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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung V. 9. 10.
[Spaltenumbruch] ist, zur Erden bestattet hat; so hat sich vermuth-
lich der Teufel mit dem Vorsatze, sich des Leibes
zur Abgötterey bey den Juden zu bedienen, hef-
tig widersetzet.

4. Was nun Michael der Ertz-Engel dage-
gen vorgenommen, wird angezeiget

a. Mit einer Verneinung: er durfte nicht,
das Urtheil der Lästerung fällen,
nem-
lich wider ihn, oder er unterwunde es sich nicht.
Da denn die Lästerung kan verstanden werden,
entweder vom Satan, daß er gedachter
Handlung wegen lästerlich von GOTT und
Mose geredet, und ihm darüber ein Gerichts-
Urtheil zur Strafe gehöret habe; oder von dem
Engel, daß er wider den Satan kein hartes
Urtheil, blasphemon krisin 2 Pet. 2, 11. womit
er ihm, als einer an sich selbst der Schöpfung
nach guten Creatur GOttes, zu nahe gekom-
men wäre, zu fällen sich nicht unterstanden
habe.
b. Mit einer Bejahung von dem, was er
denn gethan habe. Er habe das Urtheil GOtt
überlassen, und gesaget: der HERR strafe
dich!
oder der HErr bedrohe dich, nemlich
nebst hinzugethaner Execution des Gerichts.
Welche Worte genommen sind aus Zach. 3, 2.
da schelten so viel heißt, als strafen: denn
gleichwie, wen GOtt lobet, den segnet er in
der That: also strafet er den, wen er schilt:
sintemal die Worte bey GOtt lauter That
sind Da bey dem Zacharia auch der Sohn
GOttes solche Worte spricht, so ists so viel
wahrscheinlicher, daß auch alhier derselbe ver-
standen werde, wenn sich nur eine fügliche
Deutung der Worte ouk etolmese, er unter-
wunde sich es nicht, finden wolte.

5. Da nun diese Geschichte sich in der Hei-
ligen Schrift nirgends befindet, so hat sie der
Apostel aus besonderer Eingebung des Heiligen
Geistes angeführet; welcher aber nicht entgegen
stehet, daß er solche theils aus einem alten Judi-
schen Buche, das itzo nicht mehr verhanden ist,
theils aus der Tradition gewust hat: sinte-
mal jenes principium, daß es damit in die-
sem Stücke seine Richtigkeit habe, dirigiret
hat.

6. Der Connexion nach, hat Judas ver-
muthlich soviel sagen wollen, daß da der Ertz-En-
gel Michael nicht einmal ein hartes Urtheil wider
den Teufel fällen wollen, die verführischen Geister
unter den Lehrern so viel mehr mit ihren Lä-
sterungen wider die Obrigkeit und ihren Stand
sich versündigten, soviel weniger die Obrigkeitli-
chen Personen den Teufeln an der Argheit kön-
ten gleich geachtet werden, als die auch von Chri-
sto erlöset wären: welches man von den Teufeln
nicht sagen könne.

V. 10.

Diese aber lästern, da sie nichts von
wissen
(nicht allein das Obrigkeitliche Amt,
sondern auch alles, was rechte geistliche Dinge
sind, die zum Grunde und zur Ordnung des
Heyls gehören:) was sie aber natürlich
(nemlich was zur Unterhaltung des Leibes und
[Spaltenumbruch] Fortpflantzung des Geschlechts gehöret) erken-
nen, darinnen verderben sie, wie die un-
vernünftigen Thiere
(Gr. was sie aber na-
türlicher weise, als die unvernünftigen Thiere, er-
kennen, darinn verderben sie: und also werden
sie mit den unvernünftigen Thieren in Ansehung
nicht des Verderbens sondern der sinnlichen Er-
kenntniß verglichen.)

Anmerckungen.

1. Das Laster der Lästerung ist allemal
mit einer grossen Blindheit verknüpfet; wie
denn wo der Wille in der Bosheit lieget, auch der
Verstand voller Finsterniß ist. Es ist aber die
Unwissenheit gar sträflich, da man die unerkante
Sache recht wissen solte und könte, und durch
die Bosheit des Willens das anscheinende ja
auch aufgehende Licht in sich ausgelöschet hat.
Denn wer arges thut, der hasset das Licht,
auf daß seine Wercke nicht gestrafet wer-
den
Joh. 3, 20.

2. Es ist zwar bey den gottlosen Leuten,
welche sich zur Christlichen Religion bekennen,
eine solche natürliche Erkenntniß göttlicher Din-
ge, welche sie sich, ohne die Wirckung des Heili-
gen Geistes, aus ihren blos natürlichen Kräften
davon machen; die denn daher auch sehr unrich-
tig und voller Jrrthümer ist, ob sie gleich viel wah-
res davon aussprechen können: allein davon ist
alhier die Rede nicht, sondern von einer solchen
Erkenntniß gewisser Dinge, welche sie mit den
unvernünftigen Thieren gemein haben. Diese
gehet nur allein auf das natürliche Leben und auf
den Bauch, und dabey auf die Vermehrung
ihres Geschlechts.

3. Hierinnen sind nun die Epicurischen
Menschen zwar den Thieren in so weit gleich, daß
sie mit ihnen einerley Trieb dazu haben, und dem-
selben mit ihnen folgen: aber darinnen sind sie
doch von ihnen sehr unterschieden und noch viel
ärger, daß sie darinnen verderben, leiblich
geistlich und ewig; welches von jenen nicht gesa-
get werden kan: leiblich, weil sie ihre Leiber an
ihnen selbst durch die Unordnung und Ubermasse
schänden, und sich um ihre Gesundheit und folglich
auch vor der Zeit um ihr Leben selbst bringen; da
hingegen die unvernünftigen Thiere in allen sol-
chen natürlichen zu ihrer Unterhaltung und Fort-
pflantzung gehörigen Dingen ihre Masse halten,
folglich auch sich dadurch das Leben nicht abkür-
tzen: geistlich, weil solche überviehische Lüste
und Lusthandlungen wider die Seele streiten
1 Pet. 2, 11. und sie immer mehr und mehr verun-
reinigen und verderben; wie denn daher der sünd-
lichen Lust das Verderben zugeschrieben wird
Eph. 4, 22. 2 Pet. 1, 4. ewig, da man, nachdem
so viel auf das Fleisch ist gesäet worden, von dem
Fleische das verderben erndten wird. Gal. 6, 8.

4. Man findet demnach eine dreyfache
Gattung
der Menschen: erstlich wahre Chri-
sten,
welche nicht allein ihre Vernunft recht ge-
brauchen, sondern dabey auch das göttliche Gna-
den Licht mit der Gnaden-Kraft in allen zur Leite-
rinn und Meisterinn haben. Hernach ver-
nünftige Menschen,
welche theils innerhalb,

theils

Richtige und erbauliche Erklaͤrung V. 9. 10.
[Spaltenumbruch] iſt, zur Erden beſtattet hat; ſo hat ſich vermuth-
lich der Teufel mit dem Vorſatze, ſich des Leibes
zur Abgoͤtterey bey den Juden zu bedienen, hef-
tig widerſetzet.

4. Was nun Michael der Ertz-Engel dage-
gen vorgenommen, wird angezeiget

a. Mit einer Verneinung: er durfte nicht,
das Urtheil der Laͤſterung faͤllen,
nem-
lich wider ihn, oder er unterwunde es ſich nicht.
Da denn die Laͤſterung kan verſtanden werden,
entweder vom Satan, daß er gedachter
Handlung wegen laͤſterlich von GOTT und
Moſe geredet, und ihm daruͤber ein Gerichts-
Urtheil zur Strafe gehoͤret habe; oder von dem
Engel, daß er wider den Satan kein hartes
Urtheil, βλάσφημον κρίσιν 2 Pet. 2, 11. womit
er ihm, als einer an ſich ſelbſt der Schoͤpfung
nach guten Creatur GOttes, zu nahe gekom-
men waͤre, zu faͤllen ſich nicht unterſtanden
habe.
b. Mit einer Bejahung von dem, was er
denn gethan habe. Er habe das Urtheil GOtt
uͤberlaſſen, und geſaget: der HERR ſtrafe
dich!
oder der HErr bedrohe dich, nemlich
nebſt hinzugethaner Execution des Gerichts.
Welche Worte genommen ſind aus Zach. 3, 2.
da ſchelten ſo viel heißt, als ſtrafen: denn
gleichwie, wen GOtt lobet, den ſegnet er in
der That: alſo ſtrafet er den, wen er ſchilt:
ſintemal die Worte bey GOtt lauter That
ſind Da bey dem Zacharia auch der Sohn
GOttes ſolche Worte ſpricht, ſo iſts ſo viel
wahrſcheinlicher, daß auch alhier derſelbe ver-
ſtanden werde, wenn ſich nur eine fuͤgliche
Deutung der Worte οὐκ ἐτολμησε, er unter-
wunde ſich es nicht, finden wolte.

5. Da nun dieſe Geſchichte ſich in der Hei-
ligen Schrift nirgends befindet, ſo hat ſie der
Apoſtel aus beſonderer Eingebung des Heiligen
Geiſtes angefuͤhret; welcher aber nicht entgegen
ſtehet, daß er ſolche theils aus einem alten Judi-
ſchen Buche, das itzo nicht mehr verhanden iſt,
theils aus der Tradition gewuſt hat: ſinte-
mal jenes principium, daß es damit in die-
ſem Stuͤcke ſeine Richtigkeit habe, dirigiret
hat.

6. Der Connexion nach, hat Judas ver-
muthlich ſoviel ſagen wollen, daß da der Ertz-En-
gel Michael nicht einmal ein hartes Urtheil wider
den Teufel faͤllen wollen, die verfuͤhriſchen Geiſter
unter den Lehrern ſo viel mehr mit ihren Laͤ-
ſterungen wider die Obrigkeit und ihren Stand
ſich verſuͤndigten, ſoviel weniger die Obrigkeitli-
chen Perſonen den Teufeln an der Argheit koͤn-
ten gleich geachtet werden, als die auch von Chri-
ſto erloͤſet waͤren: welches man von den Teufeln
nicht ſagen koͤnne.

V. 10.

Dieſe aber laͤſtern, da ſie nichts von
wiſſen
(nicht allein das Obrigkeitliche Amt,
ſondern auch alles, was rechte geiſtliche Dinge
ſind, die zum Grunde und zur Ordnung des
Heyls gehoͤren:) was ſie aber natuͤrlich
(nemlich was zur Unterhaltung des Leibes und
[Spaltenumbruch] Fortpflantzung des Geſchlechts gehoͤret) erken-
nen, darinnen verderben ſie, wie die un-
vernuͤnftigen Thiere
(Gr. was ſie aber na-
tuͤrlicher weiſe, als die unvernuͤnftigen Thiere, er-
kennen, darinn verderben ſie: und alſo werden
ſie mit den unvernuͤnftigen Thieren in Anſehung
nicht des Verderbens ſondern der ſinnlichen Er-
kenntniß verglichen.)

Anmerckungen.

1. Das Laſter der Laͤſterung iſt allemal
mit einer groſſen Blindheit verknuͤpfet; wie
denn wo der Wille in der Bosheit lieget, auch der
Verſtand voller Finſterniß iſt. Es iſt aber die
Unwiſſenheit gar ſtraͤflich, da man die unerkante
Sache recht wiſſen ſolte und koͤnte, und durch
die Bosheit des Willens das anſcheinende ja
auch aufgehende Licht in ſich ausgeloͤſchet hat.
Denn wer arges thut, der haſſet das Licht,
auf daß ſeine Wercke nicht geſtrafet wer-
den
Joh. 3, 20.

2. Es iſt zwar bey den gottloſen Leuten,
welche ſich zur Chriſtlichen Religion bekennen,
eine ſolche natuͤrliche Erkenntniß goͤttlicher Din-
ge, welche ſie ſich, ohne die Wirckung des Heili-
gen Geiſtes, aus ihren blos natuͤrlichen Kraͤften
davon machen; die denn daher auch ſehr unrich-
tig und voller Jrrthuͤmer iſt, ob ſie gleich viel wah-
res davon ausſprechen koͤnnen: allein davon iſt
alhier die Rede nicht, ſondern von einer ſolchen
Erkenntniß gewiſſer Dinge, welche ſie mit den
unvernuͤnftigen Thieren gemein haben. Dieſe
gehet nur allein auf das natuͤrliche Leben und auf
den Bauch, und dabey auf die Vermehrung
ihres Geſchlechts.

3. Hierinnen ſind nun die Epicuriſchen
Menſchen zwar den Thieren in ſo weit gleich, daß
ſie mit ihnen einerley Trieb dazu haben, und dem-
ſelben mit ihnen folgen: aber darinnen ſind ſie
doch von ihnen ſehr unterſchieden und noch viel
aͤrger, daß ſie darinnen verderben, leiblich
geiſtlich und ewig; welches von jenen nicht geſa-
get werden kan: leiblich, weil ſie ihre Leiber an
ihnen ſelbſt durch die Unordnung und Ubermaſſe
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auch vor der Zeit um ihr Leben ſelbſt bringen; da
hingegen die unvernuͤnftigen Thiere in allen ſol-
chen natuͤrlichen zu ihrer Unterhaltung und Fort-
pflantzung gehoͤrigen Dingen ihre Maſſe halten,
folglich auch ſich dadurch das Leben nicht abkuͤr-
tzen: geiſtlich, weil ſolche uͤberviehiſche Luͤſte
und Luſthandlungen wider die Seele ſtreiten
1 Pet. 2, 11. und ſie immer mehr und mehr verun-
reinigen und verderben; wie denn daher der ſuͤnd-
lichen Luſt das Verderben zugeſchrieben wird
Eph. 4, 22. 2 Pet. 1, 4. ewig, da man, nachdem
ſo viel auf das Fleiſch iſt geſaͤet worden, von dem
Fleiſche das verderben erndten wird. Gal. 6, 8.

4. Man findet demnach eine dreyfache
Gattung
der Menſchen: erſtlich wahre Chri-
ſten,
welche nicht allein ihre Vernunft recht ge-
brauchen, ſondern dabey auch das goͤttliche Gna-
den Licht mit der Gnaden-Kraft in allen zur Leite-
rinn und Meiſterinn haben. Hernach ver-
nuͤnftige Menſchen,
welche theils innerhalb,

theils
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[774/0774] Richtige und erbauliche Erklaͤrung V. 9. 10. iſt, zur Erden beſtattet hat; ſo hat ſich vermuth- lich der Teufel mit dem Vorſatze, ſich des Leibes zur Abgoͤtterey bey den Juden zu bedienen, hef- tig widerſetzet. 4. Was nun Michael der Ertz-Engel dage- gen vorgenommen, wird angezeiget a. Mit einer Verneinung: er durfte nicht, das Urtheil der Laͤſterung faͤllen, nem- lich wider ihn, oder er unterwunde es ſich nicht. Da denn die Laͤſterung kan verſtanden werden, entweder vom Satan, daß er gedachter Handlung wegen laͤſterlich von GOTT und Moſe geredet, und ihm daruͤber ein Gerichts- Urtheil zur Strafe gehoͤret habe; oder von dem Engel, daß er wider den Satan kein hartes Urtheil, βλάσφημον κρίσιν 2 Pet. 2, 11. womit er ihm, als einer an ſich ſelbſt der Schoͤpfung nach guten Creatur GOttes, zu nahe gekom- men waͤre, zu faͤllen ſich nicht unterſtanden habe. b. Mit einer Bejahung von dem, was er denn gethan habe. Er habe das Urtheil GOtt uͤberlaſſen, und geſaget: der HERR ſtrafe dich! oder der HErr bedrohe dich, nemlich nebſt hinzugethaner Execution des Gerichts. Welche Worte genommen ſind aus Zach. 3, 2. da ſchelten ſo viel heißt, als ſtrafen: denn gleichwie, wen GOtt lobet, den ſegnet er in der That: alſo ſtrafet er den, wen er ſchilt: ſintemal die Worte bey GOtt lauter That ſind Da bey dem Zacharia auch der Sohn GOttes ſolche Worte ſpricht, ſo iſts ſo viel wahrſcheinlicher, daß auch alhier derſelbe ver- ſtanden werde, wenn ſich nur eine fuͤgliche Deutung der Worte οὐκ ἐτολμησε, er unter- wunde ſich es nicht, finden wolte. 5. Da nun dieſe Geſchichte ſich in der Hei- ligen Schrift nirgends befindet, ſo hat ſie der Apoſtel aus beſonderer Eingebung des Heiligen Geiſtes angefuͤhret; welcher aber nicht entgegen ſtehet, daß er ſolche theils aus einem alten Judi- ſchen Buche, das itzo nicht mehr verhanden iſt, theils aus der Tradition gewuſt hat: ſinte- mal jenes principium, daß es damit in die- ſem Stuͤcke ſeine Richtigkeit habe, dirigiret hat. 6. Der Connexion nach, hat Judas ver- muthlich ſoviel ſagen wollen, daß da der Ertz-En- gel Michael nicht einmal ein hartes Urtheil wider den Teufel faͤllen wollen, die verfuͤhriſchen Geiſter unter den Lehrern ſo viel mehr mit ihren Laͤ- ſterungen wider die Obrigkeit und ihren Stand ſich verſuͤndigten, ſoviel weniger die Obrigkeitli- chen Perſonen den Teufeln an der Argheit koͤn- ten gleich geachtet werden, als die auch von Chri- ſto erloͤſet waͤren: welches man von den Teufeln nicht ſagen koͤnne. V. 10. Dieſe aber laͤſtern, da ſie nichts von wiſſen (nicht allein das Obrigkeitliche Amt, ſondern auch alles, was rechte geiſtliche Dinge ſind, die zum Grunde und zur Ordnung des Heyls gehoͤren:) was ſie aber natuͤrlich (nemlich was zur Unterhaltung des Leibes und Fortpflantzung des Geſchlechts gehoͤret) erken- nen, darinnen verderben ſie, wie die un- vernuͤnftigen Thiere (Gr. was ſie aber na- tuͤrlicher weiſe, als die unvernuͤnftigen Thiere, er- kennen, darinn verderben ſie: und alſo werden ſie mit den unvernuͤnftigen Thieren in Anſehung nicht des Verderbens ſondern der ſinnlichen Er- kenntniß verglichen.) Anmerckungen. 1. Das Laſter der Laͤſterung iſt allemal mit einer groſſen Blindheit verknuͤpfet; wie denn wo der Wille in der Bosheit lieget, auch der Verſtand voller Finſterniß iſt. Es iſt aber die Unwiſſenheit gar ſtraͤflich, da man die unerkante Sache recht wiſſen ſolte und koͤnte, und durch die Bosheit des Willens das anſcheinende ja auch aufgehende Licht in ſich ausgeloͤſchet hat. Denn wer arges thut, der haſſet das Licht, auf daß ſeine Wercke nicht geſtrafet wer- den Joh. 3, 20. 2. Es iſt zwar bey den gottloſen Leuten, welche ſich zur Chriſtlichen Religion bekennen, eine ſolche natuͤrliche Erkenntniß goͤttlicher Din- ge, welche ſie ſich, ohne die Wirckung des Heili- gen Geiſtes, aus ihren blos natuͤrlichen Kraͤften davon machen; die denn daher auch ſehr unrich- tig und voller Jrrthuͤmer iſt, ob ſie gleich viel wah- res davon ausſprechen koͤnnen: allein davon iſt alhier die Rede nicht, ſondern von einer ſolchen Erkenntniß gewiſſer Dinge, welche ſie mit den unvernuͤnftigen Thieren gemein haben. Dieſe gehet nur allein auf das natuͤrliche Leben und auf den Bauch, und dabey auf die Vermehrung ihres Geſchlechts. 3. Hierinnen ſind nun die Epicuriſchen Menſchen zwar den Thieren in ſo weit gleich, daß ſie mit ihnen einerley Trieb dazu haben, und dem- ſelben mit ihnen folgen: aber darinnen ſind ſie doch von ihnen ſehr unterſchieden und noch viel aͤrger, daß ſie darinnen verderben, leiblich geiſtlich und ewig; welches von jenen nicht geſa- get werden kan: leiblich, weil ſie ihre Leiber an ihnen ſelbſt durch die Unordnung und Ubermaſſe ſchaͤnden, und ſich um ihre Geſundheit und folglich auch vor der Zeit um ihr Leben ſelbſt bringen; da hingegen die unvernuͤnftigen Thiere in allen ſol- chen natuͤrlichen zu ihrer Unterhaltung und Fort- pflantzung gehoͤrigen Dingen ihre Maſſe halten, folglich auch ſich dadurch das Leben nicht abkuͤr- tzen: geiſtlich, weil ſolche uͤberviehiſche Luͤſte und Luſthandlungen wider die Seele ſtreiten 1 Pet. 2, 11. und ſie immer mehr und mehr verun- reinigen und verderben; wie denn daher der ſuͤnd- lichen Luſt das Verderben zugeſchrieben wird Eph. 4, 22. 2 Pet. 1, 4. ewig, da man, nachdem ſo viel auf das Fleiſch iſt geſaͤet worden, von dem Fleiſche das verderben erndten wird. Gal. 6, 8. 4. Man findet demnach eine dreyfache Gattung der Menſchen: erſtlich wahre Chri- ſten, welche nicht allein ihre Vernunft recht ge- brauchen, ſondern dabey auch das goͤttliche Gna- den Licht mit der Gnaden-Kraft in allen zur Leite- rinn und Meiſterinn haben. Hernach ver- nuͤnftige Menſchen, welche theils innerhalb, theils

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/774>, abgerufen am 23.11.2024.