[Spaltenumbruch]
setzet habe. Die gemeineste Redens-Art da- von ist diese von dem Wandel in der Wahr- heit; darinn die lebendige Erkenntniß mit der würcklichen Ausübung aufs genaueste verbun- den wird.
3. Wer sich über etwas Gutes recht von Hertzen freuet, der hat daran ein innerliches Zeugniß, daß er im gleichem Grunde des geistli- chen Guten stehet: gleichwie man hingegen da- bey seinen geistlichen Tod, oder Schlaf erken- nen kan, wenn man bey der Nachricht vom geist- lichen Guten gantz unempfindlich ist, ja sich da- von gantz abgeneiget befindet.
4. Das eigene Gewissen, und darinn das Zeugniß GOttes, ist zwar einem wahren Christen genug: es ist dabey doch aber sehr löb- lich, wenn er auch ein gutes Zeugniß bey und von andern hat, also, daß er einen guten Geruch zur Erbauung anderer von sich giebet.
5. Ein wahrer Christ muß zwar weder et- was um des Lobes willen vor den Menschen thun, noch andere durch ein unzeitiges und unlaute- res Loben in Versuchung der Eigenliebe setzen: es dienet doch aber zum brüderlichen Vertrauen und zu vieler Aufmunterung, wenn einer mit ein- fältigem Hertzen dasjenige, was er an dem an- dern Lobenswürdiges erkennet, ihm auch mit Worten mündlich und schriftlich bezeuget: wie wir solches von gewissen Personen, theils auch gantzen Gemeinen, in allen Apostolischen Brie- sen finden. Da denn, was in Einfalt und Lau- terkeit geschiehet, auch in Demuth zum Lobe GOttes aufgenommen wird.
V. 4.
Jch habe keine grössere Freude, denn die, daß ich höre meine Kinder in der Wahrheit wandeln.
Anmerckungen.
1. Der Apostel schreitet von dem Exempel zur gemeinen Regel, oder von der besondern Freude, welche er über das Gaji Wohlverhal- ten empfunden hatte, zu seiner allgemeinen und beständigen Gewohnheit, sich über etwas Gu- tes zu erfreuen. Wie denn alles Gute bey einem Christen, sonderlich einem Lehrer, zu einer rech- ten Gewohnheit in beständiger Ubung werden muß.
2. Johannes hatte zwar manche Freude über viele geistliche Dinge bey mancher Gelegenheit, aber nichts erfreuete ihn so sehr, als wenn er zur Verherrlichung des Namens GOttes das Bild seines HErrn in andern sahe. Welches ihn denn auch sonderlich zum Lobe GOttes erwecket hat. Man kan hieraus auch im Gegentheil er- kennen, worüber sich wahre Christen am meisten betrüben, nemlich über die, welche, da sie in der Wahrheit wandeln solten und könnten, ihre krumme und unselige Wege gehen.
3. Ein Character eines rechtschafnen Leh- rers ist es, wenn er unter seinen Zuhörern solche hat, welche er für seine geistliche Kinder halten, und über welcher Wandel in der Wahrheit er sich erfreuen kan: gleichwie hingegen ein Mieth- [Spaltenumbruch]
ling sich selbst daran erkennen kan, wenn er theils von solcher geistlichen Freude nichts weiß, theils von keiner andern Freude und Betrübniß sagen kan, als welche über zeitliche und irrdische Din- ge entstehet.
4. Man findet in diesen Worten auch ein Kennzeichen rechtschafner Eltern. Denn bey diesen heißt es auch: Jch habe keine grössere Freude, denn die, daß ich sehe und höre meine Kinder in der Wahrheit wandeln. Da es hingegen bey irrdisch-gesinnten Eltern al- so lautet: Jch habe keine grössere Freude, denn die, wenn ich meine Kinder in der Welt kan reich und groß machen, und wenn ich sehe, daß sie reich und groß werden.
5. Es muß denn auch billig bey wohlgearte- ten Zuhörern und Kindern also heissen: Jch ha- be keine grössere Pflicht, denn die, daß ich meinen Lehrern und Eltern nach GOttes Willen eine geistliche Freude über mich mache, und sie aller betrübniß gäntz- lich überhebe, als welches Verhalten die Heils- Ordnung, darauf alle Pflicht gerichtet seyn muß, zum Grunde hat.
6. Der gar grosse Unterscheid unter wahr- haftig bekehrten und unbekehrten Leuten äussert sich unter andern auch darinnen, daß, wenn jene sich über die Nachricht, daß hie und da gewisse Seelen in der Wahrheit wandeln, erfreuen, die- se theils gar nichts daraus machen, theils die Rechtschaffenen, weil sie gantz anders gesinnet sind, heimlich hassen und anfeinden, und sol- ches ihr ihnen abholdes Gemüth auch wol durch widrige Urtheile und Beschuldigungen aus- brechen lassen.
7. Angefochtenen und niedergeschlagenen Seelen, welche von der Freude in dem Heiligen Geiste keine merckliche Empfindung haben, die- net unter andern auch dieses zu ihrer Aufmunte- rung, wenn sie sich über die Nachricht, daß hie und da gewisse Seelen sich gar ernstlich zu GOtt bekehret und davon gute Probe abgeleget haben, erfreuen. Denn daran haben sie ein gewisses Kennzeichen von ihrem Gnaden-Stande, auch davon, daß sie nicht ohne alle geistliche Freude sind.
V. 5. 6. 7. 8.
Mein lieber, du thust treulich, was du thust an den Brüdern und Gästen; die von deiner Liebe gezeuget haben vor der Gemeine, und hast wohlgethan, daß du sie abgefertiget hast würdiglich vor GOtt. Denn um seines Namens willen sind sie ausgezogen, und haben von den Heiden nichts genommen. So sollen wir nun sol- che aufnehmen, daß wir der Wahrheit ge- hülffen werden.
Anmerckungen.
1. Wir finden alhier drey Stück: das erste von denen, welchen Gajus Liebe bewiesen hat: das andere von Gajo, was an ihm ihrent- halber gelobet wird: das dritte die Regel, wel-
che
Richtige und erbauliche Erklaͤrung V. 3-8.
[Spaltenumbruch]
ſetzet habe. Die gemeineſte Redens-Art da- von iſt dieſe von dem Wandel in der Wahr- heit; darinn die lebendige Erkenntniß mit der wuͤrcklichen Ausuͤbung aufs genaueſte verbun- den wird.
3. Wer ſich uͤber etwas Gutes recht von Hertzen freuet, der hat daran ein innerliches Zeugniß, daß er im gleichem Grunde des geiſtli- chen Guten ſtehet: gleichwie man hingegen da- bey ſeinen geiſtlichen Tod, oder Schlaf erken- nen kan, wenn man bey der Nachricht vom geiſt- lichen Guten gantz unempfindlich iſt, ja ſich da- von gantz abgeneiget befindet.
4. Das eigene Gewiſſen, und darinn das Zeugniß GOttes, iſt zwar einem wahren Chriſten genug: es iſt dabey doch aber ſehr loͤb- lich, wenn er auch ein gutes Zeugniß bey und von andern hat, alſo, daß er einen guten Geruch zur Erbauung anderer von ſich giebet.
5. Ein wahrer Chriſt muß zwar weder et- was um des Lobes willen vor den Menſchen thun, noch andere durch ein unzeitiges und unlaute- res Loben in Verſuchung der Eigenliebe ſetzen: es dienet doch aber zum bruͤderlichen Vertrauen und zu vieler Aufmunterung, wenn einer mit ein- faͤltigem Hertzen dasjenige, was er an dem an- dern Lobenswuͤrdiges erkennet, ihm auch mit Worten muͤndlich und ſchriftlich bezeuget: wie wir ſolches von gewiſſen Perſonen, theils auch gantzen Gemeinen, in allen Apoſtoliſchen Brie- ſen finden. Da denn, was in Einfalt und Lau- terkeit geſchiehet, auch in Demuth zum Lobe GOttes aufgenommen wird.
V. 4.
Jch habe keine groͤſſere Freude, denn die, daß ich hoͤre meine Kinder in der Wahrheit wandeln.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel ſchreitet von dem Exempel zur gemeinen Regel, oder von der beſondern Freude, welche er uͤber das Gaji Wohlverhal- ten empfunden hatte, zu ſeiner allgemeinen und beſtaͤndigen Gewohnheit, ſich uͤber etwas Gu- tes zu erfreuen. Wie denn alles Gute bey einem Chriſten, ſonderlich einem Lehrer, zu einer rech- ten Gewohnheit in beſtaͤndiger Ubung werden muß.
2. Johannes hatte zwar manche Freude uͤber viele geiſtliche Dinge bey mancher Gelegenheit, aber nichts erfreuete ihn ſo ſehr, als wenn er zur Verherrlichung des Namens GOttes das Bild ſeines HErrn in andern ſahe. Welches ihn denn auch ſonderlich zum Lobe GOttes erwecket hat. Man kan hieraus auch im Gegentheil er- kennen, woruͤber ſich wahre Chriſten am meiſten betruͤben, nemlich uͤber die, welche, da ſie in der Wahrheit wandeln ſolten und koͤnnten, ihre krumme und unſelige Wege gehen.
3. Ein Character eines rechtſchafnen Leh- rers iſt es, wenn er unter ſeinen Zuhoͤrern ſolche hat, welche er fuͤr ſeine geiſtliche Kinder halten, und uͤber welcher Wandel in der Wahrheit er ſich erfreuen kan: gleichwie hingegen ein Mieth- [Spaltenumbruch]
ling ſich ſelbſt daran erkennen kan, wenn er theils von ſolcher geiſtlichen Freude nichts weiß, theils von keiner andern Freude und Betruͤbniß ſagen kan, als welche uͤber zeitliche und irrdiſche Din- ge entſtehet.
4. Man findet in dieſen Worten auch ein Kennzeichen rechtſchafner Eltern. Denn bey dieſen heißt es auch: Jch habe keine groͤſſere Freude, denn die, daß ich ſehe und hoͤre meine Kinder in der Wahrheit wandeln. Da es hingegen bey irrdiſch-geſinnten Eltern al- ſo lautet: Jch habe keine groͤſſere Freude, denn die, wenn ich meine Kinder in der Welt kan reich und groß machen, und wenn ich ſehe, daß ſie reich und groß werden.
5. Es muß denn auch billig bey wohlgearte- ten Zuhoͤrern und Kindern alſo heiſſen: Jch ha- be keine groͤſſere Pflicht, denn die, daß ich meinen Lehrern und Eltern nach GOttes Willen eine geiſtliche Freude uͤber mich mache, und ſie aller betruͤbniß gaͤntz- lich uͤberhebe, als welches Verhalten die Heils- Ordnung, darauf alle Pflicht gerichtet ſeyn muß, zum Grunde hat.
6. Der gar groſſe Unterſcheid unter wahr- haftig bekehrten und unbekehrten Leuten aͤuſſert ſich unter andern auch darinnen, daß, wenn jene ſich uͤber die Nachricht, daß hie und da gewiſſe Seelen in der Wahrheit wandeln, erfreuen, die- ſe theils gar nichts daraus machen, theils die Rechtſchaffenen, weil ſie gantz anders geſinnet ſind, heimlich haſſen und anfeinden, und ſol- ches ihr ihnen abholdes Gemuͤth auch wol durch widrige Urtheile und Beſchuldigungen aus- brechen laſſen.
7. Angefochtenen und niedergeſchlagenen Seelen, welche von der Freude in dem Heiligen Geiſte keine merckliche Empfindung haben, die- net unter andern auch dieſes zu ihrer Aufmunte- rung, wenn ſie ſich uͤber die Nachricht, daß hie und da gewiſſe Seelen ſich gar ernſtlich zu GOtt bekehret und davon gute Probe abgeleget haben, erfreuen. Denn daran haben ſie ein gewiſſes Kennzeichen von ihrem Gnaden-Stande, auch davon, daß ſie nicht ohne alle geiſtliche Freude ſind.
V. 5. 6. 7. 8.
Mein lieber, du thuſt treulich, was du thuſt an den Bruͤdern und Gaͤſten; die von deiner Liebe gezeuget haben vor der Gemeine, und haſt wohlgethan, daß du ſie abgefertiget haſt wuͤrdiglich vor GOtt. Denn um ſeines Namens willen ſind ſie ausgezogen, und haben von den Heiden nichts genommen. So ſollen wir nun ſol- che aufnehmen, daß wir der Wahrheit ge- huͤlffen werden.
Anmerckungen.
1. Wir finden alhier drey Stuͤck: das erſte von denen, welchen Gajus Liebe bewieſen hat: das andere von Gajo, was an ihm ihrent- halber gelobet wird: das dritte die Regel, wel-
che
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[756/0756]
Richtige und erbauliche Erklaͤrung V. 3-8.
ſetzet habe. Die gemeineſte Redens-Art da-
von iſt dieſe von dem Wandel in der Wahr-
heit; darinn die lebendige Erkenntniß mit der
wuͤrcklichen Ausuͤbung aufs genaueſte verbun-
den wird.
3. Wer ſich uͤber etwas Gutes recht von
Hertzen freuet, der hat daran ein innerliches
Zeugniß, daß er im gleichem Grunde des geiſtli-
chen Guten ſtehet: gleichwie man hingegen da-
bey ſeinen geiſtlichen Tod, oder Schlaf erken-
nen kan, wenn man bey der Nachricht vom geiſt-
lichen Guten gantz unempfindlich iſt, ja ſich da-
von gantz abgeneiget befindet.
4. Das eigene Gewiſſen, und darinn
das Zeugniß GOttes, iſt zwar einem wahren
Chriſten genug: es iſt dabey doch aber ſehr loͤb-
lich, wenn er auch ein gutes Zeugniß bey und von
andern hat, alſo, daß er einen guten Geruch zur
Erbauung anderer von ſich giebet.
5. Ein wahrer Chriſt muß zwar weder et-
was um des Lobes willen vor den Menſchen thun,
noch andere durch ein unzeitiges und unlaute-
res Loben in Verſuchung der Eigenliebe ſetzen:
es dienet doch aber zum bruͤderlichen Vertrauen
und zu vieler Aufmunterung, wenn einer mit ein-
faͤltigem Hertzen dasjenige, was er an dem an-
dern Lobenswuͤrdiges erkennet, ihm auch mit
Worten muͤndlich und ſchriftlich bezeuget: wie
wir ſolches von gewiſſen Perſonen, theils auch
gantzen Gemeinen, in allen Apoſtoliſchen Brie-
ſen finden. Da denn, was in Einfalt und Lau-
terkeit geſchiehet, auch in Demuth zum Lobe
GOttes aufgenommen wird.
V. 4.
Jch habe keine groͤſſere Freude, denn
die, daß ich hoͤre meine Kinder in der
Wahrheit wandeln.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel ſchreitet von dem Exempel
zur gemeinen Regel, oder von der beſondern
Freude, welche er uͤber das Gaji Wohlverhal-
ten empfunden hatte, zu ſeiner allgemeinen und
beſtaͤndigen Gewohnheit, ſich uͤber etwas Gu-
tes zu erfreuen. Wie denn alles Gute bey einem
Chriſten, ſonderlich einem Lehrer, zu einer rech-
ten Gewohnheit in beſtaͤndiger Ubung werden
muß.
2. Johannes hatte zwar manche Freude uͤber
viele geiſtliche Dinge bey mancher Gelegenheit,
aber nichts erfreuete ihn ſo ſehr, als wenn er zur
Verherrlichung des Namens GOttes das Bild
ſeines HErrn in andern ſahe. Welches ihn
denn auch ſonderlich zum Lobe GOttes erwecket
hat. Man kan hieraus auch im Gegentheil er-
kennen, woruͤber ſich wahre Chriſten am meiſten
betruͤben, nemlich uͤber die, welche, da ſie in der
Wahrheit wandeln ſolten und koͤnnten, ihre
krumme und unſelige Wege gehen.
3. Ein Character eines rechtſchafnen Leh-
rers iſt es, wenn er unter ſeinen Zuhoͤrern ſolche
hat, welche er fuͤr ſeine geiſtliche Kinder halten,
und uͤber welcher Wandel in der Wahrheit er
ſich erfreuen kan: gleichwie hingegen ein Mieth-
ling ſich ſelbſt daran erkennen kan, wenn er theils
von ſolcher geiſtlichen Freude nichts weiß, theils
von keiner andern Freude und Betruͤbniß ſagen
kan, als welche uͤber zeitliche und irrdiſche Din-
ge entſtehet.
4. Man findet in dieſen Worten auch ein
Kennzeichen rechtſchafner Eltern. Denn bey
dieſen heißt es auch: Jch habe keine groͤſſere
Freude, denn die, daß ich ſehe und hoͤre
meine Kinder in der Wahrheit wandeln.
Da es hingegen bey irrdiſch-geſinnten Eltern al-
ſo lautet: Jch habe keine groͤſſere Freude,
denn die, wenn ich meine Kinder in der
Welt kan reich und groß machen, und
wenn ich ſehe, daß ſie reich und groß
werden.
5. Es muß denn auch billig bey wohlgearte-
ten Zuhoͤrern und Kindern alſo heiſſen: Jch ha-
be keine groͤſſere Pflicht, denn die, daß ich
meinen Lehrern und Eltern nach GOttes
Willen eine geiſtliche Freude uͤber mich
mache, und ſie aller betruͤbniß gaͤntz-
lich uͤberhebe, als welches Verhalten die Heils-
Ordnung, darauf alle Pflicht gerichtet ſeyn
muß, zum Grunde hat.
6. Der gar groſſe Unterſcheid unter wahr-
haftig bekehrten und unbekehrten Leuten aͤuſſert
ſich unter andern auch darinnen, daß, wenn jene
ſich uͤber die Nachricht, daß hie und da gewiſſe
Seelen in der Wahrheit wandeln, erfreuen, die-
ſe theils gar nichts daraus machen, theils die
Rechtſchaffenen, weil ſie gantz anders geſinnet
ſind, heimlich haſſen und anfeinden, und ſol-
ches ihr ihnen abholdes Gemuͤth auch wol durch
widrige Urtheile und Beſchuldigungen aus-
brechen laſſen.
7. Angefochtenen und niedergeſchlagenen
Seelen, welche von der Freude in dem Heiligen
Geiſte keine merckliche Empfindung haben, die-
net unter andern auch dieſes zu ihrer Aufmunte-
rung, wenn ſie ſich uͤber die Nachricht, daß hie
und da gewiſſe Seelen ſich gar ernſtlich zu GOtt
bekehret und davon gute Probe abgeleget haben,
erfreuen. Denn daran haben ſie ein gewiſſes
Kennzeichen von ihrem Gnaden-Stande, auch
davon, daß ſie nicht ohne alle geiſtliche Freude
ſind.
V. 5. 6. 7. 8.
Mein lieber, du thuſt treulich, was
du thuſt an den Bruͤdern und Gaͤſten; die
von deiner Liebe gezeuget haben vor der
Gemeine, und haſt wohlgethan, daß du ſie
abgefertiget haſt wuͤrdiglich vor GOtt.
Denn um ſeines Namens willen ſind ſie
ausgezogen, und haben von den Heiden
nichts genommen. So ſollen wir nun ſol-
che aufnehmen, daß wir der Wahrheit ge-
huͤlffen werden.
Anmerckungen.
1. Wir finden alhier drey Stuͤck: das
erſte von denen, welchen Gajus Liebe bewieſen
hat: das andere von Gajo, was an ihm ihrent-
halber gelobet wird: das dritte die Regel, wel-
che
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/756>, abgerufen am 23.11.2024.
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