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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

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kann. Deshalb treten dis genannten Propositionen (nach
gemeinem Recht) erst in Kraft, wenn die Acceptation von
Seiten des Gegners erfolgt ist. Inzwischen kann eine
(rechtzeitige) Zurücknahme von Propositionen (nicht aber
des eigentlichen pflichtmässigen Zuges) wohl gestattet
werden. A, welcher mit B eine Correspondenzpartie spielt,
schickt nach dem Anfange 1. e 2--e 4 e 7--e 5; 2. S g 1
--f 3 S b 8--c 6 den Zug 3. L f 1--c 4 mit der Proposition,
falls 3. L f 8--c 5 folge, darauf Evansgambit, also 4. b 2
--b 4, spielen zu wollen. Noch ehe B diese Mittheilung
zu Händen kommt, steigen in A durch Kenntnissnahme
einer neuen Analyse Besorgnisse vor dem Evansgambit
auf und er will nun lieber Schottisch Gambit spielen. Er
lässt deshalb an B diesen Vorsatz durch telegraphische De-
pesche melden, um dem Eintreffen des Briefes zuvorzu-
kommen. Diese Absicht wird auch erreicht, aber B ist
trotzdem nicht verpflichtet, den Wünschen des A entgegen
zu kommen. Die richtige Entscheidung möchte folgende
sein. Der Zug 3. L f 1--c 4 als erste in gehöriger Form
ausgedrückte Willenserklärung bleibt dem obigen Grund-
satze gemäss gültig. Dagegen wird die Proposition durch
den rechtzeitigen Widerruf zurückgenommen, und A ist zum
Evansgambit ebenso wenig verpflichtet wie B zur Ein-
willigung in das schottische Gambit. Hätte jedoch B auf
den telegraphirten Zug 3. d 2--d 4 bereits geantwortet, noch
ehe der Brief eintraf, so würde er damit allerdings das
schottische Gambit anerkannt haben und es würde zugleich
(nach dem späteren Grundsatze der Convalescenz) die Ein-
rede wegen Unregelmässigkeit der feindlichen Willens-
erklärung fortfallen. Hätte endlich B den Brief vor der
Depesche erhalten und das in ersterem proponirte Evans-
gambit bereits vor erfolgtem Widerruf (also vor Aufgabe
der Depesche) des A acceptirt, so würde Zug und Propo-
sition Gültigkeit erlangt haben und das Evansgambit die
Folge sein.

§. 401. Nach den verschiedenen Thätigkeiten der Spie-
ler beim Anfange, während des Fortganges und am Ende
der Partie ergeben sich zunächst 3 Hauptklassen von Wil-
lensäusserungen. Beim Anfang kommt die Bestimmung der
Parteirollen, namentlich Anzug und Farbewahl, sodann die
Aufstellung von Brett und Figuren in Frage; für den eigent-
lichen Fortgang der Partie wird die Angabe der einzelnen
Züge, die Warnung beim Königsangriff sowie die Andeutung
des Avancement nothwendig, ausserdem sind noch einzelne
Bestimmungen über die einseitige Suspension einer unvoll-
endeten Partie u. a. von Wichtigkeit. Beim Schluss der
Partie endlich kommt Mattankündigung, Verlusterklärung u.
s. w. in Betracht.

kann. Deshalb treten dis genannten Propositionen (nach
gemeinem Recht) erst in Kraft, wenn die Acceptation von
Seiten des Gegners erfolgt ist. Inzwischen kann eine
(rechtzeitige) Zurücknahme von Propositionen (nicht aber
des eigentlichen pflichtmässigen Zuges) wohl gestattet
werden. A, welcher mit B eine Correspondenzpartie spielt,
schickt nach dem Anfange 1. e 2—e 4 e 7—e 5; 2. S g 1
f 3 S b 8—c 6 den Zug 3. L f 1—c 4 mit der Proposition,
falls 3. L f 8—c 5 folge, darauf Evansgambit, also 4. b 2
b 4, spielen zu wollen. Noch ehe B diese Mittheilung
zu Händen kommt, steigen in A durch Kenntnissnahme
einer neuen Analyse Besorgnisse vor dem Evansgambit
auf und er will nun lieber Schottisch Gambit spielen. Er
lässt deshalb an B diesen Vorsatz durch telegraphische De-
pesche melden, um dem Eintreffen des Briefes zuvorzu-
kommen. Diese Absicht wird auch erreicht, aber B ist
trotzdem nicht verpflichtet, den Wünschen des A entgegen
zu kommen. Die richtige Entscheidung möchte folgende
sein. Der Zug 3. L f 1—c 4 als erste in gehöriger Form
ausgedrückte Willenserklärung bleibt dem obigen Grund-
satze gemäss gültig. Dagegen wird die Proposition durch
den rechtzeitigen Widerruf zurückgenommen, und A ist zum
Evansgambit ebenso wenig verpflichtet wie B zur Ein-
willigung in das schottische Gambit. Hätte jedoch B auf
den telegraphirten Zug 3. d 2—d 4 bereits geantwortet, noch
ehe der Brief eintraf, so würde er damit allerdings das
schottische Gambit anerkannt haben und es würde zugleich
(nach dem späteren Grundsatze der Convalescenz) die Ein-
rede wegen Unregelmässigkeit der feindlichen Willens-
erklärung fortfallen. Hätte endlich B den Brief vor der
Depesche erhalten und das in ersterem proponirte Evans-
gambit bereits vor erfolgtem Widerruf (also vor Aufgabe
der Depesche) des A acceptirt, so würde Zug und Propo-
sition Gültigkeit erlangt haben und das Evansgambit die
Folge sein.

§. 401. Nach den verschiedenen Thätigkeiten der Spie-
ler beim Anfange, während des Fortganges und am Ende
der Partie ergeben sich zunächst 3 Hauptklassen von Wil-
lensäusserungen. Beim Anfang kommt die Bestimmung der
Parteirollen, namentlich Anzug und Farbewahl, sodann die
Aufstellung von Brett und Figuren in Frage; für den eigent-
lichen Fortgang der Partie wird die Angabe der einzelnen
Züge, die Warnung beim Königsangriff sowie die Andeutung
des Avancement nothwendig, ausserdem sind noch einzelne
Bestimmungen über die einseitige Suspension einer unvoll-
endeten Partie u. a. von Wichtigkeit. Beim Schluss der
Partie endlich kommt Mattankündigung, Verlusterklärung u.
s. w. in Betracht.

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[226/0238] kann. Deshalb treten dis genannten Propositionen (nach gemeinem Recht) erst in Kraft, wenn die Acceptation von Seiten des Gegners erfolgt ist. Inzwischen kann eine (rechtzeitige) Zurücknahme von Propositionen (nicht aber des eigentlichen pflichtmässigen Zuges) wohl gestattet werden. A, welcher mit B eine Correspondenzpartie spielt, schickt nach dem Anfange 1. e 2—e 4 e 7—e 5; 2. S g 1 —f 3 S b 8—c 6 den Zug 3. L f 1—c 4 mit der Proposition, falls 3. L f 8—c 5 folge, darauf Evansgambit, also 4. b 2 —b 4, spielen zu wollen. Noch ehe B diese Mittheilung zu Händen kommt, steigen in A durch Kenntnissnahme einer neuen Analyse Besorgnisse vor dem Evansgambit auf und er will nun lieber Schottisch Gambit spielen. Er lässt deshalb an B diesen Vorsatz durch telegraphische De- pesche melden, um dem Eintreffen des Briefes zuvorzu- kommen. Diese Absicht wird auch erreicht, aber B ist trotzdem nicht verpflichtet, den Wünschen des A entgegen zu kommen. Die richtige Entscheidung möchte folgende sein. Der Zug 3. L f 1—c 4 als erste in gehöriger Form ausgedrückte Willenserklärung bleibt dem obigen Grund- satze gemäss gültig. Dagegen wird die Proposition durch den rechtzeitigen Widerruf zurückgenommen, und A ist zum Evansgambit ebenso wenig verpflichtet wie B zur Ein- willigung in das schottische Gambit. Hätte jedoch B auf den telegraphirten Zug 3. d 2—d 4 bereits geantwortet, noch ehe der Brief eintraf, so würde er damit allerdings das schottische Gambit anerkannt haben und es würde zugleich (nach dem späteren Grundsatze der Convalescenz) die Ein- rede wegen Unregelmässigkeit der feindlichen Willens- erklärung fortfallen. Hätte endlich B den Brief vor der Depesche erhalten und das in ersterem proponirte Evans- gambit bereits vor erfolgtem Widerruf (also vor Aufgabe der Depesche) des A acceptirt, so würde Zug und Propo- sition Gültigkeit erlangt haben und das Evansgambit die Folge sein. §. 401. Nach den verschiedenen Thätigkeiten der Spie- ler beim Anfange, während des Fortganges und am Ende der Partie ergeben sich zunächst 3 Hauptklassen von Wil- lensäusserungen. Beim Anfang kommt die Bestimmung der Parteirollen, namentlich Anzug und Farbewahl, sodann die Aufstellung von Brett und Figuren in Frage; für den eigent- lichen Fortgang der Partie wird die Angabe der einzelnen Züge, die Warnung beim Königsangriff sowie die Andeutung des Avancement nothwendig, ausserdem sind noch einzelne Bestimmungen über die einseitige Suspension einer unvoll- endeten Partie u. a. von Wichtigkeit. Beim Schluss der Partie endlich kommt Mattankündigung, Verlusterklärung u. s. w. in Betracht.

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Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/238>, abgerufen am 27.11.2024.