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Lange, Helene: Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung. Berlin, 1887.

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dürfen wir hoffen, daß sie mit uns gemeinschaftlich daran
arbeiten werden, den Frauen eine Gelegenheit zu besserer
Vorbildung zu schaffen, damit sich endlich erkennen läßt,
ob sie wirklich nicht fähig sind, dieselbe zu benutzen. Fällt
der Versuch günstig aus, so ist ja für das Endziel, das
sie sich bei den Mädchen gesteckt, Herausbildung einer
"edlen Persönlichkeit", eine unschätzbare Kraft gewonnen;
fällt er ungünstig aus, so sind ja nur wir Frauen die
Geschädigten.

Übrigens fällt es uns durchaus nicht ein -- wir
wiederholen das, um hier keine Unklarheit zu lassen --
dem Manne seinen ausgebildeten Intellekt, besonders seine
größere Abstraktionsfähigkeit zu bestreiten; wir bestreiten
nur, daß ihm diese für das Studium, wie es zum
Unterricht in der Mädchenschule nötig erscheint, große
Vorteile verleiht. Wir beabsichtigen durchaus nicht, un-
seren Lehrerinnen das Studium der Philologie zuzumuten,
dem die Frauen in Deutschland augenblicklich nicht ge-
wachsen wären1); aber nicht deswegen, sondern weil wir
durchaus nicht glauben, daß dieses Studium, wie es augen-
blicklich mit der größten Spitzfindigkeit im Detail betrieben
wird, gute Lehrerinnen bildet; -- bildet es doch an und
für sich auch nicht gute Lehrer, sondern nur Gelehrte.
Man wird für unsere Lehrerinnen sehr ernsthafte, auch
streng wissenschaftliche Anforderungen in Aussicht nehmen

1) Wir geben übrigens folgende Notiz, die wir einem Aufsatz von
Ludwig Büchner: Das Gehirn der Frau (Thatsachen u. Theorien
aus dem naturwissenschaftlichen Leben der Gegenwart, Berlin 1887) ent-
nehmen, und die über die Befähigung der Frau auch zu abstrakten Stu-
dien doch anders denken lehrt als bisher: "Bei einer der letzten Prü-
fungen der Londoner Universität für die Würde eines bachelor of arts
bestanden unter 215 männlichen und 22 weiblichen Bewerbern von
ersteren 90, also 42%, von letzteren 16, also 73% und zwar so, daß
alle Examinandinnen außer einer einzigen Nr. 1 erhielten, obgleich ihr
Lebensalter im Durchschnitt geringer war, als dasjenige ihrer männlichen
Konkurrenten." -- Ein ausführlicherer Bericht findet sich in "The Woman
Question in Europe
, by Th. Stanton, London 1884, S. 36 Anm.

dürfen wir hoffen, daß sie mit uns gemeinschaftlich daran
arbeiten werden, den Frauen eine Gelegenheit zu besserer
Vorbildung zu schaffen, damit sich endlich erkennen läßt,
ob sie wirklich nicht fähig sind, dieselbe zu benutzen. Fällt
der Versuch günstig aus, so ist ja für das Endziel, das
sie sich bei den Mädchen gesteckt, Herausbildung einer
„edlen Persönlichkeit“, eine unschätzbare Kraft gewonnen;
fällt er ungünstig aus, so sind ja nur wir Frauen die
Geschädigten.

Übrigens fällt es uns durchaus nicht ein — wir
wiederholen das, um hier keine Unklarheit zu lassen —
dem Manne seinen ausgebildeten Intellekt, besonders seine
größere Abstraktionsfähigkeit zu bestreiten; wir bestreiten
nur, daß ihm diese für das Studium, wie es zum
Unterricht in der Mädchenschule nötig erscheint, große
Vorteile verleiht. Wir beabsichtigen durchaus nicht, un-
seren Lehrerinnen das Studium der Philologie zuzumuten,
dem die Frauen in Deutschland augenblicklich nicht ge-
wachsen wären1); aber nicht deswegen, sondern weil wir
durchaus nicht glauben, daß dieses Studium, wie es augen-
blicklich mit der größten Spitzfindigkeit im Detail betrieben
wird, gute Lehrerinnen bildet; — bildet es doch an und
für sich auch nicht gute Lehrer, sondern nur Gelehrte.
Man wird für unsere Lehrerinnen sehr ernsthafte, auch
streng wissenschaftliche Anforderungen in Aussicht nehmen

1) Wir geben übrigens folgende Notiz, die wir einem Aufsatz von
Ludwig Büchner: Das Gehirn der Frau (Thatsachen u. Theorien
aus dem naturwissenschaftlichen Leben der Gegenwart, Berlin 1887) ent-
nehmen, und die über die Befähigung der Frau auch zu abstrakten Stu-
dien doch anders denken lehrt als bisher: „Bei einer der letzten Prü-
fungen der Londoner Universität für die Würde eines bachelor of arts
bestanden unter 215 männlichen und 22 weiblichen Bewerbern von
ersteren 90, also 42%, von letzteren 16, also 73% und zwar so, daß
alle Examinandinnen außer einer einzigen Nr. 1 erhielten, obgleich ihr
Lebensalter im Durchschnitt geringer war, als dasjenige ihrer männlichen
Konkurrenten.“ — Ein ausführlicherer Bericht findet sich in „The Woman
Question in Europe
, by Th. Stanton, London 1884, S. 36 Anm.
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[50/0051] dürfen wir hoffen, daß sie mit uns gemeinschaftlich daran arbeiten werden, den Frauen eine Gelegenheit zu besserer Vorbildung zu schaffen, damit sich endlich erkennen läßt, ob sie wirklich nicht fähig sind, dieselbe zu benutzen. Fällt der Versuch günstig aus, so ist ja für das Endziel, das sie sich bei den Mädchen gesteckt, Herausbildung einer „edlen Persönlichkeit“, eine unschätzbare Kraft gewonnen; fällt er ungünstig aus, so sind ja nur wir Frauen die Geschädigten. Übrigens fällt es uns durchaus nicht ein — wir wiederholen das, um hier keine Unklarheit zu lassen — dem Manne seinen ausgebildeten Intellekt, besonders seine größere Abstraktionsfähigkeit zu bestreiten; wir bestreiten nur, daß ihm diese für das Studium, wie es zum Unterricht in der Mädchenschule nötig erscheint, große Vorteile verleiht. Wir beabsichtigen durchaus nicht, un- seren Lehrerinnen das Studium der Philologie zuzumuten, dem die Frauen in Deutschland augenblicklich nicht ge- wachsen wären 1); aber nicht deswegen, sondern weil wir durchaus nicht glauben, daß dieses Studium, wie es augen- blicklich mit der größten Spitzfindigkeit im Detail betrieben wird, gute Lehrerinnen bildet; — bildet es doch an und für sich auch nicht gute Lehrer, sondern nur Gelehrte. Man wird für unsere Lehrerinnen sehr ernsthafte, auch streng wissenschaftliche Anforderungen in Aussicht nehmen 1) Wir geben übrigens folgende Notiz, die wir einem Aufsatz von Ludwig Büchner: Das Gehirn der Frau (Thatsachen u. Theorien aus dem naturwissenschaftlichen Leben der Gegenwart, Berlin 1887) ent- nehmen, und die über die Befähigung der Frau auch zu abstrakten Stu- dien doch anders denken lehrt als bisher: „Bei einer der letzten Prü- fungen der Londoner Universität für die Würde eines bachelor of arts bestanden unter 215 männlichen und 22 weiblichen Bewerbern von ersteren 90, also 42%, von letzteren 16, also 73% und zwar so, daß alle Examinandinnen außer einer einzigen Nr. 1 erhielten, obgleich ihr Lebensalter im Durchschnitt geringer war, als dasjenige ihrer männlichen Konkurrenten.“ — Ein ausführlicherer Bericht findet sich in „The Woman Question in Europe, by Th. Stanton, London 1884, S. 36 Anm.

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Zitationshilfe: Lange, Helene: Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung. Berlin, 1887, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_maedchenschule_1887/51>, abgerufen am 21.11.2024.