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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 5. 6. des ersten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] nun vorher der Mangel des Gebot-haltens an-
gesehen ist als ein Zeugniß von der Ermangelung
des Glaubens und der seligen Gemeinschaft mit
GOtt: also wird alhier hingegen das Gebot-
halten als ein Erweis angeführet von dem, daß
man in der Liebe GOttes, die er nemlich zu uns
träget, stehe; als worauf es bey der Gemein-
schaft mit GOtt ankömmt.

3. Durch das Vollkommen seyn, wel-
ches von der Liebe GOttes gegen uns und in
uns gesaget wird, verstehet der Apostel eben
das, was Paulus Röm. 5, 5. mit diesen Wor-
ten ausspricht: Die Liebe GOttes ist ausge-
gossen in unser Hertz durch den Heiligen
Geist.
Und eben dieses nennet er durch die
Liebe
(nemlich GOttes gegen uns) einge-
wurtzelt und gegründet werden,
Eph. 3,
18. Und in gleichem Verstande spricht Johan-
nes in diesem Briefe c. 4, 12. So wir uns ein-
ander lieben, so bleibet GOtt in uns, und
seine Liebe ist völlig in uns.
Siehe deß-
gleichen v. 16. 17. 18. Der Zweck GOttes in
Ansehung seiner Liebe gegen uns ist, daß sie uns,
in der innerlichen Versicherung von seiner Gna-
de, immer näher zu seiner seligen Gemeinschaft
bringen soll. Wenn nun der Mensch in dem
Genuß derselben stehet, und davon innerlich
durch den Frieden in und mit GOtt überzeuget
ist, es auch mit seiner Gegenliebe gegen GOtt
in Haltung seiner Gebote erweiset, so heißt es,
die Liebe GOttes teteleiotan, ist in einem
solchen zu ihrem Zwecke gelanget,
oder der
seligen Empfindung nach zu ihrer Vollendung
gekommen; und zwar alethos, wahrhaftig,
im Gegensatze auf die falsche Einbildung, wel-
che sich andere lieblose Menschen davon machten;
von welchen der Apostel vorher saget: in sol-
chen ist keine Wahrheit.
Kurtz zu sagen:
die Liebe GOttes gegen uns, wo sie in der Ge-
meinschaft mit GOtt recht empfunden wird,
leget den rechten Grund, bringet die Kraft und
machet die rechte Lust zu unserer Liebe gegen
GOtt. Wo nun diese sich im Gehorsam gegen
die Gebote GOttes thätig erweiset, so ist sie ei-
ne gewisse Probe, daß man in dem Genuß der
Liebe GOttes gegen uns, und also auch in der
Vereinigung und Gemeinschaft mit ihm stehe.

4. Und eben dieses bezeuget der Apostel mit
den hinzugesetzten Worten: daran, nemlich,
wenn wir GOtt lieben, und die Liebe durch Hal-
tung seiner Gebote auch wircklich darthun, erken-
nen wir, daß wir in ihm sind.
Da denn in
GOtt seyn
ist wahrhaftig an ihn glauben, und
durch den Glauben mit ihm vereiniget seyn, und
seiner zu seinem Heyl seliglich geniessen. Hie-
von heißt es c. 4, 16. GOTT ist die Liebe,
und wer in der Liebe bleibet, der bleibet
in GOtt, und GOtt in ihm.
Zwar heißt es
auch Ap. Ges. 17, 28. in GOtt leben, weben
und sind wir;
allein dieses ist nur einige Hand-
leitung zur seligen Gemeinschaft mit GOtt, auf
welche uns das Reich der Gnaden führet.

V. 6.

Wer da saget, daß er in ihm bleibet
[Spaltenumbruch] (Gemeinschaft mit ihm hat und im Glauben
an ihn, den Sohn GOttes, beharret) der soll
auch wandeln
(in Haltung der Gebote GOt-
tes) gleichwie er gewandelt (und uns mit sei-
nem Exempel ein Muster zur Nachfolge hinter-
lassen) hat.

Anmerckungen.

1. Was der Apostel vorher genennt hatte,
in GOtt seyn, das nennet er alhier in GOtt
bleiben;
sintemal es in der Vereinigung mit
GOtt auf eine beständige Beharrung ankömmt,
wenn sie zur Seligkeit gereichen soll.

2. Nun hat er zwar bereits vorher wider den
Mißbrauch des Evangelii vorgebauet: weil a-
ber derselbe so sehr gemein und groß wurde, und
noch eine mehrere Abweichung zu besorgen war,
so bauet er dagegen aufs neue vor; und zwar
also, daß er bey der Evangelischen Wohlthat der
Gemeinschaft mit CHristo auf die gesetzliche
Pflicht eines seinem Exempel gemässen recht-
schaffnen Wandels, darinn man das Halten der
Gebote GOttes recht erweiset, mit Ernst drin-
get. Wie denn, als schon gedacht, dieses ein
rechter Haupt-Character eines rechtschafnen
Lehrers und Christen insgemein ist, wenn man
das Evangelium und Gesetz in einer solchen ver-
einigten Zueignung und Ubung hat, daß man
nach jenem zuversichtlich, nach diesem heilig-
lich
vor GOtt und Menschen wandelt.

3. Gleichwie der Apostel vorher v. 3. 4. mit
dem pronomine ihn (ihn kennen) und seine
(seine Gebote halten) auf Christum zurück siehet;
und daher auch die Worte von der Liebe GOt-
tes,
und von dem Seyn in ihm, von Christo
verstehet: also gehen auch die Worte dieses
Verses auf ihn; wie wir, ausser dem Contexte,
auch daraus erkennen, daß wir auf seinen
Wandel, den er nemlich geführet hat, gewiesen
werden. Jst nun aber dieses, so finden wir in
diesem Contexte ein klares Zeugniß von der wah-
ren Gottheit Christi, wie solche nemlich v. 5.
mit dem ausdrücklichen Worte GOtt bezeich-
net wird.

4. Bey dem Wandel Christi haben wir in
den Evangelisten auf sein gantzes Leben im Thun
und Leiden, und bey seiner äusserlichen vollkom-
menen Heiligkeit auf den innern Zustand seines
Gemüths zu sehen, und wohl zu erwegen, wie er
um unsert willen sich selbst verleugnet, sich in
dem vollkommensten Gehorsam gegen seinen
himmlischen Vater erwiesen, seine Gemein-
schaft mit ihm im öftern Gebete geübet, sich ge-
gen Freunde und Feinde bezeuget, ein sonder-
bares Exempel der Leutseligkeit, der Sanftmuth
und Demuth hinterlassen, und also alle Wege
solche Fußstapfen gesetzet hat, welche uns zur
Nachfolge dienen.

5. Können wir nun gleich das Maß seiner
unendlichen Vollkommenheit nicht erreichen;
als welches er auch von uns nicht fodert. So
sind wir doch zur Nachfolge, so viel sie uns
möglich ist, höchlich verpflichtet; und zwar wie
aus der uns erworbenen Gnade der Erlösung
und Reinigung mit seinem Blute c. 1, 7. c. 2, 1. 2.

also
O o o o 3

Cap. 2. v. 5. 6. des erſten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] nun vorher der Mangel des Gebot-haltens an-
geſehen iſt als ein Zeugniß von der Ermangelung
des Glaubens und der ſeligen Gemeinſchaft mit
GOtt: alſo wird alhier hingegen das Gebot-
halten als ein Erweis angefuͤhret von dem, daß
man in der Liebe GOttes, die er nemlich zu uns
traͤget, ſtehe; als worauf es bey der Gemein-
ſchaft mit GOtt ankoͤmmt.

3. Durch das Vollkommen ſeyn, wel-
ches von der Liebe GOttes gegen uns und in
uns geſaget wird, verſtehet der Apoſtel eben
das, was Paulus Roͤm. 5, 5. mit dieſen Wor-
ten ausſpricht: Die Liebe GOttes iſt ausge-
goſſen in unſer Hertz durch den Heiligen
Geiſt.
Und eben dieſes nennet er durch die
Liebe
(nemlich GOttes gegen uns) einge-
wurtzelt und gegruͤndet werden,
Eph. 3,
18. Und in gleichem Verſtande ſpricht Johan-
nes in dieſem Briefe c. 4, 12. So wir uns ein-
ander lieben, ſo bleibet GOtt in uns, und
ſeine Liebe iſt voͤllig in uns.
Siehe deß-
gleichen v. 16. 17. 18. Der Zweck GOttes in
Anſehung ſeiner Liebe gegen uns iſt, daß ſie uns,
in der innerlichen Verſicherung von ſeiner Gna-
de, immer naͤher zu ſeiner ſeligen Gemeinſchaft
bringen ſoll. Wenn nun der Menſch in dem
Genuß derſelben ſtehet, und davon innerlich
durch den Frieden in und mit GOtt uͤberzeuget
iſt, es auch mit ſeiner Gegenliebe gegen GOtt
in Haltung ſeiner Gebote erweiſet, ſo heißt es,
die Liebe GOttes τετελείωταν, iſt in einem
ſolchen zu ihrem Zwecke gelanget,
oder der
ſeligen Empfindung nach zu ihrer Vollendung
gekommen; und zwar ἀληϑῶς, wahrhaftig,
im Gegenſatze auf die falſche Einbildung, wel-
che ſich andere liebloſe Menſchen davon machten;
von welchen der Apoſtel vorher ſaget: in ſol-
chen iſt keine Wahrheit.
Kurtz zu ſagen:
die Liebe GOttes gegen uns, wo ſie in der Ge-
meinſchaft mit GOtt recht empfunden wird,
leget den rechten Grund, bringet die Kraft und
machet die rechte Luſt zu unſerer Liebe gegen
GOtt. Wo nun dieſe ſich im Gehorſam gegen
die Gebote GOttes thaͤtig erweiſet, ſo iſt ſie ei-
ne gewiſſe Probe, daß man in dem Genuß der
Liebe GOttes gegen uns, und alſo auch in der
Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm ſtehe.

4. Und eben dieſes bezeuget der Apoſtel mit
den hinzugeſetzten Worten: daran, nemlich,
wenn wir GOtt lieben, und die Liebe durch Hal-
tung ſeiner Gebote auch wircklich darthun, erken-
nen wir, daß wir in ihm ſind.
Da denn in
GOtt ſeyn
iſt wahrhaftig an ihn glauben, und
durch den Glauben mit ihm vereiniget ſeyn, und
ſeiner zu ſeinem Heyl ſeliglich genieſſen. Hie-
von heißt es c. 4, 16. GOTT iſt die Liebe,
und wer in der Liebe bleibet, der bleibet
in GOtt, und GOtt in ihm.
Zwar heißt es
auch Ap. Geſ. 17, 28. in GOtt leben, weben
und ſind wir;
allein dieſes iſt nur einige Hand-
leitung zur ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt, auf
welche uns das Reich der Gnaden fuͤhret.

V. 6.

Wer da ſaget, daß er in ihm bleibet
[Spaltenumbruch] (Gemeinſchaft mit ihm hat und im Glauben
an ihn, den Sohn GOttes, beharret) der ſoll
auch wandeln
(in Haltung der Gebote GOt-
tes) gleichwie er gewandelt (und uns mit ſei-
nem Exempel ein Muſter zur Nachfolge hinter-
laſſen) hat.

Anmerckungen.

1. Was der Apoſtel vorher genennt hatte,
in GOtt ſeyn, das nennet er alhier in GOtt
bleiben;
ſintemal es in der Vereinigung mit
GOtt auf eine beſtaͤndige Beharrung ankoͤmmt,
wenn ſie zur Seligkeit gereichen ſoll.

2. Nun hat er zwar bereits vorher wider den
Mißbrauch des Evangelii vorgebauet: weil a-
ber derſelbe ſo ſehr gemein und groß wurde, und
noch eine mehrere Abweichung zu beſorgen war,
ſo bauet er dagegen aufs neue vor; und zwar
alſo, daß er bey der Evangeliſchen Wohlthat der
Gemeinſchaft mit CHriſto auf die geſetzliche
Pflicht eines ſeinem Exempel gemaͤſſen recht-
ſchaffnen Wandels, darinn man das Halten der
Gebote GOttes recht erweiſet, mit Ernſt drin-
get. Wie denn, als ſchon gedacht, dieſes ein
rechter Haupt-Character eines rechtſchafnen
Lehrers und Chriſten insgemein iſt, wenn man
das Evangelium und Geſetz in einer ſolchen ver-
einigten Zueignung und Ubung hat, daß man
nach jenem zuverſichtlich, nach dieſem heilig-
lich
vor GOtt und Menſchen wandelt.

3. Gleichwie der Apoſtel vorher v. 3. 4. mit
dem pronomine ihn (ihn kennen) und ſeine
(ſeine Gebote halten) auf Chriſtum zuruͤck ſiehet;
und daher auch die Worte von der Liebe GOt-
tes,
und von dem Seyn in ihm, von Chriſto
verſtehet: alſo gehen auch die Worte dieſes
Verſes auf ihn; wie wir, auſſer dem Contexte,
auch daraus erkennen, daß wir auf ſeinen
Wandel, den er nemlich gefuͤhret hat, gewieſen
werden. Jſt nun aber dieſes, ſo finden wir in
dieſem Contexte ein klares Zeugniß von der wah-
ren Gottheit Chriſti, wie ſolche nemlich v. 5.
mit dem ausdruͤcklichen Worte GOtt bezeich-
net wird.

4. Bey dem Wandel Chriſti haben wir in
den Evangeliſten auf ſein gantzes Leben im Thun
und Leiden, und bey ſeiner aͤuſſerlichen vollkom-
menen Heiligkeit auf den innern Zuſtand ſeines
Gemuͤths zu ſehen, und wohl zu erwegen, wie er
um unſert willen ſich ſelbſt verleugnet, ſich in
dem vollkommenſten Gehorſam gegen ſeinen
himmliſchen Vater erwieſen, ſeine Gemein-
ſchaft mit ihm im oͤftern Gebete geuͤbet, ſich ge-
gen Freunde und Feinde bezeuget, ein ſonder-
bares Exempel der Leutſeligkeit, der Sanftmuth
und Demuth hinterlaſſen, und alſo alle Wege
ſolche Fußſtapfen geſetzet hat, welche uns zur
Nachfolge dienen.

5. Koͤnnen wir nun gleich das Maß ſeiner
unendlichen Vollkommenheit nicht erreichen;
als welches er auch von uns nicht fodert. So
ſind wir doch zur Nachfolge, ſo viel ſie uns
moͤglich iſt, hoͤchlich verpflichtet; und zwar wie
aus der uns erworbenen Gnade der Erloͤſung
und Reinigung mit ſeinem Blute c. 1, 7. c. 2, 1. 2.

alſo
O o o o 3
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[661/0663] Cap. 2. v. 5. 6. des erſten Briefes Johannis. nun vorher der Mangel des Gebot-haltens an- geſehen iſt als ein Zeugniß von der Ermangelung des Glaubens und der ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt: alſo wird alhier hingegen das Gebot- halten als ein Erweis angefuͤhret von dem, daß man in der Liebe GOttes, die er nemlich zu uns traͤget, ſtehe; als worauf es bey der Gemein- ſchaft mit GOtt ankoͤmmt. 3. Durch das Vollkommen ſeyn, wel- ches von der Liebe GOttes gegen uns und in uns geſaget wird, verſtehet der Apoſtel eben das, was Paulus Roͤm. 5, 5. mit dieſen Wor- ten ausſpricht: Die Liebe GOttes iſt ausge- goſſen in unſer Hertz durch den Heiligen Geiſt. Und eben dieſes nennet er durch die Liebe (nemlich GOttes gegen uns) einge- wurtzelt und gegruͤndet werden, Eph. 3, 18. Und in gleichem Verſtande ſpricht Johan- nes in dieſem Briefe c. 4, 12. So wir uns ein- ander lieben, ſo bleibet GOtt in uns, und ſeine Liebe iſt voͤllig in uns. Siehe deß- gleichen v. 16. 17. 18. Der Zweck GOttes in Anſehung ſeiner Liebe gegen uns iſt, daß ſie uns, in der innerlichen Verſicherung von ſeiner Gna- de, immer naͤher zu ſeiner ſeligen Gemeinſchaft bringen ſoll. Wenn nun der Menſch in dem Genuß derſelben ſtehet, und davon innerlich durch den Frieden in und mit GOtt uͤberzeuget iſt, es auch mit ſeiner Gegenliebe gegen GOtt in Haltung ſeiner Gebote erweiſet, ſo heißt es, die Liebe GOttes τετελείωταν, iſt in einem ſolchen zu ihrem Zwecke gelanget, oder der ſeligen Empfindung nach zu ihrer Vollendung gekommen; und zwar ἀληϑῶς, wahrhaftig, im Gegenſatze auf die falſche Einbildung, wel- che ſich andere liebloſe Menſchen davon machten; von welchen der Apoſtel vorher ſaget: in ſol- chen iſt keine Wahrheit. Kurtz zu ſagen: die Liebe GOttes gegen uns, wo ſie in der Ge- meinſchaft mit GOtt recht empfunden wird, leget den rechten Grund, bringet die Kraft und machet die rechte Luſt zu unſerer Liebe gegen GOtt. Wo nun dieſe ſich im Gehorſam gegen die Gebote GOttes thaͤtig erweiſet, ſo iſt ſie ei- ne gewiſſe Probe, daß man in dem Genuß der Liebe GOttes gegen uns, und alſo auch in der Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm ſtehe. 4. Und eben dieſes bezeuget der Apoſtel mit den hinzugeſetzten Worten: daran, nemlich, wenn wir GOtt lieben, und die Liebe durch Hal- tung ſeiner Gebote auch wircklich darthun, erken- nen wir, daß wir in ihm ſind. Da denn in GOtt ſeyn iſt wahrhaftig an ihn glauben, und durch den Glauben mit ihm vereiniget ſeyn, und ſeiner zu ſeinem Heyl ſeliglich genieſſen. Hie- von heißt es c. 4, 16. GOTT iſt die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in GOtt, und GOtt in ihm. Zwar heißt es auch Ap. Geſ. 17, 28. in GOtt leben, weben und ſind wir; allein dieſes iſt nur einige Hand- leitung zur ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt, auf welche uns das Reich der Gnaden fuͤhret. V. 6. Wer da ſaget, daß er in ihm bleibet (Gemeinſchaft mit ihm hat und im Glauben an ihn, den Sohn GOttes, beharret) der ſoll auch wandeln (in Haltung der Gebote GOt- tes) gleichwie er gewandelt (und uns mit ſei- nem Exempel ein Muſter zur Nachfolge hinter- laſſen) hat. Anmerckungen. 1. Was der Apoſtel vorher genennt hatte, in GOtt ſeyn, das nennet er alhier in GOtt bleiben; ſintemal es in der Vereinigung mit GOtt auf eine beſtaͤndige Beharrung ankoͤmmt, wenn ſie zur Seligkeit gereichen ſoll. 2. Nun hat er zwar bereits vorher wider den Mißbrauch des Evangelii vorgebauet: weil a- ber derſelbe ſo ſehr gemein und groß wurde, und noch eine mehrere Abweichung zu beſorgen war, ſo bauet er dagegen aufs neue vor; und zwar alſo, daß er bey der Evangeliſchen Wohlthat der Gemeinſchaft mit CHriſto auf die geſetzliche Pflicht eines ſeinem Exempel gemaͤſſen recht- ſchaffnen Wandels, darinn man das Halten der Gebote GOttes recht erweiſet, mit Ernſt drin- get. Wie denn, als ſchon gedacht, dieſes ein rechter Haupt-Character eines rechtſchafnen Lehrers und Chriſten insgemein iſt, wenn man das Evangelium und Geſetz in einer ſolchen ver- einigten Zueignung und Ubung hat, daß man nach jenem zuverſichtlich, nach dieſem heilig- lich vor GOtt und Menſchen wandelt. 3. Gleichwie der Apoſtel vorher v. 3. 4. mit dem pronomine ihn (ihn kennen) und ſeine (ſeine Gebote halten) auf Chriſtum zuruͤck ſiehet; und daher auch die Worte von der Liebe GOt- tes, und von dem Seyn in ihm, von Chriſto verſtehet: alſo gehen auch die Worte dieſes Verſes auf ihn; wie wir, auſſer dem Contexte, auch daraus erkennen, daß wir auf ſeinen Wandel, den er nemlich gefuͤhret hat, gewieſen werden. Jſt nun aber dieſes, ſo finden wir in dieſem Contexte ein klares Zeugniß von der wah- ren Gottheit Chriſti, wie ſolche nemlich v. 5. mit dem ausdruͤcklichen Worte GOtt bezeich- net wird. 4. Bey dem Wandel Chriſti haben wir in den Evangeliſten auf ſein gantzes Leben im Thun und Leiden, und bey ſeiner aͤuſſerlichen vollkom- menen Heiligkeit auf den innern Zuſtand ſeines Gemuͤths zu ſehen, und wohl zu erwegen, wie er um unſert willen ſich ſelbſt verleugnet, ſich in dem vollkommenſten Gehorſam gegen ſeinen himmliſchen Vater erwieſen, ſeine Gemein- ſchaft mit ihm im oͤftern Gebete geuͤbet, ſich ge- gen Freunde und Feinde bezeuget, ein ſonder- bares Exempel der Leutſeligkeit, der Sanftmuth und Demuth hinterlaſſen, und alſo alle Wege ſolche Fußſtapfen geſetzet hat, welche uns zur Nachfolge dienen. 5. Koͤnnen wir nun gleich das Maß ſeiner unendlichen Vollkommenheit nicht erreichen; als welches er auch von uns nicht fodert. So ſind wir doch zur Nachfolge, ſo viel ſie uns moͤglich iſt, hoͤchlich verpflichtet; und zwar wie aus der uns erworbenen Gnade der Erloͤſung und Reinigung mit ſeinem Blute c. 1, 7. c. 2, 1. 2. alſo O o o o 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/663>, abgerufen am 23.11.2024.