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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 9. 10. des andern Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] ein gewisses Versehen sich selbst Leiden machen,
da denn GOtt so getreu ist, daß, wenn sie sol-
ches erkennen, und sich deßwegen vor GOTT
demüthigen, er sie auch daraus errettet: Gleich-
wie er ihnen auch diejenigen Trübsalen, welche
sie mit den Gottlosen gemein haben, als Kranck-
heiten, Verlust zeitlicher Güter durch Feuers-
Brunst u. s. w. lässet zum besten dienen: die ei-
gentlichsten Versuchungen aber der Gläubigen
sind die, welche sie um des Gewissens willen von
den Gottlosen über sich zu nehmen haben.

7. Die Erlösung aus der Versuchung ist
von mancherley Art. Geschiehet sie nicht eher,
so kömmt sie durch einen seligen Tod nach der sie-
benden Bitte. Es pfleget doch aber vor demsel-
ben schon manche Errettung aus dieser und jener
besondern Noth und Bedrängniß vorherzuge-
hen, da durch die gütige Leitung GOttes sich
bald hie, bald da ein solcher Ausgang finden
muß, welchen man nicht vorhergesehen hatte,
nach 1 Cor. 10, 13. Und dieses giebt denn eine sol-
che Erfahrung, daß man mit Paulo sagen kan:
2 Cor. 1, 9. 10. GOtt, der die Todten auf-
erwecket, hat uns von solchem Tode er-
löset, erlöset uns noch täglich, und wir
hoffen auf ihn, er werde uns auch noch
künftig erlösen.
Und kömmt denn auch die
Errettung nicht äusserlich, so geschiehet sie in-
nerlich durch eine solche Stärckung, daß einem
das Leiden nicht allein erträglich, sondern auch
leicht wird, und man mit Paulo sagen kan: in
dem allen überwinden wir weit!
Röm. 8,
37. Und endlich kömmt der grosse Tag der Erlö-
sung, auf welchen die Gläubigen also versiegelt
sind, daß sie sich darnach sehnen. Röm. 8, 23.
Eph. 4, 30.

8. Den Ungerechten widerfähret das
Gegentheil. Gehet es ihnen alhier eine zeitlang
wohl; so nimmt es doch ein unseliges Ende. Un-
gerechte aber sind Leute, welche im Stande der
herrschenden Sünde dergestalt beharrlich beste-
hen bleiben, daß sie bey dem Ausbruch ihrer na-
türlichen Ungerechtigkeit, welcher sich in vielen
Lastern äussert, der Gerechtigkeit Christi derge-
stalt ermangeln, daß sie auch gar Verräther der-
selben sind, und, wo nicht eben mit Worten,
doch mit der That, Christum, der sie erkaufet
hat, verleugnen, nach v. 1.

9. Da GOTT ist der Richter aller Welt,
und solches Gericht sonderlich durch den Sohn
GOttes wird verrichtet werden, Joh. 5, 21. Ap.
Gesch. 17, 31. so ist davon zu mercken, daß, wenn
davon eines Tages, als des Gerichts-Tages,
gedacht wird, dadurch kein natürlicher Tag zu
verstehen sey, sondern eine gantze Zeit; welche
aber dem HErrn allein bekannt ist. Denn ob-
gleich GOtt nach seiner Allmacht das Gericht in
einem natürlichen Tage, ja in einem Augen-
blick halten könte; so würde solches doch seiner
Weisheit, Güte und Gerechtigkeit nicht gemäß
seyn. Daß das Wort Tag auch von menschli-
chen Gerichten oder Berathschlagungen in einem
viel weitläuftigern Verstande genommen wer-
de, weiß man aus dem Gebrauche der Worte
vom Land-Tage und Reichs-Tage. Judas
[Spaltenumbruch] nennet ihn den grossen Tag, das Gericht
des grossen Tages.

10. Gleichwie die abtrünnigen Engel bereits
in einem unseligen Zustande sind, aber noch zur
völligen Verdammniß aufbehalten werden: nach
v. 4. so sind auch die Gottlosen, ihre Werckzeu-
ge, bereits unselig; doch also, daß sie noch zur Se-
ligkeit gelangen solten und könten; und werden,
weil sie dieselbe versäumen, noch zu einem grössern
Verderben aufbehalten. Und da dieses nicht al-
lein in der Ermangelung alles guten sondern auch
in der Empfindung alles bösen, oder der Pein be-
stehen wird; so hat man daraus zu erkennen, wie
groß und schwer ihre Sünde seyn müsse: sinte-
mal GOtt ein gerechter Richter ist, der eine Pro-
portion
hält zwischen der Schuld und der
Strafe.

V. 10.

Allermeist aber die, so da wandelen
nach dem Fleisch, in der unreinen Lust,
und die Herrschaften verachten, durstig,

(verwegen) eigensinnig, nicht erzittern die
Majestäten zu lästern.

Anmerckungen.

1. Gleichwie unter den gläubigen Stu-
fen sind, da einige die andern übertreffen in den
Gaben und derselben Anwendung, und daher ein
Unterscheid in dem Grad der Seligkeit seyn wird:
also sind auch die Gottlosen ihrer Sünde und
Strafe nach unterschieden. Der Apostel redet
alhier von solchen, welche es andern in der Bos-
heit zuvorthaten.

2. Nachdem Fleische in der unreinen
Lust wandeln,
oder, nach dem Griechischen,
dem Fleische (so wol dem seinigen, als einem
andern) nachwandeln in der Begierde
der Befleckung
(sich und andere schändlich zu
beflecken) ist der Unzucht auf eine recht schändliche
und zum theil Sodomitische Art, davon sich vor
züchtigen Ohren und schamhaften Augen nicht
deutlicher schreiben und reden lässet, ergeben seyn,
und gleichsam eine rechte profession daraus
machen. Judas nennet es v. 8. das Fleisch
beflecken,
und solchergestalt nach v. 4. Die
Gnade GOttes auf Muthwillen,
Gr. auf
Geilheit, ziehen, oder vorgeben, daß der Stand
der Gnaden damit wol bestehen könne.

3. Das andere Haupt-Laster in den von
Petro beschriebenen Gottlosen ist, die verach-
tung der weltlichen Obrigkeit;
als dero
Herrschaft sie sich vermuthlich unter dem Vor-
wande, daß sie nur allein GOTT zu dienen hät-
ten, entzogen haben, und zwar also, daß sie mit
den Personen auch den Obrigkeitlichen Stand
selbst verworfen, vermuthlich wie im Mißbrauch
des Gottschuldigen Dienstes, also auch mit dem
Vorgeben, daß ein Mensch von Natur so gut sey,
als der andere, und dannenhero einer die andern,
nicht beherrschen müsse.

4. Daß es solche verkehrte Leute schon in
der ersten Kirche gegeben habe, das erkennet man
an den von Simon, dem Zauberer, und derglei-
chen Jrrgeistern herkommenden Gnosticis. Und

man

Cap. 2. v. 9. 10. des andern Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] ein gewiſſes Verſehen ſich ſelbſt Leiden machen,
da denn GOtt ſo getreu iſt, daß, wenn ſie ſol-
ches erkennen, und ſich deßwegen vor GOTT
demuͤthigen, er ſie auch daraus errettet: Gleich-
wie er ihnen auch diejenigen Truͤbſalen, welche
ſie mit den Gottloſen gemein haben, als Kranck-
heiten, Verluſt zeitlicher Guͤter durch Feuers-
Brunſt u. ſ. w. laͤſſet zum beſten dienen: die ei-
gentlichſten Verſuchungen aber der Glaͤubigen
ſind die, welche ſie um des Gewiſſens willen von
den Gottloſen uͤber ſich zu nehmen haben.

7. Die Erloͤſung aus der Verſuchung iſt
von mancherley Art. Geſchiehet ſie nicht eher,
ſo koͤmmt ſie durch einen ſeligen Tod nach der ſie-
benden Bitte. Es pfleget doch aber vor demſel-
ben ſchon manche Errettung aus dieſer und jener
beſondern Noth und Bedraͤngniß vorherzuge-
hen, da durch die guͤtige Leitung GOttes ſich
bald hie, bald da ein ſolcher Ausgang finden
muß, welchen man nicht vorhergeſehen hatte,
nach 1 Cor. 10, 13. Und dieſes giebt denn eine ſol-
che Erfahrung, daß man mit Paulo ſagen kan:
2 Cor. 1, 9. 10. GOtt, der die Todten auf-
erwecket, hat uns von ſolchem Tode er-
loͤſet, erloͤſet uns noch taͤglich, und wir
hoffen auf ihn, er werde uns auch noch
kuͤnftig erloͤſen.
Und koͤmmt denn auch die
Errettung nicht aͤuſſerlich, ſo geſchiehet ſie in-
nerlich durch eine ſolche Staͤrckung, daß einem
das Leiden nicht allein ertraͤglich, ſondern auch
leicht wird, und man mit Paulo ſagen kan: in
dem allen uͤberwinden wir weit!
Roͤm. 8,
37. Und endlich koͤmmt der groſſe Tag der Erloͤ-
ſung, auf welchen die Glaͤubigen alſo verſiegelt
ſind, daß ſie ſich darnach ſehnen. Roͤm. 8, 23.
Eph. 4, 30.

8. Den Ungerechten widerfaͤhret das
Gegentheil. Gehet es ihnen alhier eine zeitlang
wohl; ſo nimmt es doch ein unſeliges Ende. Un-
gerechte aber ſind Leute, welche im Stande der
herrſchenden Suͤnde dergeſtalt beharrlich beſte-
hen bleiben, daß ſie bey dem Ausbruch ihrer na-
tuͤrlichen Ungerechtigkeit, welcher ſich in vielen
Laſtern aͤuſſert, der Gerechtigkeit Chriſti derge-
ſtalt ermangeln, daß ſie auch gar Verraͤther der-
ſelben ſind, und, wo nicht eben mit Worten,
doch mit der That, Chriſtum, der ſie erkaufet
hat, verleugnen, nach v. 1.

9. Da GOTT iſt der Richter aller Welt,
und ſolches Gericht ſonderlich durch den Sohn
GOttes wird verrichtet werden, Joh. 5, 21. Ap.
Geſch. 17, 31. ſo iſt davon zu mercken, daß, wenn
davon eines Tages, als des Gerichts-Tages,
gedacht wird, dadurch kein natuͤrlicher Tag zu
verſtehen ſey, ſondern eine gantze Zeit; welche
aber dem HErrn allein bekannt iſt. Denn ob-
gleich GOtt nach ſeiner Allmacht das Gericht in
einem natuͤrlichen Tage, ja in einem Augen-
blick halten koͤnte; ſo wuͤrde ſolches doch ſeiner
Weisheit, Guͤte und Gerechtigkeit nicht gemaͤß
ſeyn. Daß das Wort Tag auch von menſchli-
chen Gerichten oder Berathſchlagungen in einem
viel weitlaͤuftigern Verſtande genommen wer-
de, weiß man aus dem Gebrauche der Worte
vom Land-Tage und Reichs-Tage. Judas
[Spaltenumbruch] nennet ihn den groſſen Tag, das Gericht
des groſſen Tages.

10. Gleichwie die abtruͤnnigen Engel bereits
in einem unſeligen Zuſtande ſind, aber noch zur
voͤlligen Verdammniß aufbehalten werden: nach
v. 4. ſo ſind auch die Gottloſen, ihre Werckzeu-
ge, bereits unſelig; doch alſo, daß ſie noch zur Se-
ligkeit gelangen ſolten und koͤnten; und werden,
weil ſie dieſelbe verſaͤumen, noch zu einem groͤſſern
Verderben aufbehalten. Und da dieſes nicht al-
lein in der Ermangelung alles guten ſondern auch
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ſtehen wird; ſo hat man daraus zu erkennen, wie
groß und ſchwer ihre Suͤnde ſeyn muͤſſe: ſinte-
mal GOtt ein gerechter Richter iſt, der eine Pro-
portion
haͤlt zwiſchen der Schuld und der
Strafe.

V. 10.

Allermeiſt aber die, ſo da wandelen
nach dem Fleiſch, in der unreinen Luſt,
und die Herrſchaften verachten, durſtig,

(verwegen) eigenſinnig, nicht erzittern die
Majeſtaͤten zu laͤſtern.

Anmerckungen.

1. Gleichwie unter den glaͤubigen Stu-
fen ſind, da einige die andern uͤbertreffen in den
Gaben und derſelben Anwendung, und daher ein
Unterſcheid in dem Grad der Seligkeit ſeyn wird:
alſo ſind auch die Gottloſen ihrer Suͤnde und
Strafe nach unterſchieden. Der Apoſtel redet
alhier von ſolchen, welche es andern in der Bos-
heit zuvorthaten.

2. Nachdem Fleiſche in der unreinen
Luſt wandeln,
oder, nach dem Griechiſchen,
dem Fleiſche (ſo wol dem ſeinigen, als einem
andern) nachwandeln in der Begierde
der Befleckung
(ſich und andere ſchaͤndlich zu
beflecken) iſt der Unzucht auf eine recht ſchaͤndliche
und zum theil Sodomitiſche Art, davon ſich vor
zuͤchtigen Ohren und ſchamhaften Augen nicht
deutlicher ſchreiben und reden laͤſſet, ergeben ſeyn,
und gleichſam eine rechte profeſſion daraus
machen. Judas nennet es v. 8. das Fleiſch
beflecken,
und ſolchergeſtalt nach v. 4. Die
Gnade GOttes auf Muthwillen,
Gr. auf
Geilheit, ziehen, oder vorgeben, daß der Stand
der Gnaden damit wol beſtehen koͤnne.

3. Das andere Haupt-Laſter in den von
Petro beſchriebenen Gottloſen iſt, die verach-
tung der weltlichen Obrigkeit;
als dero
Herrſchaft ſie ſich vermuthlich unter dem Vor-
wande, daß ſie nur allein GOTT zu dienen haͤt-
ten, entzogen haben, und zwar alſo, daß ſie mit
den Perſonen auch den Obrigkeitlichen Stand
ſelbſt verworfen, vermuthlich wie im Mißbrauch
des Gottſchuldigen Dienſtes, alſo auch mit dem
Vorgeben, daß ein Menſch von Natur ſo gut ſey,
als der andere, und dannenhero einer die andern,
nicht beherrſchen muͤſſe.

4. Daß es ſolche verkehrte Leute ſchon in
der erſten Kirche gegeben habe, das erkennet man
an den von Simon, dem Zauberer, und derglei-
chen Jrrgeiſtern herkommenden Gnoſticis. Und

man
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[615/0617] Cap. 2. v. 9. 10. des andern Briefes Petri. ein gewiſſes Verſehen ſich ſelbſt Leiden machen, da denn GOtt ſo getreu iſt, daß, wenn ſie ſol- ches erkennen, und ſich deßwegen vor GOTT demuͤthigen, er ſie auch daraus errettet: Gleich- wie er ihnen auch diejenigen Truͤbſalen, welche ſie mit den Gottloſen gemein haben, als Kranck- heiten, Verluſt zeitlicher Guͤter durch Feuers- Brunſt u. ſ. w. laͤſſet zum beſten dienen: die ei- gentlichſten Verſuchungen aber der Glaͤubigen ſind die, welche ſie um des Gewiſſens willen von den Gottloſen uͤber ſich zu nehmen haben. 7. Die Erloͤſung aus der Verſuchung iſt von mancherley Art. Geſchiehet ſie nicht eher, ſo koͤmmt ſie durch einen ſeligen Tod nach der ſie- benden Bitte. Es pfleget doch aber vor demſel- ben ſchon manche Errettung aus dieſer und jener beſondern Noth und Bedraͤngniß vorherzuge- hen, da durch die guͤtige Leitung GOttes ſich bald hie, bald da ein ſolcher Ausgang finden muß, welchen man nicht vorhergeſehen hatte, nach 1 Cor. 10, 13. Und dieſes giebt denn eine ſol- che Erfahrung, daß man mit Paulo ſagen kan: 2 Cor. 1, 9. 10. GOtt, der die Todten auf- erwecket, hat uns von ſolchem Tode er- loͤſet, erloͤſet uns noch taͤglich, und wir hoffen auf ihn, er werde uns auch noch kuͤnftig erloͤſen. Und koͤmmt denn auch die Errettung nicht aͤuſſerlich, ſo geſchiehet ſie in- nerlich durch eine ſolche Staͤrckung, daß einem das Leiden nicht allein ertraͤglich, ſondern auch leicht wird, und man mit Paulo ſagen kan: in dem allen uͤberwinden wir weit! Roͤm. 8, 37. Und endlich koͤmmt der groſſe Tag der Erloͤ- ſung, auf welchen die Glaͤubigen alſo verſiegelt ſind, daß ſie ſich darnach ſehnen. Roͤm. 8, 23. Eph. 4, 30. 8. Den Ungerechten widerfaͤhret das Gegentheil. Gehet es ihnen alhier eine zeitlang wohl; ſo nimmt es doch ein unſeliges Ende. Un- gerechte aber ſind Leute, welche im Stande der herrſchenden Suͤnde dergeſtalt beharrlich beſte- hen bleiben, daß ſie bey dem Ausbruch ihrer na- tuͤrlichen Ungerechtigkeit, welcher ſich in vielen Laſtern aͤuſſert, der Gerechtigkeit Chriſti derge- ſtalt ermangeln, daß ſie auch gar Verraͤther der- ſelben ſind, und, wo nicht eben mit Worten, doch mit der That, Chriſtum, der ſie erkaufet hat, verleugnen, nach v. 1. 9. Da GOTT iſt der Richter aller Welt, und ſolches Gericht ſonderlich durch den Sohn GOttes wird verrichtet werden, Joh. 5, 21. Ap. Geſch. 17, 31. ſo iſt davon zu mercken, daß, wenn davon eines Tages, als des Gerichts-Tages, gedacht wird, dadurch kein natuͤrlicher Tag zu verſtehen ſey, ſondern eine gantze Zeit; welche aber dem HErrn allein bekannt iſt. Denn ob- gleich GOtt nach ſeiner Allmacht das Gericht in einem natuͤrlichen Tage, ja in einem Augen- blick halten koͤnte; ſo wuͤrde ſolches doch ſeiner Weisheit, Guͤte und Gerechtigkeit nicht gemaͤß ſeyn. Daß das Wort Tag auch von menſchli- chen Gerichten oder Berathſchlagungen in einem viel weitlaͤuftigern Verſtande genommen wer- de, weiß man aus dem Gebrauche der Worte vom Land-Tage und Reichs-Tage. Judas nennet ihn den groſſen Tag, das Gericht des groſſen Tages. 10. Gleichwie die abtruͤnnigen Engel bereits in einem unſeligen Zuſtande ſind, aber noch zur voͤlligen Verdammniß aufbehalten werden: nach v. 4. ſo ſind auch die Gottloſen, ihre Werckzeu- ge, bereits unſelig; doch alſo, daß ſie noch zur Se- ligkeit gelangen ſolten und koͤnten; und werden, weil ſie dieſelbe verſaͤumen, noch zu einem groͤſſern Verderben aufbehalten. Und da dieſes nicht al- lein in der Ermangelung alles guten ſondern auch in der Empfindung alles boͤſen, oder der Pein be- ſtehen wird; ſo hat man daraus zu erkennen, wie groß und ſchwer ihre Suͤnde ſeyn muͤſſe: ſinte- mal GOtt ein gerechter Richter iſt, der eine Pro- portion haͤlt zwiſchen der Schuld und der Strafe. V. 10. Allermeiſt aber die, ſo da wandelen nach dem Fleiſch, in der unreinen Luſt, und die Herrſchaften verachten, durſtig, (verwegen) eigenſinnig, nicht erzittern die Majeſtaͤten zu laͤſtern. Anmerckungen. 1. Gleichwie unter den glaͤubigen Stu- fen ſind, da einige die andern uͤbertreffen in den Gaben und derſelben Anwendung, und daher ein Unterſcheid in dem Grad der Seligkeit ſeyn wird: alſo ſind auch die Gottloſen ihrer Suͤnde und Strafe nach unterſchieden. Der Apoſtel redet alhier von ſolchen, welche es andern in der Bos- heit zuvorthaten. 2. Nachdem Fleiſche in der unreinen Luſt wandeln, oder, nach dem Griechiſchen, dem Fleiſche (ſo wol dem ſeinigen, als einem andern) nachwandeln in der Begierde der Befleckung (ſich und andere ſchaͤndlich zu beflecken) iſt der Unzucht auf eine recht ſchaͤndliche und zum theil Sodomitiſche Art, davon ſich vor zuͤchtigen Ohren und ſchamhaften Augen nicht deutlicher ſchreiben und reden laͤſſet, ergeben ſeyn, und gleichſam eine rechte profeſſion daraus machen. Judas nennet es v. 8. das Fleiſch beflecken, und ſolchergeſtalt nach v. 4. Die Gnade GOttes auf Muthwillen, Gr. auf Geilheit, ziehen, oder vorgeben, daß der Stand der Gnaden damit wol beſtehen koͤnne. 3. Das andere Haupt-Laſter in den von Petro beſchriebenen Gottloſen iſt, die verach- tung der weltlichen Obrigkeit; als dero Herrſchaft ſie ſich vermuthlich unter dem Vor- wande, daß ſie nur allein GOTT zu dienen haͤt- ten, entzogen haben, und zwar alſo, daß ſie mit den Perſonen auch den Obrigkeitlichen Stand ſelbſt verworfen, vermuthlich wie im Mißbrauch des Gottſchuldigen Dienſtes, alſo auch mit dem Vorgeben, daß ein Menſch von Natur ſo gut ſey, als der andere, und dannenhero einer die andern, nicht beherrſchen muͤſſe. 4. Daß es ſolche verkehrte Leute ſchon in der erſten Kirche gegeben habe, das erkennet man an den von Simon, dem Zauberer, und derglei- chen Jrrgeiſtern herkommenden Gnoſticis. Und man

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/617>, abgerufen am 22.11.2024.