Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.V. 1. 2. des dritten Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
aus der Wahrheit waren, in der Wahrheitstunden, und in der Wahrheit wandelten: und also war diese Liebe von Seiten Johannis und Gaji eine geistliche und übernatürliche Bruder- Liebe, welche ihren Grund in GOtt selbst hat- te, und in der Ordnung der Wiedergeburt, da man durch das Wort der Wahrheit, das Ev- angelium, zu einer neuen Creatur geworden ist Jac. 1, 18. entstanden war, daher auch in alle Ewigkeit dauret. Welche sich also in der Wahrheit lieben, die lieben sich denn folglich auch wahrhaftig, oder in aller Lauterkeit, ohne alle Verstellung, und mit allem Erweise. 3. Wahrheit und Liebe stehen auch al- V. 2. Mein Lieber, ich wünsche in allen Stü- Anmerckungen. 1. Ein Christlicher Wunsch ist eine Art des 2. Der Wunsch ist aufs leibliche und geist- 3. Von der leiblichen Wohlfahrt, wie sie 4. Ein rechtschaffner Christe wendet seine 5. Jst iemand von den Lesern dieses Briefes V. 3. Jch bin sehr erfreuet, da die (die be- Anmerckungen. 1. Der Bruder-Name hat die Kindschaft 2. Da das Wort Wahrheit in dem an- setzet C c c c c
V. 1. 2. des dritten Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
aus der Wahrheit waren, in der Wahrheitſtunden, und in der Wahrheit wandelten: und alſo war dieſe Liebe von Seiten Johannis und Gaji eine geiſtliche und uͤbernatuͤrliche Bruder- Liebe, welche ihren Grund in GOtt ſelbſt hat- te, und in der Ordnung der Wiedergeburt, da man durch das Wort der Wahrheit, das Ev- angelium, zu einer neuen Creatur geworden iſt Jac. 1, 18. entſtanden war, daher auch in alle Ewigkeit dauret. Welche ſich alſo in der Wahrheit lieben, die lieben ſich denn folglich auch wahrhaftig, oder in aller Lauterkeit, ohne alle Verſtellung, und mit allem Erweiſe. 3. Wahrheit und Liebe ſtehen auch al- V. 2. Mein Lieber, ich wuͤnſche in allen Stuͤ- Anmerckungen. 1. Ein Chriſtlicher Wunſch iſt eine Art des 2. Der Wunſch iſt aufs leibliche und geiſt- 3. Von der leiblichen Wohlfahrt, wie ſie 4. Ein rechtſchaffner Chriſte wendet ſeine 5. Jſt iemand von den Leſern dieſes Briefes V. 3. Jch bin ſehr erfreuet, da die (die be- Anmerckungen. 1. Der Bruder-Name hat die Kindſchaft 2. Da das Wort Wahrheit in dem an- ſetzet C c c c c
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V. 1. 2. des dritten Briefes Johannis.
aus der Wahrheit waren, in der Wahrheit
ſtunden, und in der Wahrheit wandelten: und
alſo war dieſe Liebe von Seiten Johannis und
Gaji eine geiſtliche und uͤbernatuͤrliche Bruder-
Liebe, welche ihren Grund in GOtt ſelbſt hat-
te, und in der Ordnung der Wiedergeburt, da
man durch das Wort der Wahrheit, das Ev-
angelium, zu einer neuen Creatur geworden iſt
Jac. 1, 18. entſtanden war, daher auch in alle
Ewigkeit dauret. Welche ſich alſo in der
Wahrheit lieben, die lieben ſich denn folglich
auch wahrhaftig, oder in aller Lauterkeit, ohne
alle Verſtellung, und mit allem Erweiſe.
3. Wahrheit und Liebe ſtehen auch al-
hier bey einander, wie ſie ſonſt allezeit zuſam-
men gehoͤren, wie Paulus mit dem ἀληϑέυειν ἐν
ἀτάπη anzeiget Eph. 4, 15. Denn ohne Wahrheit
iſt die Liebe blind und unlauter, und nur blos
natuͤrlich: gleichwie hingegen die Wahrheit
ohne Liebe lahm, ſtinckend und nur heuchleriſch
iſt. So wenig eine Seele iſt, die einen Ver-
ſtand ohne Willen, oder Willen ohne Ver-
ſtand hat: eben ſo wenig kan auch ein Chriſten-
thum ſeyn, darinnen die Wahrheit ohne Lie-
be, und die Liebe ohne Wahrheit waͤre.
V. 2.
Mein Lieber, ich wuͤnſche in allen Stuͤ-
cken (περὶ πάντων, vor allen Dingen, zuvorderſt
wuͤnſche ich) daß dirs wohl gehe, und du ge-
ſund ſeyſt, (auch dem Leibe nach) wie es denn
deiner Seelen wohl gehet (und ſie geſund
iſt.)
Anmerckungen.
1. Ein Chriſtlicher Wunſch iſt eine Art des
Gebets. Es ſtehet dieſer Wunſch an ſtatt des
ſonſt gewoͤhnlichen Segens-Gruſſes, darinn der
Gnade und des Friedens von GOTT gedacht
wird. Es kan ſich ein ieder Leſer dieſen Wunſch
glaͤubig zueignen: zu welchem Ende auch dieſer
Brief unter der goͤttlichen Providentz in der
Kirche zum allgemeinen Gebrauch gekommen
iſt.
2. Der Wunſch iſt aufs leibliche und geiſt-
liche gerichtet. Denn weil es heißt: wie es
deiner Seele wohl gehet, und zur Vermeh-
rung dieſes geiſtlichen Wohlergehens der Brief
eigentlich gerichtet war, und mit ſolchen Wor-
ten einige Vergleichung gemachet wird, ſo ver-
ſtehet man das erſte Wohlgehen und geſund
ſeyn billig von dem Leibe. Wie denn ein Chri-
ſte dasjenige, was bey den Heyden in ihren
Briefen nur das eintzige war, nemlich das Ab-
ſehen auf das leibliche und zeitliche, mit ihren:
ſi vales, bene eſt, valeo u. d. gl. billig mit der
auf die Seele gerichteten Haupt-Wohlfart ver-
bindet, und es damit zugleich wohl ordnet und
recht heiliget. Es iſt die leibliche Geſundheit
und das Gedeyen in haͤuslichen und buͤrgerlichen
Verrichtungen nicht ein geringes, und gleichwie
es bey den Kindern GOttes in genauer Verbin-
dung ſtehet mit dem rechten Grunde der Gna-
de: alſo gereichet beydes auch zu ihrer vielen
und dabey geheiligten Erquickung und zum Lobe
GOttes: es muß ihnen aber auch das Gegen-
theil unter mancherley Pruͤſung zum beſten die-
nen.
3. Von der leiblichen Wohlfahrt, wie ſie
mit der geiſtlichen verknuͤpfetund daraus herge-
leitet werden muß, haben wir das ſchoͤne Exem-
pel am Joſeph, von dem es heißt: Der HErr
war mit Joſeph, daß er ein gluͤckſeliger
Mann ward, und war in ſeines HErrn/
des Aegypters, Hauſe. Und ſein Herr ſa-
he, daß der HERR mit ihm war. Denn
alles, was er thaͤt, da gab der HERR
Gluͤck zu durch ihn ‒ ‒ der HERR ſegnete
des Aegypters Haus um Joſephs willen,
und war eitel Segen des HErren in allem,
was er hatte, zu Hauſe und zu Felde. 1 B.
Moſ. 39, 2. u. f. Und alſo giebt Joſeph ein Ex-
empel zu der Regel: Wer nicht wandelt im
Rath der Gottloſen. Der iſt wie ein Baum
gepflantzet an den Waſſer-Baͤchen- und
was er machet das geraͤth wohl.
4. Ein rechtſchaffner Chriſte wendet ſeine
aͤuſſerliche Wohlfahrt und leibliche Geſundheit
billig und willig alſo an, wie Gajus, welcher,
iemehr ihn GOTT darinn ſegnete, iemehr
ſuchte er damit ſeinen bedrengten Mitgliedern
zu dienen: wie es denn billig iſt, daß das geſun-
de Glied dem Krancken und Gebrechlichen zu
Huͤlfe komme. Weil Johannes ſolcher Dienſt-
fertigkeit an Gajo wohl verſichert war, ſo ging
ſein Wunſch daher auch auf dieſes, nemlich daß
er noch ferner im Stande bleiben moͤchte, die lei-
dende Glieder Chriſti zu erquicken.
5. Jſt iemand von den Leſern dieſes Briefes
am Leibe nicht geſund, ſo pruͤfe er ſich, ob er es
auch an der Seele ſey. Jſt ers an der Seele, aber
nicht am Leibe, ſo hat er ſich dieſen Wunſch ſo
vielmehr zuzueignen. Jſt er es an beyden, ſo ſoll
ſein Hertz und Mund billig ſo viel mehr vom Lobe
GOttes voll ſeyn und uͤbergehen.
V. 3.
Jch bin ſehr erfreuet, da die (die be-
kannten und zu mir geſchickten) Bruͤder kamen,
und zeugeten von deiner Wahrheit (deinem
rechtſchaffenem Weſen) wie denn du wandelſt
in der Wahrheit.
Anmerckungen.
1. Der Bruder-Name hat die Kindſchaft
GOttes zum Grunde, und iſt daher ſo viel edler
und lieblicher, ſo viel hoͤher und erfreulicher je-
ner iſt. Zu den Bruͤdern gehoͤren auch die
Schweſtern. Keine Liebe iſt geſegneter und
erqvicklicher, als welche man in der Liebe GOt-
tes zu einer Perſon, als einem geiſtlichen Bruder
oder einer geiſtlichen Schweſter, hat: zumal wenn
auf beyden Seiten ſich der lautere Sinn CHriſti
alſo findet, daß einer dem andern mit keinen An-
ſtoͤſſen laͤſtig, ſondern mit ſeinem Exempel er-
qvicklich iſt.
2. Da das Wort Wahrheit in dem an-
dern Briefe fuͤnfmal ſtehet, ſo koͤmmt es in dieſem
ſechsmal vor. Daraus wir ſo vielmehr erken-
nen, mit welchem Nachdruck es der Apoſtel ge-
ſetzet
C c c c c
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