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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

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aussprach. Die Italiener dagegen zogen schnelle und selbst-
ständige Benutzung der Officiere vor und gaben als Normal-
partie das giuoco piano, während Philidor das Lauferspiel
seinen Analysen zu Grunde legte. Unter den schon §. 411
rühmlich genannten italienischen Meistern gebührt als Autor
Ponziani der Vorrang, welcher in musterhaft gediegenem
Lehrstil Eröffnung und Ende der Partie mit grosser Klar-
heit analysirte. Die moderne Theorie hat die entgegen-
stehenden Ansichten zu vermitteln gewusst, obgleich hierbei
dem italienischen Systeme grössere Rechnung getragen wer-
den musste. Auf der anderen Seite hat Philidor an solchen
Stellen, wo er unabhängig von seiner einseitigen Theorie
allein seinem tiefen Positionsblick folgte, genaue und correcte
Ansichten ausgesprochen, deren tiefe gediegene Wahrheit
erst von späteren Autoren nachgewiesen und wahrhaft ge-
würdigt werden sollte. Die gedachte Vermittelung wurde im
Anfange dieses Jahrhunderts durch Zusammenstellung der
einzelnen Arbeiten von Deutschen und Engländern wie Koch,
Heinse, Sarratt, Lewis, Walker ermöglicht und ange-
bahnt, darauf durch hochberühmte Meister, wie v. d. Lasa,
Jaenisch, Staunton bewusst erkannt und vollständig durch-
geführt. Daneben schuf Allgaier, welcher freilich der Phili-
dor'schen Schule näher blieb, eines der ersten deutschen
schätzenswerthen Originalwerke. Das Ende der Partie end-
lich, welchem zu allen Zeiten verhältnissmässig fast gleich-
grosse Aufmerksamkeit geschenkt wurde, erhielt durch Phi-
lidor's geistreiche Analyse des Matt von Thurm und Laufer
gegen Thurm erhöhte Bedeutung, sowie durch Stamma's
künstliche Spiele eine ganz neue Richtung, welche bald das
moderne Problem anbahnen sollte.

Anmerkung. Philidor's Werk, das viele Bearbeitungen und
Uebersetzungen erfuhr, wurde zum ersten Male 1749 unter
dem Titel: "Analyse nouvelle du jeu des Echecs" aus-
gegeben; der Autor erklärte darin die Bauern für die
Seeles des Spieles. Ponziani's Lehrhuch, das noch heut-
zutage für ein Musterwerk gilt, erschien im Jahre 1782.
Allgaier schrieb zu Anfang dieses Jahrhunderts und
sein Buch, das noch jetzt in Oesterreich besondere Aner-
kennung findet, erlebte nach seinem Tode durch die Hand
von Santo Vito mehrere Auflagen. Von grosser Bedeutung
sind die Lehrbücher eines Lewis, welcher in den dreissiger

aussprach. Die Italiener dagegen zogen schnelle und selbst-
ständige Benutzung der Officiere vor und gaben als Normal-
partie das giuoco piano, während Philidor das Lauferspiel
seinen Analysen zu Grunde legte. Unter den schon §. 411
rühmlich genannten italienischen Meistern gebührt als Autor
Ponziani der Vorrang, welcher in musterhaft gediegenem
Lehrstil Eröffnung und Ende der Partie mit grosser Klar-
heit analysirte. Die moderne Theorie hat die entgegen-
stehenden Ansichten zu vermitteln gewusst, obgleich hierbei
dem italienischen Systeme grössere Rechnung getragen wer-
den musste. Auf der anderen Seite hat Philidor an solchen
Stellen, wo er unabhängig von seiner einseitigen Theorie
allein seinem tiefen Positionsblick folgte, genaue und correcte
Ansichten ausgesprochen, deren tiefe gediegene Wahrheit
erst von späteren Autoren nachgewiesen und wahrhaft ge-
würdigt werden sollte. Die gedachte Vermittelung wurde im
Anfange dieses Jahrhunderts durch Zusammenstellung der
einzelnen Arbeiten von Deutschen und Engländern wie Koch,
Heinse, Sarratt, Lewis, Walker ermöglicht und ange-
bahnt, darauf durch hochberühmte Meister, wie v. d. Lasa,
Jaenisch, Staunton bewusst erkannt und vollständig durch-
geführt. Daneben schuf Allgaier, welcher freilich der Phili-
dor’schen Schule näher blieb, eines der ersten deutschen
schätzenswerthen Originalwerke. Das Ende der Partie end-
lich, welchem zu allen Zeiten verhältnissmässig fast gleich-
grosse Aufmerksamkeit geschenkt wurde, erhielt durch Phi-
lidor’s geistreiche Analyse des Matt von Thurm und Laufer
gegen Thurm erhöhte Bedeutung, sowie durch Stamma’s
künstliche Spiele eine ganz neue Richtung, welche bald das
moderne Problem anbahnen sollte.

Anmerkung. Philidor’s Werk, das viele Bearbeitungen und
Uebersetzungen erfuhr, wurde zum ersten Male 1749 unter
dem Titel: „Analyse nouvelle du jeu des Echecs“ aus-
gegeben; der Autor erklärte darin die Bauern für die
Seeles des Spieles. Ponziani’s Lehrhuch, das noch heut-
zutage für ein Musterwerk gilt, erschien im Jahre 1782.
Allgaier schrieb zu Anfang dieses Jahrhunderts und
sein Buch, das noch jetzt in Oesterreich besondere Aner-
kennung findet, erlebte nach seinem Tode durch die Hand
von Santo Vito mehrere Auflagen. Von grosser Bedeutung
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[256/0268] aussprach. Die Italiener dagegen zogen schnelle und selbst- ständige Benutzung der Officiere vor und gaben als Normal- partie das giuoco piano, während Philidor das Lauferspiel seinen Analysen zu Grunde legte. Unter den schon §. 411 rühmlich genannten italienischen Meistern gebührt als Autor Ponziani der Vorrang, welcher in musterhaft gediegenem Lehrstil Eröffnung und Ende der Partie mit grosser Klar- heit analysirte. Die moderne Theorie hat die entgegen- stehenden Ansichten zu vermitteln gewusst, obgleich hierbei dem italienischen Systeme grössere Rechnung getragen wer- den musste. Auf der anderen Seite hat Philidor an solchen Stellen, wo er unabhängig von seiner einseitigen Theorie allein seinem tiefen Positionsblick folgte, genaue und correcte Ansichten ausgesprochen, deren tiefe gediegene Wahrheit erst von späteren Autoren nachgewiesen und wahrhaft ge- würdigt werden sollte. Die gedachte Vermittelung wurde im Anfange dieses Jahrhunderts durch Zusammenstellung der einzelnen Arbeiten von Deutschen und Engländern wie Koch, Heinse, Sarratt, Lewis, Walker ermöglicht und ange- bahnt, darauf durch hochberühmte Meister, wie v. d. Lasa, Jaenisch, Staunton bewusst erkannt und vollständig durch- geführt. Daneben schuf Allgaier, welcher freilich der Phili- dor’schen Schule näher blieb, eines der ersten deutschen schätzenswerthen Originalwerke. Das Ende der Partie end- lich, welchem zu allen Zeiten verhältnissmässig fast gleich- grosse Aufmerksamkeit geschenkt wurde, erhielt durch Phi- lidor’s geistreiche Analyse des Matt von Thurm und Laufer gegen Thurm erhöhte Bedeutung, sowie durch Stamma’s künstliche Spiele eine ganz neue Richtung, welche bald das moderne Problem anbahnen sollte. Anmerkung. Philidor’s Werk, das viele Bearbeitungen und Uebersetzungen erfuhr, wurde zum ersten Male 1749 unter dem Titel: „Analyse nouvelle du jeu des Echecs“ aus- gegeben; der Autor erklärte darin die Bauern für die Seeles des Spieles. Ponziani’s Lehrhuch, das noch heut- zutage für ein Musterwerk gilt, erschien im Jahre 1782. Allgaier schrieb zu Anfang dieses Jahrhunderts und sein Buch, das noch jetzt in Oesterreich besondere Aner- kennung findet, erlebte nach seinem Tode durch die Hand von Santo Vito mehrere Auflagen. Von grosser Bedeutung sind die Lehrbücher eines Lewis, welcher in den dreissiger

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Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/268>, abgerufen am 23.11.2024.