Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 4. v. 14-16. [Spaltenumbruch]
und, nach dem er es bereits erworben hat, durchseinen ihn in uns verklärenden Heiligen Geist uns nach und nach zueignet, und den Anfang davon machet in der gnädigen Berufung, Be- kehrung und Rechtfertigung. Und also erwei- set er sich nicht allein als einen Servatorem, der uns errettet von allem Ubel, sondern auch zugleich als Salvatorem, der uns wircklich selig machet. 4. Zu diesem Zeugniß von der Sendung 5. Jst aber der Sohn ein Heyland der V. 15. Wer nun (nach dem wahren Glauben des V. 16. Und wir haben erkannt und gegläubet Anmerckungen. 1. Der Apostel ist von dem Geschmacke a. Daß das letztere Wort das erstere erkläre, was für eine Erkenntniß verstanden werde, nemlich eine Gläubige: sintemal die ersten Christen nicht erst zur wahren Erkenntniß, und hernach zum Glauben gekommen sind, [Spaltenumbruch] sondern ihre wahre Erkenntniß sich mit dem Glauben angefangen hat: wie denn der Apo- stel c. 2, 3. 4. u. f. auch c. 4, 8. und sonst von keiner andern wahren Erkenntniß GOttes wissen will, als welche sich durch die Liebe als rechtschaffen erweiset. b. Daß bey dieser wahren Bedeutung dieser Worte das letztere vor dem erstern doch diesen Unterscheid behalte, daß, ob wol die wahre Erkenntniß gläubig ist und seyn muß, den- noch der Rath GOttes von unserer Seligkeit, darinnen sich die Liebe GOttes gegen uns ge- offenbaret, so viele Tiefen in sich hat, welche nicht so wol erkannt, als geglaubet werden müssen. Denn wer kan die hohe Geheimnis- se von der heiligen Dreyeinigkeit, von der Vereinigung beyder Naturen in Christo u. s. w. also erkennen, daß man die Sache selbst durchschauen und begreifen könte? Und ob wir gleich davon die klaren Zeugnisse der hei- ligen Schrift haben, und so weit, als die Of- fenbarung gehet, auch zu einer Erkenntniß kommen können, und solche auch gläubig seyn muß; so bleibet doch dem Glauben selbst das meiste dabey übrig, nemlich es sey also, wie GOTT in seinem Worte bezeuget, ob gleich solches Zeugniß über unsern Begrif gehet. c. Daß man hiebey zu conferiren habe, was oben v. 9. von der Liebe GOttes gesaget ist. Die Particula en, welche sonst gar füglich sich durch eis erklären lässet, kan alhier auch wol in ihrer natürlichen Bedeutung stehen blei- ben, daß es heißt: die Liebe, die GOtt en emin~, an uns hat. Denn es ist der Liebe Eigenschaft, daß sie nicht allein hat notio- nem motus, oder auf etwas mit einer geist- lichen Bewegung gehet, sondern auch no- tionem quietis, oder worinnen vergnüglich ruhet. Gleichwie nun der Vater von dem Sohn saget: Diß ist mein lieber Sohn, en o eudokesa, in welchem, oder an welchem, ich wohlgefallen habe, oder in welchem ich mit meiner Liebe ruhe: Matth. 3, 17. c. 17, 5. also läßt sich dieses auch gar recht von allen Gläubigen sagen, daß GOTT in ihnen, da sie in CHristo erfunden werden, nach der Liebe sein Wohlgefallen und Ruhe habe. Worauf auch die Opfer des süssen Geruchs im alten Testamente gingen: und wovon es sofort bey der Geburt Christi hiesse Luc. 1, 14. en anthropois, nicht den, sondern an den Men- schen eudokia ein Wohlgefallen! 2. Von den übrigen Worten dieses Ver- sichert
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 4. v. 14-16. [Spaltenumbruch]
und, nach dem er es bereits erworben hat, durchſeinen ihn in uns verklaͤrenden Heiligen Geiſt uns nach und nach zueignet, und den Anfang davon machet in der gnaͤdigen Berufung, Be- kehrung und Rechtfertigung. Und alſo erwei- ſet er ſich nicht allein als einen Servatorem, der uns errettet von allem Ubel, ſondern auch zugleich als Salvatorem, der uns wircklich ſelig machet. 4. Zu dieſem Zeugniß von der Sendung 5. Jſt aber der Sohn ein Heyland der V. 15. Wer nun (nach dem wahren Glauben des V. 16. Und wir haben erkannt und geglaͤubet Anmerckungen. 1. Der Apoſtel iſt von dem Geſchmacke a. Daß das letztere Wort das erſtere erklaͤre, was fuͤr eine Erkenntniß verſtanden werde, nemlich eine Glaͤubige: ſintemal die erſten Chriſten nicht erſt zur wahren Erkenntniß, und hernach zum Glauben gekommen ſind, [Spaltenumbruch] ſondern ihre wahre Erkenntniß ſich mit dem Glauben angefangen hat: wie denn der Apo- ſtel c. 2, 3. 4. u. f. auch c. 4, 8. und ſonſt von keiner andern wahren Erkenntniß GOttes wiſſen will, als welche ſich durch die Liebe als rechtſchaffen erweiſet. b. Daß bey dieſer wahren Bedeutung dieſer Worte das letztere vor dem erſtern doch dieſen Unterſcheid behalte, daß, ob wol die wahre Erkenntniß glaͤubig iſt und ſeyn muß, den- noch der Rath GOttes von unſerer Seligkeit, darinnen ſich die Liebe GOttes gegen uns ge- offenbaret, ſo viele Tiefen in ſich hat, welche nicht ſo wol erkannt, als geglaubet werden muͤſſen. Denn wer kan die hohe Geheimniſ- ſe von der heiligen Dreyeinigkeit, von der Vereinigung beyder Naturen in Chriſto u. ſ. w. alſo erkennen, daß man die Sache ſelbſt durchſchauen und begreifen koͤnte? Und ob wir gleich davon die klaren Zeugniſſe der hei- ligen Schrift haben, und ſo weit, als die Of- fenbarung gehet, auch zu einer Erkenntniß kommen koͤnnen, und ſolche auch glaͤubig ſeyn muß; ſo bleibet doch dem Glauben ſelbſt das meiſte dabey uͤbrig, nemlich es ſey alſo, wie GOTT in ſeinem Worte bezeuget, ob gleich ſolches Zeugniß uͤber unſern Begrif gehet. c. Daß man hiebey zu conferiren habe, was oben v. 9. von der Liebe GOttes geſaget iſt. Die Particula ἐν, welche ſonſt gar fuͤglich ſich durch ἐις erklaͤren laͤſſet, kan alhier auch wol in ihrer natuͤrlichen Bedeutung ſtehen blei- ben, daß es heißt: die Liebe, die GOtt ἐν ἡμιν῀, an uns hat. Denn es iſt der Liebe Eigenſchaft, daß ſie nicht allein hat notio- nem motus, oder auf etwas mit einer geiſt- lichen Bewegung gehet, ſondern auch no- tionem quietis, oder worinnen vergnuͤglich ruhet. Gleichwie nun der Vater von dem Sohn ſaget: Diß iſt mein lieber Sohn, ἐν ῷ ἐυδόκησα, in welchem, oder an welchem, ich wohlgefallen habe, oder in welchem ich mit meiner Liebe ruhe: Matth. 3, 17. c. 17, 5. alſo laͤßt ſich dieſes auch gar recht von allen Glaͤubigen ſagen, daß GOTT in ihnen, da ſie in CHriſto erfunden werden, nach der Liebe ſein Wohlgefallen und Ruhe habe. Worauf auch die Opfer des ſuͤſſen Geruchs im alten Teſtamente gingen: und wovon es ſofort bey der Geburt Chriſti hieſſe Luc. 1, 14. ἐν ἀνϑϱώποις, nicht den, ſondern an den Men- ſchen ἐυδοκία ein Wohlgefallen! 2. Von den uͤbrigen Worten dieſes Ver- ſichert
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 4. v. 14-16.
und, nach dem er es bereits erworben hat, durch
ſeinen ihn in uns verklaͤrenden Heiligen Geiſt
uns nach und nach zueignet, und den Anfang
davon machet in der gnaͤdigen Berufung, Be-
kehrung und Rechtfertigung. Und alſo erwei-
ſet er ſich nicht allein als einen Servatorem,
der uns errettet von allem Ubel, ſondern auch
zugleich als Salvatorem, der uns wircklich ſelig
machet.
4. Zu dieſem Zeugniß von der Sendung
des Sohnes zum Heylande der Welt gehoͤrete
der Vortrag des gantzen Raths GOttes von
dem Urheber, dem Grunde, der Ordnung und
der Vollendung unſers Heyls: wie wir dieſe
Stuͤcke zuſammen auch in dieſem Briefe fin-
den. Denn da die goͤttliche Wahrheiten wie
die Glieder an einer Kette zuſammen hangen,
ſo hat die eine ohne die andere nicht richtig vor-
getragen und gefaſſet werden koͤnnen. Daher,
wo eine Haupt-Wahrheit genennet wird, die
uͤbrigen auch dabey zu verſtehen ſind.
5. Jſt aber der Sohn ein Heyland der
Welt, ſo iſt er gewiß ein Heyland aller Men-
ſchen; ſintemal durch das Wort Welt unmoͤg-
lich die wenigſten Menſchen koͤnnen verſtanden
werden. Siehe was oben c. 2, 1. 2. von der
Verſoͤhnung der Suͤnde der gantzen Welt geſa-
get wird.
V. 15.
Wer nun (nach dem wahren Glauben des
Hertzens) bekennet, daß JEſus (die unter dem
Namen des JESU von Nazareth bekannte
Perſon) GOttes Sohn (und alſo wahrer
GOTT und Menſch, folglich auch der wahre
Meßias) iſt (und ſolcher ſeiner Bekenntniß ſich
auch im Leben gemaͤß bezeuget, auch dabey be-
harret) in dem bleibet GOtt (wie er durch
den Glauben mit ihm iſt vereiniget worden,)
und er in GOtt. (Siehe die Anmerckungen
c. 2, 22. 23. c. 4, 2. 3.)
V. 16.
Und wir haben erkannt und geglaͤubet
die Liebe, die GOtt zu uns hat. GOtt iſt
die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der
bleibet in GOtt, und GOtt in ihm.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel iſt von dem Geſchmacke
der Liebe GOttes gegen uns ſo voll, daß es ihm
nicht genug iſt, davon ein und das andere Zeug-
niß abgeleget zu haben, ſondern er beharret dar-
innen, und zeiget damit an, wie daß eine glaͤu-
bige Seele ihr rechtes Lager und ihre rechte
Weide darinn haben ſolle. Von den Wor-
ten: Wir haben erkannt und geglau-
bet die Liebe, die GOtt zu uns hat, iſt zu
erwegen:
a. Daß das letztere Wort das erſtere erklaͤre,
was fuͤr eine Erkenntniß verſtanden werde,
nemlich eine Glaͤubige: ſintemal die erſten
Chriſten nicht erſt zur wahren Erkenntniß,
und hernach zum Glauben gekommen ſind,
ſondern ihre wahre Erkenntniß ſich mit dem
Glauben angefangen hat: wie denn der Apo-
ſtel c. 2, 3. 4. u. f. auch c. 4, 8. und ſonſt von
keiner andern wahren Erkenntniß GOttes
wiſſen will, als welche ſich durch die Liebe als
rechtſchaffen erweiſet.
b. Daß bey dieſer wahren Bedeutung dieſer
Worte das letztere vor dem erſtern doch dieſen
Unterſcheid behalte, daß, ob wol die wahre
Erkenntniß glaͤubig iſt und ſeyn muß, den-
noch der Rath GOttes von unſerer Seligkeit,
darinnen ſich die Liebe GOttes gegen uns ge-
offenbaret, ſo viele Tiefen in ſich hat, welche
nicht ſo wol erkannt, als geglaubet werden
muͤſſen. Denn wer kan die hohe Geheimniſ-
ſe von der heiligen Dreyeinigkeit, von der
Vereinigung beyder Naturen in Chriſto u. ſ.
w. alſo erkennen, daß man die Sache ſelbſt
durchſchauen und begreifen koͤnte? Und ob
wir gleich davon die klaren Zeugniſſe der hei-
ligen Schrift haben, und ſo weit, als die Of-
fenbarung gehet, auch zu einer Erkenntniß
kommen koͤnnen, und ſolche auch glaͤubig ſeyn
muß; ſo bleibet doch dem Glauben ſelbſt das
meiſte dabey uͤbrig, nemlich es ſey alſo, wie
GOTT in ſeinem Worte bezeuget, ob gleich
ſolches Zeugniß uͤber unſern Begrif gehet.
c. Daß man hiebey zu conferiren habe, was
oben v. 9. von der Liebe GOttes geſaget iſt.
Die Particula ἐν, welche ſonſt gar fuͤglich ſich
durch ἐις erklaͤren laͤſſet, kan alhier auch wol
in ihrer natuͤrlichen Bedeutung ſtehen blei-
ben, daß es heißt: die Liebe, die GOtt
ἐν ἡμιν῀, an uns hat. Denn es iſt der Liebe
Eigenſchaft, daß ſie nicht allein hat notio-
nem motus, oder auf etwas mit einer geiſt-
lichen Bewegung gehet, ſondern auch no-
tionem quietis, oder worinnen vergnuͤglich
ruhet. Gleichwie nun der Vater von dem
Sohn ſaget: Diß iſt mein lieber Sohn,
ἐν ῷ ἐυδόκησα, in welchem, oder an welchem,
ich wohlgefallen habe, oder in welchem ich
mit meiner Liebe ruhe: Matth. 3, 17. c. 17, 5.
alſo laͤßt ſich dieſes auch gar recht von allen
Glaͤubigen ſagen, daß GOTT in ihnen, da
ſie in CHriſto erfunden werden, nach der
Liebe ſein Wohlgefallen und Ruhe habe.
Worauf auch die Opfer des ſuͤſſen Geruchs
im alten Teſtamente gingen: und wovon es
ſofort bey der Geburt Chriſti hieſſe Luc. 1, 14.
ἐν ἀνϑϱώποις, nicht den, ſondern an den Men-
ſchen ἐυδοκία ein Wohlgefallen!
2. Von den uͤbrigen Worten dieſes Ver-
ſes ſind die Anmerckungen uͤber v. 8. und 12 zu
conferiren. Dort hatte der Apoſtel aus dem
Mangel der Liebe den Schluß gemachet von der
Ermangelung der Gemeinſchaft mit GOtt: al-
hier aber machet er von der Liebe den Schluß zum
Genuß der Vereinigung mit GOtt; Da es denn
am fuͤglichſten iſt, daß man die Liebe GOttes ge-
gen uns verſtehe: Da denn in der Liebe blei-
ben, iſt bey dem principio oder bey der Qvelle
des Evangelii bleiben, und daraus, oder daran
ſich von der der Gemeinſchaft mit GOTT ver-
ſichert
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