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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 7. 8.
[Spaltenumbruch] Unreinigkeit der Sünden an sich hätten, so zei-
get er mit den letztern Worten zugleich an, wo-
her die fernere Reinigung von Sünden zuneh-
men sey; und wessen man sich bey dem Wandel
im Lichte von GOtt zu getrösten habe, nemlich
daß einem bey dem Laufe der Erneuerung die
noch anklebende Schwachheits-Sünden nicht
zugerechnet würden.

5. Bey den Worten von dem Blute JE-
su Christi des Sohnes GOttes, ist folgendes zu
erwegen.

a. Der Grund, warum das Blutvergiessen sey
nöthig gewesen. Diß war auf Seiten des
menschlichen Geschlechts die grosse Sünden-
Schuld, welche zur Strafe den Todt verdie-
net hatte: auf Seiten GOttes seine unwan-
delbare richterliche Gerechtigkeit, welche zur
Genugthuung den Tod erfoderte.
b. Das Vorbild an dem vielen Opfer-Blute
im alten Testamente: welches, da die Men-
schen selbst keine hinlängliche Genugthuung
leisten konten, in der Abbildung des künfti-
gen vollgültigen Versöhn-Opfers Christi so
häufig vergossen und zur Besprengung darge-
bracht wurde.
c. Das Gegenbild in dem Tode Christi, wel-
cher durch die Vergiessung seines Blutes am
Creutze erfolget ist.
d. Der Nachdruck, daß mit dem Blute auf
den Versöhnungs-Tod, und mit diesem auf
alles übrige damit verknüpfte und vorherge-
gangene Leiden, ja dabey auch auf den thäti-
gen Gehorsam, mit welchem er das Gesetz er-
füllet hat, gesehen wird. Phil. 2, 8.
e. Die Gültigkeit dieses Blutes, daß es ist
das Blut JEsu, des Heylandes, das zu un-
serm Heyl vergossen ist; das Blut Christi,
der mit der Fülle der ewigen Gottheit gesal-
beten und gestärckten menschlichen Natur:
und also auch zugleich das Blut des Soh-
nes GOttes,
welches der Sohn GOttes
selbst in angenommener menschlichen Natur
gehabt und für uns gelassen hat. Darum
auch Paulus Ap. Gesch. 20, 28. saget, daß
GOtt,
nemlich der Sohn GOttes, durch
sein eignes Blut sich die Gemeine erwor-
ben habe.
Und daher nennet es Petrus Ep.
1. c. 1, 19. ein so theures Blut.

6. Von der Reinigung dieses Blutes ist
auch unterschiedliches zu erwegen:

a. Die Unreinigkeit der Sünde lieget zu-
vorderst in der zur Strafe führenden grossen
Schuld; als wodurch der Mensch dergestalt
vor GOtt besudelt ist, daß er GOtt ein Greu-
el ist. Und da diese Sünden-Schuld auch
mit der inwohnenden, und dazu von Natur
herrschenden Sünde aufs genaueste verbunden
ist, so ist die Unreinigkeit der Sünde so viel
grösser.
b. Die Reinigung, welche durch das Blut
Christi geschehen ist, gehet zuvorderst auf unse-
re Erlösung und Versöhnung, dadurch der Er-
werbung nach die Schuld hinweggenommen,
und zugleich der Grund geleget ist zur Zerstö-
rung der Sünden-Herrschafft. Es wird aber
[Spaltenumbruch] alhier nicht so wol auf die Erwerbung, als auf
die Zueignung gesehen: welche geschiehet
zuvorderst in der Rechtfertigung, da die Schuld
abgethan wird, aber auch zugleich in der damit
verknüpften Bekehrung, dadurch in uns der
Sünden Herrschaft aufhöret.
c. Da alhier die Rede ist von denen, welche be-
reits gläubig und also guten theils schon vor-
längst von ihren Sünden gereiniget worden
waren, so siehet der Apostel mit diesen Wor-
ten also zurück auf die schon empfangene Rei-
nigung von Sünden, daß er damit zugleich an-
zeiget, in welcher Ordnung, nemlich so man
im Lichte wandele, man solcher hohen Wohl-
that theilhaftig bleibe, und wegen der noch in
den gläubigen übrigen vielen Sünden-Unrei-
nigkeit ferner theilhaftig werde.
d. Das Vorbild dieser Reinigung haben wir
in den Opfern; als da von der Reinigung und
Vergebung zum öftern gedacht wird: wie der
Leser im gantzen dritten Buche Mosis vielfältig
findet.
e. Gleichwie das Gegenbild vom reinigenden
Opfer Blute in dem Blute JEsu Christi ist, so
haben wir darinnen auch das Gegenbild von
der Reinigung selbst. Und daß auch im al-
ten Testamente auf diese Reinigung sey gese-
hen worden, das erkennen wir unter andern
aus den Worten Davids Ps. 51, 9. Ent-
sündige mich mit Psopen, daß ich rein
werde, wasche mich, daß ich schneeweiß
werde.
Einen völligen Aufschluß giebt uns
davon Paulus in dem Briefe an die Hebräer,
sonderlich c. 9. und 10.

7. Wir lassen uns diesen herrlichen Spruch
billig noch zu einer mehrern Application dienen:
und zwar

a. Zur Lehre von der Gültigkeit und Kraft des
Blutes Christi wie zu unserer Erlösung also auch
zu unserer Gerechtmachung, um damit in aller
geschenckten Reinigkeit vor GOtt bestehen zu
können. Dabey man mit gläubiger Betrach-
tung fürnemlich folgende Sprüche zu erwegen
hat: Hebr. 9, 12. 13. 14. Christus ist nicht
durch der Böcke, oder Kälber Blut,
sondern er ist durch sein eigen Blut ein-
mal in das Heilige eingegangen, und
hat eine ewige Erlösung erfunden. Denn
so der Ochsen und der Böcke Blut, und
die Asche von der Kuh gesprenget hei-
liget die Unreinen zu der leiblichen Rei-
nigkeit; wie vielmehr wird das Blut
Christi - - - unser Gewissen reinigen
von den todten Wercken, zu dienen dem
lebendigen GOTT.
v. 22. Ohne Blut-
vergiessen geschiehet keine Vergebung

c. 10, 19. Wir haben nun Freudigkeit zum
Eingange in das Heilige durch das Blut
JEsu.
u. f.

1 Pet. 1, 18. 19. Wisset, daß ihr nicht
mit vergänglichem Silber, oder Gold er-
löset seyd, von eurem eitelen Wandel nach
väterlicher Weise, sondern mit dem theu-
ren Blute Christi als eines unschuldigen

und

Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 7. 8.
[Spaltenumbruch] Unreinigkeit der Suͤnden an ſich haͤtten, ſo zei-
get er mit den letztern Worten zugleich an, wo-
her die fernere Reinigung von Suͤnden zuneh-
men ſey; und weſſen man ſich bey dem Wandel
im Lichte von GOtt zu getroͤſten habe, nemlich
daß einem bey dem Laufe der Erneuerung die
noch anklebende Schwachheits-Suͤnden nicht
zugerechnet wuͤrden.

5. Bey den Worten von dem Blute JE-
ſu Chriſti des Sohnes GOttes, iſt folgendes zu
erwegen.

a. Der Grund, warum das Blutvergieſſen ſey
noͤthig geweſen. Diß war auf Seiten des
menſchlichen Geſchlechts die groſſe Suͤnden-
Schuld, welche zur Strafe den Todt verdie-
net hatte: auf Seiten GOttes ſeine unwan-
delbare richterliche Gerechtigkeit, welche zur
Genugthuung den Tod erfoderte.
b. Das Vorbild an dem vielen Opfer-Blute
im alten Teſtamente: welches, da die Men-
ſchen ſelbſt keine hinlaͤngliche Genugthuung
leiſten konten, in der Abbildung des kuͤnfti-
gen vollguͤltigen Verſoͤhn-Opfers Chriſti ſo
haͤufig vergoſſen und zur Beſprengung darge-
bracht wurde.
c. Das Gegenbild in dem Tode Chriſti, wel-
cher durch die Vergieſſung ſeines Blutes am
Creutze erfolget iſt.
d. Der Nachdruck, daß mit dem Blute auf
den Verſoͤhnungs-Tod, und mit dieſem auf
alles uͤbrige damit verknuͤpfte und vorherge-
gangene Leiden, ja dabey auch auf den thaͤti-
gen Gehorſam, mit welchem er das Geſetz er-
fuͤllet hat, geſehen wird. Phil. 2, 8.
e. Die Guͤltigkeit dieſes Blutes, daß es iſt
das Blut JEſu, des Heylandes, das zu un-
ſerm Heyl vergoſſen iſt; das Blut Chriſti,
der mit der Fuͤlle der ewigen Gottheit geſal-
beten und geſtaͤrckten menſchlichen Natur:
und alſo auch zugleich das Blut des Soh-
nes GOttes,
welches der Sohn GOttes
ſelbſt in angenommener menſchlichen Natur
gehabt und fuͤr uns gelaſſen hat. Darum
auch Paulus Ap. Geſch. 20, 28. ſaget, daß
GOtt,
nemlich der Sohn GOttes, durch
ſein eignes Blut ſich die Gemeine erwor-
ben habe.
Und daher nennet es Petrus Ep.
1. c. 1, 19. ein ſo theures Blut.

6. Von der Reinigung dieſes Blutes iſt
auch unterſchiedliches zu erwegen:

a. Die Unreinigkeit der Suͤnde lieget zu-
vorderſt in der zur Strafe fuͤhrenden groſſen
Schuld; als wodurch der Menſch dergeſtalt
vor GOtt beſudelt iſt, daß er GOtt ein Greu-
el iſt. Und da dieſe Suͤnden-Schuld auch
mit der inwohnenden, und dazu von Natur
herrſchenden Suͤnde aufs genaueſte verbunden
iſt, ſo iſt die Unreinigkeit der Suͤnde ſo viel
groͤſſer.
b. Die Reinigung, welche durch das Blut
Chriſti geſchehen iſt, gehet zuvorderſt auf unſe-
re Erloͤſung und Verſoͤhnung, dadurch der Er-
werbung nach die Schuld hinweggenommen,
und zugleich der Grund geleget iſt zur Zerſtoͤ-
rung der Suͤnden-Herrſchafft. Es wird aber
[Spaltenumbruch] alhier nicht ſo wol auf die Erwerbung, als auf
die Zueignung geſehen: welche geſchiehet
zuvorderſt in der Rechtfertigung, da die Schuld
abgethan wird, aber auch zugleich in der damit
verknuͤpften Bekehrung, dadurch in uns der
Suͤnden Herrſchaft aufhoͤret.
c. Da alhier die Rede iſt von denen, welche be-
reits glaͤubig und alſo guten theils ſchon vor-
laͤngſt von ihren Suͤnden gereiniget worden
waren, ſo ſiehet der Apoſtel mit dieſen Wor-
ten alſo zuruͤck auf die ſchon empfangene Rei-
nigung von Suͤnden, daß er damit zugleich an-
zeiget, in welcher Ordnung, nemlich ſo man
im Lichte wandele, man ſolcher hohen Wohl-
that theilhaftig bleibe, und wegen der noch in
den glaͤubigen uͤbrigen vielen Suͤnden-Unrei-
nigkeit ferner theilhaftig werde.
d. Das Vorbild dieſer Reinigung haben wir
in den Opfern; als da von der Reinigung und
Vergebung zum oͤftern gedacht wird: wie der
Leſer im gantzen dritten Buche Moſis vielfaͤltig
findet.
e. Gleichwie das Gegenbild vom reinigenden
Opfer Blute in dem Blute JEſu Chriſti iſt, ſo
haben wir darinnen auch das Gegenbild von
der Reinigung ſelbſt. Und daß auch im al-
ten Teſtamente auf dieſe Reinigung ſey geſe-
hen worden, das erkennen wir unter andern
aus den Worten Davids Pſ. 51, 9. Ent-
ſuͤndige mich mit Pſopen, daß ich rein
werde, waſche mich, daß ich ſchneeweiß
werde.
Einen voͤlligen Aufſchluß giebt uns
davon Paulus in dem Briefe an die Hebraͤer,
ſonderlich c. 9. und 10.

7. Wir laſſen uns dieſen herrlichen Spruch
billig noch zu einer mehrern Application dienen:
und zwar

a. Zur Lehre von der Guͤltigkeit und Kraft des
Blutes Chriſti wie zu unſeꝛer Erloͤſung alſo auch
zu unſerer Gerechtmachung, um damit in aller
geſchenckten Reinigkeit vor GOtt beſtehen zu
koͤnnen. Dabey man mit glaͤubiger Betrach-
tung fuͤrnemlich folgende Spruͤche zu erwegen
hat: Hebr. 9, 12. 13. 14. Chriſtus iſt nicht
durch der Boͤcke, oder Kaͤlber Blut,
ſondern er iſt durch ſein eigen Blut ein-
mal in das Heilige eingegangen, und
hat eine ewige Erloͤſung erfunden. Denn
ſo der Ochſen und der Boͤcke Blut, und
die Aſche von der Kuh geſprenget hei-
liget die Unreinen zu der leiblichen Rei-
nigkeit; wie vielmehr wird das Blut
Chriſti ‒ ‒ ‒ unſer Gewiſſen reinigen
von den todten Wercken, zu dienen dem
lebendigen GOTT.
v. 22. Ohne Blut-
vergieſſen geſchiehet keine Vergebung

c. 10, 19. Wir haben nun Freudigkeit zum
Eingange in das Heilige durch das Blut
JEſu.
u. f.

1 Pet. 1, 18. 19. Wiſſet, daß ihr nicht
mit vergaͤnglichem Silber, oder Gold er-
loͤſet ſeyd, von eurem eitelen Wandel nach
vaͤterlicher Weiſe, ſondern mit dem theu-
ren Blute Chriſti als eines unſchuldigen

und
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[652/0654] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 7. 8. Unreinigkeit der Suͤnden an ſich haͤtten, ſo zei- get er mit den letztern Worten zugleich an, wo- her die fernere Reinigung von Suͤnden zuneh- men ſey; und weſſen man ſich bey dem Wandel im Lichte von GOtt zu getroͤſten habe, nemlich daß einem bey dem Laufe der Erneuerung die noch anklebende Schwachheits-Suͤnden nicht zugerechnet wuͤrden. 5. Bey den Worten von dem Blute JE- ſu Chriſti des Sohnes GOttes, iſt folgendes zu erwegen. a. Der Grund, warum das Blutvergieſſen ſey noͤthig geweſen. Diß war auf Seiten des menſchlichen Geſchlechts die groſſe Suͤnden- Schuld, welche zur Strafe den Todt verdie- net hatte: auf Seiten GOttes ſeine unwan- delbare richterliche Gerechtigkeit, welche zur Genugthuung den Tod erfoderte. b. Das Vorbild an dem vielen Opfer-Blute im alten Teſtamente: welches, da die Men- ſchen ſelbſt keine hinlaͤngliche Genugthuung leiſten konten, in der Abbildung des kuͤnfti- gen vollguͤltigen Verſoͤhn-Opfers Chriſti ſo haͤufig vergoſſen und zur Beſprengung darge- bracht wurde. c. Das Gegenbild in dem Tode Chriſti, wel- cher durch die Vergieſſung ſeines Blutes am Creutze erfolget iſt. d. Der Nachdruck, daß mit dem Blute auf den Verſoͤhnungs-Tod, und mit dieſem auf alles uͤbrige damit verknuͤpfte und vorherge- gangene Leiden, ja dabey auch auf den thaͤti- gen Gehorſam, mit welchem er das Geſetz er- fuͤllet hat, geſehen wird. Phil. 2, 8. e. Die Guͤltigkeit dieſes Blutes, daß es iſt das Blut JEſu, des Heylandes, das zu un- ſerm Heyl vergoſſen iſt; das Blut Chriſti, der mit der Fuͤlle der ewigen Gottheit geſal- beten und geſtaͤrckten menſchlichen Natur: und alſo auch zugleich das Blut des Soh- nes GOttes, welches der Sohn GOttes ſelbſt in angenommener menſchlichen Natur gehabt und fuͤr uns gelaſſen hat. Darum auch Paulus Ap. Geſch. 20, 28. ſaget, daß GOtt, nemlich der Sohn GOttes, durch ſein eignes Blut ſich die Gemeine erwor- ben habe. Und daher nennet es Petrus Ep. 1. c. 1, 19. ein ſo theures Blut. 6. Von der Reinigung dieſes Blutes iſt auch unterſchiedliches zu erwegen: a. Die Unreinigkeit der Suͤnde lieget zu- vorderſt in der zur Strafe fuͤhrenden groſſen Schuld; als wodurch der Menſch dergeſtalt vor GOtt beſudelt iſt, daß er GOtt ein Greu- el iſt. Und da dieſe Suͤnden-Schuld auch mit der inwohnenden, und dazu von Natur herrſchenden Suͤnde aufs genaueſte verbunden iſt, ſo iſt die Unreinigkeit der Suͤnde ſo viel groͤſſer. b. Die Reinigung, welche durch das Blut Chriſti geſchehen iſt, gehet zuvorderſt auf unſe- re Erloͤſung und Verſoͤhnung, dadurch der Er- werbung nach die Schuld hinweggenommen, und zugleich der Grund geleget iſt zur Zerſtoͤ- rung der Suͤnden-Herrſchafft. Es wird aber alhier nicht ſo wol auf die Erwerbung, als auf die Zueignung geſehen: welche geſchiehet zuvorderſt in der Rechtfertigung, da die Schuld abgethan wird, aber auch zugleich in der damit verknuͤpften Bekehrung, dadurch in uns der Suͤnden Herrſchaft aufhoͤret. c. Da alhier die Rede iſt von denen, welche be- reits glaͤubig und alſo guten theils ſchon vor- laͤngſt von ihren Suͤnden gereiniget worden waren, ſo ſiehet der Apoſtel mit dieſen Wor- ten alſo zuruͤck auf die ſchon empfangene Rei- nigung von Suͤnden, daß er damit zugleich an- zeiget, in welcher Ordnung, nemlich ſo man im Lichte wandele, man ſolcher hohen Wohl- that theilhaftig bleibe, und wegen der noch in den glaͤubigen uͤbrigen vielen Suͤnden-Unrei- nigkeit ferner theilhaftig werde. d. Das Vorbild dieſer Reinigung haben wir in den Opfern; als da von der Reinigung und Vergebung zum oͤftern gedacht wird: wie der Leſer im gantzen dritten Buche Moſis vielfaͤltig findet. e. Gleichwie das Gegenbild vom reinigenden Opfer Blute in dem Blute JEſu Chriſti iſt, ſo haben wir darinnen auch das Gegenbild von der Reinigung ſelbſt. Und daß auch im al- ten Teſtamente auf dieſe Reinigung ſey geſe- hen worden, das erkennen wir unter andern aus den Worten Davids Pſ. 51, 9. Ent- ſuͤndige mich mit Pſopen, daß ich rein werde, waſche mich, daß ich ſchneeweiß werde. Einen voͤlligen Aufſchluß giebt uns davon Paulus in dem Briefe an die Hebraͤer, ſonderlich c. 9. und 10. 7. Wir laſſen uns dieſen herrlichen Spruch billig noch zu einer mehrern Application dienen: und zwar a. Zur Lehre von der Guͤltigkeit und Kraft des Blutes Chriſti wie zu unſeꝛer Erloͤſung alſo auch zu unſerer Gerechtmachung, um damit in aller geſchenckten Reinigkeit vor GOtt beſtehen zu koͤnnen. Dabey man mit glaͤubiger Betrach- tung fuͤrnemlich folgende Spruͤche zu erwegen hat: Hebr. 9, 12. 13. 14. Chriſtus iſt nicht durch der Boͤcke, oder Kaͤlber Blut, ſondern er iſt durch ſein eigen Blut ein- mal in das Heilige eingegangen, und hat eine ewige Erloͤſung erfunden. Denn ſo der Ochſen und der Boͤcke Blut, und die Aſche von der Kuh geſprenget hei- liget die Unreinen zu der leiblichen Rei- nigkeit; wie vielmehr wird das Blut Chriſti ‒ ‒ ‒ unſer Gewiſſen reinigen von den todten Wercken, zu dienen dem lebendigen GOTT. v. 22. Ohne Blut- vergieſſen geſchiehet keine Vergebung c. 10, 19. Wir haben nun Freudigkeit zum Eingange in das Heilige durch das Blut JEſu. u. f. 1 Pet. 1, 18. 19. Wiſſet, daß ihr nicht mit vergaͤnglichem Silber, oder Gold er- loͤſet ſeyd, von eurem eitelen Wandel nach vaͤterlicher Weiſe, ſondern mit dem theu- ren Blute Chriſti als eines unſchuldigen und

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/654>, abgerufen am 27.07.2024.