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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 1. 2. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] sche Art aus der Fülle des Hertzens mit aller
Willigkeit ausfliessen soll da es geschiehet pros
eukhen, ad votum, nach dem Wunsch des
Hertzens. Beydes aber, die Bitte und das Ge-
bet, fliessen mit ein in die Fürbitte; als welche
nur dieses besonders hat, daß sie auf andere
gehet. Die Dancksagung aber gehet auf uns
und auf andere, und sowol auf das Böse, davon
wir befreyet werden, als das Gute, welches wir
erhalten haben.

7. Das Wörtlein uper` fur heißt alhier
nicht so viel, als an statt, wie es heißt in den
Worten: Christus ist für uns gestorben;
sondern so viel als zu gut, also daß für alle
Menschen, so viel ist, allen Menschen zu gut.
Da denn aber von denen, welchen die Fürbitte
zum Segen gereichen soll, erfodert wird, daß
sie desselben fähig seyn müssen, oder sich doch
machen lassen; wozu das Gebet anderer, da es
sich auf die Fürbitte Christi gründet, auch etwas
mit beytragen kan. Läßt aber so mancher das-
selbe für uns bey sich keinen Platz finden, so
kömmt der Segen auf den Fürbitter wieder zu-
rück. Gleichwie unser Heyland von dem Grus-
se seiner Jünger, welcher eine Art des Gebets
war, Matth. 10, 12. 13. saget: Wo ihr in ein
Haus gehet, so grusset dasselbe. Und so
es dasselbige Haus wehrt ist, wird euer
Friede auf sie kommen. Jst es aber nicht
wehrt, so wird sich euer Friede wieder zu
euch wenden.

8. Wenn wir ermahnet werden fur alle
Menschen
zu beten, so gehet der Zweck zuvor-
derst dahin, daß wir beten sollen, daß doch allen
Völckern in der Welt, und darunter allen Perso-
nen in Christo möge geholfen werden, und sie zur
lebendigen Erkenntniß der Evangelischen Wahr-
heit kommen, als dahin der Wille GOtt selbst
gehet. v. 4. Und werden darunter sonderlich die-
jenigen verstanden, welche uns vor andern ih-
ren Umständen nach, darinnen sie unserer Für-
bitte bedürfen, sonderlich bekannt werden, und
uns sonderlich angehen, es sey dem Leibe, oder
dem Gemüthe nach, als da sind die leiblichen
und die geistlichen Anverwandten.

9. Daß unter die, für welche wir beten
sollen, auch die Feinde gehören, wissen wir
wie aus dem Exempel, also auch aus dem Be-
fehl Christi Matth. 5, 44. welchergestalt aber
Johannes von der Fürbitte diejenigen, welche
auf eine gantz besondere Art zum Tode sündi-
gen, ausgenommen habe 1 Ep. c. 5, 16. das wol-
len wir unten an seinem Orte erwegen.

10. Paulus setzet die Pflicht des Gebets
alhier in der Ermahnung billig voran, und
spricht proton panton, vor allen Dingen:
womit er denn anzeiget, wie viel am Gebet nach
allen seinen Gattungen gelegen sey: wie denn
darinnen fast alle übrige Pflichten des Chri-
stenthums zusammen fliessen, oder wir doch der-
selben im Gebet uns dergestalt zu erinnern ha-
ben, daß wir uns durch GOttes Gnade suchen
dazu zu erwecken, und durch das Gebet aus der
Fülle JEsu zu derselben Ausübung Kraft schö-
pfen. Joh. 1, 16.

[Spaltenumbruch]

11. Wenn es Ungeübten an der Materie
zum Gebet fehlet, so dürfen sie nur diese vier
Gattungen desselben sich vorstellen, und dabey
fleißig in die Prüfung ihrer selbst eingehen, da
ihnen denn böses und gutes genug, so ihnen an-
lieget und noch ermangelt, vorkommen wird,
nebst der Materie zur Fürbitte und Dancksa-
gung.

12. Es kan einen wol nichts mehr zur Für-
bitte für andere bewegen, als wenn man sich
die Regel Christi vorstellet: Was ihr wollet,
daß euch die Leute thun sollen, das thut
ihnen auch.
Matth. 7, 12. Denn da man
wünschen wird, daß doch viele andere für einen
beten möchten, und zwar sein gläubig und
ernstlich: so wird man durch solchen seinen
Wunsch an seine eigne Pflicht erinnert.

13. Je mehr man aber für andere, sonder-
lich wahrhaftig Gläubige, betet, iemehr wird
man auch des Segens von ihrer Fürbitte theil-
hastig in der Ordnung der geistlichen Gemein-
schaft, darinn man mit ihnen stehet, und der Fä-
higkeit, die man dadurch bekömmt.

14. Jn der Fürbitte für andere lieget die
reineste Ubung der Liebe gegen andere; sinte-
mal sie gemeiniglich also insgeheim bewiesen
wird, daß der andere es nicht einmal weiß.
Daher denn die Absicht auf GOttes Ehre dar-
innen so viel lauterer ist.

V. 2.

Fur die Könige (höchste Obrigkeiten,
als da sonderlich waren die Römischen Kayser,
welche von den Griechischen Scribenten pfleg-
ten mit dem Namen der Könige genennet zu
werden. Siehe auch Esrä 6, 10.) und für
alle Obrigkeit,
(uper pantan en operokhe
onton, für alle, die über andere erhaben sind,
oder in einem hohen Ansehen stehen, als da sind
die von den Römischen Kaysern und Königen
gesetzte Stadthalter, Landes-Hauptleute, Land-
Voigte und Ober-Richter, u. s.w. welche 1 Pet.
2, 14. egemones, Hauptleute, die von dem Kö-
nige, oder Kayser v. 15. gesandt oder bestellet
worden, genennet werden,) auf daß wir ein
geruhiges und stilles
(ein bey äußerlicher
Ruhe und Sicherheit vergnügtes) Leben füh-
ren mögen in aller Gottseligkeit
(innerlich
vor GOtt im Dienste nach dem Geist und der
Wahrheit, und der daher entstehenden) Ehr-
barkeit
(und Gravität eines äußerlichen exem-
plari
schen und erbaulichen Wandels.)

Anmerckungen.

1. Eine der besten und nutzbarsten Arten
der Steuren und Pflichten, welche man der
Obrigkeit schuldig ist und abzutragen hat, ist die-
se, daß man für sie betet, auch für das durch sie
empfangene Gute GOtt hertzlich dancket.

2. Regieren obrigkeitliche Personen nicht
also, wie sie es nach ihrem Gewissen schuldig sind,
so beten Christliche Hertzen für sie, an statt, daß
andere wider sie murren und sich sonst unzufrie-
den bezeugen.

3. Was der politische Staat und das gan-

tze

Cap. 2. v. 1. 2. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] ſche Art aus der Fuͤlle des Hertzens mit aller
Willigkeit ausflieſſen ſoll da es geſchiehet πρὸς
ἐυχὴν, ad votum, nach dem Wunſch des
Hertzens. Beydes aber, die Bitte und das Ge-
bet, flieſſen mit ein in die Fuͤrbitte; als welche
nur dieſes beſonders hat, daß ſie auf andere
gehet. Die Danckſagung aber gehet auf uns
und auf andere, und ſowol auf das Boͤſe, davon
wir befreyet werden, als das Gute, welches wir
erhalten haben.

7. Das Woͤrtlein ὐπερ` fůr heißt alhier
nicht ſo viel, als an ſtatt, wie es heißt in den
Worten: Chriſtus iſt fuͤr uns geſtorben;
ſondern ſo viel als zu gut, alſo daß fuͤr alle
Menſchen, ſo viel iſt, allen Menſchen zu gut.
Da denn aber von denen, welchen die Fuͤrbitte
zum Segen gereichen ſoll, erfodert wird, daß
ſie deſſelben faͤhig ſeyn muͤſſen, oder ſich doch
machen laſſen; wozu das Gebet anderer, da es
ſich auf die Fuͤrbitte Chriſti gruͤndet, auch etwas
mit beytragen kan. Laͤßt aber ſo mancher daſ-
ſelbe fuͤr uns bey ſich keinen Platz finden, ſo
koͤmmt der Segen auf den Fuͤrbitter wieder zu-
ruͤck. Gleichwie unſer Heyland von dem Gruſ-
ſe ſeiner Juͤnger, welcher eine Art des Gebets
war, Matth. 10, 12. 13. ſaget: Wo ihr in ein
Haus gehet, ſo grůſſet daſſelbe. Und ſo
es daſſelbige Haus wehrt iſt, wird euer
Friede auf ſie kommen. Jſt es aber nicht
wehrt, ſo wird ſich euer Friede wieder zu
euch wenden.

8. Wenn wir ermahnet werden fůr alle
Menſchen
zu beten, ſo gehet der Zweck zuvor-
derſt dahin, daß wir beten ſollen, daß doch allen
Voͤlckern in der Welt, und darunter allen Perſo-
nen in Chriſto moͤge geholfen werden, und ſie zur
lebendigen Erkenntniß der Evangeliſchen Wahr-
heit kommen, als dahin der Wille GOtt ſelbſt
gehet. v. 4. Und werden darunter ſonderlich die-
jenigen verſtanden, welche uns vor andern ih-
ren Umſtaͤnden nach, darinnen ſie unſerer Fuͤr-
bitte beduͤrfen, ſonderlich bekannt werden, und
uns ſonderlich angehen, es ſey dem Leibe, oder
dem Gemuͤthe nach, als da ſind die leiblichen
und die geiſtlichen Anverwandten.

9. Daß unter die, fuͤr welche wir beten
ſollen, auch die Feinde gehoͤren, wiſſen wir
wie aus dem Exempel, alſo auch aus dem Be-
fehl Chriſti Matth. 5, 44. welchergeſtalt aber
Johannes von der Fuͤrbitte diejenigen, welche
auf eine gantz beſondere Art zum Tode ſuͤndi-
gen, ausgenommen habe 1 Ep. c. 5, 16. das wol-
len wir unten an ſeinem Orte erwegen.

10. Paulus ſetzet die Pflicht des Gebets
alhier in der Ermahnung billig voran, und
ſpricht πρῶτον πάντων, vor allen Dingen:
womit er denn anzeiget, wie viel am Gebet nach
allen ſeinen Gattungen gelegen ſey: wie denn
darinnen faſt alle uͤbrige Pflichten des Chri-
ſtenthums zuſammen flieſſen, oder wir doch der-
ſelben im Gebet uns dergeſtalt zu erinnern ha-
ben, daß wir uns durch GOttes Gnade ſuchen
dazu zu erwecken, und durch das Gebet aus der
Fuͤlle JEſu zu derſelben Ausuͤbung Kraft ſchoͤ-
pfen. Joh. 1, 16.

[Spaltenumbruch]

11. Wenn es Ungeuͤbten an der Materie
zum Gebet fehlet, ſo duͤrfen ſie nur dieſe vier
Gattungen deſſelben ſich vorſtellen, und dabey
fleißig in die Pruͤfung ihrer ſelbſt eingehen, da
ihnen denn boͤſes und gutes genug, ſo ihnen an-
lieget und noch ermangelt, vorkommen wird,
nebſt der Materie zur Fuͤrbitte und Danckſa-
gung.

12. Es kan einen wol nichts mehr zur Fuͤr-
bitte fuͤr andere bewegen, als wenn man ſich
die Regel Chriſti vorſtellet: Was ihr wollet,
daß euch die Leute thun ſollen, das thut
ihnen auch.
Matth. 7, 12. Denn da man
wuͤnſchen wird, daß doch viele andere fuͤr einen
beten moͤchten, und zwar ſein glaͤubig und
ernſtlich: ſo wird man durch ſolchen ſeinen
Wunſch an ſeine eigne Pflicht erinnert.

13. Je mehr man aber fuͤr andere, ſonder-
lich wahrhaftig Glaͤubige, betet, iemehr wird
man auch des Segens von ihrer Fuͤrbitte theil-
haſtig in der Ordnung der geiſtlichen Gemein-
ſchaft, darinn man mit ihnen ſtehet, und der Faͤ-
higkeit, die man dadurch bekoͤmmt.

14. Jn der Fuͤrbitte fuͤr andere lieget die
reineſte Ubung der Liebe gegen andere; ſinte-
mal ſie gemeiniglich alſo insgeheim bewieſen
wird, daß der andere es nicht einmal weiß.
Daher denn die Abſicht auf GOttes Ehre dar-
innen ſo viel lauterer iſt.

V. 2.

Fůr die Koͤnige (hoͤchſte Obrigkeiten,
als da ſonderlich waren die Roͤmiſchen Kayſer,
welche von den Griechiſchen Scribenten pfleg-
ten mit dem Namen der Koͤnige genennet zu
werden. Siehe auch Eſraͤ 6, 10.) und fuͤr
alle Obrigkeit,
(ὑπὲρ πάνταν ἐν ὁπεροχῆ
ὄντων, fuͤr alle, die uͤber andere erhaben ſind,
oder in einem hohen Anſehen ſtehen, als da ſind
die von den Roͤmiſchen Kayſern und Koͤnigen
geſetzte Stadthalter, Landes-Hauptleute, Land-
Voigte und Ober-Richter, u. ſ.w. welche 1 Pet.
2, 14. ἡγεμόνες, Hauptleute, die von dem Koͤ-
nige, oder Kayſer v. 15. geſandt oder beſtellet
worden, genennet werden,) auf daß wir ein
geruhiges und ſtilles
(ein bey aͤußerlicher
Ruhe und Sicherheit vergnuͤgtes) Leben fuͤh-
ren moͤgen in aller Gottſeligkeit
(innerlich
vor GOtt im Dienſte nach dem Geiſt und der
Wahrheit, und der daher entſtehenden) Ehr-
barkeit
(und Gravitaͤt eines aͤußerlichen exem-
plari
ſchen und erbaulichen Wandels.)

Anmerckungen.

1. Eine der beſten und nutzbarſten Arten
der Steuren und Pflichten, welche man der
Obrigkeit ſchuldig iſt und abzutragen hat, iſt die-
ſe, daß man fuͤr ſie betet, auch fuͤr das durch ſie
empfangene Gute GOtt hertzlich dancket.

2. Regieren obrigkeitliche Perſonen nicht
alſo, wie ſie es nach ihrem Gewiſſen ſchuldig ſind,
ſo beten Chriſtliche Hertzen fuͤr ſie, an ſtatt, daß
andere wider ſie murren und ſich ſonſt unzufrie-
den bezeugen.

3. Was der politiſche Staat und das gan-

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[95/0097] Cap. 2. v. 1. 2. an den Timotheum. ſche Art aus der Fuͤlle des Hertzens mit aller Willigkeit ausflieſſen ſoll da es geſchiehet πρὸς ἐυχὴν, ad votum, nach dem Wunſch des Hertzens. Beydes aber, die Bitte und das Ge- bet, flieſſen mit ein in die Fuͤrbitte; als welche nur dieſes beſonders hat, daß ſie auf andere gehet. Die Danckſagung aber gehet auf uns und auf andere, und ſowol auf das Boͤſe, davon wir befreyet werden, als das Gute, welches wir erhalten haben. 7. Das Woͤrtlein ὐπερ` fůr heißt alhier nicht ſo viel, als an ſtatt, wie es heißt in den Worten: Chriſtus iſt fuͤr uns geſtorben; ſondern ſo viel als zu gut, alſo daß fuͤr alle Menſchen, ſo viel iſt, allen Menſchen zu gut. Da denn aber von denen, welchen die Fuͤrbitte zum Segen gereichen ſoll, erfodert wird, daß ſie deſſelben faͤhig ſeyn muͤſſen, oder ſich doch machen laſſen; wozu das Gebet anderer, da es ſich auf die Fuͤrbitte Chriſti gruͤndet, auch etwas mit beytragen kan. Laͤßt aber ſo mancher daſ- ſelbe fuͤr uns bey ſich keinen Platz finden, ſo koͤmmt der Segen auf den Fuͤrbitter wieder zu- ruͤck. Gleichwie unſer Heyland von dem Gruſ- ſe ſeiner Juͤnger, welcher eine Art des Gebets war, Matth. 10, 12. 13. ſaget: Wo ihr in ein Haus gehet, ſo grůſſet daſſelbe. Und ſo es daſſelbige Haus wehrt iſt, wird euer Friede auf ſie kommen. Jſt es aber nicht wehrt, ſo wird ſich euer Friede wieder zu euch wenden. 8. Wenn wir ermahnet werden fůr alle Menſchen zu beten, ſo gehet der Zweck zuvor- derſt dahin, daß wir beten ſollen, daß doch allen Voͤlckern in der Welt, und darunter allen Perſo- nen in Chriſto moͤge geholfen werden, und ſie zur lebendigen Erkenntniß der Evangeliſchen Wahr- heit kommen, als dahin der Wille GOtt ſelbſt gehet. v. 4. Und werden darunter ſonderlich die- jenigen verſtanden, welche uns vor andern ih- ren Umſtaͤnden nach, darinnen ſie unſerer Fuͤr- bitte beduͤrfen, ſonderlich bekannt werden, und uns ſonderlich angehen, es ſey dem Leibe, oder dem Gemuͤthe nach, als da ſind die leiblichen und die geiſtlichen Anverwandten. 9. Daß unter die, fuͤr welche wir beten ſollen, auch die Feinde gehoͤren, wiſſen wir wie aus dem Exempel, alſo auch aus dem Be- fehl Chriſti Matth. 5, 44. welchergeſtalt aber Johannes von der Fuͤrbitte diejenigen, welche auf eine gantz beſondere Art zum Tode ſuͤndi- gen, ausgenommen habe 1 Ep. c. 5, 16. das wol- len wir unten an ſeinem Orte erwegen. 10. Paulus ſetzet die Pflicht des Gebets alhier in der Ermahnung billig voran, und ſpricht πρῶτον πάντων, vor allen Dingen: womit er denn anzeiget, wie viel am Gebet nach allen ſeinen Gattungen gelegen ſey: wie denn darinnen faſt alle uͤbrige Pflichten des Chri- ſtenthums zuſammen flieſſen, oder wir doch der- ſelben im Gebet uns dergeſtalt zu erinnern ha- ben, daß wir uns durch GOttes Gnade ſuchen dazu zu erwecken, und durch das Gebet aus der Fuͤlle JEſu zu derſelben Ausuͤbung Kraft ſchoͤ- pfen. Joh. 1, 16. 11. Wenn es Ungeuͤbten an der Materie zum Gebet fehlet, ſo duͤrfen ſie nur dieſe vier Gattungen deſſelben ſich vorſtellen, und dabey fleißig in die Pruͤfung ihrer ſelbſt eingehen, da ihnen denn boͤſes und gutes genug, ſo ihnen an- lieget und noch ermangelt, vorkommen wird, nebſt der Materie zur Fuͤrbitte und Danckſa- gung. 12. Es kan einen wol nichts mehr zur Fuͤr- bitte fuͤr andere bewegen, als wenn man ſich die Regel Chriſti vorſtellet: Was ihr wollet, daß euch die Leute thun ſollen, das thut ihnen auch. Matth. 7, 12. Denn da man wuͤnſchen wird, daß doch viele andere fuͤr einen beten moͤchten, und zwar ſein glaͤubig und ernſtlich: ſo wird man durch ſolchen ſeinen Wunſch an ſeine eigne Pflicht erinnert. 13. Je mehr man aber fuͤr andere, ſonder- lich wahrhaftig Glaͤubige, betet, iemehr wird man auch des Segens von ihrer Fuͤrbitte theil- haſtig in der Ordnung der geiſtlichen Gemein- ſchaft, darinn man mit ihnen ſtehet, und der Faͤ- higkeit, die man dadurch bekoͤmmt. 14. Jn der Fuͤrbitte fuͤr andere lieget die reineſte Ubung der Liebe gegen andere; ſinte- mal ſie gemeiniglich alſo insgeheim bewieſen wird, daß der andere es nicht einmal weiß. Daher denn die Abſicht auf GOttes Ehre dar- innen ſo viel lauterer iſt. V. 2. Fůr die Koͤnige (hoͤchſte Obrigkeiten, als da ſonderlich waren die Roͤmiſchen Kayſer, welche von den Griechiſchen Scribenten pfleg- ten mit dem Namen der Koͤnige genennet zu werden. Siehe auch Eſraͤ 6, 10.) und fuͤr alle Obrigkeit, (ὑπὲρ πάνταν ἐν ὁπεροχῆ ὄντων, fuͤr alle, die uͤber andere erhaben ſind, oder in einem hohen Anſehen ſtehen, als da ſind die von den Roͤmiſchen Kayſern und Koͤnigen geſetzte Stadthalter, Landes-Hauptleute, Land- Voigte und Ober-Richter, u. ſ.w. welche 1 Pet. 2, 14. ἡγεμόνες, Hauptleute, die von dem Koͤ- nige, oder Kayſer v. 15. geſandt oder beſtellet worden, genennet werden,) auf daß wir ein geruhiges und ſtilles (ein bey aͤußerlicher Ruhe und Sicherheit vergnuͤgtes) Leben fuͤh- ren moͤgen in aller Gottſeligkeit (innerlich vor GOtt im Dienſte nach dem Geiſt und der Wahrheit, und der daher entſtehenden) Ehr- barkeit (und Gravitaͤt eines aͤußerlichen exem- plariſchen und erbaulichen Wandels.) Anmerckungen. 1. Eine der beſten und nutzbarſten Arten der Steuren und Pflichten, welche man der Obrigkeit ſchuldig iſt und abzutragen hat, iſt die- ſe, daß man fuͤr ſie betet, auch fuͤr das durch ſie empfangene Gute GOtt hertzlich dancket. 2. Regieren obrigkeitliche Perſonen nicht alſo, wie ſie es nach ihrem Gewiſſen ſchuldig ſind, ſo beten Chriſtliche Hertzen fuͤr ſie, an ſtatt, daß andere wider ſie murren und ſich ſonſt unzufrie- den bezeugen. 3. Was der politiſche Staat und das gan- tze

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/97>, abgerufen am 27.11.2024.