Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 4. v. 11. 12. [Spaltenumbruch]
c. Zum Troste, wenn es mit uns zum Ster- ben kömmt, daß, wenn wir schon bey Leibes Leben durch die Kraft des Todes Christi aus dem geistlichen Tode zum geistlichen Leben ge- kommen sind, wir gewiß ins ewige übergehen und uns in der letzten Todes-Stunde der Versöhnung Christi am aller nachdrücklichsten werden zu getrösten haben. V. 11. Jhr Lieben, hat uns GOtt also gelie- Anmerckungen. 1. Wir finden alhier eine genaue Verbin- 2. Bey der Verbindung des Evangelii 3. Johannes saget alhier eben das, was V. 12. Niemand hat GOtt iemals gesehen, Anmerckungen. 1. Bey den ersten Worten dieses Verses a. Die Verbindung mit den vorhergehenden und nachfolgenden Worten ist diese: des A- postels Haupt-Zweck im gantzen Briefe war, die Gläubigen von ihrer seligen Gemeinschaft mit GOTT zu versichern und dadurch im Glauben zu stärcken, in der wahren Lehre zu bevestigen und zur Fortsetzung eines recht- schaffnen Wandels zu ermuntern: wie wir bishero in allen Capiteln gesehen haben. Nun aber konnte der Versicherung von der Ge- meinschaft mit GOTT nichts mehr entgegen stehen, als das unsichtbare und unbegreifli- che Wesen GOttes; als nach welchem man sich von der Vereinigung mit ihm gar keinen Begriff machen kan. Dieses, welches zum Einwurf dienen konnte, giebet der Apostel zu, und machet es selbst zu einem Satze: a- ber er zeiget dabey an, daß ob GOTT gleich unsichtbar ist, man doch seiner gnädigen Ge- genwart, ja Einwohnung und Vereinigung mit uns daraus versichert werden könne, wenn man in der Liebe gegen den Nächsten stehet; sintemal solche eine Frucht sey der Liebe GOt- tes gegen uns und in uns. Daher er schon vorher v. 7. gesaget hat: Jhr lieben, lasset uns unter einander lieb haben. Denn die Liebe ist von GOtt. Und wer lieb hat, der ist von GOtt geboren, und kennet GOtt. b. Johannes hat im Evangelio eben dieses von dem unsichtbaren Wesen GOttes bezeuget, wenn er c. 1, 18. saget: Niemand hat GOtt iemals gesehen, der eingeborne Sohn, der in des Vaters Schooß ist, der hats uns verkündiget. Daher er, als das sichtbare Ebenbild des unsichtbaren GOttes, Col. 1, 15. sagte: Joh. 14, 9. Wer mich siehet, der siehet den Vater. c. Johannes hat mit diesen Worten wol son- derlich gesehen auf den Ort 2 B. Mos. 33, 20. Da GOTT zu Mose sprach: Mein Ange- sicht kanst du nicht sehen: denn kein Mensch wird leben, der mich siehet. Da- her auch von denen an die Kinder Jsrael ge- schehenen Offenbarungen GOttes 5 B. Mos. 4, 12. stehet: Der HERR redete mit euch mitten aus dem Feuer. Die Stimme sei- ner
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 4. v. 11. 12. [Spaltenumbruch]
c. Zum Troſte, wenn es mit uns zum Ster- ben koͤmmt, daß, wenn wir ſchon bey Leibes Leben durch die Kraft des Todes Chriſti aus dem geiſtlichen Tode zum geiſtlichen Leben ge- kommen ſind, wir gewiß ins ewige uͤbergehen und uns in der letzten Todes-Stunde der Verſoͤhnung Chriſti am aller nachdruͤcklichſten werden zu getroͤſten haben. V. 11. Jhr Lieben, hat uns GOtt alſo gelie- Anmerckungen. 1. Wir finden alhier eine genaue Verbin- 2. Bey der Verbindung des Evangelii 3. Johannes ſaget alhier eben das, was V. 12. Niemand hat GOtt iemals geſehen, Anmerckungen. 1. Bey den erſten Worten dieſes Verſes a. Die Verbindung mit den vorhergehenden und nachfolgenden Worten iſt dieſe: des A- poſtels Haupt-Zweck im gantzen Briefe war, die Glaͤubigen von ihrer ſeligen Gemeinſchaft mit GOTT zu verſichern und dadurch im Glauben zu ſtaͤrcken, in der wahren Lehre zu beveſtigen und zur Fortſetzung eines recht- ſchaffnen Wandels zu ermuntern: wie wir bishero in allen Capiteln geſehen haben. Nun aber konnte der Verſicherung von der Ge- meinſchaft mit GOTT nichts mehr entgegen ſtehen, als das unſichtbare und unbegreifli- che Weſen GOttes; als nach welchem man ſich von der Vereinigung mit ihm gar keinen Begriff machen kan. Dieſes, welches zum Einwurf dienen konnte, giebet der Apoſtel zu, und machet es ſelbſt zu einem Satze: a- ber er zeiget dabey an, daß ob GOTT gleich unſichtbar iſt, man doch ſeiner gnaͤdigen Ge- genwart, ja Einwohnung und Vereinigung mit uns daraus verſichert werden koͤnne, wenn man in der Liebe gegen den Naͤchſten ſtehet; ſintemal ſolche eine Frucht ſey der Liebe GOt- tes gegen uns und in uns. Daher er ſchon vorher v. 7. geſaget hat: Jhr lieben, laſſet uns unter einander lieb haben. Denn die Liebe iſt von GOtt. Und wer lieb hat, der iſt von GOtt geboren, und kennet GOtt. b. Johannes hat im Evangelio eben dieſes von dem unſichtbaren Weſen GOttes bezeuget, wenn er c. 1, 18. ſaget: Niemand hat GOtt iemals geſehen, der eingeborne Sohn, der in des Vaters Schooß iſt, der hats uns verkuͤndiget. Daher er, als das ſichtbare Ebenbild des unſichtbaren GOttes, Col. 1, 15. ſagte: Joh. 14, 9. Wer mich ſiehet, der ſiehet den Vater. c. Johannes hat mit dieſen Worten wol ſon- derlich geſehen auf den Ort 2 B. Moſ. 33, 20. Da GOTT zu Moſe ſprach: Mein Ange- ſicht kanſt du nicht ſehen: denn kein Menſch wird leben, der mich ſiehet. Da- her auch von denen an die Kinder Jſrael ge- ſchehenen Offenbarungen GOttes 5 B. Moſ. 4, 12. ſtehet: Der HERR redete mit euch mitten aus dem Feuer. Die Stimme ſei- ner
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 4. v. 11. 12.
c. Zum Troſte, wenn es mit uns zum Ster-
ben koͤmmt, daß, wenn wir ſchon bey Leibes
Leben durch die Kraft des Todes Chriſti aus
dem geiſtlichen Tode zum geiſtlichen Leben ge-
kommen ſind, wir gewiß ins ewige uͤbergehen
und uns in der letzten Todes-Stunde der
Verſoͤhnung Chriſti am aller nachdruͤcklichſten
werden zu getroͤſten haben.
V. 11.
Jhr Lieben, hat uns GOtt alſo gelie-
bet, ſo ſollen wir uns auch unter einander
lieben.
Anmerckungen.
1. Wir finden alhier eine genaue Verbin-
dung des Evangelii und des Geſetzes, oder der
goͤttlichen Gnaden-Wohlthat, und unſerer
ſchuldigen Pflicht. Denn gleichwie es nach
dem Evangelio heißt: GOtt hat uns gelie-
bet: alſo ſoll es nach dem Geſetz von unſerer
Pflicht auch heiſſen: Wir ſollen uns unter ein-
ander lieben und dabey zuvorderſt auch GOtt
ſelbſt, nach v. 19.
2. Bey der Verbindung des Evangelii
und Geſetzes, oder der Wohlthaten und Pflich-
ten iſt auch die Ordnung wohl zu mercken, nach
welcher das Evangelium mit den Wohlthaten
billig alſo voran ſtehet, daß das Geſetz mit den
Pflichten darauf folget. Denn was man ſonſt
von Menſchen ſagt: Ut ameris, amabilis eſto:
damit du moͤgeſt geliebet werden/ ſo er-
weiſe dich auch als liebens-werth, das fin-
den wir in unendlicher Vollkommenheit alſo bey
GOTT. Zwar iſt das Geſetz eher geweſen, als
das Evangelium, nemlich ſchon vor dem Suͤn-
den-Fall im Stande der Unſchuld, da es dem
Menſchen am Ebenbilde GOttes ins Hertze ge-
ſchrieben war: aber nach dem Fall iſt und blei-
bet das Evangelium die rechte Haupt-Lehre,
welche bey dem Dienſte GOttes der Anfang,
das Mittel, und das Ende ſeyn muß. Denn
ohne das Evangelium, und alſo ohne die noͤthi-
ge Kraft, gehet keine Pflicht-Leiſtung von ſtat-
ten. Dannenhero auch Paulus Roͤm. 3, 31.
ſpricht: Wir richten das Geſetz auf durch
den Glauben: und zwar wie nach der Recht-
fertigung aus dem Grunde der Genugthuung
Chriſti; alſo auch nach der Erneuerung aus der
geſchenckten Gnaden-Kraft.
3. Johannes ſaget alhier eben das, was
Paulus ſpricht Eph. 5, 1. 2. So ſeyd nun Got-
tes Nachfolger als die lieben Kinder. Und
weil die Liebe des Vaters, auch iſt die Liebe des
Sohnes, ſo ſetzet er dazu: Und wandelt in der
Liebe, gleichwie CHriſtus uns geliebet hat,
und ſich ſelbſt dargegeben fuͤr uns zur Gabe
und Opfer GOtt zu einem ſuͤſſen Geruch.
Es beſtehet demnach die Anrichtung des Eben-
bildes GOttes darinnen, daß, da uns GOTT
liebet, wir uns von ſolcher Liebe erfuͤllen, und
dadurch zur Liebe gegen den Naͤchſten entzuͤn-
den und antreiben laſſen, zuvorderſt aber zur
Liebe gegen GOTT, und in dieſer Ordnung
auch gegen uns ſelbſt, um unſer eignes Heyl al-
ſo zu befordern: als welches der Apoſtel bey der
Liebe gegen den Naͤchſten zum Grunde ſetzet.
V. 12.
Niemand hat GOtt iemals geſehen,
(welches aber unſerm Glauben von unſerer
Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm nicht
entgegen ſtehet, weil wir das Zeugniß davon an
der Liebe haben.) So wir uns unter einan-
der lieben, ſo bleibet SOtt in uns, und ſeine
Liebe (die er zu uns traͤget, und daraus wir
der ſeligen Gemeinſchaft mit ihm verſichert ſeyn
koͤnnen) iſt voͤllig in uns.
Anmerckungen.
1. Bey den erſten Worten dieſes Verſes
iſt unterſchiedliches zu erwegen:
a. Die Verbindung mit den vorhergehenden
und nachfolgenden Worten iſt dieſe: des A-
poſtels Haupt-Zweck im gantzen Briefe war,
die Glaͤubigen von ihrer ſeligen Gemeinſchaft
mit GOTT zu verſichern und dadurch im
Glauben zu ſtaͤrcken, in der wahren Lehre zu
beveſtigen und zur Fortſetzung eines recht-
ſchaffnen Wandels zu ermuntern: wie wir
bishero in allen Capiteln geſehen haben. Nun
aber konnte der Verſicherung von der Ge-
meinſchaft mit GOTT nichts mehr entgegen
ſtehen, als das unſichtbare und unbegreifli-
che Weſen GOttes; als nach welchem man
ſich von der Vereinigung mit ihm gar keinen
Begriff machen kan. Dieſes, welches zum
Einwurf dienen konnte, giebet der Apoſtel
zu, und machet es ſelbſt zu einem Satze: a-
ber er zeiget dabey an, daß ob GOTT gleich
unſichtbar iſt, man doch ſeiner gnaͤdigen Ge-
genwart, ja Einwohnung und Vereinigung
mit uns daraus verſichert werden koͤnne, wenn
man in der Liebe gegen den Naͤchſten ſtehet;
ſintemal ſolche eine Frucht ſey der Liebe GOt-
tes gegen uns und in uns. Daher er ſchon
vorher v. 7. geſaget hat: Jhr lieben, laſſet
uns unter einander lieb haben. Denn die
Liebe iſt von GOtt. Und wer lieb hat,
der iſt von GOtt geboren, und kennet
GOtt.
b. Johannes hat im Evangelio eben dieſes von
dem unſichtbaren Weſen GOttes bezeuget,
wenn er c. 1, 18. ſaget: Niemand hat GOtt
iemals geſehen, der eingeborne Sohn, der
in des Vaters Schooß iſt, der hats uns
verkuͤndiget. Daher er, als das ſichtbare
Ebenbild des unſichtbaren GOttes, Col. 1, 15.
ſagte: Joh. 14, 9. Wer mich ſiehet, der
ſiehet den Vater.
c. Johannes hat mit dieſen Worten wol ſon-
derlich geſehen auf den Ort 2 B. Moſ. 33, 20.
Da GOTT zu Moſe ſprach: Mein Ange-
ſicht kanſt du nicht ſehen: denn kein
Menſch wird leben, der mich ſiehet. Da-
her auch von denen an die Kinder Jſrael ge-
ſchehenen Offenbarungen GOttes 5 B. Moſ.
4, 12. ſtehet: Der HERR redete mit euch
mitten aus dem Feuer. Die Stimme ſei-
ner
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