[Spaltenumbruch]Schöpfung bezeichnet wird, Eph. 2, 10. u. s. w. womit wir denn auf GOtt, als den Urheber der Wiedergeburt, gewiesen werden.
4. Da die natürliche Zeugung und Fort- pflantzung durch den Samen geschiehet, nicht allein im menschlichen Geschlecht, sondern auch ausser demselben und selbst in den Gewächsen: so ist zur Wiedergeburt auch ein geistlicher Same nöthig, welcher ist das Wort des Evangelii, das da ist voller Gnade und Kraft GOttes. Darum Petrus Ep. 1. c. 1, 23. spricht: - - als die da wiedergeboren sind, nicht aus vergängli- chen, sondern aus unvergänglichen Sa- men, nemlich aus dem lebendigen Worte GOttes, das da ewiglich bleibet. - - etc. Das ist das Wort, welches unter euch verkündi- get wird. Von diesem Worte saget Paulus Röm. 1, 16. daß es eine Kraft GOttes sey. Und Jacobus nennet es c. 1, 18. 21. ein solches einge- pflantztes Wort der Wahrheit, durch welches die Gläubigen von GOtt waren gezeuget worden nach seinem Willen, zu Erstlingen seiner Crea- turen. Durch dasselbe hatte Paulus die Corin- thier zu GOttes, und auf gewisse Art auch seinen geistlichen Kindern gezeuget, 1 Cor. 4, 15. also hatte er auch Onesimum in seinen Banden ge- zeuget. Philem. 10. Und durch dasselbe Wort suchte er die rückfälligen Galater wieder zu ge- bären, daß Christus in ihnen eine Gestalt gewin- nen möchte. Gal. 4, 19.
5. Will man die Vergleichung des göttli- chen Worts mit einem Samen nach Matth. 13, 3. u. f. ein wenig in die Betrachtung ziehen, so findet man unter andern folgende Stücke der Gleichheit:
a. Jn der des Samens Natur eingepflantzten sonderbaren Kraft: als welche er nicht erst vom Erdreich empfähet, sondern schon in sich hat.
b. Jn der Ausstreuung, welche ein Bild der Verkündigung des Worts ist.
c. Jn der wachsenden und sich vermehrenden Ei- genschaft.
d. Jn dem Gedeyen, welches der Same zum Wachsthum vom Himmel empfähet: welches eine schöne Figur ist von der mitwir- ckenden Kraft des Heiligen Geistes.
e. Jn der Zubereitung und zur gehörigen Frucht- bringung nöthigen Beschaffenheit des Ackers, welches den innerlichen und äusserlichen Zu- stand eines Zuhörers und Lesers repraesenti- ret. Siehe ein mehrers im Lateinischen Com- mentario p. 443. u. f.
6. Mit den Worten: denn sein Same bleibet bey ihm, bezeichnet der Apostel die fürnehmste Eigenschaft des Worts und auch des würdigen, oder daraus widergebornen, Zuhö- hörers. Das Wort bleibet also bey ihm, daß auch GOTT selbst in ihm bleibet nach dem Ge- heimniß der Vereinigung; es bleibet also bey ihm, daß es gleichsam immer tiefer einwurtzelt, und über sich immer mehrere Frucht bringet. Und also bleibet mit diesem Samen auch die Salbung bey und in ihm c. 2, 27. Und nicht weniger bleibet der Wiedergeborne in und bey [Spaltenumbruch]
dem Worte als in und an seiner geistlichen Nah- rung, um dadurch immer mehr zuzunehmen. 1 Pet. 2, 2. Und also bleibet er auch in Christo, wie der Rebe am Weinstock, und kan in ihm und aus ihm viel Frucht bringen. Joh. 15, 1. u. f.
7. Ein Wiedergeborner kan sündigen und nicht sündigen. Sündigen kan er, und zwar vorsetzlich, wenn er in einen solchen Miß- brauch seines freyen Willens eingehen, und da- bey solche Untreue gegen die empfangene Gnade begehen will. Denn wenn er nicht also sündigen könte, (wozu auch die Verleitungen von dem Betruge der Sünden gehören,) so würde Jo- hannes nicht so sorgfältig vor dem Rückfall ge- warnet, noch Petrus Ep. 2. cap. 2, 19. 20. sol- chen an manchen theils besorget, theils bestra- fet haben: Desgleichen auch Paulus an gewis- sen Personen thut, wenn er 1 Tim. 1, 19. bezeu- get, daß sie ein gutes Gewissen von sich gestossen und am Glauben Schiffbruch erlitten hätten. Es kan doch aber ein Wiedergeborner nicht vor- setzlich und beharrlich sündigen, nemlich also, daß er dabey in dem Stande der Gnade und Wiedergeburt bleibe. Denn dieser kan mit der herrschenden Sünde nicht bestehen. So läßt es ihm auch sein GOtt-ergebner Sinn nicht zu, daß er vorsetzlich GOTT beleidige, so wenig es die Art eines wohlgesinneten Kindes zuläßt, daß es mit Vorsatze seine Eltern betrübe. Wie man demnach von einem wohlgearteten Kinde wol sa- gen kan, daß es seinen Vater auf Erden nicht betrüben könne, eben sowol und noch mehr kan man dieses von einem Kinde GOttes in Anse- hung seines himmlischen Vaters sagen.
8. Wir haben diese Worte mit folgenden Parallel-Orten zu erläutern: Matth. 7, 18. Ein guter Baum kan nicht arge Früchte brin- gen. c. 9, 15. Wie können die Hochzeit- Leute Leide tragen, so lange der Bräu- tigam bey ihnen ist? 2 Cor. 13, 8. Wir kön- nen nicht wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit. Off. 2, 2. Jch weiß deine Wercke, und deine Arbeit, und deine Geduld, daß du die Bösen nicht tragen kanst.
V. 10. 11.
Daran wirds offenbar, welche die Kinder GOttes, und die Kinder des Teu- fels sind. Wer nicht recht thut, der ist nicht von GOTT, und wer nicht seinen Bruder lieb hat. Denn das ist die Bot- schaft, die ihr gehöret habt von Anfang, daß wir uns unter einander lieben sol- len.
Anmerckungen.
1. Das wahre gute und das böse ist zwar mehrentheils verborgen, und gehöret eigentlich zum innerlichen Geschäfte der Seele: doch bricht beydes auch auf mancherley Art hervor, und lieget wie innerlich, also auch äusserlich im Streit gegen einander. Und obgleich das gute gemei- niglich unterliegen muß, so wird es doch der- maleins über das böse triumphiren.
2. Jo-
S s s s
Cap. 3. v. 9-11. des erſten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch]Schoͤpfung bezeichnet wird, Eph. 2, 10. u. ſ. w. womit wir denn auf GOtt, als den Urheber der Wiedergeburt, gewieſen werden.
4. Da die natuͤrliche Zeugung und Fort- pflantzung durch den Samen geſchiehet, nicht allein im menſchlichen Geſchlecht, ſondern auch auſſer demſelben und ſelbſt in den Gewaͤchſen: ſo iſt zur Wiedergeburt auch ein geiſtlicher Same noͤthig, welcher iſt das Wort des Evangelii, das da iſt voller Gnade und Kraft GOttes. Darum Petrus Ep. 1. c. 1, 23. ſpricht: ‒ ‒ als die da wiedergeboren ſind, nicht aus vergaͤngli- chen, ſondern aus unvergaͤnglichen Sa- men, nemlich aus dem lebendigen Worte GOttes, das da ewiglich bleibet. ‒ ‒ ꝛc. Das iſt das Wort, welches unter euch verkuͤndi- get wird. Von dieſem Worte ſaget Paulus Roͤm. 1, 16. daß es eine Kraft GOttes ſey. Und Jacobus nennet es c. 1, 18. 21. ein ſolches einge- pflantztes Wort der Wahrheit, durch welches die Glaͤubigen von GOtt waren gezeuget worden nach ſeinem Willen, zu Erſtlingen ſeiner Crea- turen. Durch daſſelbe hatte Paulus die Corin- thier zu GOttes, und auf gewiſſe Art auch ſeinen geiſtlichen Kindern gezeuget, 1 Cor. 4, 15. alſo hatte er auch Oneſimum in ſeinen Banden ge- zeuget. Philem. 10. Und durch daſſelbe Wort ſuchte er die ruͤckfaͤlligen Galater wieder zu ge- baͤren, daß Chriſtus in ihnen eine Geſtalt gewin- nen moͤchte. Gal. 4, 19.
5. Will man die Vergleichung des goͤttli- chen Worts mit einem Samen nach Matth. 13, 3. u. f. ein wenig in die Betrachtung ziehen, ſo findet man unter andern folgende Stuͤcke der Gleichheit:
a. Jn der des Samens Natur eingepflantzten ſonderbaren Kraft: als welche er nicht erſt vom Erdreich empfaͤhet, ſondern ſchon in ſich hat.
b. Jn der Ausſtreuung, welche ein Bild der Verkuͤndigung des Worts iſt.
c. Jn der wachſenden und ſich vermehrenden Ei- genſchaft.
d. Jn dem Gedeyen, welches der Same zum Wachsthum vom Himmel empfaͤhet: welches eine ſchoͤne Figur iſt von der mitwir- ckenden Kraft des Heiligen Geiſtes.
e. Jn der Zubereitung und zur gehoͤrigen Frucht- bringung noͤthigen Beſchaffenheit des Ackers, welches den innerlichen und aͤuſſerlichen Zu- ſtand eines Zuhoͤrers und Leſers repræſenti- ret. Siehe ein mehrers im Lateiniſchen Com- mentario p. 443. u. f.
6. Mit den Worten: denn ſein Same bleibet bey ihm, bezeichnet der Apoſtel die fuͤrnehmſte Eigenſchaft des Worts und auch des wuͤrdigen, oder daraus widergebornen, Zuhoͤ- hoͤrers. Das Wort bleibet alſo bey ihm, daß auch GOTT ſelbſt in ihm bleibet nach dem Ge- heimniß der Vereinigung; es bleibet alſo bey ihm, daß es gleichſam immer tiefer einwurtzelt, und uͤber ſich immer mehrere Frucht bringet. Und alſo bleibet mit dieſem Samen auch die Salbung bey und in ihm c. 2, 27. Und nicht weniger bleibet der Wiedergeborne in und bey [Spaltenumbruch]
dem Worte als in und an ſeiner geiſtlichen Nah- rung, um dadurch immer mehr zuzunehmen. 1 Pet. 2, 2. Und alſo bleibet er auch in Chriſto, wie der Rebe am Weinſtock, und kan in ihm und aus ihm viel Frucht bringen. Joh. 15, 1. u. f.
7. Ein Wiedergeborner kan ſuͤndigen und nicht ſuͤndigen. Suͤndigen kan er, und zwar vorſetzlich, wenn er in einen ſolchen Miß- brauch ſeines freyen Willens eingehen, und da- bey ſolche Untreue gegen die empfangene Gnade begehen will. Denn wenn er nicht alſo ſuͤndigen koͤnte, (wozu auch die Verleitungen von dem Betruge der Suͤnden gehoͤren,) ſo wuͤrde Jo- hannes nicht ſo ſorgfaͤltig vor dem Ruͤckfall ge- warnet, noch Petrus Ep. 2. cap. 2, 19. 20. ſol- chen an manchen theils beſorget, theils beſtra- fet haben: Desgleichen auch Paulus an gewiſ- ſen Perſonen thut, wenn er 1 Tim. 1, 19. bezeu- get, daß ſie ein gutes Gewiſſen von ſich geſtoſſen und am Glauben Schiffbruch erlitten haͤtten. Es kan doch aber ein Wiedergeborner nicht vor- ſetzlich und beharrlich ſuͤndigen, nemlich alſo, daß er dabey in dem Stande der Gnade und Wiedergeburt bleibe. Denn dieſer kan mit der herrſchenden Suͤnde nicht beſtehen. So laͤßt es ihm auch ſein GOtt-ergebner Sinn nicht zu, daß er vorſetzlich GOTT beleidige, ſo wenig es die Art eines wohlgeſinneten Kindes zulaͤßt, daß es mit Vorſatze ſeine Eltern betruͤbe. Wie man demnach von einem wohlgearteten Kinde wol ſa- gen kan, daß es ſeinen Vater auf Erden nicht betruͤben koͤnne, eben ſowol und noch mehr kan man dieſes von einem Kinde GOttes in Anſe- hung ſeines himmliſchen Vaters ſagen.
8. Wir haben dieſe Worte mit folgenden Parallel-Orten zu erlaͤutern: Matth. 7, 18. Ein guter Baum kan nicht arge Fruͤchte brin- gen. c. 9, 15. Wie koͤnnen die Hochzeit- Leute Leide tragen, ſo lange der Braͤu- tigam bey ihnen iſt? 2 Cor. 13, 8. Wir koͤn- nen nicht wider die Wahrheit, ſondern fuͤr die Wahrheit. Off. 2, 2. Jch weiß deine Wercke, und deine Arbeit, und deine Geduld, daß du die Boͤſen nicht tragen kanſt.
V. 10. 11.
Daran wirds offenbar, welche die Kinder GOttes, und die Kinder des Teu- fels ſind. Wer nicht recht thut, der iſt nicht von GOTT, und wer nicht ſeinen Bruder lieb hat. Denn das iſt die Bot- ſchaft, die ihr gehoͤret habt von Anfang, daß wir uns unter einander lieben ſol- len.
Anmerckungen.
1. Das wahre gute und das boͤſe iſt zwar mehrentheils verborgen, und gehoͤret eigentlich zum innerlichen Geſchaͤfte der Seele: doch bricht beydes auch auf mancherley Art hervor, und lieget wie innerlich, alſo auch aͤuſſerlich im Streit gegen einander. Und obgleich das gute gemei- niglich unterliegen muß, ſo wird es doch der- maleins uͤber das boͤſe triumphiren.
2. Jo-
S s s s
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0691"n="689"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 3. v. 9-11. des erſten Briefes Johannis.</hi></fw><lb/><cb/><hirendition="#fr">Schoͤpfung</hi> bezeichnet wird, Eph. 2, 10. u. ſ. w.<lb/>
womit wir denn auf GOtt, als den Urheber der<lb/>
Wiedergeburt, gewieſen werden.</p><lb/><p>4. Da die natuͤrliche Zeugung und Fort-<lb/>
pflantzung durch den <hirendition="#fr">Samen</hi> geſchiehet, nicht<lb/>
allein im menſchlichen Geſchlecht, ſondern auch<lb/>
auſſer demſelben und ſelbſt in den Gewaͤchſen: ſo<lb/>
iſt zur Wiedergeburt auch ein geiſtlicher Same<lb/>
noͤthig, welcher iſt das Wort des Evangelii, das<lb/>
da iſt voller Gnade und Kraft GOttes. Darum<lb/>
Petrus Ep. 1. c. 1, 23. ſpricht: ‒‒<hirendition="#fr">als die da<lb/>
wiedergeboren ſind, nicht aus vergaͤngli-<lb/>
chen, ſondern aus unvergaͤnglichen Sa-<lb/>
men, nemlich aus dem lebendigen Worte<lb/>
GOttes, das da ewiglich bleibet.</hi>‒‒ꝛc.<lb/>
Das iſt das Wort, welches unter euch verkuͤndi-<lb/>
get wird. Von dieſem Worte ſaget Paulus<lb/>
Roͤm. 1, 16. daß es eine Kraft GOttes ſey. Und<lb/>
Jacobus nennet es c. 1, 18. 21. ein ſolches einge-<lb/>
pflantztes Wort der Wahrheit, durch welches<lb/>
die Glaͤubigen von GOtt waren gezeuget worden<lb/>
nach ſeinem Willen, zu Erſtlingen ſeiner Crea-<lb/>
turen. Durch daſſelbe hatte Paulus die Corin-<lb/>
thier zu GOttes, und auf gewiſſe Art auch ſeinen<lb/>
geiſtlichen Kindern gezeuget, 1 Cor. 4, 15. alſo<lb/>
hatte er auch Oneſimum in ſeinen Banden ge-<lb/>
zeuget. Philem. 10. Und durch daſſelbe Wort<lb/>ſuchte er die ruͤckfaͤlligen Galater wieder zu ge-<lb/>
baͤren, daß Chriſtus in ihnen eine Geſtalt gewin-<lb/>
nen moͤchte. Gal. 4, 19.</p><lb/><p>5. Will man die Vergleichung des goͤttli-<lb/>
chen Worts mit einem Samen nach Matth. 13,<lb/>
3. u. f. ein wenig in die Betrachtung ziehen, ſo<lb/>
findet man unter andern folgende Stuͤcke der<lb/>
Gleichheit:</p><lb/><list><item><hirendition="#aq">a.</hi> Jn der des Samens Natur eingepflantzten<lb/>ſonderbaren Kraft: als welche er nicht erſt vom<lb/>
Erdreich empfaͤhet, ſondern ſchon in ſich<lb/>
hat.</item><lb/><item><hirendition="#aq">b.</hi> Jn der Ausſtreuung, welche ein Bild der<lb/>
Verkuͤndigung des Worts iſt.</item><lb/><item><hirendition="#aq">c.</hi> Jn der wachſenden und ſich vermehrenden Ei-<lb/>
genſchaft.</item><lb/><item><hirendition="#aq">d.</hi> Jn dem Gedeyen, welches der Same<lb/>
zum Wachsthum vom Himmel empfaͤhet:<lb/>
welches eine ſchoͤne Figur iſt von der mitwir-<lb/>
ckenden Kraft des Heiligen Geiſtes.</item><lb/><item><hirendition="#aq">e.</hi> Jn der Zubereitung und zur gehoͤrigen Frucht-<lb/>
bringung noͤthigen Beſchaffenheit des Ackers,<lb/>
welches den innerlichen und aͤuſſerlichen Zu-<lb/>ſtand eines Zuhoͤrers und Leſers <hirendition="#aq">repræſenti-</hi><lb/>
ret. Siehe ein mehrers im Lateiniſchen <hirendition="#aq">Com-<lb/>
mentario p.</hi> 443. u. f.</item></list><lb/><p>6. Mit den Worten: <hirendition="#fr">denn ſein Same<lb/>
bleibet bey ihm,</hi> bezeichnet der Apoſtel die<lb/>
fuͤrnehmſte Eigenſchaft des Worts und auch des<lb/>
wuͤrdigen, oder daraus widergebornen, Zuhoͤ-<lb/>
hoͤrers. Das Wort bleibet alſo bey ihm, daß<lb/>
auch GOTT ſelbſt in ihm bleibet nach dem Ge-<lb/>
heimniß der Vereinigung; es bleibet alſo bey<lb/>
ihm, daß es gleichſam immer tiefer einwurtzelt,<lb/>
und uͤber ſich immer mehrere Frucht bringet.<lb/>
Und alſo bleibet mit dieſem Samen auch die<lb/>
Salbung bey und in ihm c. 2, 27. Und nicht<lb/>
weniger bleibet der Wiedergeborne in und bey<lb/><cb/>
dem Worte als in und an ſeiner geiſtlichen Nah-<lb/>
rung, um dadurch immer mehr zuzunehmen.<lb/>
1 Pet. 2, 2. Und alſo bleibet er auch in Chriſto,<lb/>
wie der Rebe am Weinſtock, und kan in ihm und<lb/>
aus ihm viel Frucht bringen. Joh. 15, 1. u. f.</p><lb/><p>7. Ein Wiedergeborner <hirendition="#fr">kan ſuͤndigen</hi><lb/>
und <hirendition="#fr">nicht ſuͤndigen. Suͤndigen</hi> kan er, und<lb/>
zwar vorſetzlich, wenn er in einen ſolchen Miß-<lb/>
brauch ſeines freyen Willens eingehen, und da-<lb/>
bey ſolche Untreue gegen die empfangene Gnade<lb/>
begehen will. Denn wenn er nicht alſo ſuͤndigen<lb/>
koͤnte, (wozu auch die Verleitungen von dem<lb/>
Betruge der Suͤnden gehoͤren,) ſo wuͤrde Jo-<lb/>
hannes nicht ſo ſorgfaͤltig vor dem Ruͤckfall ge-<lb/>
warnet, noch Petrus Ep. 2. cap. 2, 19. 20. ſol-<lb/>
chen an manchen theils beſorget, theils beſtra-<lb/>
fet haben: Desgleichen auch Paulus an gewiſ-<lb/>ſen Perſonen thut, wenn er 1 Tim. 1, 19. bezeu-<lb/>
get, daß ſie ein gutes Gewiſſen von ſich geſtoſſen<lb/>
und am Glauben Schiffbruch erlitten haͤtten.<lb/>
Es kan doch aber ein Wiedergeborner nicht vor-<lb/>ſetzlich und beharrlich ſuͤndigen, nemlich alſo,<lb/>
daß er dabey in dem Stande der Gnade und<lb/>
Wiedergeburt bleibe. Denn dieſer kan mit der<lb/>
herrſchenden Suͤnde nicht beſtehen. So laͤßt es<lb/>
ihm auch ſein GOtt-ergebner Sinn nicht zu, daß<lb/>
er vorſetzlich GOTT beleidige, ſo wenig es die<lb/>
Art eines wohlgeſinneten Kindes zulaͤßt, daß es<lb/>
mit Vorſatze ſeine Eltern betruͤbe. Wie man<lb/>
demnach von einem wohlgearteten Kinde wol ſa-<lb/>
gen kan, daß es ſeinen Vater auf Erden nicht<lb/>
betruͤben koͤnne, eben ſowol und noch mehr kan<lb/>
man dieſes von einem Kinde GOttes in Anſe-<lb/>
hung ſeines himmliſchen Vaters ſagen.</p><lb/><p>8. Wir haben dieſe Worte mit folgenden<lb/><hirendition="#aq">Parallel-</hi>Orten zu erlaͤutern: Matth. 7, 18. <hirendition="#fr">Ein<lb/>
guter Baum kan nicht arge Fruͤchte brin-<lb/>
gen.</hi> c. 9, 15. <hirendition="#fr">Wie koͤnnen die Hochzeit-<lb/>
Leute Leide tragen, ſo lange der Braͤu-<lb/>
tigam bey ihnen iſt?</hi> 2 Cor. 13, 8. <hirendition="#fr">Wir koͤn-<lb/>
nen nicht wider die Wahrheit, ſondern<lb/>
fuͤr die Wahrheit.</hi> Off. 2, 2. <hirendition="#fr">Jch weiß<lb/>
deine Wercke, und deine Arbeit, und<lb/>
deine Geduld, daß du die Boͤſen nicht<lb/>
tragen kanſt.</hi></p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 10. 11.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Daran wirds offenbar, welche die<lb/>
Kinder GOttes, und die Kinder des Teu-<lb/>
fels ſind. Wer nicht recht thut, der iſt<lb/>
nicht von GOTT, und wer nicht ſeinen<lb/>
Bruder lieb hat. Denn das iſt die Bot-<lb/>ſchaft, die ihr gehoͤret habt von Anfang,<lb/>
daß wir uns unter einander lieben ſol-<lb/>
len.</hi></p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. Das wahre gute und das boͤſe iſt zwar<lb/>
mehrentheils verborgen, und gehoͤret eigentlich<lb/>
zum innerlichen Geſchaͤfte der Seele: doch bricht<lb/>
beydes auch auf mancherley Art hervor, und<lb/>
lieget wie innerlich, alſo auch aͤuſſerlich im Streit<lb/>
gegen einander. Und obgleich das gute gemei-<lb/>
niglich unterliegen muß, ſo wird es doch der-<lb/>
maleins uͤber das boͤſe <hirendition="#aq">triumphir</hi>en.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">S s s s</fw><fwplace="bottom"type="catch">2. Jo-</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[689/0691]
Cap. 3. v. 9-11. des erſten Briefes Johannis.
Schoͤpfung bezeichnet wird, Eph. 2, 10. u. ſ. w.
womit wir denn auf GOtt, als den Urheber der
Wiedergeburt, gewieſen werden.
4. Da die natuͤrliche Zeugung und Fort-
pflantzung durch den Samen geſchiehet, nicht
allein im menſchlichen Geſchlecht, ſondern auch
auſſer demſelben und ſelbſt in den Gewaͤchſen: ſo
iſt zur Wiedergeburt auch ein geiſtlicher Same
noͤthig, welcher iſt das Wort des Evangelii, das
da iſt voller Gnade und Kraft GOttes. Darum
Petrus Ep. 1. c. 1, 23. ſpricht: ‒ ‒ als die da
wiedergeboren ſind, nicht aus vergaͤngli-
chen, ſondern aus unvergaͤnglichen Sa-
men, nemlich aus dem lebendigen Worte
GOttes, das da ewiglich bleibet. ‒ ‒ ꝛc.
Das iſt das Wort, welches unter euch verkuͤndi-
get wird. Von dieſem Worte ſaget Paulus
Roͤm. 1, 16. daß es eine Kraft GOttes ſey. Und
Jacobus nennet es c. 1, 18. 21. ein ſolches einge-
pflantztes Wort der Wahrheit, durch welches
die Glaͤubigen von GOtt waren gezeuget worden
nach ſeinem Willen, zu Erſtlingen ſeiner Crea-
turen. Durch daſſelbe hatte Paulus die Corin-
thier zu GOttes, und auf gewiſſe Art auch ſeinen
geiſtlichen Kindern gezeuget, 1 Cor. 4, 15. alſo
hatte er auch Oneſimum in ſeinen Banden ge-
zeuget. Philem. 10. Und durch daſſelbe Wort
ſuchte er die ruͤckfaͤlligen Galater wieder zu ge-
baͤren, daß Chriſtus in ihnen eine Geſtalt gewin-
nen moͤchte. Gal. 4, 19.
5. Will man die Vergleichung des goͤttli-
chen Worts mit einem Samen nach Matth. 13,
3. u. f. ein wenig in die Betrachtung ziehen, ſo
findet man unter andern folgende Stuͤcke der
Gleichheit:
a. Jn der des Samens Natur eingepflantzten
ſonderbaren Kraft: als welche er nicht erſt vom
Erdreich empfaͤhet, ſondern ſchon in ſich
hat.
b. Jn der Ausſtreuung, welche ein Bild der
Verkuͤndigung des Worts iſt.
c. Jn der wachſenden und ſich vermehrenden Ei-
genſchaft.
d. Jn dem Gedeyen, welches der Same
zum Wachsthum vom Himmel empfaͤhet:
welches eine ſchoͤne Figur iſt von der mitwir-
ckenden Kraft des Heiligen Geiſtes.
e. Jn der Zubereitung und zur gehoͤrigen Frucht-
bringung noͤthigen Beſchaffenheit des Ackers,
welches den innerlichen und aͤuſſerlichen Zu-
ſtand eines Zuhoͤrers und Leſers repræſenti-
ret. Siehe ein mehrers im Lateiniſchen Com-
mentario p. 443. u. f.
6. Mit den Worten: denn ſein Same
bleibet bey ihm, bezeichnet der Apoſtel die
fuͤrnehmſte Eigenſchaft des Worts und auch des
wuͤrdigen, oder daraus widergebornen, Zuhoͤ-
hoͤrers. Das Wort bleibet alſo bey ihm, daß
auch GOTT ſelbſt in ihm bleibet nach dem Ge-
heimniß der Vereinigung; es bleibet alſo bey
ihm, daß es gleichſam immer tiefer einwurtzelt,
und uͤber ſich immer mehrere Frucht bringet.
Und alſo bleibet mit dieſem Samen auch die
Salbung bey und in ihm c. 2, 27. Und nicht
weniger bleibet der Wiedergeborne in und bey
dem Worte als in und an ſeiner geiſtlichen Nah-
rung, um dadurch immer mehr zuzunehmen.
1 Pet. 2, 2. Und alſo bleibet er auch in Chriſto,
wie der Rebe am Weinſtock, und kan in ihm und
aus ihm viel Frucht bringen. Joh. 15, 1. u. f.
7. Ein Wiedergeborner kan ſuͤndigen
und nicht ſuͤndigen. Suͤndigen kan er, und
zwar vorſetzlich, wenn er in einen ſolchen Miß-
brauch ſeines freyen Willens eingehen, und da-
bey ſolche Untreue gegen die empfangene Gnade
begehen will. Denn wenn er nicht alſo ſuͤndigen
koͤnte, (wozu auch die Verleitungen von dem
Betruge der Suͤnden gehoͤren,) ſo wuͤrde Jo-
hannes nicht ſo ſorgfaͤltig vor dem Ruͤckfall ge-
warnet, noch Petrus Ep. 2. cap. 2, 19. 20. ſol-
chen an manchen theils beſorget, theils beſtra-
fet haben: Desgleichen auch Paulus an gewiſ-
ſen Perſonen thut, wenn er 1 Tim. 1, 19. bezeu-
get, daß ſie ein gutes Gewiſſen von ſich geſtoſſen
und am Glauben Schiffbruch erlitten haͤtten.
Es kan doch aber ein Wiedergeborner nicht vor-
ſetzlich und beharrlich ſuͤndigen, nemlich alſo,
daß er dabey in dem Stande der Gnade und
Wiedergeburt bleibe. Denn dieſer kan mit der
herrſchenden Suͤnde nicht beſtehen. So laͤßt es
ihm auch ſein GOtt-ergebner Sinn nicht zu, daß
er vorſetzlich GOTT beleidige, ſo wenig es die
Art eines wohlgeſinneten Kindes zulaͤßt, daß es
mit Vorſatze ſeine Eltern betruͤbe. Wie man
demnach von einem wohlgearteten Kinde wol ſa-
gen kan, daß es ſeinen Vater auf Erden nicht
betruͤben koͤnne, eben ſowol und noch mehr kan
man dieſes von einem Kinde GOttes in Anſe-
hung ſeines himmliſchen Vaters ſagen.
8. Wir haben dieſe Worte mit folgenden
Parallel-Orten zu erlaͤutern: Matth. 7, 18. Ein
guter Baum kan nicht arge Fruͤchte brin-
gen. c. 9, 15. Wie koͤnnen die Hochzeit-
Leute Leide tragen, ſo lange der Braͤu-
tigam bey ihnen iſt? 2 Cor. 13, 8. Wir koͤn-
nen nicht wider die Wahrheit, ſondern
fuͤr die Wahrheit. Off. 2, 2. Jch weiß
deine Wercke, und deine Arbeit, und
deine Geduld, daß du die Boͤſen nicht
tragen kanſt.
V. 10. 11.
Daran wirds offenbar, welche die
Kinder GOttes, und die Kinder des Teu-
fels ſind. Wer nicht recht thut, der iſt
nicht von GOTT, und wer nicht ſeinen
Bruder lieb hat. Denn das iſt die Bot-
ſchaft, die ihr gehoͤret habt von Anfang,
daß wir uns unter einander lieben ſol-
len.
Anmerckungen.
1. Das wahre gute und das boͤſe iſt zwar
mehrentheils verborgen, und gehoͤret eigentlich
zum innerlichen Geſchaͤfte der Seele: doch bricht
beydes auch auf mancherley Art hervor, und
lieget wie innerlich, alſo auch aͤuſſerlich im Streit
gegen einander. Und obgleich das gute gemei-
niglich unterliegen muß, ſo wird es doch der-
maleins uͤber das boͤſe triumphiren.
2. Jo-
S s s s
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/691>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.