Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 12-14. [Spaltenumbruch]
gegen die Gläubigen die Crone der Ehren da-von tragen. Darum der Richter spricht Off. 22, 12. Siehe ich komme bald, und mein Lohn mit mir, zu geben einem ieglichen, wie seine Wercke seyn werden. Darum Paulus spricht: Was der Mensch säet, das wird er erndten. Wer auf sein Fleisch säet, der wird von dem Fleische das Ver- derben erndten. Gal. 6, 8. 5. Die alhier im gantzen Contexte von Pe- V. 14. Haben Augen voll Ehebruchs, lassen Anmerckungen. 1. Weil von solchen Leuten die Rede ist, 2. Und wenn im Griechischen an statt des 3. Es ist demnach, wenn man von der bö- 4. Die Worte akatapaustous amartias, sind 5. Und dabey bleibet es nicht, sondern sie a. Die Seelen sind die gantzen Menschen, wel- che, nach der Redens-Art der heiligen Schrift, ihre Benennung haben von ihrem unsichtbaren Haupt-Theile, der Seele; als welche bey der Verunreinigung des Leibes und dessen Glieder am meisten und ärgsten beflecket wird. Wel- ches denn Befleckungen des Geistes sind, wel- che sonst auch durch subtilere Sünden gesche- hen. 2 Cor. 7, 1. b. 'Asteriktoi sind nicht sowol leichtfertige, als sie solche werden; sondern es sind solche, wel- che zwar guthertzig, oder so arg nicht sind, als die Verführer; sintemal sie sonst schon ihres Sinnes wären und nicht erst durch sie dürften angelocket und verführet werden; aber welchen es dem Verstande nach am rechten Lichte zur Erkenntniß und Beurtheilung des guten und bösen, des wahren und falschen, dem Willen nach an der Kraft den Lockungen zu widerste- hen, fehlet, und daher sich gar leicht hinreissen lassen. Matth. 13, 21. heissen sie proskairoi, Zeitgläubige, Röm. 16, 18. akakoi nicht so böse und auf gewisse Art unschuldige, Eph. 4, 14. nepioi, junge Kinder, welche sich von allerley Wind der Lehre wägen und wiegen lassen. Man hat demnach auch deßwegen, daß man dieser Gefahr entgehen möge, dahin zu sehen, daß man recht bevestiget werden möge, und nebst der Gabe der Prüfung auch zu einer rech- ten Stärcke des Geistes gelange. c. Deleazein, locken, ist durch eine Lock-Speise reitzen und sodenn fangen: welche Redens- Art hergenommen ist von den Fischern und Vogel-
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 12-14. [Spaltenumbruch]
gegen die Glaͤubigen die Crone der Ehren da-von tragen. Darum der Richter ſpricht Off. 22, 12. Siehe ich komme bald, und mein Lohn mit mir, zu geben einem ieglichen, wie ſeine Wercke ſeyn werden. Darum Paulus ſpricht: Was der Menſch ſaͤet, das wird er erndten. Wer auf ſein Fleiſch ſaͤet, der wird von dem Fleiſche das Ver- derben erndten. Gal. 6, 8. 5. Die alhier im gantzen Contexte von Pe- V. 14. Haben Augen voll Ehebruchs, laſſen Anmerckungen. 1. Weil von ſolchen Leuten die Rede iſt, 2. Und wenn im Griechiſchen an ſtatt des 3. Es iſt demnach, wenn man von der boͤ- 4. Die Worte ἀκαταπάυστους ἁμαρτιάς, ſind 5. Und dabey bleibet es nicht, ſondern ſie a. Die Seelen ſind die gantzen Menſchen, wel- che, nach der Redens-Art der heiligen Schrift, ihre Benennung haben von ihrem unſichtbaren Haupt-Theile, der Seele; als welche bey der Verunreinigung des Leibes und deſſen Glieder am meiſten und aͤrgſten beflecket wird. Wel- ches denn Befleckungen des Geiſtes ſind, wel- che ſonſt auch durch ſubtilere Suͤnden geſche- hen. 2 Cor. 7, 1. b. ᾽Αστήρικτοι ſind nicht ſowol leichtfertige, als ſie ſolche werden; ſondern es ſind ſolche, wel- che zwar guthertzig, oder ſo arg nicht ſind, als die Verfuͤhrer; ſintemal ſie ſonſt ſchon ihres Sinnes waͤren und nicht erſt durch ſie duͤrften angelocket und verfuͤhret werden; aber welchen es dem Verſtande nach am rechten Lichte zur Erkenntniß und Beurtheilung des guten und boͤſen, des wahren und falſchen, dem Willen nach an der Kraft den Lockungen zu widerſte- hen, fehlet, und daher ſich gar leicht hinreiſſen laſſen. Matth. 13, 21. heiſſen ſie πρόσκαιροι, Zeitglaͤubige, Roͤm. 16, 18. ἄκακοι nicht ſo boͤſe und auf gewiſſe Art unſchuldige, Eph. 4, 14. νήπιοι, junge Kinder, welche ſich von allerley Wind der Lehre waͤgen und wiegen laſſen. Man hat demnach auch deßwegen, daß man dieſer Gefahr entgehen moͤge, dahin zu ſehen, daß man recht beveſtiget werden moͤge, und nebſt der Gabe der Pruͤfung auch zu einer rech- ten Staͤrcke des Geiſtes gelange. c. Δελεάζειν, locken, iſt durch eine Lock-Speiſe reitzen und ſodenn fangen: welche Redens- Art hergenommen iſt von den Fiſchern und Vogel-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0620" n="618"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 12-14.</hi></fw><lb/><cb/> gegen die Glaͤubigen die Crone der Ehren da-<lb/> von tragen. Darum der Richter ſpricht Off.<lb/> 22, 12. <hi rendition="#fr">Siehe ich komme bald, und mein<lb/> Lohn mit mir, zu geben einem ieglichen,<lb/> wie ſeine Wercke ſeyn werden.</hi> Darum<lb/> Paulus ſpricht: <hi rendition="#fr">Was der Menſch ſaͤet, das<lb/> wird er erndten. Wer auf ſein Fleiſch<lb/> ſaͤet, der wird von dem Fleiſche das Ver-<lb/> derben erndten.</hi> Gal. 6, 8.</item> </list><lb/> <p>5. Die alhier im gantzen Contexte von Pe-<lb/> tro beſchriebene falſche Lehrer befinden ſich ſon-<lb/> derlich im Pabſtthum. Es waͤre aber zu wuͤnſchen,<lb/> daß nicht auch die Evangeliſche Kirche damit er-<lb/> fuͤllet waͤre! Denn man hoͤret oft unter den Leh-<lb/> rern von ſolchen Schandflecken, daruͤber man<lb/> ſich billig entſetzen muß. Sie finden auch leider<lb/> bey ſo vielen <hi rendition="#aq">Conſiſtoriis,</hi> wie ihren freyen Ein-<lb/> gang, alſo auch ihren Schutz, zum wenigſten be-<lb/> halten ſie in ihrem verderblichen Weſen ihren<lb/> freyen Lauf. Und wenn hingegen rechtſchaffne<lb/> Knechte GOttes hier und da zur Steurung der<lb/> greulichſten Aergerniß Huͤlfe ſuchen, ſo finden ſie<lb/> kein Gehoͤr. Welches gewiß ein ſolcher Verfall<lb/> der Kirche, auch der Evangeliſchen iſt, darauf<lb/> man Petri Weiſſagung wohl <hi rendition="#aq">applicir</hi>en kan.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 14.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Haben Augen voll Ehebruchs, laſſen<lb/> ihnen die Suͤnde nicht wehren, locken an<lb/> ſich die leichtfertigen Seelen, haben ein<lb/> Hertz durchtrieben mit Geitz, verfluchte<lb/> Leute.</hi> </p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Weil von ſolchen Leuten die Rede iſt,<lb/> welche groͤßten theils in der Ehe lebten, aber auſſer<lb/> derſelben der Geilheit nachhingen, ſo eignet ihnen<lb/> der Apoſtel den <hi rendition="#fr">Ehebruch</hi> zu. Und dieſer wird<lb/> den <hi rendition="#fr">Augen</hi> zugeſchrieben, weil durch die Augen,<lb/> oder das Anſchauen der Perſon des andern Ge-<lb/> ſchlechts die boͤſe Luſt zum Ehebruch entzuͤndet<lb/> wird, und weil ſie ſich durch die auf jene unzuͤchti-<lb/> ger Weiſe gerichtete Augen am erſten zu verra-<lb/> then pfleget. Es werden alſo die Augen alhier<lb/> nicht ohne das Hertz verſtanden. Wie denn un-<lb/> ſer Heyland Matth. 5, 18. beydes zuſammen ſetzet;<lb/> wenn er ſpricht: <hi rendition="#fr">Wer ein Weib anſiehet, ihr<lb/> zu begehren, der hat ſchon mit ihr die Ehe<lb/> gebrochen in ſeinem Hertzen.</hi></p><lb/> <p>2. Und wenn im Griechiſchen an ſtatt des<lb/><hi rendition="#aq">Abſtracti,</hi> des <hi rendition="#fr">Ehebruchs,</hi> das <hi rendition="#aq">Concretum,</hi><lb/><hi rendition="#fr">Ehebrecherinn,</hi> gebrauchet wird, ſo geſchiehet<lb/> ſolches auch nicht ohne Nachdruck. Denn weil<lb/> die boͤſen Begierden die Augen auf eine Perſon<lb/> des andern Geſchlechts richten, ſonderlich eine<lb/> geile, oder doch eine ſolche, welche man ſich zur<lb/> Geilheit erwuͤnſchet, ſo ſind die Augen voll wie<lb/> von der Geſtalt ſolcher Perſon, alſo auch in An-<lb/> ſehung des Hertzens von boͤſer Luſt. Und wo<lb/> man die Perſon auch gleich aus den Augen verlie-<lb/> ret, ſo behaͤlt man ſie doch vermoͤge der herrſchen-<lb/> den Begierde der Geſtalt noch in der Phantaſie,<lb/> und laͤßt ſich ſolche zur beſtaͤndigen boͤſen Reitzung<lb/> dienen.</p><lb/> <p>3. Es iſt demnach, wenn man von der boͤ-<lb/><cb/> ſen Brunſt befreyet bleiben will, noͤthig, daß man<lb/> ſeine Augen wohl bewahre, und ſie nicht mit Fleiß<lb/> herumſchieſſen laſſe; zuvorderſt aber das Fleiſch<lb/> ſelbſt creutzige ſamt den Luͤſten und Begierden,<lb/> damit, wo ja auch ohne Vorſatz dieſes und jenes<lb/> zur Reitzung in die Augen faͤllt, man dadurch<lb/> nicht eingenommen werde, oder wo einige Ent-<lb/> zuͤndung gemercket wird, ſolches unreine und<lb/> fremde Feuer durch die reine Liebe GOttes bald<lb/> wieder gedaͤmpfet werde.</p><lb/> <p>4. Die Worte ἀκαταπάυστους ἁμαρτιάς, ſind<lb/> zu uͤberſetzen, <hi rendition="#fr">welche von der Suͤnde nicht<lb/> ruhen,</hi> und gehen auch auf die mit den boͤſen Be-<lb/> gierden verknuͤpften Augen. Da denn die Suͤn-<lb/> de alhier ſonderlich iſt die Suͤnde der Unzucht und<lb/> des Ehebruchs: als von welchem groben Laſter<lb/> die, welche ihm ergeben ſind, vor andern <hi rendition="#fr">Suͤn-<lb/> der</hi> und <hi rendition="#fr">Suͤnderinnen</hi> genennet werden. Sie-<lb/> he Marc. 2, 15. 16. Matth. 21, 31. 32. Luc. 7, 37.<lb/> 39. Joh. 8, 11. Und das iſt die Art wie aller, alſo<lb/> ſonderlich dieſer Suͤnde, daß der Menſch darin-<lb/> nen zwar Ruhe ſuchet, aber ſie nicht findet, oder,<lb/> wenn er ſie auch gleich zu finden vermeynet, doch<lb/> von neuer Begierde immer aufs neue beunruhiget<lb/> und dadurch zur fernern Ausuͤbung angetrieben<lb/> wird, und alſo ein rechter Knecht und Sclave der<lb/> Suͤnden iſt.</p><lb/> <p>5. Und dabey bleibet es nicht, ſondern ſie<lb/> verfuͤhren auch andere und ziehen ſie in die Ge-<lb/> meinſchaft ihrer falſchen Lehre, ihrer Suͤnde und<lb/> ihres Verderbens: darauf die Worte gehen:<lb/><hi rendition="#fr">locken an ſich die leichtfertigen Seelen.</hi></p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Die <hi rendition="#fr">Seelen</hi> ſind die gantzen Menſchen, wel-<lb/> che, nach der Redens-Art der heiligen Schrift,<lb/> ihre Benennung haben von ihrem unſichtbaren<lb/> Haupt-Theile, der Seele; als welche bey der<lb/> Verunreinigung des Leibes und deſſen Glieder<lb/> am meiſten und aͤrgſten beflecket wird. Wel-<lb/> ches denn Befleckungen des Geiſtes ſind, wel-<lb/> che ſonſt auch durch ſubtilere Suͤnden geſche-<lb/> hen. 2 Cor. 7, 1.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> ᾽Αστήρικτοι ſind nicht ſowol <hi rendition="#fr">leichtfertige,</hi> als<lb/> ſie ſolche werden; ſondern es ſind ſolche, wel-<lb/> che zwar guthertzig, oder ſo arg nicht ſind, als<lb/> die Verfuͤhrer; ſintemal ſie ſonſt ſchon ihres<lb/> Sinnes waͤren und nicht erſt durch ſie duͤrften<lb/> angelocket und verfuͤhret werden; aber welchen<lb/> es dem Verſtande nach am rechten Lichte zur<lb/> Erkenntniß und Beurtheilung des guten und<lb/> boͤſen, des wahren und falſchen, dem Willen<lb/> nach an der Kraft den Lockungen zu widerſte-<lb/> hen, fehlet, und daher ſich gar leicht hinreiſſen<lb/> laſſen. Matth. 13, 21. heiſſen ſie πρόσκαιροι,<lb/><hi rendition="#fr">Zeitglaͤubige,</hi> Roͤm. 16, 18. ἄκακοι nicht ſo boͤſe<lb/> und auf gewiſſe Art unſchuldige, Eph. 4, 14.<lb/> νήπιοι, <hi rendition="#fr">junge Kinder,</hi> welche ſich von allerley<lb/> Wind der Lehre waͤgen und wiegen laſſen.<lb/> Man hat demnach auch deßwegen, daß man<lb/> dieſer Gefahr entgehen moͤge, dahin zu ſehen,<lb/> daß man recht beveſtiget werden moͤge, und<lb/> nebſt der Gabe der Pruͤfung auch zu einer rech-<lb/> ten Staͤrcke des Geiſtes gelange.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Δελεάζειν, <hi rendition="#fr">locken,</hi> iſt durch eine <hi rendition="#fr">Lock-Speiſe</hi><lb/> reitzen und ſodenn fangen: welche Redens-<lb/> Art hergenommen iſt von den Fiſchern und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Vogel-</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [618/0620]
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 12-14.
gegen die Glaͤubigen die Crone der Ehren da-
von tragen. Darum der Richter ſpricht Off.
22, 12. Siehe ich komme bald, und mein
Lohn mit mir, zu geben einem ieglichen,
wie ſeine Wercke ſeyn werden. Darum
Paulus ſpricht: Was der Menſch ſaͤet, das
wird er erndten. Wer auf ſein Fleiſch
ſaͤet, der wird von dem Fleiſche das Ver-
derben erndten. Gal. 6, 8.
5. Die alhier im gantzen Contexte von Pe-
tro beſchriebene falſche Lehrer befinden ſich ſon-
derlich im Pabſtthum. Es waͤre aber zu wuͤnſchen,
daß nicht auch die Evangeliſche Kirche damit er-
fuͤllet waͤre! Denn man hoͤret oft unter den Leh-
rern von ſolchen Schandflecken, daruͤber man
ſich billig entſetzen muß. Sie finden auch leider
bey ſo vielen Conſiſtoriis, wie ihren freyen Ein-
gang, alſo auch ihren Schutz, zum wenigſten be-
halten ſie in ihrem verderblichen Weſen ihren
freyen Lauf. Und wenn hingegen rechtſchaffne
Knechte GOttes hier und da zur Steurung der
greulichſten Aergerniß Huͤlfe ſuchen, ſo finden ſie
kein Gehoͤr. Welches gewiß ein ſolcher Verfall
der Kirche, auch der Evangeliſchen iſt, darauf
man Petri Weiſſagung wohl appliciren kan.
V. 14.
Haben Augen voll Ehebruchs, laſſen
ihnen die Suͤnde nicht wehren, locken an
ſich die leichtfertigen Seelen, haben ein
Hertz durchtrieben mit Geitz, verfluchte
Leute.
Anmerckungen.
1. Weil von ſolchen Leuten die Rede iſt,
welche groͤßten theils in der Ehe lebten, aber auſſer
derſelben der Geilheit nachhingen, ſo eignet ihnen
der Apoſtel den Ehebruch zu. Und dieſer wird
den Augen zugeſchrieben, weil durch die Augen,
oder das Anſchauen der Perſon des andern Ge-
ſchlechts die boͤſe Luſt zum Ehebruch entzuͤndet
wird, und weil ſie ſich durch die auf jene unzuͤchti-
ger Weiſe gerichtete Augen am erſten zu verra-
then pfleget. Es werden alſo die Augen alhier
nicht ohne das Hertz verſtanden. Wie denn un-
ſer Heyland Matth. 5, 18. beydes zuſammen ſetzet;
wenn er ſpricht: Wer ein Weib anſiehet, ihr
zu begehren, der hat ſchon mit ihr die Ehe
gebrochen in ſeinem Hertzen.
2. Und wenn im Griechiſchen an ſtatt des
Abſtracti, des Ehebruchs, das Concretum,
Ehebrecherinn, gebrauchet wird, ſo geſchiehet
ſolches auch nicht ohne Nachdruck. Denn weil
die boͤſen Begierden die Augen auf eine Perſon
des andern Geſchlechts richten, ſonderlich eine
geile, oder doch eine ſolche, welche man ſich zur
Geilheit erwuͤnſchet, ſo ſind die Augen voll wie
von der Geſtalt ſolcher Perſon, alſo auch in An-
ſehung des Hertzens von boͤſer Luſt. Und wo
man die Perſon auch gleich aus den Augen verlie-
ret, ſo behaͤlt man ſie doch vermoͤge der herrſchen-
den Begierde der Geſtalt noch in der Phantaſie,
und laͤßt ſich ſolche zur beſtaͤndigen boͤſen Reitzung
dienen.
3. Es iſt demnach, wenn man von der boͤ-
ſen Brunſt befreyet bleiben will, noͤthig, daß man
ſeine Augen wohl bewahre, und ſie nicht mit Fleiß
herumſchieſſen laſſe; zuvorderſt aber das Fleiſch
ſelbſt creutzige ſamt den Luͤſten und Begierden,
damit, wo ja auch ohne Vorſatz dieſes und jenes
zur Reitzung in die Augen faͤllt, man dadurch
nicht eingenommen werde, oder wo einige Ent-
zuͤndung gemercket wird, ſolches unreine und
fremde Feuer durch die reine Liebe GOttes bald
wieder gedaͤmpfet werde.
4. Die Worte ἀκαταπάυστους ἁμαρτιάς, ſind
zu uͤberſetzen, welche von der Suͤnde nicht
ruhen, und gehen auch auf die mit den boͤſen Be-
gierden verknuͤpften Augen. Da denn die Suͤn-
de alhier ſonderlich iſt die Suͤnde der Unzucht und
des Ehebruchs: als von welchem groben Laſter
die, welche ihm ergeben ſind, vor andern Suͤn-
der und Suͤnderinnen genennet werden. Sie-
he Marc. 2, 15. 16. Matth. 21, 31. 32. Luc. 7, 37.
39. Joh. 8, 11. Und das iſt die Art wie aller, alſo
ſonderlich dieſer Suͤnde, daß der Menſch darin-
nen zwar Ruhe ſuchet, aber ſie nicht findet, oder,
wenn er ſie auch gleich zu finden vermeynet, doch
von neuer Begierde immer aufs neue beunruhiget
und dadurch zur fernern Ausuͤbung angetrieben
wird, und alſo ein rechter Knecht und Sclave der
Suͤnden iſt.
5. Und dabey bleibet es nicht, ſondern ſie
verfuͤhren auch andere und ziehen ſie in die Ge-
meinſchaft ihrer falſchen Lehre, ihrer Suͤnde und
ihres Verderbens: darauf die Worte gehen:
locken an ſich die leichtfertigen Seelen.
a. Die Seelen ſind die gantzen Menſchen, wel-
che, nach der Redens-Art der heiligen Schrift,
ihre Benennung haben von ihrem unſichtbaren
Haupt-Theile, der Seele; als welche bey der
Verunreinigung des Leibes und deſſen Glieder
am meiſten und aͤrgſten beflecket wird. Wel-
ches denn Befleckungen des Geiſtes ſind, wel-
che ſonſt auch durch ſubtilere Suͤnden geſche-
hen. 2 Cor. 7, 1.
b. ᾽Αστήρικτοι ſind nicht ſowol leichtfertige, als
ſie ſolche werden; ſondern es ſind ſolche, wel-
che zwar guthertzig, oder ſo arg nicht ſind, als
die Verfuͤhrer; ſintemal ſie ſonſt ſchon ihres
Sinnes waͤren und nicht erſt durch ſie duͤrften
angelocket und verfuͤhret werden; aber welchen
es dem Verſtande nach am rechten Lichte zur
Erkenntniß und Beurtheilung des guten und
boͤſen, des wahren und falſchen, dem Willen
nach an der Kraft den Lockungen zu widerſte-
hen, fehlet, und daher ſich gar leicht hinreiſſen
laſſen. Matth. 13, 21. heiſſen ſie πρόσκαιροι,
Zeitglaͤubige, Roͤm. 16, 18. ἄκακοι nicht ſo boͤſe
und auf gewiſſe Art unſchuldige, Eph. 4, 14.
νήπιοι, junge Kinder, welche ſich von allerley
Wind der Lehre waͤgen und wiegen laſſen.
Man hat demnach auch deßwegen, daß man
dieſer Gefahr entgehen moͤge, dahin zu ſehen,
daß man recht beveſtiget werden moͤge, und
nebſt der Gabe der Pruͤfung auch zu einer rech-
ten Staͤrcke des Geiſtes gelange.
c. Δελεάζειν, locken, iſt durch eine Lock-Speiſe
reitzen und ſodenn fangen: welche Redens-
Art hergenommen iſt von den Fiſchern und
Vogel-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |