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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 3. v. 15. 16. des andern Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] gutes Exempel der Nachfolge hinterlassen
habe.

4. Der Brief, worauf sich Petrus alhier
vor andern Paulinischen Episteln beziehet, ist
wol ohne Zweifel der an die Hebräer; als an wel-
che Petrus seine beyden Briefe gleichfals gerich-
tet hat. Wie denn auch sich in keinem eintzigen
Briefe Pauli mehrere dusnoeta, Dinge von
schwererm Verstande finden, als in dem an die
Hebräer. Man hat demnach daran soviel weni-
ger zu zweifeln, daß der Brief an die Hebräer
Pauli sey, da sich Petrus darauf, mit der Zueig-
nung Pauli, so gar deutlich beziehet.

5. Obgleich die übrigen Briefe Pauli an
die Christlichen Gemeinen der Hebräer in Orient
so eigentlich nicht gerichtet waren, so sind sie doch
nicht allein von denjenigen Gemeinen, an welche
sie sind geschrieben gewesen, für Göttlich er-
kannt und sofort den übrigen mitgetheilet, son-
dern auch von diesen als Göttlich begierigst an-
genommen worden: sintemal, wofern sie zur
Zeit dieses geschriebenen Briefes nicht schon in
der Hebräer Händen gewesen wären, Petrus
sich darauf nicht hätte beziehen können.

6. Die Sachen, worauf Petrus in Pauli
Briefen sonderlich siehet, sind nach dem Con-
texte dieser Petrinischen Worte sonderlich die
Lehren von den noch zukünftigen Dingen, da-
von man in dem Briefe an die Hebräer sehe c. 4,
3. u. f. (Da Paulus auf einen noch zukünftigen
Sabbatismum des Volckes GOttes, da lauter
zum neuen Himmel und zur neuen Erde gehörige
Gerechtigkeit unter ihnen seyn wird, gehet,) und
c. 9, 27. 28. c. 10, 25. u. f. c. 11, 10. 14. 15. Jn
andern Briefen sehe man davon Röm. 8, 19. u. f.
c. 14, 10. 1 Cor. 1, 7. 8. c. 3, 13. c. 15. 2 Cor. 5, 9.
10. 11. Phil. 1, 10. c. 3, 20. 21. Col. 3, 4. 5. 1 Thess.
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12. 13. Hierzu gehören auch noch andere Oerter
von der würdigen Zubereitung auf die letztern
Dinge.

7. Diese Dinge sind dusnoeta, schwer zu
verstehen,
doch nicht überhaupt alle, oder al-
les, was darinnen vorkömmt, sondern nur tina,
etliche Sachen. Welche Schwierigkeit son-
derlich daher kömmt, daß der modus, oder die
Art und Weise davon nicht determiniret, man-
ches auch unter Gleichnißen, welche von mensch-
lichen Dingen und Handlungen hergenommen
sind, vorgestellet ist, und theoprepos, so wie es
sich für GOTT schicket, muß verstanden wer-
den, vor der Erfüllung aber sich unmöglich
recht eigentlich verstehen läßt. Und solcher ge-
stalt kan zwar etwas dem Buchstaben nach deut-
lich genug bezeichnet seyn, welches doch an sich
selbst vor unserer rechten Einsicht größten Theils
verborgen bleibet.

8. Ungelehrige Menschen sind die, wel-
che göttliche Dinge weder recht können, noch
recht wollen lernen, weil sie sich nemlich nicht
in diejenige Ordnung bringen lassen, welche
dazu erfordert wird; das ist:

[Spaltenumbruch]
a. Sie wollen sich durch die Gnade GOttes bey
der zuerkennenden Wahrheit nicht zu gleich
rechtschaffen zu GOTT bekehren, daß auch
ihr Wille geheiliget, und dabey der Verstand
im göttlichen Lichte immer mehr aufgekläret
werde: sondern sie wollen mit einem rohen
und eitelen Sinn über göttliche Dinge nur
speculiren.
b. Sie bringen ihre vorgefassete irrige Meynun-
gen mit zur Auslegung der heiligen Schrift,
und nach solchen wollen sie nicht so wohl Jün-
ger, als der Schrift Meister seyn.
c. Sie begnügen sich nicht an dem, was sie ge-
wiß genug erkennen können und billig also aus-
üben solten, daß sie dadurch zu einer immer
mehrern Aufklärung in göttlichen Dingen kä-
men; sondern sie wollen alles aufeinmal durch-
schauen und hinlänglich beurtheilen. Auf
welche Art sie zwar immerdar theils lernen,
theils Lehren, aber nimmermehr zur Erkenntniß
der Wahrheit kommen können, nach 2 Tim.
3, 7. dazu bey manchen eine besondere Ver-
blendung kömmt. 2 Cor. 3, 14. c. 4, 4.

9. IAsteriktoi, unbevestigte stehen denen
entgegen, welche in der Ordnung wahrer Bekeh-
rung in der Erkenntniß der Wahrheit recht beve-
stiget sind Col. 2, 5. 6. 7. welche Paulus Hebr.
5, 14 nennet tous teleious, die Vollkommnen oder
Stärckern, und Petrus Ep. 2. v, 12. die Ge-
stärckten in der gegenwärtigen Wahr-
heit:
welchen er zur Beharrung, um nicht wie-
der aus ihrer Vestung zu entfallen, c. 3, 17. Die
bewährende Gnade anwünschet, sie auch davon
versichert. Ep. 1. c. 1, 4. 5. c. 5, 10. gleichwie aber
der Apostel durch die ungelehrigen solche ver-
stehet, welche ausser der Ermangelung wahrer
geistlichen Gelehrsamkeit, oder Weisheit, auch
die wahre Lehre verachten und nicht annehmen
wollen: also sind allem Ansehen nach die unbe-
vestigten
solche, welche ausser dem Mangel
wahrer Bevestigung, noch dazu von zerrütteten
Sinnen sind. Und von solcher Art mochten wol
meistentheils die falschen Lehrer seyn, von wel-
chen er im andern Capitel redet: als deren Ei-
genschaft unter andern darinn gesetzet wird, daß
sie die christliche Freyheit in Frechheit verkehret
haben, welches ohne Zweifel unter andern auch
durch Verkehrung vieler Stellen der heiligen
Schrift geschehen ist.

10. Und da der Apostel ihnen die Verdre-
hung der heiligen Schrift ausdrücklich zueignet,
so hatte dieselbe ihren verdüsterten und dabey ver-
kehrten Sinn mit ihrem unlautern Zwecke zum
Grunde. Weil nun aus einer solchen bösen
Qvelle allerhand Vorurtheile und Jrrthümer ent-
stunden, und diese gleichsam zu lauter herme-
nevti
schen Regeln gemachet wurden, so kam da-
her eine solche verkehrte Auslegung, welche ihren
unlautern und unrichtigen principiis gemäß
war.

11. Und also machten sie es nicht allein mit
Pauli Briefen, sondern auch mit den übrigen

Büchern
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Cap. 3. v. 15. 16. des andern Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] gutes Exempel der Nachfolge hinterlaſſen
habe.

4. Der Brief, worauf ſich Petrus alhier
vor andern Pauliniſchen Epiſteln beziehet, iſt
wol ohne Zweifel der an die Hebraͤer; als an wel-
che Petrus ſeine beyden Briefe gleichfals gerich-
tet hat. Wie denn auch ſich in keinem eintzigen
Briefe Pauli mehrere δυσνόητα, Dinge von
ſchwererm Verſtande finden, als in dem an die
Hebraͤer. Man hat demnach daran ſoviel weni-
ger zu zweifeln, daß der Brief an die Hebraͤer
Pauli ſey, da ſich Petrus darauf, mit der Zueig-
nung Pauli, ſo gar deutlich beziehet.

5. Obgleich die uͤbrigen Briefe Pauli an
die Chriſtlichen Gemeinen der Hebraͤer in Orient
ſo eigentlich nicht gerichtet waren, ſo ſind ſie doch
nicht allein von denjenigen Gemeinen, an welche
ſie ſind geſchrieben geweſen, fuͤr Goͤttlich er-
kannt und ſofort den uͤbrigen mitgetheilet, ſon-
dern auch von dieſen als Goͤttlich begierigſt an-
genommen worden: ſintemal, wofern ſie zur
Zeit dieſes geſchriebenen Briefes nicht ſchon in
der Hebraͤer Haͤnden geweſen waͤren, Petrus
ſich darauf nicht haͤtte beziehen koͤnnen.

6. Die Sachen, worauf Petrus in Pauli
Briefen ſonderlich ſiehet, ſind nach dem Con-
texte dieſer Petriniſchen Worte ſonderlich die
Lehren von den noch zukuͤnftigen Dingen, da-
von man in dem Briefe an die Hebraͤer ſehe c. 4,
3. u. f. (Da Paulus auf einen noch zukuͤnftigen
Sabbatiſmum des Volckes GOttes, da lauter
zum neuen Himmel und zur neuen Erde gehoͤrige
Gerechtigkeit unter ihnen ſeyn wird, gehet,) und
c. 9, 27. 28. c. 10, 25. u. f. c. 11, 10. 14. 15. Jn
andern Briefen ſehe man davon Roͤm. 8, 19. u. f.
c. 14, 10. 1 Cor. 1, 7. 8. c. 3, 13. c. 15. 2 Cor. 5, 9.
10. 11. Phil. 1, 10. c. 3, 20. 21. Col. 3, 4. 5. 1 Theſſ.
2, 12. c. 3, 13. c. 4, 14. 15. 2 Tim. 4, 5. Tit. 2,
12. 13. Hierzu gehoͤren auch noch andere Oerter
von der wuͤrdigen Zubereitung auf die letztern
Dinge.

7. Dieſe Dinge ſind δυσνόητα, ſchwer zu
verſtehen,
doch nicht uͤberhaupt alle, oder al-
les, was darinnen vorkoͤmmt, ſondern nur τινὰ,
etliche Sachen. Welche Schwierigkeit ſon-
derlich daher koͤmmt, daß der modus, oder die
Art und Weiſe davon nicht determiniret, man-
ches auch unter Gleichnißen, welche von menſch-
lichen Dingen und Handlungen hergenommen
ſind, vorgeſtellet iſt, und ϑεωπρεπῶς, ſo wie es
ſich fuͤr GOTT ſchicket, muß verſtanden wer-
den, vor der Erfuͤllung aber ſich unmoͤglich
recht eigentlich verſtehen laͤßt. Und ſolcher ge-
ſtalt kan zwar etwas dem Buchſtaben nach deut-
lich genug bezeichnet ſeyn, welches doch an ſich
ſelbſt vor unſerer rechten Einſicht groͤßten Theils
verborgen bleibet.

8. Ungelehrige Menſchen ſind die, wel-
che goͤttliche Dinge weder recht koͤnnen, noch
recht wollen lernen, weil ſie ſich nemlich nicht
in diejenige Ordnung bringen laſſen, welche
dazu erfordert wird; das iſt:

[Spaltenumbruch]
a. Sie wollen ſich durch die Gnade GOttes bey
der zuerkennenden Wahrheit nicht zu gleich
rechtſchaffen zu GOTT bekehren, daß auch
ihr Wille geheiliget, und dabey der Verſtand
im goͤttlichen Lichte immer mehr aufgeklaͤret
werde: ſondern ſie wollen mit einem rohen
und eitelen Sinn uͤber goͤttliche Dinge nur
ſpeculiren.
b. Sie bringen ihre vorgefaſſete irrige Meynun-
gen mit zur Auslegung der heiligen Schrift,
und nach ſolchen wollen ſie nicht ſo wohl Juͤn-
ger, als der Schrift Meiſter ſeyn.
c. Sie begnuͤgen ſich nicht an dem, was ſie ge-
wiß genug erkennen koͤnnen und billig alſo aus-
uͤben ſolten, daß ſie dadurch zu einer immer
mehrern Aufklaͤrung in goͤttlichen Dingen kaͤ-
men; ſondern ſie wollen alles aufeinmal durch-
ſchauen und hinlaͤnglich beurtheilen. Auf
welche Art ſie zwar immerdar theils lernen,
theils Lehren, aber nimmermehr zur Erkenntniß
der Wahrheit kommen koͤnnen, nach 2 Tim.
3, 7. dazu bey manchen eine beſondere Ver-
blendung koͤmmt. 2 Cor. 3, 14. c. 4, 4.

9. ΊΑϛήρικτοι, unbeveſtigte ſtehen denen
entgegen, welche in der Ordnung wahrer Bekeh-
rung in der Erkenntniß der Wahrheit recht beve-
ſtiget ſind Col. 2, 5. 6. 7. welche Paulus Hebr.
5, 14 nennet τους τελείους, die Vollkommnen oder
Staͤrckern, und Petrus Ep. 2. v, 12. die Ge-
ſtaͤrckten in der gegenwaͤrtigen Wahr-
heit:
welchen er zur Beharrung, um nicht wie-
der aus ihrer Veſtung zu entfallen, c. 3, 17. Die
bewaͤhrende Gnade anwuͤnſchet, ſie auch davon
verſichert. Ep. 1. c. 1, 4. 5. c. 5, 10. gleichwie aber
der Apoſtel durch die ungelehrigen ſolche ver-
ſtehet, welche auſſer der Ermangelung wahrer
geiſtlichen Gelehrſamkeit, oder Weisheit, auch
die wahre Lehre verachten und nicht annehmen
wollen: alſo ſind allem Anſehen nach die unbe-
veſtigten
ſolche, welche auſſer dem Mangel
wahrer Beveſtigung, noch dazu von zerruͤtteten
Sinnen ſind. Und von ſolcher Art mochten wol
meiſtentheils die falſchen Lehrer ſeyn, von wel-
chen er im andern Capitel redet: als deren Ei-
genſchaft unter andern darinn geſetzet wird, daß
ſie die chriſtliche Freyheit in Frechheit verkehret
haben, welches ohne Zweifel unter andern auch
durch Verkehrung vieler Stellen der heiligen
Schrift geſchehen iſt.

10. Und da der Apoſtel ihnen die Verdre-
hung der heiligen Schrift ausdruͤcklich zueignet,
ſo hatte dieſelbe ihren verduͤſterten und dabey ver-
kehrten Sinn mit ihrem unlautern Zwecke zum
Grunde. Weil nun aus einer ſolchen boͤſen
Qvelle allerhand Vorurtheile und Jrrthuͤmer ent-
ſtunden, und dieſe gleichſam zu lauter herme-
nevti
ſchen Regeln gemachet wurden, ſo kam da-
her eine ſolche verkehrte Auslegung, welche ihren
unlautern und unrichtigen principiis gemaͤß
war.

11. Und alſo machten ſie es nicht allein mit
Pauli Briefen, ſondern auch mit den uͤbrigen

Buͤchern
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[641/0643] Cap. 3. v. 15. 16. des andern Briefes Petri. gutes Exempel der Nachfolge hinterlaſſen habe. 4. Der Brief, worauf ſich Petrus alhier vor andern Pauliniſchen Epiſteln beziehet, iſt wol ohne Zweifel der an die Hebraͤer; als an wel- che Petrus ſeine beyden Briefe gleichfals gerich- tet hat. Wie denn auch ſich in keinem eintzigen Briefe Pauli mehrere δυσνόητα, Dinge von ſchwererm Verſtande finden, als in dem an die Hebraͤer. Man hat demnach daran ſoviel weni- ger zu zweifeln, daß der Brief an die Hebraͤer Pauli ſey, da ſich Petrus darauf, mit der Zueig- nung Pauli, ſo gar deutlich beziehet. 5. Obgleich die uͤbrigen Briefe Pauli an die Chriſtlichen Gemeinen der Hebraͤer in Orient ſo eigentlich nicht gerichtet waren, ſo ſind ſie doch nicht allein von denjenigen Gemeinen, an welche ſie ſind geſchrieben geweſen, fuͤr Goͤttlich er- kannt und ſofort den uͤbrigen mitgetheilet, ſon- dern auch von dieſen als Goͤttlich begierigſt an- genommen worden: ſintemal, wofern ſie zur Zeit dieſes geſchriebenen Briefes nicht ſchon in der Hebraͤer Haͤnden geweſen waͤren, Petrus ſich darauf nicht haͤtte beziehen koͤnnen. 6. Die Sachen, worauf Petrus in Pauli Briefen ſonderlich ſiehet, ſind nach dem Con- texte dieſer Petriniſchen Worte ſonderlich die Lehren von den noch zukuͤnftigen Dingen, da- von man in dem Briefe an die Hebraͤer ſehe c. 4, 3. u. f. (Da Paulus auf einen noch zukuͤnftigen Sabbatiſmum des Volckes GOttes, da lauter zum neuen Himmel und zur neuen Erde gehoͤrige Gerechtigkeit unter ihnen ſeyn wird, gehet,) und c. 9, 27. 28. c. 10, 25. u. f. c. 11, 10. 14. 15. Jn andern Briefen ſehe man davon Roͤm. 8, 19. u. f. c. 14, 10. 1 Cor. 1, 7. 8. c. 3, 13. c. 15. 2 Cor. 5, 9. 10. 11. Phil. 1, 10. c. 3, 20. 21. Col. 3, 4. 5. 1 Theſſ. 2, 12. c. 3, 13. c. 4, 14. 15. 2 Tim. 4, 5. Tit. 2, 12. 13. Hierzu gehoͤren auch noch andere Oerter von der wuͤrdigen Zubereitung auf die letztern Dinge. 7. Dieſe Dinge ſind δυσνόητα, ſchwer zu verſtehen, doch nicht uͤberhaupt alle, oder al- les, was darinnen vorkoͤmmt, ſondern nur τινὰ, etliche Sachen. Welche Schwierigkeit ſon- derlich daher koͤmmt, daß der modus, oder die Art und Weiſe davon nicht determiniret, man- ches auch unter Gleichnißen, welche von menſch- lichen Dingen und Handlungen hergenommen ſind, vorgeſtellet iſt, und ϑεωπρεπῶς, ſo wie es ſich fuͤr GOTT ſchicket, muß verſtanden wer- den, vor der Erfuͤllung aber ſich unmoͤglich recht eigentlich verſtehen laͤßt. Und ſolcher ge- ſtalt kan zwar etwas dem Buchſtaben nach deut- lich genug bezeichnet ſeyn, welches doch an ſich ſelbſt vor unſerer rechten Einſicht groͤßten Theils verborgen bleibet. 8. Ungelehrige Menſchen ſind die, wel- che goͤttliche Dinge weder recht koͤnnen, noch recht wollen lernen, weil ſie ſich nemlich nicht in diejenige Ordnung bringen laſſen, welche dazu erfordert wird; das iſt: a. Sie wollen ſich durch die Gnade GOttes bey der zuerkennenden Wahrheit nicht zu gleich rechtſchaffen zu GOTT bekehren, daß auch ihr Wille geheiliget, und dabey der Verſtand im goͤttlichen Lichte immer mehr aufgeklaͤret werde: ſondern ſie wollen mit einem rohen und eitelen Sinn uͤber goͤttliche Dinge nur ſpeculiren. b. Sie bringen ihre vorgefaſſete irrige Meynun- gen mit zur Auslegung der heiligen Schrift, und nach ſolchen wollen ſie nicht ſo wohl Juͤn- ger, als der Schrift Meiſter ſeyn. c. Sie begnuͤgen ſich nicht an dem, was ſie ge- wiß genug erkennen koͤnnen und billig alſo aus- uͤben ſolten, daß ſie dadurch zu einer immer mehrern Aufklaͤrung in goͤttlichen Dingen kaͤ- men; ſondern ſie wollen alles aufeinmal durch- ſchauen und hinlaͤnglich beurtheilen. Auf welche Art ſie zwar immerdar theils lernen, theils Lehren, aber nimmermehr zur Erkenntniß der Wahrheit kommen koͤnnen, nach 2 Tim. 3, 7. dazu bey manchen eine beſondere Ver- blendung koͤmmt. 2 Cor. 3, 14. c. 4, 4. 9. ΊΑϛήρικτοι, unbeveſtigte ſtehen denen entgegen, welche in der Ordnung wahrer Bekeh- rung in der Erkenntniß der Wahrheit recht beve- ſtiget ſind Col. 2, 5. 6. 7. welche Paulus Hebr. 5, 14 nennet τους τελείους, die Vollkommnen oder Staͤrckern, und Petrus Ep. 2. v, 12. die Ge- ſtaͤrckten in der gegenwaͤrtigen Wahr- heit: welchen er zur Beharrung, um nicht wie- der aus ihrer Veſtung zu entfallen, c. 3, 17. Die bewaͤhrende Gnade anwuͤnſchet, ſie auch davon verſichert. Ep. 1. c. 1, 4. 5. c. 5, 10. gleichwie aber der Apoſtel durch die ungelehrigen ſolche ver- ſtehet, welche auſſer der Ermangelung wahrer geiſtlichen Gelehrſamkeit, oder Weisheit, auch die wahre Lehre verachten und nicht annehmen wollen: alſo ſind allem Anſehen nach die unbe- veſtigten ſolche, welche auſſer dem Mangel wahrer Beveſtigung, noch dazu von zerruͤtteten Sinnen ſind. Und von ſolcher Art mochten wol meiſtentheils die falſchen Lehrer ſeyn, von wel- chen er im andern Capitel redet: als deren Ei- genſchaft unter andern darinn geſetzet wird, daß ſie die chriſtliche Freyheit in Frechheit verkehret haben, welches ohne Zweifel unter andern auch durch Verkehrung vieler Stellen der heiligen Schrift geſchehen iſt. 10. Und da der Apoſtel ihnen die Verdre- hung der heiligen Schrift ausdruͤcklich zueignet, ſo hatte dieſelbe ihren verduͤſterten und dabey ver- kehrten Sinn mit ihrem unlautern Zwecke zum Grunde. Weil nun aus einer ſolchen boͤſen Qvelle allerhand Vorurtheile und Jrrthuͤmer ent- ſtunden, und dieſe gleichſam zu lauter herme- nevtiſchen Regeln gemachet wurden, ſo kam da- her eine ſolche verkehrte Auslegung, welche ihren unlautern und unrichtigen principiis gemaͤß war. 11. Und alſo machten ſie es nicht allein mit Pauli Briefen, ſondern auch mit den uͤbrigen Buͤchern M m m m

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/643>, abgerufen am 25.11.2024.