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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 5. v. 14-17.
[Spaltenumbruch]
g. Mit gehöriger Gelassenheit, ohne
GOtt Ziel und Maß vorzuschreiben.
d. Mit dem reinen Zweck, der auf GOttes
Ehre und unsere wahre Wohlfarth einfäl-
tig gerichtet ist.

5. Vom dritten Stücke, nemlich von der
Erhörung, ist folgendes zu mercken:

a. Das Erhören bestehet in einem solchen Ver-
stehen, welches sich zur Hülfe und zum Segen
neiget, diesen auch wircklich mittheilet.
b. Das Erhören geschiehet so gleich, was die
göttliche Einwilligung und Bestimmung der
Hülfe betrift, obgleich diese noch eine Zeitlang
aufgeschoben wird.
c. Erfolget sie nicht nach unserm Willen, so
kömmt sie doch nach seinem gnädigen Willen,
nach welchem uns besser gerathen und geholfen
wird, als nach unserm. Ja es ist oft eine gros-
se, aber gemeiniglich unerkannte Wohlthat,
daß GOtt manches Gebet, da es seinem Wil-
len nicht gemäß ist, nicht erhöret.

6. Die v. 15. hinzugesetzten Worte dienen
zur mehrern Versicherung von der Erhörung:
da der Apostel aus der Verheissung von der Erhö-
rung, und der göttlichen Willigkeit zu erhören
einen Schluß machet von der Gewißheit der
wircklichen Hülfe, die wir gesuchet haben. Da
denn das Wissen auf die Glaubens-Freudigkeit,
und die Bitte auf die erbetene Sache gehet.

7. Wir haben uns diesen Text zum fleißi-
gen und gläubigen Gebet dienen zu lassen. Dazu
uns nichts so sehr erwecken kan, als dieses, daß
wir erkennen, wie daß die Freyheit und das Recht
zu GOtt sich nahen zu dürfen, mehr eine Wohl-
that nach dem Evangelio, als eine Pflicht nach
dem Gesetze sey. Denn ist es bey einem grossen
Monarchen dieser Welt als eine besondere Gnade
anzusehen, wenn iemand zu ihm unangemeldet
ins Gemach treten und mit ihm sprechen kan, sich
auch gar frey dieses und jenes ausbitten darf: was
solte es nicht vielmehr ein unschätzbares Privile-
gium
und Evangelisches Vorrecht seyn, wenn
man sich zu aller Zeit zu GOtt mit seinem gläu-
bigen Gebet nahen darf, und der Erhörung gewiß
seyn kan! Daß so wenig ihrer Pflicht im Gebet
nachkommen, kömmt daher, daß sie nicht den
Geist der Kindschaft haben, und das Gebet nicht
zuvorderst als eine Wohlthat ansehen.

V. 16. 17.

So iemand siehet seinen Bruder sün-
digen eine Sünde nicht zum Tode,
(wider
den Heiligen Geist) der mag bitten, so wird
er geben das Leben,
(mit seinem Gebet beför-
derlich seyn zum geistlichen Leben) denen, die da
sündigen nicht zum Tode. Es ist eine
Sünde zum
(ewigen) Tode, dafür sage ich
nicht, daß iemand bitte. Alle Untugend
ist Sünde: und es ist etliche Sünde nicht
zum Tode.

Anmerckungen.

1. Nachdem der Apostel des Gebets über-
haupt gedacht hat, so gehet er dabey insonderheit
auf die Fürbitte, und zwar für die, welche da also
sündigen, daß es einem kund wird.

[Spaltenumbruch]

2. Das Sehen verstehet der Apostel alhier
überhaupt von dem, was man erfähret, es sey
durch das Sehen, oder durch das Hören.

3. Durch die Sünde zum Tode kan der
Apostel alhier nicht eine solche gemeiniglich also
genannte Todt-Sünde verstehen, welche der
Mensch entweder als ein geistlich-Todter, oder
als ein zwar aus dem geistlichen Tode erweckter,
aber also begehet, daß er darüber das geistliche Le-
ben wieder verlieret, und in den geistlichen Tod
verfällt. Denn der Apostel redet von einer sol-
chen Sünde, oder solchen Sündern, für welche
man nicht zu beten habe. Wer wolte aber sagen,
daß man für die geistlich Todten und die, welche
durch die herrschende Sünde wider darein verfal-
len, nicht zu beten habe, daß sie daraus mögen
errettet werden? Denn soll man etliche nach der
Ermahnung Judä v. 23. aus dem Feuer rücken,
so soll man gewiß auch das Gebet dazu gebrau-
chen. Siehe auch Jac. 5, 19. 20. Und wozu wäre
uns die Fürbitte für alle, und also auch ungläubi-
ge Menschen, und unter ihnen insonderheit obrig-
keitliche Personen, welchen GOtt zur Seligkeit
geholfen wissen will, anbefohlen, wenn sie für
solche Menschen nicht statt hätte 1 Tim. 2, 1.
u. f.

4. Zu dem wenn der Apostel zum Zweck der
Bitte, die man thun soll, setzet, daß man bey dem
Sünder das Leben, nemlich das geistliche und
ewige befördere, so verstehet er hierunter eigent-
lich solche Sünden, welche man sonst pfleget die
Tod-Sünden zu nennen. Jst aber dieses, so
muß er durch die Sünde zum Tode, welche er je-
nen entgegen setzet, gewiß eine gantz andere Art
von Sünden verstehen.

5. Es kan demnach alhier wohl keine ande-
re Sünde verstanden werden, als die, welche wi-
der den Heiligen Geist begangen wird. Denn
diese gehet über alle andere: und diese ist es allein,
bey welcher keine Vergebung statt findet. Und
daß der Apostel auf diese Haupt-Eigenschaft sol-
cher Sündesehe, das erkennet man daraus, weil
er das Gebet für dieselbe zwar nicht verbietet, aber
es doch auch nicht fordert, weil nemlich dabey die
Beforderung des Lebens nicht zu hoffen sey, wie
bey andern Sünden.

6. Warum aber die Sünde wider den Hei-
ligen Geist genennet werde die Sünde zum To-
de,
das läßt sich daraus schliessen, daß dabey die
Hoffnung, daß der, welcher sie begehet, noch kön-
ne und werde zum geistlichen und ewigen Leben
gelangen, nicht statt findet, sondern ein solcher
dergestalt im geistlichen Tode lieget, daß er sich
selbst gleichsam auf ewig darein vergräbet, und
also sein geistlicher Tod bereits ein ewiger Tod
ist; gleichwie hingegen das geistliche Leben bey
denen, welche es in sich bewahren, und darinn se-
lig sterben, schon ein ewiges Leben ist. Daß das
Wort Tod auch sonst mit einem besondern Nach-
druck vom ewigen Tode gebrauchet werde, das
siehet man unter andern Röm. 1, 32. c. 6, 16. 21.
23. c. 7, 5. c. 8, 6. Siehe auch Joh. 8, 51. 52.
Dieser Tod heißt Off. 2, 11. c. 20, 6. 14. der an-
dere Tod.

7. Von dieser Sünde wider den Hei-

ligen
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 14-17.
[Spaltenumbruch]
γ. Mit gehoͤriger Gelaſſenheit, ohne
GOtt Ziel und Maß vorzuſchreiben.
δ. Mit dem reinen Zweck, der auf GOttes
Ehre und unſere wahre Wohlfarth einfaͤl-
tig gerichtet iſt.

5. Vom dritten Stuͤcke, nemlich von der
Erhoͤrung, iſt folgendes zu mercken:

a. Das Erhoͤren beſtehet in einem ſolchen Ver-
ſtehen, welches ſich zur Huͤlfe und zum Segen
neiget, dieſen auch wircklich mittheilet.
b. Das Erhoͤren geſchiehet ſo gleich, was die
goͤttliche Einwilligung und Beſtimmung der
Huͤlfe betrift, obgleich dieſe noch eine Zeitlang
aufgeſchoben wird.
c. Erfolget ſie nicht nach unſerm Willen, ſo
koͤmmt ſie doch nach ſeinem gnaͤdigen Willen,
nach welchem uns beſſer gerathen und geholfen
wird, als nach unſerm. Ja es iſt oft eine groſ-
ſe, aber gemeiniglich unerkannte Wohlthat,
daß GOtt manches Gebet, da es ſeinem Wil-
len nicht gemaͤß iſt, nicht erhoͤret.

6. Die v. 15. hinzugeſetzten Worte dienen
zur mehrern Verſicherung von der Erhoͤrung:
da der Apoſtel aus der Verheiſſung von der Erhoͤ-
rung, und der goͤttlichen Willigkeit zu erhoͤren
einen Schluß machet von der Gewißheit der
wircklichen Huͤlfe, die wir geſuchet haben. Da
denn das Wiſſen auf die Glaubens-Freudigkeit,
und die Bitte auf die erbetene Sache gehet.

7. Wir haben uns dieſen Text zum fleißi-
gen und glaͤubigen Gebet dienen zu laſſen. Dazu
uns nichts ſo ſehr erwecken kan, als dieſes, daß
wir erkennen, wie daß die Freyheit und das Recht
zu GOtt ſich nahen zu duͤrfen, mehr eine Wohl-
that nach dem Evangelio, als eine Pflicht nach
dem Geſetze ſey. Denn iſt es bey einem groſſen
Monarchen dieſer Welt als eine beſondere Gnade
anzuſehen, wenn iemand zu ihm unangemeldet
ins Gemach treten und mit ihm ſprechen kan, ſich
auch gar frey dieſes und jenes ausbitten darf: was
ſolte es nicht vielmehr ein unſchaͤtzbares Privile-
gium
und Evangeliſches Vorrecht ſeyn, wenn
man ſich zu aller Zeit zu GOtt mit ſeinem glaͤu-
bigen Gebet nahen darf, und der Erhoͤrung gewiß
ſeyn kan! Daß ſo wenig ihrer Pflicht im Gebet
nachkommen, koͤmmt daher, daß ſie nicht den
Geiſt der Kindſchaft haben, und das Gebet nicht
zuvorderſt als eine Wohlthat anſehen.

V. 16. 17.

So iemand ſiehet ſeinen Bruder ſuͤn-
digen eine Suͤnde nicht zum Tode,
(wider
den Heiligen Geiſt) der mag bitten, ſo wird
er geben das Leben,
(mit ſeinem Gebet befoͤr-
derlich ſeyn zum geiſtlichen Leben) denen, die da
ſuͤndigen nicht zum Tode. Es iſt eine
Suͤnde zum
(ewigen) Tode, dafuͤr ſage ich
nicht, daß iemand bitte. Alle Untugend
iſt Suͤnde: und es iſt etliche Suͤnde nicht
zum Tode.

Anmerckungen.

1. Nachdem der Apoſtel des Gebets uͤber-
haupt gedacht hat, ſo gehet er dabey inſonderheit
auf die Fuͤrbitte, und zwar fuͤr die, welche da alſo
ſuͤndigen, daß es einem kund wird.

[Spaltenumbruch]

2. Das Sehen verſtehet der Apoſtel alhier
uͤberhaupt von dem, was man erfaͤhret, es ſey
durch das Sehen, oder durch das Hoͤren.

3. Durch die Suͤnde zum Tode kan der
Apoſtel alhier nicht eine ſolche gemeiniglich alſo
genannte Todt-Suͤnde verſtehen, welche der
Menſch entweder als ein geiſtlich-Todter, oder
als ein zwar aus dem geiſtlichen Tode erweckter,
aber alſo begehet, daß er daruͤber das geiſtliche Le-
ben wieder verlieret, und in den geiſtlichen Tod
verfaͤllt. Denn der Apoſtel redet von einer ſol-
chen Suͤnde, oder ſolchen Suͤndern, fuͤr welche
man nicht zu beten habe. Wer wolte aber ſagen,
daß man fuͤr die geiſtlich Todten und die, welche
durch die herrſchende Suͤnde wider darein verfal-
len, nicht zu beten habe, daß ſie daraus moͤgen
errettet werden? Denn ſoll man etliche nach der
Ermahnung Judaͤ v. 23. aus dem Feuer ruͤcken,
ſo ſoll man gewiß auch das Gebet dazu gebrau-
chen. Siehe auch Jac. 5, 19. 20. Und wozu waͤre
uns die Fuͤrbitte fuͤr alle, und alſo auch unglaͤubi-
ge Menſchen, und unter ihnen inſonderheit obrig-
keitliche Perſonen, welchen GOtt zur Seligkeit
geholfen wiſſen will, anbefohlen, wenn ſie fuͤr
ſolche Menſchen nicht ſtatt haͤtte 1 Tim. 2, 1.
u. f.

4. Zu dem wenn der Apoſtel zum Zweck der
Bitte, die man thun ſoll, ſetzet, daß man bey dem
Suͤnder das Leben, nemlich das geiſtliche und
ewige befoͤrdere, ſo verſtehet er hierunter eigent-
lich ſolche Suͤnden, welche man ſonſt pfleget die
Tod-Suͤnden zu nennen. Jſt aber dieſes, ſo
muß er durch die Suͤnde zum Tode, welche er je-
nen entgegen ſetzet, gewiß eine gantz andere Art
von Suͤnden verſtehen.

5. Es kan demnach alhier wohl keine ande-
re Suͤnde verſtanden werden, als die, welche wi-
der den Heiligen Geiſt begangen wird. Denn
dieſe gehet uͤber alle andere: und dieſe iſt es allein,
bey welcher keine Vergebung ſtatt findet. Und
daß der Apoſtel auf dieſe Haupt-Eigenſchaft ſol-
cher Suͤndeſehe, das erkennet man daraus, weil
er das Gebet fuͤr dieſelbe zwar nicht verbietet, aber
es doch auch nicht fordert, weil nemlich dabey die
Beforderung des Lebens nicht zu hoffen ſey, wie
bey andern Suͤnden.

6. Warum aber die Suͤnde wider den Hei-
ligen Geiſt genennet werde die Suͤnde zum To-
de,
das laͤßt ſich daraus ſchlieſſen, daß dabey die
Hoffnung, daß der, welcher ſie begehet, noch koͤn-
ne und werde zum geiſtlichen und ewigen Leben
gelangen, nicht ſtatt findet, ſondern ein ſolcher
dergeſtalt im geiſtlichen Tode lieget, daß er ſich
ſelbſt gleichſam auf ewig darein vergraͤbet, und
alſo ſein geiſtlicher Tod bereits ein ewiger Tod
iſt; gleichwie hingegen das geiſtliche Leben bey
denen, welche es in ſich bewahren, und darinn ſe-
lig ſterben, ſchon ein ewiges Leben iſt. Daß das
Wort Tod auch ſonſt mit einem beſondern Nach-
druck vom ewigen Tode gebrauchet werde, das
ſiehet man unter andern Roͤm. 1, 32. c. 6, 16. 21.
23. c. 7, 5. c. 8, 6. Siehe auch Joh. 8, 51. 52.
Dieſer Tod heißt Off. 2, 11. c. 20, 6. 14. der an-
dere Tod.

7. Von dieſer Suͤnde wider den Hei-

ligen
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[732/0732] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 14-17. γ. Mit gehoͤriger Gelaſſenheit, ohne GOtt Ziel und Maß vorzuſchreiben. δ. Mit dem reinen Zweck, der auf GOttes Ehre und unſere wahre Wohlfarth einfaͤl- tig gerichtet iſt. 5. Vom dritten Stuͤcke, nemlich von der Erhoͤrung, iſt folgendes zu mercken: a. Das Erhoͤren beſtehet in einem ſolchen Ver- ſtehen, welches ſich zur Huͤlfe und zum Segen neiget, dieſen auch wircklich mittheilet. b. Das Erhoͤren geſchiehet ſo gleich, was die goͤttliche Einwilligung und Beſtimmung der Huͤlfe betrift, obgleich dieſe noch eine Zeitlang aufgeſchoben wird. c. Erfolget ſie nicht nach unſerm Willen, ſo koͤmmt ſie doch nach ſeinem gnaͤdigen Willen, nach welchem uns beſſer gerathen und geholfen wird, als nach unſerm. Ja es iſt oft eine groſ- ſe, aber gemeiniglich unerkannte Wohlthat, daß GOtt manches Gebet, da es ſeinem Wil- len nicht gemaͤß iſt, nicht erhoͤret. 6. Die v. 15. hinzugeſetzten Worte dienen zur mehrern Verſicherung von der Erhoͤrung: da der Apoſtel aus der Verheiſſung von der Erhoͤ- rung, und der goͤttlichen Willigkeit zu erhoͤren einen Schluß machet von der Gewißheit der wircklichen Huͤlfe, die wir geſuchet haben. Da denn das Wiſſen auf die Glaubens-Freudigkeit, und die Bitte auf die erbetene Sache gehet. 7. Wir haben uns dieſen Text zum fleißi- gen und glaͤubigen Gebet dienen zu laſſen. Dazu uns nichts ſo ſehr erwecken kan, als dieſes, daß wir erkennen, wie daß die Freyheit und das Recht zu GOtt ſich nahen zu duͤrfen, mehr eine Wohl- that nach dem Evangelio, als eine Pflicht nach dem Geſetze ſey. Denn iſt es bey einem groſſen Monarchen dieſer Welt als eine beſondere Gnade anzuſehen, wenn iemand zu ihm unangemeldet ins Gemach treten und mit ihm ſprechen kan, ſich auch gar frey dieſes und jenes ausbitten darf: was ſolte es nicht vielmehr ein unſchaͤtzbares Privile- gium und Evangeliſches Vorrecht ſeyn, wenn man ſich zu aller Zeit zu GOtt mit ſeinem glaͤu- bigen Gebet nahen darf, und der Erhoͤrung gewiß ſeyn kan! Daß ſo wenig ihrer Pflicht im Gebet nachkommen, koͤmmt daher, daß ſie nicht den Geiſt der Kindſchaft haben, und das Gebet nicht zuvorderſt als eine Wohlthat anſehen. V. 16. 17. So iemand ſiehet ſeinen Bruder ſuͤn- digen eine Suͤnde nicht zum Tode, (wider den Heiligen Geiſt) der mag bitten, ſo wird er geben das Leben, (mit ſeinem Gebet befoͤr- derlich ſeyn zum geiſtlichen Leben) denen, die da ſuͤndigen nicht zum Tode. Es iſt eine Suͤnde zum (ewigen) Tode, dafuͤr ſage ich nicht, daß iemand bitte. Alle Untugend iſt Suͤnde: und es iſt etliche Suͤnde nicht zum Tode. Anmerckungen. 1. Nachdem der Apoſtel des Gebets uͤber- haupt gedacht hat, ſo gehet er dabey inſonderheit auf die Fuͤrbitte, und zwar fuͤr die, welche da alſo ſuͤndigen, daß es einem kund wird. 2. Das Sehen verſtehet der Apoſtel alhier uͤberhaupt von dem, was man erfaͤhret, es ſey durch das Sehen, oder durch das Hoͤren. 3. Durch die Suͤnde zum Tode kan der Apoſtel alhier nicht eine ſolche gemeiniglich alſo genannte Todt-Suͤnde verſtehen, welche der Menſch entweder als ein geiſtlich-Todter, oder als ein zwar aus dem geiſtlichen Tode erweckter, aber alſo begehet, daß er daruͤber das geiſtliche Le- ben wieder verlieret, und in den geiſtlichen Tod verfaͤllt. Denn der Apoſtel redet von einer ſol- chen Suͤnde, oder ſolchen Suͤndern, fuͤr welche man nicht zu beten habe. Wer wolte aber ſagen, daß man fuͤr die geiſtlich Todten und die, welche durch die herrſchende Suͤnde wider darein verfal- len, nicht zu beten habe, daß ſie daraus moͤgen errettet werden? Denn ſoll man etliche nach der Ermahnung Judaͤ v. 23. aus dem Feuer ruͤcken, ſo ſoll man gewiß auch das Gebet dazu gebrau- chen. Siehe auch Jac. 5, 19. 20. Und wozu waͤre uns die Fuͤrbitte fuͤr alle, und alſo auch unglaͤubi- ge Menſchen, und unter ihnen inſonderheit obrig- keitliche Perſonen, welchen GOtt zur Seligkeit geholfen wiſſen will, anbefohlen, wenn ſie fuͤr ſolche Menſchen nicht ſtatt haͤtte 1 Tim. 2, 1. u. f. 4. Zu dem wenn der Apoſtel zum Zweck der Bitte, die man thun ſoll, ſetzet, daß man bey dem Suͤnder das Leben, nemlich das geiſtliche und ewige befoͤrdere, ſo verſtehet er hierunter eigent- lich ſolche Suͤnden, welche man ſonſt pfleget die Tod-Suͤnden zu nennen. Jſt aber dieſes, ſo muß er durch die Suͤnde zum Tode, welche er je- nen entgegen ſetzet, gewiß eine gantz andere Art von Suͤnden verſtehen. 5. Es kan demnach alhier wohl keine ande- re Suͤnde verſtanden werden, als die, welche wi- der den Heiligen Geiſt begangen wird. Denn dieſe gehet uͤber alle andere: und dieſe iſt es allein, bey welcher keine Vergebung ſtatt findet. Und daß der Apoſtel auf dieſe Haupt-Eigenſchaft ſol- cher Suͤndeſehe, das erkennet man daraus, weil er das Gebet fuͤr dieſelbe zwar nicht verbietet, aber es doch auch nicht fordert, weil nemlich dabey die Beforderung des Lebens nicht zu hoffen ſey, wie bey andern Suͤnden. 6. Warum aber die Suͤnde wider den Hei- ligen Geiſt genennet werde die Suͤnde zum To- de, das laͤßt ſich daraus ſchlieſſen, daß dabey die Hoffnung, daß der, welcher ſie begehet, noch koͤn- ne und werde zum geiſtlichen und ewigen Leben gelangen, nicht ſtatt findet, ſondern ein ſolcher dergeſtalt im geiſtlichen Tode lieget, daß er ſich ſelbſt gleichſam auf ewig darein vergraͤbet, und alſo ſein geiſtlicher Tod bereits ein ewiger Tod iſt; gleichwie hingegen das geiſtliche Leben bey denen, welche es in ſich bewahren, und darinn ſe- lig ſterben, ſchon ein ewiges Leben iſt. Daß das Wort Tod auch ſonſt mit einem beſondern Nach- druck vom ewigen Tode gebrauchet werde, das ſiehet man unter andern Roͤm. 1, 32. c. 6, 16. 21. 23. c. 7, 5. c. 8, 6. Siehe auch Joh. 8, 51. 52. Dieſer Tod heißt Off. 2, 11. c. 20, 6. 14. der an- dere Tod. 7. Von dieſer Suͤnde wider den Hei- ligen

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/732>, abgerufen am 24.11.2024.