tenderer Art und werden auch bei einiger Aufmerksamkeit durch die Erfahrung ohne Weiteres gewonnen. So wähle man das Brett nicht zu klein, wenigstens müssen die einzel- nen Felder in splendidem Verhältniss zur Basis der Figuren stehen. Es erleichtert diess wesentlich den Ueberblick; aus demselben Grunde erscheint es vortheilhaft, sich so zu setzen, dass der Schein des Tages oder des Lichtes von der linken Hand herkommt.
§. 76. Zu den Schicklichkeitsregeln gehört vor allen Dingen der Rath, üble Angewohnheiten, die das Spiel für den Gegner mehr oder minder unangenehm machen können, zu vermeiden. So ist es gewiss lästig, wenn Spieler bei ihren Plänen laut denken, oder mit den Fingern auf den Feldern des Brettes umherfahren; auch jegliches Schwatzen während des Spieles und Kritisiren der Züge des Andern darf ebenso wenig zur Gewohnheit werden. Bei hoffnungs- loser Aussicht auf Remis oder Patt zwinge man nicht den Gegner zu vollkommener Beendigung der Partie, sondern gebe lieber ein Spiel zur rechten Zeit auf; am allerwenig- sten aber beklage oder entschuldige man sich über den Ver- lust der Partie.
§. 77. Für das äussere Benehmen beim Spiele lassen sich hier kaum specielle Schicklichkeitsregeln anführen; es kommen hier die Grundsätze der Bildung und des allgemei- nen Anstandes in Betracht. In wie weit man z. B. während des Spieles rauchen, essen oder trinken und andere Nei- gungen befriedigen dürfe, hängt natürlich von der Ueberein- kunft und dem gesellschaftlichen Verhältnisse der beiden Spielenden ab. Wiederholtes und unnützes Aufstehen beim Spiele, alles unruhige Benehmen und andere Verstösse sind streng zu vermeiden. Als allgemeiner Grundsatz gilt überhaupt, alles, was dem Gegner lästig fallen könnte, wofern es nur irgend billig erscheint, stets zu unterlassen.
§. 78. Unter den Schicklichkeitsrücksichten giebt es endlich noch gewisse Galanterieregeln, wie sie sich z. B. für das Spielen mit Damen empfehlen lassen. Die französische Schule hat auch nach dieser Seite hin die meisten Fein- heiten herausgefunden. Wir wollen hier nur der vom Comte
tenderer Art und werden auch bei einiger Aufmerksamkeit durch die Erfahrung ohne Weiteres gewonnen. So wähle man das Brett nicht zu klein, wenigstens müssen die einzel- nen Felder in splendidem Verhältniss zur Basis der Figuren stehen. Es erleichtert diess wesentlich den Ueberblick; aus demselben Grunde erscheint es vortheilhaft, sich so zu setzen, dass der Schein des Tages oder des Lichtes von der linken Hand herkommt.
§. 76. Zu den Schicklichkeitsregeln gehört vor allen Dingen der Rath, üble Angewohnheiten, die das Spiel für den Gegner mehr oder minder unangenehm machen können, zu vermeiden. So ist es gewiss lästig, wenn Spieler bei ihren Plänen laut denken, oder mit den Fingern auf den Feldern des Brettes umherfahren; auch jegliches Schwatzen während des Spieles und Kritisiren der Züge des Andern darf ebenso wenig zur Gewohnheit werden. Bei hoffnungs- loser Aussicht auf Remis oder Patt zwinge man nicht den Gegner zu vollkommener Beendigung der Partie, sondern gebe lieber ein Spiel zur rechten Zeit auf; am allerwenig- sten aber beklage oder entschuldige man sich über den Ver- lust der Partie.
§. 77. Für das äussere Benehmen beim Spiele lassen sich hier kaum specielle Schicklichkeitsregeln anführen; es kommen hier die Grundsätze der Bildung und des allgemei- nen Anstandes in Betracht. In wie weit man z. B. während des Spieles rauchen, essen oder trinken und andere Nei- gungen befriedigen dürfe, hängt natürlich von der Ueberein- kunft und dem gesellschaftlichen Verhältnisse der beiden Spielenden ab. Wiederholtes und unnützes Aufstehen beim Spiele, alles unruhige Benehmen und andere Verstösse sind streng zu vermeiden. Als allgemeiner Grundsatz gilt überhaupt, alles, was dem Gegner lästig fallen könnte, wofern es nur irgend billig erscheint, stets zu unterlassen.
§. 78. Unter den Schicklichkeitsrücksichten giebt es endlich noch gewisse Galanterieregeln, wie sie sich z. B. für das Spielen mit Damen empfehlen lassen. Die französische Schule hat auch nach dieser Seite hin die meisten Fein- heiten herausgefunden. Wir wollen hier nur der vom Comte
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[59/0071]
tenderer Art und werden auch bei einiger Aufmerksamkeit
durch die Erfahrung ohne Weiteres gewonnen. So wähle
man das Brett nicht zu klein, wenigstens müssen die einzel-
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stehen. Es erleichtert diess wesentlich den Ueberblick; aus
demselben Grunde erscheint es vortheilhaft, sich so zu
setzen, dass der Schein des Tages oder des Lichtes von der
linken Hand herkommt.
§. 76. Zu den Schicklichkeitsregeln gehört vor allen
Dingen der Rath, üble Angewohnheiten, die das Spiel für
den Gegner mehr oder minder unangenehm machen können,
zu vermeiden. So ist es gewiss lästig, wenn Spieler bei
ihren Plänen laut denken, oder mit den Fingern auf den
Feldern des Brettes umherfahren; auch jegliches Schwatzen
während des Spieles und Kritisiren der Züge des Andern
darf ebenso wenig zur Gewohnheit werden. Bei hoffnungs-
loser Aussicht auf Remis oder Patt zwinge man nicht den
Gegner zu vollkommener Beendigung der Partie, sondern
gebe lieber ein Spiel zur rechten Zeit auf; am allerwenig-
sten aber beklage oder entschuldige man sich über den Ver-
lust der Partie.
§. 77. Für das äussere Benehmen beim Spiele lassen
sich hier kaum specielle Schicklichkeitsregeln anführen; es
kommen hier die Grundsätze der Bildung und des allgemei-
nen Anstandes in Betracht. In wie weit man z. B. während
des Spieles rauchen, essen oder trinken und andere Nei-
gungen befriedigen dürfe, hängt natürlich von der Ueberein-
kunft und dem gesellschaftlichen Verhältnisse der beiden
Spielenden ab. Wiederholtes und unnützes Aufstehen beim
Spiele, alles unruhige Benehmen und andere Verstösse
sind streng zu vermeiden. Als allgemeiner Grundsatz gilt
überhaupt, alles, was dem Gegner lästig fallen könnte,
wofern es nur irgend billig erscheint, stets zu unterlassen.
§. 78. Unter den Schicklichkeitsrücksichten giebt es
endlich noch gewisse Galanterieregeln, wie sie sich z. B. für
das Spielen mit Damen empfehlen lassen. Die französische
Schule hat auch nach dieser Seite hin die meisten Fein-
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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/71>, abgerufen am 16.07.2024.
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