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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 4. v. 11. 12.
[Spaltenumbruch]
c. Zum Troste, wenn es mit uns zum Ster-
ben kömmt, daß, wenn wir schon bey Leibes
Leben durch die Kraft des Todes Christi aus
dem geistlichen Tode zum geistlichen Leben ge-
kommen sind, wir gewiß ins ewige übergehen
und uns in der letzten Todes-Stunde der
Versöhnung Christi am aller nachdrücklichsten
werden zu getrösten haben.
V. 11.

Jhr Lieben, hat uns GOtt also gelie-
bet, so sollen wir uns auch unter einander
lieben.

Anmerckungen.

1. Wir finden alhier eine genaue Verbin-
dung des Evangelii und des Gesetzes, oder der
göttlichen Gnaden-Wohlthat, und unserer
schuldigen Pflicht. Denn gleichwie es nach
dem Evangelio heißt: GOtt hat uns gelie-
bet:
also soll es nach dem Gesetz von unserer
Pflicht auch heissen: Wir sollen uns unter ein-
ander lieben
und dabey zuvorderst auch GOtt
selbst, nach v. 19.

2. Bey der Verbindung des Evangelii
und Gesetzes, oder der Wohlthaten und Pflich-
ten ist auch die Ordnung wohl zu mercken, nach
welcher das Evangelium mit den Wohlthaten
billig also voran stehet, daß das Gesetz mit den
Pflichten darauf folget. Denn was man sonst
von Menschen sagt: Ut ameris, amabilis esto:
damit du mögest geliebet werden/ so er-
weise dich auch als liebens-werth,
das fin-
den wir in unendlicher Vollkommenheit also bey
GOTT. Zwar ist das Gesetz eher gewesen, als
das Evangelium, nemlich schon vor dem Sün-
den-Fall im Stande der Unschuld, da es dem
Menschen am Ebenbilde GOttes ins Hertze ge-
schrieben war: aber nach dem Fall ist und blei-
bet das Evangelium die rechte Haupt-Lehre,
welche bey dem Dienste GOttes der Anfang,
das Mittel, und das Ende seyn muß. Denn
ohne das Evangelium, und also ohne die nöthi-
ge Kraft, gehet keine Pflicht-Leistung von stat-
ten. Dannenhero auch Paulus Röm. 3, 31.
spricht: Wir richten das Gesetz auf durch
den Glauben:
und zwar wie nach der Recht-
fertigung aus dem Grunde der Genugthuung
Christi; also auch nach der Erneuerung aus der
geschenckten Gnaden-Kraft.

3. Johannes saget alhier eben das, was
Paulus spricht Eph. 5, 1. 2. So seyd nun Got-
tes Nachfolger als die lieben Kinder.
Und
weil die Liebe des Vaters, auch ist die Liebe des
Sohnes, so setzet er dazu: Und wandelt in der
Liebe, gleichwie CHristus uns geliebet hat,
und sich selbst dargegeben für uns zur Gabe
und Opfer GOtt zu einem süssen Geruch.

Es bestehet demnach die Anrichtung des Eben-
bildes GOttes darinnen, daß, da uns GOTT
liebet, wir uns von solcher Liebe erfüllen, und
dadurch zur Liebe gegen den Nächsten entzün-
den und antreiben lassen, zuvorderst aber zur
Liebe gegen GOTT, und in dieser Ordnung
auch gegen uns selbst, um unser eignes Heyl al-
[Spaltenumbruch] so zu befordern: als welches der Apostel bey der
Liebe gegen den Nächsten zum Grunde setzet.

V. 12.

Niemand hat GOtt iemals gesehen,
(welches aber unserm Glauben von unserer
Vereinigung und Gemeinschaft mit ihm nicht
entgegen stehet, weil wir das Zeugniß davon an
der Liebe haben.) So wir uns unter einan-
der lieben, so bleibet SOtt in uns, und seine
Liebe
(die er zu uns träget, und daraus wir
der seligen Gemeinschaft mit ihm versichert seyn
können) ist völlig in uns.

Anmerckungen.

1. Bey den ersten Worten dieses Verses
ist unterschiedliches zu erwegen:

a. Die Verbindung mit den vorhergehenden
und nachfolgenden Worten ist diese: des A-
postels Haupt-Zweck im gantzen Briefe war,
die Gläubigen von ihrer seligen Gemeinschaft
mit GOTT zu versichern und dadurch im
Glauben zu stärcken, in der wahren Lehre zu
bevestigen und zur Fortsetzung eines recht-
schaffnen Wandels zu ermuntern: wie wir
bishero in allen Capiteln gesehen haben. Nun
aber konnte der Versicherung von der Ge-
meinschaft mit GOTT nichts mehr entgegen
stehen, als das unsichtbare und unbegreifli-
che Wesen GOttes; als nach welchem man
sich von der Vereinigung mit ihm gar keinen
Begriff machen kan. Dieses, welches zum
Einwurf dienen konnte, giebet der Apostel
zu, und machet es selbst zu einem Satze: a-
ber er zeiget dabey an, daß ob GOTT gleich
unsichtbar ist, man doch seiner gnädigen Ge-
genwart, ja Einwohnung und Vereinigung
mit uns daraus versichert werden könne, wenn
man in der Liebe gegen den Nächsten stehet;
sintemal solche eine Frucht sey der Liebe GOt-
tes gegen uns und in uns. Daher er schon
vorher v. 7. gesaget hat: Jhr lieben, lasset
uns unter einander lieb haben. Denn die
Liebe ist von GOtt. Und wer lieb hat,
der ist von GOtt geboren, und kennet
GOtt.
b. Johannes hat im Evangelio eben dieses von
dem unsichtbaren Wesen GOttes bezeuget,
wenn er c. 1, 18. saget: Niemand hat GOtt
iemals gesehen, der eingeborne Sohn, der
in des Vaters Schooß ist, der hats uns
verkündiget.
Daher er, als das sichtbare
Ebenbild des unsichtbaren GOttes, Col. 1, 15.
sagte: Joh. 14, 9. Wer mich siehet, der
siehet den Vater.
c. Johannes hat mit diesen Worten wol son-
derlich gesehen auf den Ort 2 B. Mos. 33, 20.
Da GOTT zu Mose sprach: Mein Ange-
sicht kanst du nicht sehen: denn kein
Mensch wird leben, der mich siehet.
Da-
her auch von denen an die Kinder Jsrael ge-
schehenen Offenbarungen GOttes 5 B. Mos.
4, 12. stehet: Der HERR redete mit euch
mitten aus dem Feuer. Die Stimme sei-

ner
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 4. v. 11. 12.
[Spaltenumbruch]
c. Zum Troſte, wenn es mit uns zum Ster-
ben koͤmmt, daß, wenn wir ſchon bey Leibes
Leben durch die Kraft des Todes Chriſti aus
dem geiſtlichen Tode zum geiſtlichen Leben ge-
kommen ſind, wir gewiß ins ewige uͤbergehen
und uns in der letzten Todes-Stunde der
Verſoͤhnung Chriſti am aller nachdruͤcklichſten
werden zu getroͤſten haben.
V. 11.

Jhr Lieben, hat uns GOtt alſo gelie-
bet, ſo ſollen wir uns auch unter einander
lieben.

Anmerckungen.

1. Wir finden alhier eine genaue Verbin-
dung des Evangelii und des Geſetzes, oder der
goͤttlichen Gnaden-Wohlthat, und unſerer
ſchuldigen Pflicht. Denn gleichwie es nach
dem Evangelio heißt: GOtt hat uns gelie-
bet:
alſo ſoll es nach dem Geſetz von unſerer
Pflicht auch heiſſen: Wir ſollen uns unter ein-
ander lieben
und dabey zuvorderſt auch GOtt
ſelbſt, nach v. 19.

2. Bey der Verbindung des Evangelii
und Geſetzes, oder der Wohlthaten und Pflich-
ten iſt auch die Ordnung wohl zu mercken, nach
welcher das Evangelium mit den Wohlthaten
billig alſo voran ſtehet, daß das Geſetz mit den
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von Menſchen ſagt: Ut ameris, amabilis eſto:
damit du moͤgeſt geliebet werden/ ſo er-
weiſe dich auch als liebens-werth,
das fin-
den wir in unendlicher Vollkommenheit alſo bey
GOTT. Zwar iſt das Geſetz eher geweſen, als
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den-Fall im Stande der Unſchuld, da es dem
Menſchen am Ebenbilde GOttes ins Hertze ge-
ſchrieben war: aber nach dem Fall iſt und blei-
bet das Evangelium die rechte Haupt-Lehre,
welche bey dem Dienſte GOttes der Anfang,
das Mittel, und das Ende ſeyn muß. Denn
ohne das Evangelium, und alſo ohne die noͤthi-
ge Kraft, gehet keine Pflicht-Leiſtung von ſtat-
ten. Dannenhero auch Paulus Roͤm. 3, 31.
ſpricht: Wir richten das Geſetz auf durch
den Glauben:
und zwar wie nach der Recht-
fertigung aus dem Grunde der Genugthuung
Chriſti; alſo auch nach der Erneuerung aus der
geſchenckten Gnaden-Kraft.

3. Johannes ſaget alhier eben das, was
Paulus ſpricht Eph. 5, 1. 2. So ſeyd nun Got-
tes Nachfolger als die lieben Kinder.
Und
weil die Liebe des Vaters, auch iſt die Liebe des
Sohnes, ſo ſetzet er dazu: Und wandelt in der
Liebe, gleichwie CHriſtus uns geliebet hat,
und ſich ſelbſt dargegeben fuͤr uns zur Gabe
und Opfer GOtt zu einem ſuͤſſen Geruch.

Es beſtehet demnach die Anrichtung des Eben-
bildes GOttes darinnen, daß, da uns GOTT
liebet, wir uns von ſolcher Liebe erfuͤllen, und
dadurch zur Liebe gegen den Naͤchſten entzuͤn-
den und antreiben laſſen, zuvorderſt aber zur
Liebe gegen GOTT, und in dieſer Ordnung
auch gegen uns ſelbſt, um unſer eignes Heyl al-
[Spaltenumbruch] ſo zu befordern: als welches der Apoſtel bey der
Liebe gegen den Naͤchſten zum Grunde ſetzet.

V. 12.

Niemand hat GOtt iemals geſehen,
(welches aber unſerm Glauben von unſerer
Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm nicht
entgegen ſtehet, weil wir das Zeugniß davon an
der Liebe haben.) So wir uns unter einan-
der lieben, ſo bleibet SOtt in uns, und ſeine
Liebe
(die er zu uns traͤget, und daraus wir
der ſeligen Gemeinſchaft mit ihm verſichert ſeyn
koͤnnen) iſt voͤllig in uns.

Anmerckungen.

1. Bey den erſten Worten dieſes Verſes
iſt unterſchiedliches zu erwegen:

a. Die Verbindung mit den vorhergehenden
und nachfolgenden Worten iſt dieſe: des A-
poſtels Haupt-Zweck im gantzen Briefe war,
die Glaͤubigen von ihrer ſeligen Gemeinſchaft
mit GOTT zu verſichern und dadurch im
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beveſtigen und zur Fortſetzung eines recht-
ſchaffnen Wandels zu ermuntern: wie wir
bishero in allen Capiteln geſehen haben. Nun
aber konnte der Verſicherung von der Ge-
meinſchaft mit GOTT nichts mehr entgegen
ſtehen, als das unſichtbare und unbegreifli-
che Weſen GOttes; als nach welchem man
ſich von der Vereinigung mit ihm gar keinen
Begriff machen kan. Dieſes, welches zum
Einwurf dienen konnte, giebet der Apoſtel
zu, und machet es ſelbſt zu einem Satze: a-
ber er zeiget dabey an, daß ob GOTT gleich
unſichtbar iſt, man doch ſeiner gnaͤdigen Ge-
genwart, ja Einwohnung und Vereinigung
mit uns daraus verſichert werden koͤnne, wenn
man in der Liebe gegen den Naͤchſten ſtehet;
ſintemal ſolche eine Frucht ſey der Liebe GOt-
tes gegen uns und in uns. Daher er ſchon
vorher v. 7. geſaget hat: Jhr lieben, laſſet
uns unter einander lieb haben. Denn die
Liebe iſt von GOtt. Und wer lieb hat,
der iſt von GOtt geboren, und kennet
GOtt.
b. Johannes hat im Evangelio eben dieſes von
dem unſichtbaren Weſen GOttes bezeuget,
wenn er c. 1, 18. ſaget: Niemand hat GOtt
iemals geſehen, der eingeborne Sohn, der
in des Vaters Schooß iſt, der hats uns
verkuͤndiget.
Daher er, als das ſichtbare
Ebenbild des unſichtbaren GOttes, Col. 1, 15.
ſagte: Joh. 14, 9. Wer mich ſiehet, der
ſiehet den Vater.
c. Johannes hat mit dieſen Worten wol ſon-
derlich geſehen auf den Ort 2 B. Moſ. 33, 20.
Da GOTT zu Moſe ſprach: Mein Ange-
ſicht kanſt du nicht ſehen: denn kein
Menſch wird leben, der mich ſiehet.
Da-
her auch von denen an die Kinder Jſrael ge-
ſchehenen Offenbarungen GOttes 5 B. Moſ.
4, 12. ſtehet: Der HERR redete mit euch
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[714/0714] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 4. v. 11. 12. c. Zum Troſte, wenn es mit uns zum Ster- ben koͤmmt, daß, wenn wir ſchon bey Leibes Leben durch die Kraft des Todes Chriſti aus dem geiſtlichen Tode zum geiſtlichen Leben ge- kommen ſind, wir gewiß ins ewige uͤbergehen und uns in der letzten Todes-Stunde der Verſoͤhnung Chriſti am aller nachdruͤcklichſten werden zu getroͤſten haben. V. 11. Jhr Lieben, hat uns GOtt alſo gelie- bet, ſo ſollen wir uns auch unter einander lieben. Anmerckungen. 1. Wir finden alhier eine genaue Verbin- dung des Evangelii und des Geſetzes, oder der goͤttlichen Gnaden-Wohlthat, und unſerer ſchuldigen Pflicht. Denn gleichwie es nach dem Evangelio heißt: GOtt hat uns gelie- bet: alſo ſoll es nach dem Geſetz von unſerer Pflicht auch heiſſen: Wir ſollen uns unter ein- ander lieben und dabey zuvorderſt auch GOtt ſelbſt, nach v. 19. 2. Bey der Verbindung des Evangelii und Geſetzes, oder der Wohlthaten und Pflich- ten iſt auch die Ordnung wohl zu mercken, nach welcher das Evangelium mit den Wohlthaten billig alſo voran ſtehet, daß das Geſetz mit den Pflichten darauf folget. Denn was man ſonſt von Menſchen ſagt: Ut ameris, amabilis eſto: damit du moͤgeſt geliebet werden/ ſo er- weiſe dich auch als liebens-werth, das fin- den wir in unendlicher Vollkommenheit alſo bey GOTT. Zwar iſt das Geſetz eher geweſen, als das Evangelium, nemlich ſchon vor dem Suͤn- den-Fall im Stande der Unſchuld, da es dem Menſchen am Ebenbilde GOttes ins Hertze ge- ſchrieben war: aber nach dem Fall iſt und blei- bet das Evangelium die rechte Haupt-Lehre, welche bey dem Dienſte GOttes der Anfang, das Mittel, und das Ende ſeyn muß. Denn ohne das Evangelium, und alſo ohne die noͤthi- ge Kraft, gehet keine Pflicht-Leiſtung von ſtat- ten. Dannenhero auch Paulus Roͤm. 3, 31. ſpricht: Wir richten das Geſetz auf durch den Glauben: und zwar wie nach der Recht- fertigung aus dem Grunde der Genugthuung Chriſti; alſo auch nach der Erneuerung aus der geſchenckten Gnaden-Kraft. 3. Johannes ſaget alhier eben das, was Paulus ſpricht Eph. 5, 1. 2. So ſeyd nun Got- tes Nachfolger als die lieben Kinder. Und weil die Liebe des Vaters, auch iſt die Liebe des Sohnes, ſo ſetzet er dazu: Und wandelt in der Liebe, gleichwie CHriſtus uns geliebet hat, und ſich ſelbſt dargegeben fuͤr uns zur Gabe und Opfer GOtt zu einem ſuͤſſen Geruch. Es beſtehet demnach die Anrichtung des Eben- bildes GOttes darinnen, daß, da uns GOTT liebet, wir uns von ſolcher Liebe erfuͤllen, und dadurch zur Liebe gegen den Naͤchſten entzuͤn- den und antreiben laſſen, zuvorderſt aber zur Liebe gegen GOTT, und in dieſer Ordnung auch gegen uns ſelbſt, um unſer eignes Heyl al- ſo zu befordern: als welches der Apoſtel bey der Liebe gegen den Naͤchſten zum Grunde ſetzet. V. 12. Niemand hat GOtt iemals geſehen, (welches aber unſerm Glauben von unſerer Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm nicht entgegen ſtehet, weil wir das Zeugniß davon an der Liebe haben.) So wir uns unter einan- der lieben, ſo bleibet SOtt in uns, und ſeine Liebe (die er zu uns traͤget, und daraus wir der ſeligen Gemeinſchaft mit ihm verſichert ſeyn koͤnnen) iſt voͤllig in uns. Anmerckungen. 1. Bey den erſten Worten dieſes Verſes iſt unterſchiedliches zu erwegen: a. Die Verbindung mit den vorhergehenden und nachfolgenden Worten iſt dieſe: des A- poſtels Haupt-Zweck im gantzen Briefe war, die Glaͤubigen von ihrer ſeligen Gemeinſchaft mit GOTT zu verſichern und dadurch im Glauben zu ſtaͤrcken, in der wahren Lehre zu beveſtigen und zur Fortſetzung eines recht- ſchaffnen Wandels zu ermuntern: wie wir bishero in allen Capiteln geſehen haben. Nun aber konnte der Verſicherung von der Ge- meinſchaft mit GOTT nichts mehr entgegen ſtehen, als das unſichtbare und unbegreifli- che Weſen GOttes; als nach welchem man ſich von der Vereinigung mit ihm gar keinen Begriff machen kan. Dieſes, welches zum Einwurf dienen konnte, giebet der Apoſtel zu, und machet es ſelbſt zu einem Satze: a- ber er zeiget dabey an, daß ob GOTT gleich unſichtbar iſt, man doch ſeiner gnaͤdigen Ge- genwart, ja Einwohnung und Vereinigung mit uns daraus verſichert werden koͤnne, wenn man in der Liebe gegen den Naͤchſten ſtehet; ſintemal ſolche eine Frucht ſey der Liebe GOt- tes gegen uns und in uns. Daher er ſchon vorher v. 7. geſaget hat: Jhr lieben, laſſet uns unter einander lieb haben. Denn die Liebe iſt von GOtt. Und wer lieb hat, der iſt von GOtt geboren, und kennet GOtt. b. Johannes hat im Evangelio eben dieſes von dem unſichtbaren Weſen GOttes bezeuget, wenn er c. 1, 18. ſaget: Niemand hat GOtt iemals geſehen, der eingeborne Sohn, der in des Vaters Schooß iſt, der hats uns verkuͤndiget. Daher er, als das ſichtbare Ebenbild des unſichtbaren GOttes, Col. 1, 15. ſagte: Joh. 14, 9. Wer mich ſiehet, der ſiehet den Vater. c. Johannes hat mit dieſen Worten wol ſon- derlich geſehen auf den Ort 2 B. Moſ. 33, 20. Da GOTT zu Moſe ſprach: Mein Ange- ſicht kanſt du nicht ſehen: denn kein Menſch wird leben, der mich ſiehet. Da- her auch von denen an die Kinder Jſrael ge- ſchehenen Offenbarungen GOttes 5 B. Moſ. 4, 12. ſtehet: Der HERR redete mit euch mitten aus dem Feuer. Die Stimme ſei- ner

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/714>, abgerufen am 23.11.2024.