Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.V. 12-14. des andern Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
mal wenn man einem seine eigene Jrrthümerfür Wahrheiten aufdringen will, anderer ihre Wahrheiten aber für Jrrthümer hält. Von welchem ungöttlichen Verfahren die Kirchen- Geschicht uns in allen Seculis, sonderlich von dem vierdten an, viele Exempel darstellet. Und wenn sich solche ungesalbete Lehr-Eiferer unter andern auf diesen Ort berufen, ist es ein offenba- rer Mißbrauch. 5. Das alhier verbotene khairein, grüssen, 6. Der Apostel bestrafet an den falschen 7. Man hat sich nicht allein vor eigenen, V. 12. Jch hatte euch viel zu schreiben; aber Anmerckungen. 1. Was der Apostel zu schreiben gehabt 2. Ob der Apostel zu der Christlichen Ma- 3. Wenn Lehrer zu ihren gottseligen Zu- V. 13. Es grüssen dich die Kinder deiner Anmerckungen. 1. Diese Schwester ist eine solche gewesen 2. Wo unter leiblichem Geschwister einer 3. War es ein besonder geistlicher Seegen 4. Es muß aber die Schwester, von dero Schrift
V. 12-14. des andern Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
mal wenn man einem ſeine eigene Jrrthuͤmerfuͤr Wahrheiten aufdringen will, anderer ihre Wahrheiten aber fuͤr Jrrthuͤmer haͤlt. Von welchem ungoͤttlichen Verfahren die Kirchen- Geſchicht uns in allen Seculis, ſonderlich von dem vierdten an, viele Exempel darſtellet. Und wenn ſich ſolche ungeſalbete Lehr-Eiferer unter andern auf dieſen Ort berufen, iſt es ein offenba- rer Mißbrauch. 5. Das alhier verbotene χαίρειν, gruͤſſen, 6. Der Apoſtel beſtrafet an den falſchen 7. Man hat ſich nicht allein vor eigenen, V. 12. Jch hatte euch viel zu ſchreiben; aber Anmerckungen. 1. Was der Apoſtel zu ſchreiben gehabt 2. Ob der Apoſtel zu der Chriſtlichen Ma- 3. Wenn Lehrer zu ihren gottſeligen Zu- V. 13. Es gruͤſſen dich die Kinder deiner Anmerckungen. 1. Dieſe Schweſter iſt eine ſolche geweſen 2. Wo unter leiblichem Geſchwiſter einer 3. War es ein beſonder geiſtlicher Seegen 4. Es muß aber die Schweſter, von dero Schrift
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V. 12-14. des andern Briefes Johannis.
mal wenn man einem ſeine eigene Jrrthuͤmer
fuͤr Wahrheiten aufdringen will, anderer ihre
Wahrheiten aber fuͤr Jrrthuͤmer haͤlt. Von
welchem ungoͤttlichen Verfahren die Kirchen-
Geſchicht uns in allen Seculis, ſonderlich von
dem vierdten an, viele Exempel darſtellet. Und
wenn ſich ſolche ungeſalbete Lehr-Eiferer unter
andern auf dieſen Ort berufen, iſt es ein offenba-
rer Mißbrauch.
5. Das alhier verbotene χαίρειν, gruͤſſen,
iſt nicht von einer ſolchen Begruͤſſung zu verſte-
hen, welche der buͤrgerliche Wohlſtand erfor-
dert, da man einen einem guten Tag, oder eine
gute Nacht wuͤnſchet, oder ſonſt nach einer ieden
Landes-Gewohnheit ein gutes Wort zuſpricht,
oder ſolches mit dergleichen erwidert; ſondern es
bedeutet das Gruͤſſen alhier eine Bezeugung der
bruͤderlichen Gemeinſchaft nach der Ubereinſtim-
mung des Sinnes. Jn welchem Verſtande die
Apoſtel in Jeruſalem in ihrem Briefe an die An-
tiocheniſche Gemeine, auch Jacobus an die
Chriſtliche Gemeinen in Orient dieſes Worts
ſich bedienet haben. Ap. Gſch. c. 15, 23. Jac.
c. 1, 1. Siehe auch Matth. c. 28, 7. da es unſer
Heiland gegen ſeine Juͤnger zu Bezeugung ſeiner
innigſten Liebe und Gemeinſchaft gebrauchet
hat.
6. Der Apoſtel beſtrafet an den falſchen
Lehrern nicht allein die irrige Lehre, ſondern auch
die boͤſen Wercke, und zwar alſo, daß er davon
mit Nachdruck redet, τοῖς ἕργοι το_ πονηροῖς, ſie
ſolten nicht Theil nehmen an den Wercken, die
da boͤſe ſind: wie denn, als ſchon vorhin gedacht
iſt, falſche Lehre mit einem gottloſen Leben, als
dazu ſie verfuͤhret, nach 2 Pet. c. 2, 19. 20. ver-
knuͤpffet iſt. Jm gleichen Verſtande gedencket
unſer Heiland in dem apocalyptiſchen Briefe
an die Epheſiniſche Gemeine der boͤſen Wercke
der Nicolaiten c. 2, 9. wie auch in dem an die
Pergameniſche Kirche ihrer falſchen Lehre v. 14.
15. wenn man dieſe Oerter mit denen in den Jo-
hanniſchen Briefen von den verfuͤhriſchen Gei-
ſtern vergleichet, ſo findet man, daß Johannes
von einerley Art boͤſer Lehrer handelt.
7. Man hat ſich nicht allein vor eigenen,
ſondern auch vor fremden Suͤnden zu huͤten: als
derer man ſich, wo man ſich nicht wohl in acht
nimmt, auf mancherley Art theilhaftig machen
kan; ſonderlich durch vertraulichen Umgang,
mit Entſchuldigung, Billigung und Vertheidi-
gung, auch durch Verſaͤumung der Gelegenheit,
da man etwas Boͤſes haͤtte verhindern koͤnnen.
Mat hat hiervon ſonderlich folgende Oerter zu
conferiren: 1 Cor. 5, 7. 2 Cor. 6, 14. u. f. Eph.
5, 11. 2. Theſ. 3. 14. 1. Tim. 5, 21.
V. 12.
Jch hatte euch viel zu ſchreiben; aber
ich wolte nicht mit Briefen, oder Tinten,
ſondern ich hoffe zu euch zu kommen, und
muͤndlich mit euch zu reden, auf daß unſere
Freude vollkommen ſey.
Anmerckungen.
1. Was der Apoſtel zu ſchreiben gehabt
habe, laͤßt ſich nicht gewiß errathen. Es ſind
doch aber wol keine andere Sachen geweſen, als
welche auf die Lehre, und auf das Leben, wie
auch auf gute Ordnung und Diſciplin in der
Kirche gegangen ſind. Es laͤſſet ſich manches
auch viel beſſer muͤndlich, als ſchriftlich vor-
tragen.
2. Ob der Apoſtel zu der Chriſtlichen Ma-
trone gekommen ſey, das laͤßt ſich eben ſo wenig
ſagen. Denn er dependirte in ſeinen Hand-
lungen von der guͤtigen Leitung GOttes; wel-
che auch wol ſeinen Weg zu ihnen gerichtet haben
wird.
3. Wenn Lehrer zu ihren gottſeligen Zu-
hoͤrern kommen, ſich auch Kinder GOttes un-
ter einander beſuchen; ſo geſchiehet es billig zu
dem Zweck und mit der Frucht der Gemein-
ſchaftlichen Erbauung, welche denn unter an-
dern Heyls-Guͤtern ſonderlich eine Vermeh-
rung der geiſtlichen Freude mit ſich fuͤhret.
V. 13.
Es gruͤſſen dich die Kinder deiner
Schweſter der Auserwehlten. Amen!
Anmerckungen.
1. Dieſe Schweſter iſt eine ſolche geweſen
nach dem Gebluͤte, und, welches das edelſte war,
zugleich nach dem Gemuͤthe. O wie ſelig iſt
das, wo das natuͤrliche Band der Anverwand-
ſchaft und Liebe durch das uͤbernatuͤrliche ge-
heiliget wird! wie ſchlecht ſtehet es hingegen um
die bloſſe natuͤrliche Bluts-Freundſchaft: da
Schweſtern und Bruͤder welche zum theil nach
der Welt geſinnet ſind, auf ewig getrennet
werden.
2. Wo unter leiblichem Geſchwiſter einer
von GOtt ergriffen iſt, da hat er zuvorderſt an
den uͤbrigen zu arbeiten, daß ſie mit ihm zur
Kindſchaft GOttes kommen. Und nicht weni-
ger haben die, welche vom Reiche GOttes noch
ferne ſind, ſich von den Erweckten auch erwe-
cken zu laſſen, um nicht zuruͤck zu bleiben, ſon-
dern zu gedencken: Siehe! wenn dein Bruder,
oder deine Schweſter, ſelig wird, wolteſt du
denn wol von ihm, oder von ihr, und noch viel-
mehr von Chriſto, auf ewig getrennet bleiben
und verdammet werden?
3. War es ein beſonder geiſtlicher Seegen
uͤber dieſe Familie, daß zwo leibliche Schweſtern
mit einander in der Kindſchaft GOttes ſtunden,
ſo war die Gnade mit dem Segen noch groͤſſer,
daß ſie beyderſeits gottſelige Kinder hatten.
Wohl denen leiblichen Schweſtern und Bruͤ-
dern, welche ſolches von ſich, und als Eltern
von ihren Kindern ſagen koͤnnen!
4. Es muß aber die Schweſter, von dero
Kindern der Apoſtel die auserwehlte Frau gruͤſ-
ſet, entweder ſchon todt geweſen ſeyn, oder ſich
eben an einem andern Orte aufgehalten haben,
weil er von ihr keinen Gruß beſtellet. Jm ewi-
gen Leben werden wir ſie beyderſeits mit ihren
Kindern, und zuvorderſt Johannem, auch der
Perſon nach kennen lernen. Denn wo dieſes
nicht waͤre, zumal, was die in der heiligen
Schrift
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