginn des großen europäischen Krieges hat diesen
Plan zunächst vereitelt; aber am Ende des Krieges wird
man alle die internationalen Damen wieder an der Front
treffen.
Die Erfahrungen der politischen Frauen bei der
Arbeit innerhalb der politischen Parteien und gelegentlich
der Parlamentsdebatten, sowie das Beispiel der nordischen
Länder haben zu der Erkenntnis geführt, daß der Weg
der allmählichen Entwicklung die meiste Aussicht für die
Erreichung des Endzieles bietet. So wirft man sich denn
zur Zeit mit aller Energie auf die Eroberung des kirch-
lichen und kommunalen Wahlrechts, denen dann das par-
lamentarische entwicklungsgemäß nachfolgen soll. Die Er-
folge in Breslau und in Baden – die Synoden sprechen
sich für das kirchliche Frauenwahlrecht aus – und in
Sachsen-Weimar, wo das kommunale Wahlrecht in Aus-
sicht steht, fordern zur Nacheiferung heraus. So liegt
nach den Zeitungsberichten dem Preußischen Landtage wie
in früheren Jahren eine Petition des preußischen Frauen-
stimmrechtsvereins um das kommunale Wahlrecht vor,
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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/12>, abgerufen am 16.07.2024.
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