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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 8. 9. des ersten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] zwar ein herrliches Licht an sich selbst war, aber in
Vergleichung der neuen Oeconomie noch viele
Dunckelheit hatte; und zwar nicht allein in dem
Levitischen und allen übrigen Schatten-Wercke
der Vorbilder, sondern auch in den Verheissun-
gen selbst; als über welche vor ihrer wircklichen
Erfüllung gleichsam noch eine grosse Decke gezo-
gen war.

4. Da nun diese Finsterniß mit der neuen
Oeconomie vergangen war, so war denn mit
derselben ein so grosses Licht aufgegangen, welches
in Ansehung des Gegenbildes und seiner Klarheit
das wahrhaftige heißt. Welchen Namen
Johannes im Anfange seines Evangelii c. 1, 9.
Christo selbst mit Recht beyleget. Wie er sich
denn auch selbst also nennet, wenn er c. 8, 12.
spricht: Jch bin das Licht der Welt, wer
mir nachfolget, der wird nicht wandeln im
Finsterniß, sondern wird das Licht des
Lebens haben.

5. Da der Apostel nach dem Contexte auf
die der neuen Oeconomie gemässe Heiligung
dringet, so verstehet er alhier daher ein solches
Scheinen des wahrhaftigen Lichts, wodurch
die, welche daran Antheil hatten, waren zu Kin-
dern des Lichts worden und nach abgelegten Wer-
cken der Finsterniß sollen als Kinder des Lichts im
Lichte wandeln, und mit aufgedecktem Angesicht
das Bild JEsu in sich lassen immer mehr eindrin-
gen und solches in sich immer herrlicher verkläret
werden nach 2 Cor. 3, 18. c. 5, 17. Röm. 13, 12.
13. Eph. 1, 17. 18. c. 4, 18. 19. c. 5, 8. Phil. 2, 15.
Col. 1, 13. Tit. 2, 11. und in guten Wercken ihr
Licht leuchten lassen vor den Leuten Matth.
5, 16.

6. Was der Apostel von der Zeit der neuen
Oeconomie saget, das wurde auch in seiner
Masse vor 200 Jahren wahr zur Zeit der gesegne-
ten Reformation: als dadurch nach der grossen
Finsterniß des aberglaubischen Pabstthums auch
ein gar helles Licht des Evangelii in so vielen Kö-
nigreichen und Ländern aufging. Aber wie viel
sind, welche gegen so viele Kinder der Finsterniß
hätten in diesem Lichte würdig wandeln wollen,
und noch wandelten.

V. 9.

Wer da saget, er sey im Lichte, und
hasset seinen Bruder, der ist noch im
Finsterniß.

Anmerckungen.

1. Jm Lichte seyn, oder sich dasselbe auch
haben erscheinen lassen, ist soviel als sagen, daß man
mit GOtt Gemeinschaft habe c. 1, 6. daß
man ihn kenne c. 2, 3. 4. daß man in ihm sey
v. 5. sintemal alle solche Redens-Arten mit eini-
gem Unterscheide auf einerley Sache gehen.
Gleichwie nun der Apostel wider den Mißbrauch
der Worte in ihm seyn v. 5. und 6. das Kennzei-
chen des göttlichen Wandels fordert: also setzet
er alhier die Probe von dem Stande des Lichts in
der thätigen Liebe des Nächsten, und von dem
Stande der einen noch beherrschenden Finsterniß
in dem Hasse des Nächsten, wenn er spricht:
[Spaltenumbruch] Wer da saget, er sey im Lichte, und hasset
seinen Bruder, der ist noch in Finsterniß.

2. Da die Pharisäer das fünfte Gebot nur
vom äusserlichen Todtschlage auslegten, so er-
klärte es unser Heyland Matth. 5, 21. u. f. auch
von dem innern Affect des Hertzens und von dem,
was in Worten und Geberden daher entstehet.
Und solcher gestalt machete er das alte, oder ver-
dunckelte Gebot gleichsam neue. Worinnen
ihm Johannes alhier nachfolget. Siehe auch
c. 3, 15.

3. Was der Apostel vom Hasse saget, ist
nicht allein von allen Ausbrüchen desselben, son-
dern auch von aller Lieblosigkeit zu verstehen;
wenn man nemlich seinen Nächsten darben siehet,
und ihm wohl helfen kan, es aber nicht thut: als
welche Unbarmhertzigkeit mit dem Stande des
Lichts und der Gnade unmöglich bestehen kan:
wie der Apostel c. 3, 17. 18. ausdrücklich be-
zeuget.

4. Daß keine wahre Erleuchtung bey dem
Stande der herrschenden Sünde, welcher alhier
durch das Wort Finsterniß bezeichnet wird, statt
finde, hat der Apostel vorher bezeuget v. 3. 4.
Und eben dieses bekräftiget er alhier damit, wenn
er spricht: Wer da saget, er sey im Lichte,
und hasset seinen Bruder, der ist noch im
Finsterniß.
Aber im Finsterniß seyn, und doch
erleuchtet seyn, wie stehet das zusammen? Ge-
wiß eben so wenig, als wenn man die blinden
Pharisäer für sehende, oder für erleuchtete hält.

V. 10.

Wer seinen Bruder liebet, der bleibet
im Lichte
(gleichwie er damit bezeuget, darinn
schon zu seyn; er bleibet darinnen, sofern er auch
dabey in der Liebe bleibet) und ist kein Aerger-
niß
(daran er sich auf dem Wege des Lebens der-
gestalt stiesse, daß er darauf fiele, oder davon ab-
wiche, und damit auch andern ein Aergerniß
gäbe.)

Anmerckungen.

1. Wir sehen alhier eine neue Bekräftigung
des Satzes von der so genauen Verbindung der
Erleuchtung und der Heiligung, daß eines ohne
das andere nicht seyn kan, und also allein die wie-
dergebornen Christen, welche ihre neue Geburt
aus GOtt durch den Wandel in der Liebe thä-
tig erweisen, wahrhaftig erleuchtet sind.

2. Scandalum ist eigentlich dasjenige, was
einem am gehen im Wege hindert; und zwar
dergestalt, daß man sich nicht allein daran stösset,
sondern darüber auch wol gar zum Fallen kan
gebracht werden, wofern der Anstoß unvermu-
thet und dazu groß ist, und man dabey seiner nicht
wohl wahrgenommen hat. Ein Aergerniß wird
es genannt, weil man dadurch entweder selbst är-
ger, oder doch geärgert und betrübet wird, oder
andere ärgert, und wo nicht schlimmer machet,
doch in Betrübniß setzet.

3. Es ist demnach ein Aergerniß von ge-
doppelter Art, nachdem man es nemlich nimmt,
oder giebt. Alhier wird mit der Verneinung zu-
vorderst auf die erste Gattung gesehen; als da-

her,

Cap. 2. v. 8. 9. des erſten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] zwar ein herrliches Licht an ſich ſelbſt war, aber in
Vergleichung der neuen Oeconomie noch viele
Dunckelheit hatte; und zwar nicht allein in dem
Levitiſchen und allen uͤbrigen Schatten-Wercke
der Vorbilder, ſondern auch in den Verheiſſun-
gen ſelbſt; als uͤber welche vor ihrer wircklichen
Erfuͤllung gleichſam noch eine groſſe Decke gezo-
gen war.

4. Da nun dieſe Finſterniß mit der neuen
Oeconomie vergangen war, ſo war denn mit
derſelben ein ſo groſſes Licht aufgegangen, welches
in Anſehung des Gegenbildes und ſeiner Klarheit
das wahrhaftige heißt. Welchen Namen
Johannes im Anfange ſeines Evangelii c. 1, 9.
Chriſto ſelbſt mit Recht beyleget. Wie er ſich
denn auch ſelbſt alſo nennet, wenn er c. 8, 12.
ſpricht: Jch bin das Licht der Welt, wer
mir nachfolget, der wird nicht wandeln im
Finſterniß, ſondern wird das Licht des
Lebens haben.

5. Da der Apoſtel nach dem Contexte auf
die der neuen Oeconomie gemaͤſſe Heiligung
dringet, ſo verſtehet er alhier daher ein ſolches
Scheinen des wahrhaftigen Lichts, wodurch
die, welche daran Antheil hatten, waren zu Kin-
dern des Lichts worden und nach abgelegten Wer-
cken der Finſterniß ſollen als Kinder des Lichts im
Lichte wandeln, und mit aufgedecktem Angeſicht
das Bild JEſu in ſich laſſen immer mehr eindrin-
gen und ſolches in ſich immer herrlicher verklaͤret
werden nach 2 Cor. 3, 18. c. 5, 17. Roͤm. 13, 12.
13. Eph. 1, 17. 18. c. 4, 18. 19. c. 5, 8. Phil. 2, 15.
Col. 1, 13. Tit. 2, 11. und in guten Wercken ihr
Licht leuchten laſſen vor den Leuten Matth.
5, 16.

6. Was der Apoſtel von der Zeit der neuen
Oeconomie ſaget, das wurde auch in ſeiner
Maſſe vor 200 Jahren wahr zur Zeit der geſegne-
ten Reformation: als dadurch nach der groſſen
Finſterniß des aberglaubiſchen Pabſtthums auch
ein gar helles Licht des Evangelii in ſo vielen Koͤ-
nigreichen und Laͤndern aufging. Aber wie viel
ſind, welche gegen ſo viele Kinder der Finſterniß
haͤtten in dieſem Lichte wuͤrdig wandeln wollen,
und noch wandelten.

V. 9.

Wer da ſaget, er ſey im Lichte, und
haſſet ſeinen Bruder, der iſt noch im
Finſterniß.

Anmerckungen.

1. Jm Lichte ſeyn, oder ſich daſſelbe auch
haben erſcheinen laſſen, iſt ſoviel als ſagen, daß man
mit GOtt Gemeinſchaft habe c. 1, 6. daß
man ihn kenne c. 2, 3. 4. daß man in ihm ſey
v. 5. ſintemal alle ſolche Redens-Arten mit eini-
gem Unterſcheide auf einerley Sache gehen.
Gleichwie nun der Apoſtel wider den Mißbrauch
der Worte in ihm ſeyn v. 5. und 6. das Kennzei-
chen des goͤttlichen Wandels fordert: alſo ſetzet
er alhier die Probe von dem Stande des Lichts in
der thaͤtigen Liebe des Naͤchſten, und von dem
Stande der einen noch beherrſchenden Finſterniß
in dem Haſſe des Naͤchſten, wenn er ſpricht:
[Spaltenumbruch] Wer da ſaget, er ſey im Lichte, und haſſet
ſeinen Bruder, der iſt noch in Finſterniß.

2. Da die Phariſaͤer das fuͤnfte Gebot nur
vom aͤuſſerlichen Todtſchlage auslegten, ſo er-
klaͤrte es unſer Heyland Matth. 5, 21. u. f. auch
von dem innern Affect des Hertzens und von dem,
was in Worten und Geberden daher entſtehet.
Und ſolcher geſtalt machete er das alte, oder ver-
dunckelte Gebot gleichſam neue. Worinnen
ihm Johannes alhier nachfolget. Siehe auch
c. 3, 15.

3. Was der Apoſtel vom Haſſe ſaget, iſt
nicht allein von allen Ausbruͤchen deſſelben, ſon-
dern auch von aller Liebloſigkeit zu verſtehen;
wenn man nemlich ſeinen Naͤchſten darben ſiehet,
und ihm wohl helfen kan, es aber nicht thut: als
welche Unbarmhertzigkeit mit dem Stande des
Lichts und der Gnade unmoͤglich beſtehen kan:
wie der Apoſtel c. 3, 17. 18. ausdruͤcklich be-
zeuget.

4. Daß keine wahre Erleuchtung bey dem
Stande der herrſchenden Suͤnde, welcher alhier
durch das Wort Finſterniß bezeichnet wird, ſtatt
finde, hat der Apoſtel vorher bezeuget v. 3. 4.
Und eben dieſes bekraͤftiget er alhier damit, wenn
er ſpricht: Wer da ſaget, er ſey im Lichte,
und haſſet ſeinen Bruder, der iſt noch im
Finſterniß.
Aber im Finſterniß ſeyn, und doch
erleuchtet ſeyn, wie ſtehet das zuſammen? Ge-
wiß eben ſo wenig, als wenn man die blinden
Phariſaͤer fuͤr ſehende, oder fuͤr erleuchtete haͤlt.

V. 10.

Wer ſeinen Bruder liebet, der bleibet
im Lichte
(gleichwie er damit bezeuget, darinn
ſchon zu ſeyn; er bleibet darinnen, ſofern er auch
dabey in der Liebe bleibet) und iſt kein Aerger-
niß
(daran er ſich auf dem Wege des Lebens der-
geſtalt ſtieſſe, daß er darauf fiele, oder davon ab-
wiche, und damit auch andern ein Aergerniß
gaͤbe.)

Anmerckungen.

1. Wir ſehen alhier eine neue Bekraͤftigung
des Satzes von der ſo genauen Verbindung der
Erleuchtung und der Heiligung, daß eines ohne
das andere nicht ſeyn kan, und alſo allein die wie-
dergebornen Chriſten, welche ihre neue Geburt
aus GOtt durch den Wandel in der Liebe thaͤ-
tig erweiſen, wahrhaftig erleuchtet ſind.

2. Scandalum iſt eigentlich dasjenige, was
einem am gehen im Wege hindert; und zwar
dergeſtalt, daß man ſich nicht allein daran ſtoͤſſet,
ſondern daruͤber auch wol gar zum Fallen kan
gebracht werden, wofern der Anſtoß unvermu-
thet und dazu groß iſt, und man dabey ſeiner nicht
wohl wahrgenommen hat. Ein Aergerniß wird
es genannt, weil man dadurch entweder ſelbſt aͤr-
ger, oder doch geaͤrgert und betruͤbet wird, oder
andere aͤrgert, und wo nicht ſchlimmer machet,
doch in Betruͤbniß ſetzet.

3. Es iſt demnach ein Aergerniß von ge-
doppelter Art, nachdem man es nemlich nimmt,
oder giebt. Alhier wird mit der Verneinung zu-
vorderſt auf die erſte Gattung geſehen; als da-

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[663/0665] Cap. 2. v. 8. 9. des erſten Briefes Johannis. zwar ein herrliches Licht an ſich ſelbſt war, aber in Vergleichung der neuen Oeconomie noch viele Dunckelheit hatte; und zwar nicht allein in dem Levitiſchen und allen uͤbrigen Schatten-Wercke der Vorbilder, ſondern auch in den Verheiſſun- gen ſelbſt; als uͤber welche vor ihrer wircklichen Erfuͤllung gleichſam noch eine groſſe Decke gezo- gen war. 4. Da nun dieſe Finſterniß mit der neuen Oeconomie vergangen war, ſo war denn mit derſelben ein ſo groſſes Licht aufgegangen, welches in Anſehung des Gegenbildes und ſeiner Klarheit das wahrhaftige heißt. Welchen Namen Johannes im Anfange ſeines Evangelii c. 1, 9. Chriſto ſelbſt mit Recht beyleget. Wie er ſich denn auch ſelbſt alſo nennet, wenn er c. 8, 12. ſpricht: Jch bin das Licht der Welt, wer mir nachfolget, der wird nicht wandeln im Finſterniß, ſondern wird das Licht des Lebens haben. 5. Da der Apoſtel nach dem Contexte auf die der neuen Oeconomie gemaͤſſe Heiligung dringet, ſo verſtehet er alhier daher ein ſolches Scheinen des wahrhaftigen Lichts, wodurch die, welche daran Antheil hatten, waren zu Kin- dern des Lichts worden und nach abgelegten Wer- cken der Finſterniß ſollen als Kinder des Lichts im Lichte wandeln, und mit aufgedecktem Angeſicht das Bild JEſu in ſich laſſen immer mehr eindrin- gen und ſolches in ſich immer herrlicher verklaͤret werden nach 2 Cor. 3, 18. c. 5, 17. Roͤm. 13, 12. 13. Eph. 1, 17. 18. c. 4, 18. 19. c. 5, 8. Phil. 2, 15. Col. 1, 13. Tit. 2, 11. und in guten Wercken ihr Licht leuchten laſſen vor den Leuten Matth. 5, 16. 6. Was der Apoſtel von der Zeit der neuen Oeconomie ſaget, das wurde auch in ſeiner Maſſe vor 200 Jahren wahr zur Zeit der geſegne- ten Reformation: als dadurch nach der groſſen Finſterniß des aberglaubiſchen Pabſtthums auch ein gar helles Licht des Evangelii in ſo vielen Koͤ- nigreichen und Laͤndern aufging. Aber wie viel ſind, welche gegen ſo viele Kinder der Finſterniß haͤtten in dieſem Lichte wuͤrdig wandeln wollen, und noch wandelten. V. 9. Wer da ſaget, er ſey im Lichte, und haſſet ſeinen Bruder, der iſt noch im Finſterniß. Anmerckungen. 1. Jm Lichte ſeyn, oder ſich daſſelbe auch haben erſcheinen laſſen, iſt ſoviel als ſagen, daß man mit GOtt Gemeinſchaft habe c. 1, 6. daß man ihn kenne c. 2, 3. 4. daß man in ihm ſey v. 5. ſintemal alle ſolche Redens-Arten mit eini- gem Unterſcheide auf einerley Sache gehen. Gleichwie nun der Apoſtel wider den Mißbrauch der Worte in ihm ſeyn v. 5. und 6. das Kennzei- chen des goͤttlichen Wandels fordert: alſo ſetzet er alhier die Probe von dem Stande des Lichts in der thaͤtigen Liebe des Naͤchſten, und von dem Stande der einen noch beherrſchenden Finſterniß in dem Haſſe des Naͤchſten, wenn er ſpricht: Wer da ſaget, er ſey im Lichte, und haſſet ſeinen Bruder, der iſt noch in Finſterniß. 2. Da die Phariſaͤer das fuͤnfte Gebot nur vom aͤuſſerlichen Todtſchlage auslegten, ſo er- klaͤrte es unſer Heyland Matth. 5, 21. u. f. auch von dem innern Affect des Hertzens und von dem, was in Worten und Geberden daher entſtehet. Und ſolcher geſtalt machete er das alte, oder ver- dunckelte Gebot gleichſam neue. Worinnen ihm Johannes alhier nachfolget. Siehe auch c. 3, 15. 3. Was der Apoſtel vom Haſſe ſaget, iſt nicht allein von allen Ausbruͤchen deſſelben, ſon- dern auch von aller Liebloſigkeit zu verſtehen; wenn man nemlich ſeinen Naͤchſten darben ſiehet, und ihm wohl helfen kan, es aber nicht thut: als welche Unbarmhertzigkeit mit dem Stande des Lichts und der Gnade unmoͤglich beſtehen kan: wie der Apoſtel c. 3, 17. 18. ausdruͤcklich be- zeuget. 4. Daß keine wahre Erleuchtung bey dem Stande der herrſchenden Suͤnde, welcher alhier durch das Wort Finſterniß bezeichnet wird, ſtatt finde, hat der Apoſtel vorher bezeuget v. 3. 4. Und eben dieſes bekraͤftiget er alhier damit, wenn er ſpricht: Wer da ſaget, er ſey im Lichte, und haſſet ſeinen Bruder, der iſt noch im Finſterniß. Aber im Finſterniß ſeyn, und doch erleuchtet ſeyn, wie ſtehet das zuſammen? Ge- wiß eben ſo wenig, als wenn man die blinden Phariſaͤer fuͤr ſehende, oder fuͤr erleuchtete haͤlt. V. 10. Wer ſeinen Bruder liebet, der bleibet im Lichte (gleichwie er damit bezeuget, darinn ſchon zu ſeyn; er bleibet darinnen, ſofern er auch dabey in der Liebe bleibet) und iſt kein Aerger- niß (daran er ſich auf dem Wege des Lebens der- geſtalt ſtieſſe, daß er darauf fiele, oder davon ab- wiche, und damit auch andern ein Aergerniß gaͤbe.) Anmerckungen. 1. Wir ſehen alhier eine neue Bekraͤftigung des Satzes von der ſo genauen Verbindung der Erleuchtung und der Heiligung, daß eines ohne das andere nicht ſeyn kan, und alſo allein die wie- dergebornen Chriſten, welche ihre neue Geburt aus GOtt durch den Wandel in der Liebe thaͤ- tig erweiſen, wahrhaftig erleuchtet ſind. 2. Scandalum iſt eigentlich dasjenige, was einem am gehen im Wege hindert; und zwar dergeſtalt, daß man ſich nicht allein daran ſtoͤſſet, ſondern daruͤber auch wol gar zum Fallen kan gebracht werden, wofern der Anſtoß unvermu- thet und dazu groß iſt, und man dabey ſeiner nicht wohl wahrgenommen hat. Ein Aergerniß wird es genannt, weil man dadurch entweder ſelbſt aͤr- ger, oder doch geaͤrgert und betruͤbet wird, oder andere aͤrgert, und wo nicht ſchlimmer machet, doch in Betruͤbniß ſetzet. 3. Es iſt demnach ein Aergerniß von ge- doppelter Art, nachdem man es nemlich nimmt, oder giebt. Alhier wird mit der Verneinung zu- vorderſt auf die erſte Gattung geſehen; als da- her,

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 663. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/665>, abgerufen am 27.11.2024.