Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 4. v. 12-14. des ersten Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
ner Worte höretet ihr; aber kein Gleich-niß sahet ihr ausser der Stimme. d. Nun könnte es zwar das Ansehen haben, als wenn von Mose das Gegentheil stehe, wenn es 2 B. Mos. 33, 11. heißt: Der HERR redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freund redet. Deßgleichen 4 B. Mos. 12, 8. Mündlich rede ich mit ihm, und er siehet den HErrn in seiner Gestalt, nicht durch dunckle Worte, oder Gleichniß. Allein ob GOtt gleich dem Mosi sich auf eine nahere und herrlichere Art geoffenbahret hat, als andern Patriarchen und Propheten, ihm auch seine Gegenwart sichtbarlich gezeiget; so ist diese Darstellung doch nur unter gewissen sichtbaren Figuren, welche das Wesen GOt- tes selbst nicht gewesen sind, geschehen. Es bleibet demnach dabey, daß wir GOtt nicht eher sehen werden wie er ist, als bis es erschei- nen wird in der Herrlichkeit, was wir seyn werden. 1 Joh. 3, 1. 2. 2. Bey den übrigen Worten dieses Textes a. Die Liebe unter einander ist keine Ursache un- serer Gemeinschaft mit GOtt, sondern nur eine Frucht davon, an welcher wir das Kenn- zeichen von derselben nehmen: gleichwie der Apostel oben c. 3, 14. 15. gar deutlich, und da- bey zugleich das Gegentheil bezeiget hat, wenn er daselbst saget: Wir wissen, daß wir aus dem Tode in das Leben kommen sind. Denn wir lieben die Brüder. Wer den Bruder nicht liebet, der bleibet im Tode. b. Das bleiben GOttes in uns hat die gnädi- ge Zukunft, oder diejenige gnädige Wirckung des allgegenwärtigen GOttes zum Grunde, nach welcher er sich mit den Glaubigen verei- niget, und sie, als seinen Tempel, bewohnet und regieret. Welches denn auf Seiten des Menschen ein Werck des Glaubens ist, der sich durch die Liebe gegen den Nächsten thätig erweiset. c. Die Liebe GOttes ist alhier diejenige, die GOTT zu uns träget; und wie er sie in der Erwerbung des Heyls damit bezeuget hat, daß er seinen eingebornen Sohn dazu in die Welt gesandt: also erweiset er sie damit der Appli- cation nach auch thätig, daß er sie durch den Heiligen Geist in unsere Hertzen ausgiesset, um sie zu schmecken und zu sehen, oder dabey zu er- kennen, wie freundlich der HErr ist. Röm. 5, 5. 1 Pet. 2, 3. Da man denn in zarter Gegen- Liebe sagen kan: Abba! lieber Vater! Röm. 8, 15. Gal. 4, 6. Auf welche Art denn die Liebe GOttes völlig bey uns ist. Davon es oben c. 2, 5. heißt: Wer sein Wort hält (und solches mit der Liebe gegen den Nächsten be- zeuget) in solchem ist wahrlich die Liebe GOttes vollkommen, oder zu ihrem rechten Zwecke gelanget. V. 13. Daran erkennen wir, daß wir in ihm Anmerckungen. 1. Der Apostel wiederhohlet hiermit, was 2. Doch findet sich einiger Unterscheid zwi- V. 14. Und wir haben gesehen und zeugen, Anmerckungen. 1. Nach dem der Apostel bezeuget hat, daß 2. Da die Apostel alles, was mit Christo 3. Das Wort Heyland ist ein Amts-Na- und, X x x x
Cap. 4. v. 12-14. des erſten Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
ner Worte hoͤretet ihr; aber kein Gleich-niß ſahet ihr auſſer der Stimme. d. Nun koͤnnte es zwar das Anſehen haben, als wenn von Moſe das Gegentheil ſtehe, wenn es 2 B. Moſ. 33, 11. heißt: Der HERR redete mit Moſe von Angeſicht zu Angeſicht, wie ein Mann mit ſeinem Freund redet. Deßgleichen 4 B. Moſ. 12, 8. Muͤndlich rede ich mit ihm, und er ſiehet den HErrn in ſeiner Geſtalt, nicht durch dunckle Worte, oder Gleichniß. Allein ob GOtt gleich dem Moſi ſich auf eine nahere und herrlichere Art geoffenbahret hat, als andern Patriarchen und Propheten, ihm auch ſeine Gegenwart ſichtbarlich gezeiget; ſo iſt dieſe Darſtellung doch nur unter gewiſſen ſichtbaren Figuren, welche das Weſen GOt- tes ſelbſt nicht geweſen ſind, geſchehen. Es bleibet demnach dabey, daß wir GOtt nicht eher ſehen werden wie er iſt, als bis es erſchei- nen wird in der Herrlichkeit, was wir ſeyn werden. 1 Joh. 3, 1. 2. 2. Bey den uͤbrigen Worten dieſes Textes a. Die Liebe unter einander iſt keine Urſache un- ſerer Gemeinſchaft mit GOtt, ſondern nur eine Frucht davon, an welcher wir das Kenn- zeichen von derſelben nehmen: gleichwie der Apoſtel oben c. 3, 14. 15. gar deutlich, und da- bey zugleich das Gegentheil bezeiget hat, wenn er daſelbſt ſaget: Wir wiſſen, daß wir aus dem Tode in das Leben kommen ſind. Denn wir lieben die Bruͤder. Wer den Bruder nicht liebet, der bleibet im Tode. b. Das bleiben GOttes in uns hat die gnaͤdi- ge Zukunft, oder diejenige gnaͤdige Wirckung des allgegenwaͤrtigen GOttes zum Grunde, nach welcher er ſich mit den Glaubigen verei- niget, und ſie, als ſeinen Tempel, bewohnet und regieret. Welches denn auf Seiten des Menſchen ein Werck des Glaubens iſt, der ſich durch die Liebe gegen den Naͤchſten thaͤtig erweiſet. c. Die Liebe GOttes iſt alhier diejenige, die GOTT zu uns traͤget; und wie er ſie in der Erwerbung des Heyls damit bezeuget hat, daß er ſeinen eingebornen Sohn dazu in die Welt geſandt: alſo erweiſet er ſie damit der Appli- cation nach auch thaͤtig, daß er ſie durch den Heiligen Geiſt in unſere Hertzen ausgieſſet, um ſie zu ſchmecken und zu ſehen, oder dabey zu er- kennen, wie freundlich der HErr iſt. Roͤm. 5, 5. 1 Pet. 2, 3. Da man denn in zarter Gegen- Liebe ſagen kan: Abba! lieber Vater! Roͤm. 8, 15. Gal. 4, 6. Auf welche Art denn die Liebe GOttes voͤllig bey uns iſt. Davon es oben c. 2, 5. heißt: Wer ſein Wort haͤlt (und ſolches mit der Liebe gegen den Naͤchſten be- zeuget) in ſolchem iſt wahrlich die Liebe GOttes vollkommen, oder zu ihrem rechten Zwecke gelanget. V. 13. Daran erkennen wir, daß wir in ihm Anmerckungen. 1. Der Apoſtel wiederhohlet hiermit, was 2. Doch findet ſich einiger Unterſcheid zwi- V. 14. Und wir haben geſehen und zeugen, Anmerckungen. 1. Nach dem der Apoſtel bezeuget hat, daß 2. Da die Apoſtel alles, was mit Chriſto 3. Das Wort Heyland iſt ein Amts-Na- und, X x x x
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item> <pb facs="#f0715" n="715"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Cap. 4. v. 12-14. des erſten Briefes Johannis.</hi> </fw><lb/> <cb/> <hi rendition="#fr">ner Worte hoͤretet ihr; aber kein Gleich-<lb/> niß ſahet ihr auſſer der Stimme.</hi> </item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Nun koͤnnte es zwar das Anſehen haben, als<lb/> wenn von Moſe das Gegentheil ſtehe, wenn<lb/> es 2 B. Moſ. 33, 11. heißt: <hi rendition="#fr">Der <hi rendition="#g">HERR</hi><lb/> redete mit Moſe von Angeſicht zu<lb/> Angeſicht, wie ein Mann mit ſeinem<lb/> Freund redet.</hi> Deßgleichen 4 B. Moſ. 12,<lb/> 8. <hi rendition="#fr">Muͤndlich rede ich mit ihm, und er<lb/> ſiehet den HErrn in ſeiner Geſtalt, nicht<lb/> durch dunckle Worte, oder Gleichniß.</hi><lb/> Allein ob GOtt gleich dem Moſi ſich auf eine<lb/> nahere und herrlichere Art geoffenbahret hat,<lb/> als andern Patriarchen und Propheten, ihm<lb/> auch ſeine Gegenwart ſichtbarlich gezeiget; ſo<lb/> iſt dieſe Darſtellung doch nur unter gewiſſen<lb/> ſichtbaren Figuren, welche das Weſen GOt-<lb/> tes ſelbſt nicht geweſen ſind, geſchehen. Es<lb/> bleibet demnach dabey, daß wir GOtt nicht<lb/> eher ſehen werden wie er iſt, als bis es erſchei-<lb/> nen wird in der Herrlichkeit, was wir ſeyn<lb/> werden. 1 Joh. 3, 1. 2.</item> </list><lb/> <p>2. Bey den uͤbrigen Worten dieſes Textes<lb/> iſt folgendes zu mercken:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Die Liebe unter einander iſt keine Urſache un-<lb/> ſerer Gemeinſchaft mit GOtt, ſondern nur<lb/> eine Frucht davon, an welcher wir das Kenn-<lb/> zeichen von derſelben nehmen: gleichwie der<lb/> Apoſtel oben c. 3, 14. 15. gar deutlich, und da-<lb/> bey zugleich das Gegentheil bezeiget hat,<lb/> wenn er daſelbſt ſaget: <hi rendition="#fr">Wir wiſſen, daß<lb/> wir aus dem Tode in das Leben kommen<lb/> ſind. Denn wir lieben die Bruͤder. Wer<lb/> den Bruder nicht liebet, der bleibet im<lb/> Tode.</hi></item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Das <hi rendition="#fr">bleiben GOttes</hi> in uns hat die gnaͤdi-<lb/> ge Zukunft, oder diejenige gnaͤdige Wirckung<lb/> des allgegenwaͤrtigen GOttes zum Grunde,<lb/> nach welcher er ſich mit den Glaubigen verei-<lb/> niget, und ſie, als ſeinen Tempel, bewohnet<lb/> und regieret. Welches denn auf Seiten des<lb/> Menſchen ein Werck des Glaubens iſt, der<lb/> ſich durch die Liebe gegen den Naͤchſten thaͤtig<lb/> erweiſet.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Die <hi rendition="#fr">Liebe GOttes</hi> iſt alhier diejenige, die<lb/> GOTT zu uns traͤget; und wie er ſie in der<lb/> Erwerbung des Heyls damit bezeuget hat, daß<lb/> er ſeinen eingebornen Sohn dazu in die Welt<lb/> geſandt: alſo erweiſet er <hi rendition="#fr">ſi</hi>e damit der <hi rendition="#aq">Appli-<lb/> cation</hi> nach auch thaͤtig, daß er ſie durch den<lb/> Heiligen Geiſt in unſere Hertzen ausgieſſet, um<lb/> ſie zu ſchmecken und zu ſehen, oder dabey zu er-<lb/> kennen, wie freundlich der HErr iſt. Roͤm. 5,<lb/> 5. 1 Pet. 2, 3. Da man denn in zarter Gegen-<lb/> Liebe ſagen kan: <hi rendition="#fr">Abba! lieber Vater!</hi><lb/> Roͤm. 8, 15. Gal. 4, 6. Auf welche Art denn<lb/> die Liebe GOttes voͤllig bey uns iſt. Davon es<lb/> oben c. 2, 5. heißt: <hi rendition="#fr">Wer ſein Wort</hi> haͤlt (und<lb/> ſolches mit der Liebe gegen den Naͤchſten be-<lb/> zeuget) <hi rendition="#fr">in ſolchem iſt wahrlich die Liebe<lb/> GOttes vollkommen,</hi> oder zu ihrem rechten<lb/> Zwecke gelanget.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 13.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Daran erkennen wir, daß wir in ihm<lb/><cb/> bleiben, und er in uns, daß er uns von ſei-<lb/> nem Geiſt gegeben hat.</hi> </p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Der Apoſtel wiederhohlet hiermit, was<lb/> er vorher c. 3, 24. ſchon bezeuget hat. Und ge-<lb/> ſchiehet ſolche Wiederhohlung des Nachdrucks<lb/> willen, weil ihm das Hertz davon voll, und den<lb/> Glaͤubigen daran viel gelegen war, nemlich von<lb/> der ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt recht verſi-<lb/> chert zu ſeyn, dazu deßwegen der Zweck des gan-<lb/> tzen Briefes hauptſaͤchlich gerichtet war.</p><lb/> <p>2. Doch findet ſich einiger Unterſcheid zwi-<lb/> ſchen dieſem und jenem Zeugniſſe. Denn da es<lb/> dort nur allein geheiſſen hatte, daß GOtt in<lb/> uns bleibe, ſo wird alhier zur mehrern Erleute-<lb/> rung hinzugeſetzet, daß auch wir in ihm bleiben.<lb/> Und an ſtatt der Worte, <hi rendition="#fr">er hat uns den Geiſt<lb/> gegeben,</hi> heißt es alhier, <hi rendition="#fr">er hat uns von ſei-<lb/> nem Geiſte gegeben.</hi> Da denn aus beyder<lb/> Oerter Zuſammenhaltung ſo viel erhellet, daß<lb/> uns nebſt den Gaben auch der Heilige Geiſt ſelbſt<lb/> mitgetheilet werde.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 14.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Und wir haben geſehen und zeugen,<lb/> daß der Vater den Sohn geſandt hat zum<lb/> Heyland der Welt.</hi> </p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Nach dem der Apoſtel bezeuget hat, daß<lb/> GOtt unſichtbar ſey, und ſeinem Weſen nach<lb/> von niemanden noch niemals ſey geſehen wor-<lb/> den; ſo zeiget er darauf an, wie daß er ſich in dem<lb/> Sohne ſichtbar gemacht habe: wie denn dieſer<lb/> daher Joh. 14, 9. Philippo, als dieſer bat, daß<lb/> er ihm den Vater zeigen moͤchte, antwortete:<lb/><hi rendition="#fr">So lange bin ich bey euch, und du kenneſt<lb/> mich noch nicht: Philippe, wer mich ſie-<lb/> het, der ſiehet den Vater: wie ſprichſt du<lb/> denn: zeige uns den Vater? glaubeſt du<lb/> nicht, daß ich im Vater bin, und der Vater<lb/> in mir iſt?</hi> Von dem, wie der Sohn geſehen<lb/> worden, hat man die Anmerckungen uͤber c. 1, 1.<lb/> zu <hi rendition="#aq">conferir</hi>en.</p><lb/> <p>2. Da die Apoſtel alles, was mit Chriſto<lb/> vorgegangen war, mit ihren Augen geſehen und<lb/> mit ihren Ohren gehoͤret hatten, ſo konnten ſie<lb/> davon auch zeugen; als welches ihr Amt war<lb/> nach Ap. Geſ. 1. 21, 22. daher ihr Zeugniß wahr-<lb/> haftig war, auch ſo vielen Eingang funde. Und<lb/> zu der ſinnlichen Erfahrung kam bey ihnen auch<lb/> die innerliche Salbung des Heiligen Geiſtes<lb/> ſamt der davon aͤuſſerlich vor den Augen und<lb/> Ohren der Menſchen ſich hervorthuenden Wun-<lb/> der-Thaͤtigkeit. Von der Sendung des Soh-<lb/> nes ſiehe v. 9, 10.</p><lb/> <p>3. Das Wort <hi rendition="#fr">Heyland</hi> iſt ein Amts-Na-<lb/> me des Sohnes GOttes, welcher ſonſt mit dem<lb/> Namen <hi rendition="#fr">JEſus</hi> ausgedrucket wird. Der<lb/> Nachdruck davon iſt dieſer, daß er die Bedeu-<lb/> tung ſeines Namens in der That erfuͤllet, und<lb/> zwar alſo, daß er uns nicht allein von der Suͤn-<lb/> de und dem daher ruͤhrenden Unheil befreyet,<lb/> ſondern uns auch alles Heyl zuwege bringet,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">X x x x</fw><fw place="bottom" type="catch">und,</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [715/0715]
Cap. 4. v. 12-14. des erſten Briefes Johannis.
ner Worte hoͤretet ihr; aber kein Gleich-
niß ſahet ihr auſſer der Stimme.
d. Nun koͤnnte es zwar das Anſehen haben, als
wenn von Moſe das Gegentheil ſtehe, wenn
es 2 B. Moſ. 33, 11. heißt: Der HERR
redete mit Moſe von Angeſicht zu
Angeſicht, wie ein Mann mit ſeinem
Freund redet. Deßgleichen 4 B. Moſ. 12,
8. Muͤndlich rede ich mit ihm, und er
ſiehet den HErrn in ſeiner Geſtalt, nicht
durch dunckle Worte, oder Gleichniß.
Allein ob GOtt gleich dem Moſi ſich auf eine
nahere und herrlichere Art geoffenbahret hat,
als andern Patriarchen und Propheten, ihm
auch ſeine Gegenwart ſichtbarlich gezeiget; ſo
iſt dieſe Darſtellung doch nur unter gewiſſen
ſichtbaren Figuren, welche das Weſen GOt-
tes ſelbſt nicht geweſen ſind, geſchehen. Es
bleibet demnach dabey, daß wir GOtt nicht
eher ſehen werden wie er iſt, als bis es erſchei-
nen wird in der Herrlichkeit, was wir ſeyn
werden. 1 Joh. 3, 1. 2.
2. Bey den uͤbrigen Worten dieſes Textes
iſt folgendes zu mercken:
a. Die Liebe unter einander iſt keine Urſache un-
ſerer Gemeinſchaft mit GOtt, ſondern nur
eine Frucht davon, an welcher wir das Kenn-
zeichen von derſelben nehmen: gleichwie der
Apoſtel oben c. 3, 14. 15. gar deutlich, und da-
bey zugleich das Gegentheil bezeiget hat,
wenn er daſelbſt ſaget: Wir wiſſen, daß
wir aus dem Tode in das Leben kommen
ſind. Denn wir lieben die Bruͤder. Wer
den Bruder nicht liebet, der bleibet im
Tode.
b. Das bleiben GOttes in uns hat die gnaͤdi-
ge Zukunft, oder diejenige gnaͤdige Wirckung
des allgegenwaͤrtigen GOttes zum Grunde,
nach welcher er ſich mit den Glaubigen verei-
niget, und ſie, als ſeinen Tempel, bewohnet
und regieret. Welches denn auf Seiten des
Menſchen ein Werck des Glaubens iſt, der
ſich durch die Liebe gegen den Naͤchſten thaͤtig
erweiſet.
c. Die Liebe GOttes iſt alhier diejenige, die
GOTT zu uns traͤget; und wie er ſie in der
Erwerbung des Heyls damit bezeuget hat, daß
er ſeinen eingebornen Sohn dazu in die Welt
geſandt: alſo erweiſet er ſie damit der Appli-
cation nach auch thaͤtig, daß er ſie durch den
Heiligen Geiſt in unſere Hertzen ausgieſſet, um
ſie zu ſchmecken und zu ſehen, oder dabey zu er-
kennen, wie freundlich der HErr iſt. Roͤm. 5,
5. 1 Pet. 2, 3. Da man denn in zarter Gegen-
Liebe ſagen kan: Abba! lieber Vater!
Roͤm. 8, 15. Gal. 4, 6. Auf welche Art denn
die Liebe GOttes voͤllig bey uns iſt. Davon es
oben c. 2, 5. heißt: Wer ſein Wort haͤlt (und
ſolches mit der Liebe gegen den Naͤchſten be-
zeuget) in ſolchem iſt wahrlich die Liebe
GOttes vollkommen, oder zu ihrem rechten
Zwecke gelanget.
V. 13.
Daran erkennen wir, daß wir in ihm
bleiben, und er in uns, daß er uns von ſei-
nem Geiſt gegeben hat.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel wiederhohlet hiermit, was
er vorher c. 3, 24. ſchon bezeuget hat. Und ge-
ſchiehet ſolche Wiederhohlung des Nachdrucks
willen, weil ihm das Hertz davon voll, und den
Glaͤubigen daran viel gelegen war, nemlich von
der ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt recht verſi-
chert zu ſeyn, dazu deßwegen der Zweck des gan-
tzen Briefes hauptſaͤchlich gerichtet war.
2. Doch findet ſich einiger Unterſcheid zwi-
ſchen dieſem und jenem Zeugniſſe. Denn da es
dort nur allein geheiſſen hatte, daß GOtt in
uns bleibe, ſo wird alhier zur mehrern Erleute-
rung hinzugeſetzet, daß auch wir in ihm bleiben.
Und an ſtatt der Worte, er hat uns den Geiſt
gegeben, heißt es alhier, er hat uns von ſei-
nem Geiſte gegeben. Da denn aus beyder
Oerter Zuſammenhaltung ſo viel erhellet, daß
uns nebſt den Gaben auch der Heilige Geiſt ſelbſt
mitgetheilet werde.
V. 14.
Und wir haben geſehen und zeugen,
daß der Vater den Sohn geſandt hat zum
Heyland der Welt.
Anmerckungen.
1. Nach dem der Apoſtel bezeuget hat, daß
GOtt unſichtbar ſey, und ſeinem Weſen nach
von niemanden noch niemals ſey geſehen wor-
den; ſo zeiget er darauf an, wie daß er ſich in dem
Sohne ſichtbar gemacht habe: wie denn dieſer
daher Joh. 14, 9. Philippo, als dieſer bat, daß
er ihm den Vater zeigen moͤchte, antwortete:
So lange bin ich bey euch, und du kenneſt
mich noch nicht: Philippe, wer mich ſie-
het, der ſiehet den Vater: wie ſprichſt du
denn: zeige uns den Vater? glaubeſt du
nicht, daß ich im Vater bin, und der Vater
in mir iſt? Von dem, wie der Sohn geſehen
worden, hat man die Anmerckungen uͤber c. 1, 1.
zu conferiren.
2. Da die Apoſtel alles, was mit Chriſto
vorgegangen war, mit ihren Augen geſehen und
mit ihren Ohren gehoͤret hatten, ſo konnten ſie
davon auch zeugen; als welches ihr Amt war
nach Ap. Geſ. 1. 21, 22. daher ihr Zeugniß wahr-
haftig war, auch ſo vielen Eingang funde. Und
zu der ſinnlichen Erfahrung kam bey ihnen auch
die innerliche Salbung des Heiligen Geiſtes
ſamt der davon aͤuſſerlich vor den Augen und
Ohren der Menſchen ſich hervorthuenden Wun-
der-Thaͤtigkeit. Von der Sendung des Soh-
nes ſiehe v. 9, 10.
3. Das Wort Heyland iſt ein Amts-Na-
me des Sohnes GOttes, welcher ſonſt mit dem
Namen JEſus ausgedrucket wird. Der
Nachdruck davon iſt dieſer, daß er die Bedeu-
tung ſeines Namens in der That erfuͤllet, und
zwar alſo, daß er uns nicht allein von der Suͤn-
de und dem daher ruͤhrenden Unheil befreyet,
ſondern uns auch alles Heyl zuwege bringet,
und,
X x x x
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |