Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 2. v. 20. des andern Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
Anmerckungen. 1. Die Verbindung dieses Verses mit dem 2. Der Ordnung nach sind alhier drey a. Das Wort Welt bedeutet alhier den ver- kehrten Lauf der Menschen in der Welt, mit allen ihren sündlichen Gewohnheiten. Jn welchem Verstande die gantze Welt im ar- gen lieget, 1 Joh. 5, 19. Daher wir sie nicht lieb haben sollen. c. 2, 15. b. Der Unflat, miasmata, die Besudelungen, Befleckungen der Welt sind gedachte ihre sündliche Gebräuche, Gewohnheiten und Handelungen. Welche also heissen, weil sie den Menschen nach Leib und Seele vor GOtt verunreinigen und vor GOtt ein Greuel sind. Und dazu gehören nicht allein die groben Wer- cke des Fleisches in Augen-Lust, Fleisches-Lust und hoffärtigen Wesen 1 Joh. c. 2, 16. son- dern auch alle von den groben Uberfahrungen gemäßigte Eitelkeiten, und Lusthandlungen, ja auch alle Einbildungen eigener Gerechtigkeit und Verdienstlichkeit mit allem dem, was das Pharisäische Wesen mit sich brachte: Wie wir am Exempel Pauli sehen. Denn nach- dem er solcher Dinge gedacht hatte, sprach er Phil. 2, 8. Jch achte es alles für Scha- den - - - ich achte es alles für Dreck, auf daß ich Christum gewinne. c. Diesem Unflate waren sie entflohen: das ist, GOtt hatte ihren Sinn also geändert, daß sie daran an statt der Lust eine heilige Unlust be- kamen und dagegen einen ernstlichen Haß fas- seten. So hatte er ihnen dabey auch solche Gnaden-Kräfte mitgetheilet, daß sie aller Sünde und sündlichen Welt-Gewohnheit zuvorderst innerlich absturben, und, zum Er- weise solcher Gemüths-Veränderung, auch äusserlich absagten und mit Ubernehmung des Creutzes Christi alles willig verleugneten. d. Und dieses war geschehen durch die Erkenntniß Christi, das ist, durch den Glauben an ihn. Denn weil der Glaube ein göttliches Licht in der Seele ist, so hatten sie vermöge des Glau- bens, bey der tiefen Einsicht in ihr sündliches Elend, ihr grosses Heyl in Christo also erkant, daß sie es auch zugleich ergriffen, und sich zu- geeignet hatten. Und weil er ein geistliches Leben ist, so hatten sie mit ihm die geistliche Kraft empfangen, welche zur Verleugnung alles ungöttlichen Wesens und zum Anhan- gen an GOtt nöthig war. e. Da diese Erkenntniß ging auf den HErrn, so erkanten sie ihn also, daß sie ihn für ihren Herrn und Beherrscher hielten, und sich ihm zu Knech- ten ergaben. Und da dieser HErr war JE- sus der Heyland, so nahmen sie das Heyl von ihm an in der Ordnung der Bekehrung und Rechtfertigung: und also erkanten sie ihn auch als Christum, den Gesalbten; als in welchem sie mit dem Heiligen Geiste gesalbet und dadurch Christen wurden. 3. Der Rückfall wird mit diesen Worten a. Durch das eingeflochten werden wird an- gezeiget theils die List und Schalckheit der falschen Lehrer, welche die entronnenen See- len zu berücken suchen, davon man sehe Eph. 4, 14. theils der Betrug der Sünde, wovon sie unvermerckt eingenommen und hinter das Licht geführet worden: und zwar in der Mey- nung, es sey diese und jene Lusthandlung wohl erlaubet und der christlichen Freyheit gemäß. Daher es denn geschiehet, daß man (welches zum Nachdruck des gedachten Worts gehöret) nach und nach und stuffenweise einwilliget und sich mit würcklicher That einlässet. b. Geschiehet nun dieses, so entstehet daher das überwunden werden: sintemal man durch solche Lockspeise also gefangen und so hart ver- stricket und gefesselt wird, daß man sich gemei- niglich so wenig davon wieder loß machen kan, als ein Fisch von der Angel, die Maus aus der Falle. Und welches das ärgste ist, so pflegen solche überwundene ihre Gefangenschaft nicht einmal zu erkennen, sondern sie für einen Stand der Freyheit zu halten; sintemal mit der Untreue des vorher GOtt ergebnen Wil- lens auch das Licht des Verstandes bey ihnen dergestalt verdunckelt wird, daß sie, was böse und sündlich ist, für gut, oder doch für zuläßig und unsündlich halten. Wobey man folgen- de Oerter zu conferiren hat B. der Weish. 4, 11. 12. Joh. 8, 34. Röm. 6, 16. 2 Tim. 2, 26. Juc. 1, 14, 15. Und solchergestalt ist es um den Stand der Gnaden, und um das gute Ge- wissen und darinn um den Glauben geschehen, und der Schiffbruch da. 1 Tim. 1, 19. 4. Von der Vergleichung des erstern und a. Diese Redens-Art ist ein Sprichwort, wel- ches wir auch sonst in der Heiligen Schrift le- sen; z. E. Matth. 26, 64. da die Feinde Chri- sti Pilatum bitten, er möge doch das Grab Christi verwahren lassen, daß nicht seine Jün- ger kommen und ihn stehlen, und so denn der letzte Betrug ärger werde, denn der erste. Sie- he auch Matth. 12, 45. da von den Rückfallen- den gesaget wird, daß es hernach mit ihnen är- ger werde, als es vorhin gewesen sey. Und Joh. 5, 14. spricht unser Heyland zu dem Ge- sundgemachten: Siehe zu, du bist gesund worden, sündige fort nicht mehr, daß dir nicht etwas ärgers wiederfahre. Auf K k k k
Cap. 2. v. 20. des andern Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
Anmerckungen. 1. Die Verbindung dieſes Verſes mit dem 2. Der Ordnung nach ſind alhier drey a. Das Wort Welt bedeutet alhier den ver- kehrten Lauf der Menſchen in der Welt, mit allen ihren ſuͤndlichen Gewohnheiten. Jn welchem Verſtande die gantze Welt im ar- gen lieget, 1 Joh. 5, 19. Daher wir ſie nicht lieb haben ſollen. c. 2, 15. b. Der Unflat, μιὰσματα, die Beſudelungen, Befleckungen der Welt ſind gedachte ihre ſuͤndliche Gebraͤuche, Gewohnheiten und Handelungen. Welche alſo heiſſen, weil ſie den Menſchen nach Leib und Seele vor GOtt verunreinigen und vor GOtt ein Greuel ſind. Und dazu gehoͤren nicht allein die groben Wer- cke des Fleiſches in Augen-Luſt, Fleiſches-Luſt und hoffaͤrtigen Weſen 1 Joh. c. 2, 16. ſon- dern auch alle von den groben Uberfahrungen gemaͤßigte Eitelkeiten, und Luſthandlungen, ja auch alle Einbildungen eigener Gerechtigkeit und Verdienſtlichkeit mit allem dem, was das Phariſaͤiſche Weſen mit ſich brachte: Wie wir am Exempel Pauli ſehen. Denn nach- dem er ſolcher Dinge gedacht hatte, ſprach er Phil. 2, 8. Jch achte es alles fuͤr Scha- den ‒ ‒ ‒ ich achte es alles fuͤr Dreck, auf daß ich Chriſtum gewinne. c. Dieſem Unflate waren ſie entflohen: das iſt, GOtt hatte ihren Sinn alſo geaͤndert, daß ſie daran an ſtatt der Luſt eine heilige Unluſt be- kamen und dagegen einen ernſtlichen Haß faſ- ſeten. So hatte er ihnen dabey auch ſolche Gnaden-Kraͤfte mitgetheilet, daß ſie aller Suͤnde und ſuͤndlichen Welt-Gewohnheit zuvorderſt innerlich abſturben, und, zum Er- weiſe ſolcher Gemuͤths-Veraͤnderung, auch aͤuſſerlich abſagten und mit Ubernehmung des Creutzes Chriſti alles willig verleugneten. d. Und dieſes war geſchehen durch die Erkenntniß Chriſti, das iſt, durch den Glauben an ihn. Denn weil der Glaube ein goͤttliches Licht in der Seele iſt, ſo hatten ſie vermoͤge des Glau- bens, bey der tiefen Einſicht in ihr ſuͤndliches Elend, ihr groſſes Heyl in Chriſto alſo erkant, daß ſie es auch zugleich ergriffen, und ſich zu- geeignet hatten. Und weil er ein geiſtliches Leben iſt, ſo hatten ſie mit ihm die geiſtliche Kraft empfangen, welche zur Verleugnung alles ungoͤttlichen Weſens und zum Anhan- gen an GOtt noͤthig war. e. Da dieſe Erkenntniß ging auf den HErrn, ſo erkanten ſie ihn alſo, daß ſie ihn fuͤr ihren Herrn und Beherrſcher hielten, und ſich ihm zu Knech- ten ergaben. Und da dieſer HErr war JE- ſus der Heyland, ſo nahmen ſie das Heyl von ihm an in der Ordnung der Bekehrung und Rechtfertigung: und alſo erkanten ſie ihn auch als Chriſtum, den Geſalbten; als in welchem ſie mit dem Heiligen Geiſte geſalbet und dadurch Chriſten wurden. 3. Der Ruͤckfall wird mit dieſen Worten a. Durch das eingeflochten werden wird an- gezeiget theils die Liſt und Schalckheit der falſchen Lehrer, welche die entronnenen See- len zu beruͤcken ſuchen, davon man ſehe Eph. 4, 14. theils der Betrug der Suͤnde, wovon ſie unvermerckt eingenommen und hinter das Licht gefuͤhret worden: und zwar in der Mey- nung, es ſey dieſe und jene Luſthandlung wohl erlaubet und der chriſtlichen Freyheit gemaͤß. Daher es denn geſchiehet, daß man (welches zum Nachdruck des gedachten Worts gehoͤret) nach und nach und ſtuffenweiſe einwilliget und ſich mit wuͤrcklicher That einlaͤſſet. b. Geſchiehet nun dieſes, ſo entſtehet daher das uͤberwunden werden: ſintemal man durch ſolche Lockſpeiſe alſo gefangen und ſo hart ver- ſtricket und gefeſſelt wird, daß man ſich gemei- niglich ſo wenig davon wieder loß machen kan, als ein Fiſch von der Angel, die Maus aus der Falle. Und welches das aͤrgſte iſt, ſo pflegen ſolche uͤberwundene ihre Gefangenſchaft nicht einmal zu erkennen, ſondern ſie fuͤr einen Stand der Freyheit zu halten; ſintemal mit der Untreue des vorher GOtt ergebnen Wil- lens auch das Licht des Verſtandes bey ihnen dergeſtalt verdunckelt wird, daß ſie, was boͤſe und ſuͤndlich iſt, fuͤr gut, oder doch fuͤr zulaͤßig und unſuͤndlich halten. Wobey man folgen- de Oerter zu conferiren hat B. der Weish. 4, 11. 12. Joh. 8, 34. Roͤm. 6, 16. 2 Tim. 2, 26. Juc. 1, 14, 15. Und ſolchergeſtalt iſt es um den Stand der Gnaden, und um das gute Ge- wiſſen und darinn um den Glauben geſchehen, und der Schiffbruch da. 1 Tim. 1, 19. 4. Von der Vergleichung des erſtern und a. Dieſe Redens-Art iſt ein Sprichwort, wel- ches wir auch ſonſt in der Heiligen Schrift le- ſen; z. E. Matth. 26, 64. da die Feinde Chri- ſti Pilatum bitten, er moͤge doch das Grab Chriſti verwahren laſſen, daß nicht ſeine Juͤn- ger kommen und ihn ſtehlen, und ſo denn der letzte Betrug aͤrger werde, denn der erſte. Sie- he auch Matth. 12, 45. da von den Ruͤckfallen- den geſaget wird, daß es hernach mit ihnen aͤr- ger werde, als es vorhin geweſen ſey. Und Joh. 5, 14. ſpricht unſer Heyland zu dem Ge- ſundgemachten: Siehe zu, du biſt geſund worden, ſuͤndige fort nicht mehr, daß dir nicht etwas aͤrgers wiederfahre. Auf K k k k
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Cap. 2. v. 20. des andern Briefes Petri.
Anmerckungen.
1. Die Verbindung dieſes Verſes mit dem
vorhergehenden iſt dieſe: Es hatte der Apoſtel
vorher derjenigen gedacht, welche ſich durch die
Lockſpeiſe der Luͤſte unter dem Schein der chriſtli-
chen Freyheit zum Ruͤckfall aus ihrem Gnaden-
Stande bringen laſſen. Weil er nun damit in
der That ihren Stand elend und unſelig vorge-
ſtellet hatte. So erweiſet, oder erlaͤutert er ſol-
ches dadurch, daß er ihren Zuſtand vor der Be-
kehrung und nach dem Ruͤckfall mit einander ver-
gleichet, und dieſen aͤrger erklaͤret, als jenen.
2. Der Ordnung nach ſind alhier drey
Stuͤcke zu erwegen: erſtlich die Bekehrung,
hernach der Ruͤckfall: und denn die Verglei-
chung des letztern und erſten Zuſtandes. Bey
dem erſten Stuͤcke iſt folgendes zu mercken:
a. Das Wort Welt bedeutet alhier den ver-
kehrten Lauf der Menſchen in der Welt,
mit allen ihren ſuͤndlichen Gewohnheiten. Jn
welchem Verſtande die gantze Welt im ar-
gen lieget, 1 Joh. 5, 19. Daher wir ſie nicht
lieb haben ſollen. c. 2, 15.
b. Der Unflat, μιὰσματα, die Beſudelungen,
Befleckungen der Welt ſind gedachte ihre
ſuͤndliche Gebraͤuche, Gewohnheiten und
Handelungen. Welche alſo heiſſen, weil ſie
den Menſchen nach Leib und Seele vor GOtt
verunreinigen und vor GOtt ein Greuel ſind.
Und dazu gehoͤren nicht allein die groben Wer-
cke des Fleiſches in Augen-Luſt, Fleiſches-Luſt
und hoffaͤrtigen Weſen 1 Joh. c. 2, 16. ſon-
dern auch alle von den groben Uberfahrungen
gemaͤßigte Eitelkeiten, und Luſthandlungen,
ja auch alle Einbildungen eigener Gerechtigkeit
und Verdienſtlichkeit mit allem dem, was das
Phariſaͤiſche Weſen mit ſich brachte: Wie
wir am Exempel Pauli ſehen. Denn nach-
dem er ſolcher Dinge gedacht hatte, ſprach er
Phil. 2, 8. Jch achte es alles fuͤr Scha-
den ‒ ‒ ‒ ich achte es alles fuͤr Dreck,
auf daß ich Chriſtum gewinne.
c. Dieſem Unflate waren ſie entflohen: das
iſt, GOtt hatte ihren Sinn alſo geaͤndert, daß
ſie daran an ſtatt der Luſt eine heilige Unluſt be-
kamen und dagegen einen ernſtlichen Haß faſ-
ſeten. So hatte er ihnen dabey auch ſolche
Gnaden-Kraͤfte mitgetheilet, daß ſie aller
Suͤnde und ſuͤndlichen Welt-Gewohnheit
zuvorderſt innerlich abſturben, und, zum Er-
weiſe ſolcher Gemuͤths-Veraͤnderung, auch
aͤuſſerlich abſagten und mit Ubernehmung des
Creutzes Chriſti alles willig verleugneten.
d. Und dieſes war geſchehen durch die Erkenntniß
Chriſti, das iſt, durch den Glauben an ihn.
Denn weil der Glaube ein goͤttliches Licht in
der Seele iſt, ſo hatten ſie vermoͤge des Glau-
bens, bey der tiefen Einſicht in ihr ſuͤndliches
Elend, ihr groſſes Heyl in Chriſto alſo erkant,
daß ſie es auch zugleich ergriffen, und ſich zu-
geeignet hatten. Und weil er ein geiſtliches
Leben iſt, ſo hatten ſie mit ihm die geiſtliche
Kraft empfangen, welche zur Verleugnung
alles ungoͤttlichen Weſens und zum Anhan-
gen an GOtt noͤthig war.
e. Da dieſe Erkenntniß ging auf den HErrn, ſo
erkanten ſie ihn alſo, daß ſie ihn fuͤr ihren Herrn
und Beherrſcher hielten, und ſich ihm zu Knech-
ten ergaben. Und da dieſer HErr war JE-
ſus der Heyland, ſo nahmen ſie das Heyl
von ihm an in der Ordnung der Bekehrung
und Rechtfertigung: und alſo erkanten ſie ihn
auch als Chriſtum, den Geſalbten; als in
welchem ſie mit dem Heiligen Geiſte geſalbet
und dadurch Chriſten wurden.
3. Der Ruͤckfall wird mit dieſen Worten
ausgedrucket: werden aber wiederum in
dieſelbigen geflochten und uͤberwunden.
a. Durch das eingeflochten werden wird an-
gezeiget theils die Liſt und Schalckheit der
falſchen Lehrer, welche die entronnenen See-
len zu beruͤcken ſuchen, davon man ſehe Eph.
4, 14. theils der Betrug der Suͤnde, wovon
ſie unvermerckt eingenommen und hinter das
Licht gefuͤhret worden: und zwar in der Mey-
nung, es ſey dieſe und jene Luſthandlung wohl
erlaubet und der chriſtlichen Freyheit gemaͤß.
Daher es denn geſchiehet, daß man (welches
zum Nachdruck des gedachten Worts gehoͤret)
nach und nach und ſtuffenweiſe einwilliget und
ſich mit wuͤrcklicher That einlaͤſſet.
b. Geſchiehet nun dieſes, ſo entſtehet daher das
uͤberwunden werden: ſintemal man durch
ſolche Lockſpeiſe alſo gefangen und ſo hart ver-
ſtricket und gefeſſelt wird, daß man ſich gemei-
niglich ſo wenig davon wieder loß machen kan,
als ein Fiſch von der Angel, die Maus aus der
Falle. Und welches das aͤrgſte iſt, ſo pflegen
ſolche uͤberwundene ihre Gefangenſchaft nicht
einmal zu erkennen, ſondern ſie fuͤr einen
Stand der Freyheit zu halten; ſintemal mit
der Untreue des vorher GOtt ergebnen Wil-
lens auch das Licht des Verſtandes bey ihnen
dergeſtalt verdunckelt wird, daß ſie, was boͤſe
und ſuͤndlich iſt, fuͤr gut, oder doch fuͤr zulaͤßig
und unſuͤndlich halten. Wobey man folgen-
de Oerter zu conferiren hat B. der Weish.
4, 11. 12. Joh. 8, 34. Roͤm. 6, 16. 2 Tim. 2,
26. Juc. 1, 14, 15. Und ſolchergeſtalt iſt es um
den Stand der Gnaden, und um das gute Ge-
wiſſen und darinn um den Glauben geſchehen,
und der Schiffbruch da. 1 Tim. 1, 19.
4. Von der Vergleichung des erſtern und
letztern Zuſtandes heißt es: und iſt mit ihnen
das letzte aͤrger worden, denn das erſte.
a. Dieſe Redens-Art iſt ein Sprichwort, wel-
ches wir auch ſonſt in der Heiligen Schrift le-
ſen; z. E. Matth. 26, 64. da die Feinde Chri-
ſti Pilatum bitten, er moͤge doch das Grab
Chriſti verwahren laſſen, daß nicht ſeine Juͤn-
ger kommen und ihn ſtehlen, und ſo denn der
letzte Betrug aͤrger werde, denn der erſte. Sie-
he auch Matth. 12, 45. da von den Ruͤckfallen-
den geſaget wird, daß es hernach mit ihnen aͤr-
ger werde, als es vorhin geweſen ſey. Und
Joh. 5, 14. ſpricht unſer Heyland zu dem Ge-
ſundgemachten: Siehe zu, du biſt geſund
worden, ſuͤndige fort nicht mehr, daß
dir nicht etwas aͤrgers wiederfahre.
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