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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 6-9.
[Spaltenumbruch] daß wir uns nicht gelüsten lassen des bö-
sen, wie jene gelüstet hat. - - - Sol-
ches widerfuhr ihnen zum Vorbilde. Es
ist uns geschrieben zur Warnung.

5. Und daß dieses Exempel uns dazu die-
nen solle, das erkennet man auch billig aus der
so vielfältigen allegation, da es zu diesem Zweck
angeführet wird. 5 B. Mos. 29, 22. 23. Jes. 13,
19. Jer. 49, 18. c. 50, 40. Kl. Jer. 4, 6. Ezech.
16, 46-49. Hos. 11. 8. Amos 4, 11. Zeph. 2, 11.
Matth. 10, 15. c. 11, 23. Luc. 10, 12. c. 17, 29.
Röm. 9, 29. Jud. v. 7. Offenb. 11, 8.

V. 7. 8.

Und hat erlöset den gerechten Lot,
welchem die schändlichen Leute alles Leid
thäten mit ihrem unzüchtigen Wandel:
Denn dieweil er gerecht war, und unter
ihnen wohnete, daß er es sehen und hö-
ren muste, qväleten sie die gerechte Seele
von Tage zu Tage mit ihren ungerechten
Wercken.

Anmerckungen.

1. Da Lot mit Abraham im gleichen Glau-
ben an den Meßiam stand, so bestunde seine Ge-
rechtigkeit auch eigentlich darinnen, daß er sich
desselben verheissene Versöhnung zueignete, und
dadurch seine Seligkeit suchte. Dabey sich denn
auch die Gerechtigkeit seines Lebens in einem von
dem heillosen Wesen der Sodomiten abgezoge-
nen Wandel erwiese, obwol nicht ohne man-
cherley Schwachheit, wie aus 1 B. Mos. 19.
zu ersehen ist.

2. Gleichwie den Gottlosen ihr gottloses
Wesen gleichsam ein Himmel auf Erden zu seyn
scheinet, ihre Verdammniß aber dadurch soviel
mehr gehäufet wird: also ist hingegen den Gott-
seligen dieses, daß sie sich mitten unter den Gott-
losen befinden, gleichsam eine Hölle: dadurch
sie aber von ihrem seligen Zustande versichert
werden. Denn da die Gleichstellung der Welt
ein unfehlbares Kennzeichen ist von dem herr-
schenden Welt-Sinne: also ist hingegen die
Verleugnung der Welt, und die Betrübniß,
welche man über der Gottlosigkeit empfindet,
gleichsam ein innerliches Siegel von dem Sinne
Christi.

3. Es dienet dieses manchen angefochtenen
Seelen zu einem mercklichen Troste, daß sie ver-
sichert seyn können, GOtt werde auch sie, wie
den Lot, in dem Sodom, darinn sie sich befin-
den, gnädiglich bewahren. Ja wenn sie bey
dem Gefühle ihrer geistlichen Unwürdigkeit und
ihres noch übrigen grossen Sünden-Elendes oft
an ihrem Gnaden-Stande und an ihrer Kind-
schaft bey GOtt zweifeln, und darüber in grosse
Bekümmerniß gerathen; so können sie dabey,
daß sie an dem gottlosen Wesen, welches sie um
sich sehen und hören müssen, so gar keinen Theil
nehmen, daß sie sich vielmehr innigst darüber be-
trüben, gewißlich von ihrer Kindschaft bey GOtt
überzeuget werden. Denn diß haben sie ja nicht
von ihrer argen Natur und von sich selbst, son-
dern aus der gnädigen Wirckung des Heiligen
Geistes. Siehe Ezech. 9, 4. Ps. 119, 158.

[Spaltenumbruch]

4. Die Errettung Lots war zwar ausser-
ordentlich: es hat aber GOTT viele Wege zur
Errettung der Seinigen. Und ist es auch schon
eine Art davon, wenn er sie vor der Gemein-
schaft am argen bewahret, und sie im Geiste
stärcket, das Böse mit Geduld zu ertragen.

5. Nach dem Griechischen ist dieser Vers
eigentlich also zu übersetzen: Der Gerechte, da
er unter ihnen wohnete, qvälete er von
Tage zu Tage die
(oder seine) gerechte See-
le,
(sich selbst,) durch das hören und sehen
mit ihren ungerechten Wercken.
Denn
das Verbum ebasanizen gehet nicht auf die So-
domiten, sondern auf den Lot selbst, und ist
sich qvälen soviel, als die Qvaal empfinden. Es
schreitet nun der Apostel von dem Exempel zur
Regel, und spricht also:

V. 9.

Der HERR weiß die Gottseligen aus
der Versuchung zu erlösen, die Ungerech-
ten aber zu behalten zum Tage des Ge-
richts, zu peinigen.

Anmerckungen.

1. Der HERR ist alhier der Dreyeinige
GOTT; aber mit einem besondern Absehen
auf den Sohn GOttes: welches erhellet:

a. Aus dem gewöhnlichen Gebrauche dieses
Worts im gantzen neuen Testamente, nach
dem stilo des alten, darinn der Meßias auch
durch und durch Jehovah genennet, und die-
ses Wort von den Griechischen Interpretibus
durch Kurios, HERR, gegeben wird.
b. Aus dem allernächsten Contexte, da von der
Errettung Lots, welche der Sohn GOttes
durch zweene erschaffne Engel verrichtet hat,
die Rede ist; auch aus den nächstfolgenden
Worten, da des Gerichts, welches sonst ei-
gentlich dem Sohn GOttes zugeschrieben
wird, gedacht ist.
c. Aus dem Anfang dieses andern Capitels, da
Christus der HErr heißt, der uns erkaufer
hat.

2. Gottselige sind die, welche im Glau-
ben stehen an GOtt, und durch den Glauben
zuvorderst die Gerechtigkeit Christi sich zugeeig-
net haben, und solches auch vor Menschen mit
einem heiligen Wandel erweisen, und sich wie
Noa und Lot von der gottlosen Welt unbefleckt
halten. Dabey wir den Nachdruck des teutschen
Worts gottselig, Gottseligkeit, zu mercken
haben. Denn sie sind in GOtt und bey GOtt
selig, schon alhier im Stande der Gnaden:
gleichwie die Gottlosen, da sie sich von GOtt
losmachen, und zu keiner Verbindung und
Vereinigung mit GOtt kommen wollen, in ei-
nem recht unseligen Stande sind.

3. Die Versuchungen sind alhier allerley
Leiden, welchen die Gottseligen um Christi,
der Gerechtigkeit und des Gewissens willen un-
terworfen, und also von den selbstgemachten
und gemeinen Leiden, welche sowol Gottlosen,
als Frommen begegnen, sehr unterschieden sind.
Es kan zwar geschehen, daß die Gläubigen durch

ein

Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 6-9.
[Spaltenumbruch] daß wir uns nicht geluͤſten laſſen des boͤ-
ſen, wie jene geluͤſtet hat. ‒ ‒ ‒ Sol-
ches widerfuhr ihnen zum Vorbilde. Es
iſt uns geſchrieben zur Warnung.

5. Und daß dieſes Exempel uns dazu die-
nen ſolle, das erkennet man auch billig aus der
ſo vielfaͤltigen allegation, da es zu dieſem Zweck
angefuͤhret wird. 5 B. Moſ. 29, 22. 23. Jeſ. 13,
19. Jer. 49, 18. c. 50, 40. Kl. Jer. 4, 6. Ezech.
16, 46-49. Hoſ. 11. 8. Amos 4, 11. Zeph. 2, 11.
Matth. 10, 15. c. 11, 23. Luc. 10, 12. c. 17, 29.
Roͤm. 9, 29. Jud. v. 7. Offenb. 11, 8.

V. 7. 8.

Und hat erloͤſet den gerechten Lot,
welchem die ſchaͤndlichen Leute alles Leid
thaͤten mit ihrem unzuͤchtigen Wandel:
Denn dieweil er gerecht war, und unter
ihnen wohnete, daß er es ſehen und hoͤ-
ren muſte, qvaͤleten ſie die gerechte Seele
von Tage zu Tage mit ihren ungerechten
Wercken.

Anmerckungen.

1. Da Lot mit Abraham im gleichen Glau-
ben an den Meßiam ſtand, ſo beſtunde ſeine Ge-
rechtigkeit auch eigentlich darinnen, daß er ſich
deſſelben verheiſſene Verſoͤhnung zueignete, und
dadurch ſeine Seligkeit ſuchte. Dabey ſich denn
auch die Gerechtigkeit ſeines Lebens in einem von
dem heilloſen Weſen der Sodomiten abgezoge-
nen Wandel erwieſe, obwol nicht ohne man-
cherley Schwachheit, wie aus 1 B. Moſ. 19.
zu erſehen iſt.

2. Gleichwie den Gottloſen ihr gottloſes
Weſen gleichſam ein Himmel auf Erden zu ſeyn
ſcheinet, ihre Verdammniß aber dadurch ſoviel
mehr gehaͤufet wird: alſo iſt hingegen den Gott-
ſeligen dieſes, daß ſie ſich mitten unter den Gott-
loſen befinden, gleichſam eine Hoͤlle: dadurch
ſie aber von ihrem ſeligen Zuſtande verſichert
werden. Denn da die Gleichſtellung der Welt
ein unfehlbares Kennzeichen iſt von dem herr-
ſchenden Welt-Sinne: alſo iſt hingegen die
Verleugnung der Welt, und die Betruͤbniß,
welche man uͤber der Gottloſigkeit empfindet,
gleichſam ein innerliches Siegel von dem Sinne
Chriſti.

3. Es dienet dieſes manchen angefochtenen
Seelen zu einem mercklichen Troſte, daß ſie ver-
ſichert ſeyn koͤnnen, GOtt werde auch ſie, wie
den Lot, in dem Sodom, darinn ſie ſich befin-
den, gnaͤdiglich bewahren. Ja wenn ſie bey
dem Gefuͤhle ihrer geiſtlichen Unwuͤrdigkeit und
ihres noch uͤbrigen groſſen Suͤnden-Elendes oft
an ihrem Gnaden-Stande und an ihrer Kind-
ſchaft bey GOtt zweifeln, und daruͤber in groſſe
Bekuͤmmerniß gerathen; ſo koͤnnen ſie dabey,
daß ſie an dem gottloſen Weſen, welches ſie um
ſich ſehen und hoͤren muͤſſen, ſo gar keinen Theil
nehmen, daß ſie ſich vielmehr innigſt daruͤber be-
truͤben, gewißlich von ihrer Kindſchaft bey GOtt
uͤberzeuget werden. Denn diß haben ſie ja nicht
von ihrer argen Natur und von ſich ſelbſt, ſon-
dern aus der gnaͤdigen Wirckung des Heiligen
Geiſtes. Siehe Ezech. 9, 4. Pſ. 119, 158.

[Spaltenumbruch]

4. Die Errettung Lots war zwar auſſer-
ordentlich: es hat aber GOTT viele Wege zur
Errettung der Seinigen. Und iſt es auch ſchon
eine Art davon, wenn er ſie vor der Gemein-
ſchaft am argen bewahret, und ſie im Geiſte
ſtaͤrcket, das Boͤſe mit Geduld zu ertragen.

5. Nach dem Griechiſchen iſt dieſer Vers
eigentlich alſo zu uͤberſetzen: Der Gerechte, da
er unter ihnen wohnete, qvaͤlete er von
Tage zu Tage die
(oder ſeine) gerechte See-
le,
(ſich ſelbſt,) durch das hoͤren und ſehen
mit ihren ungerechten Wercken.
Denn
das Verbum ἐβασάνιζεν gehet nicht auf die So-
domiten, ſondern auf den Lot ſelbſt, und iſt
ſich qvaͤlen ſoviel, als die Qvaal empfinden. Es
ſchreitet nun der Apoſtel von dem Exempel zur
Regel, und ſpricht alſo:

V. 9.

Der HERR weiß die Gottſeligen aus
der Verſuchung zu erloͤſen, die Ungerech-
ten aber zu behalten zum Tage des Ge-
richts, zu peinigen.

Anmerckungen.

1. Der HERR iſt alhier der Dreyeinige
GOTT; aber mit einem beſondern Abſehen
auf den Sohn GOttes: welches erhellet:

a. Aus dem gewoͤhnlichen Gebrauche dieſes
Worts im gantzen neuen Teſtamente, nach
dem ſtilo des alten, darinn der Meßias auch
durch und durch Jehovah genennet, und die-
ſes Wort von den Griechiſchen Interpretibus
durch Κύριος, HERR, gegeben wird.
b. Aus dem allernaͤchſten Contexte, da von der
Errettung Lots, welche der Sohn GOttes
durch zweene erſchaffne Engel verrichtet hat,
die Rede iſt; auch aus den naͤchſtfolgenden
Worten, da des Gerichts, welches ſonſt ei-
gentlich dem Sohn GOttes zugeſchrieben
wird, gedacht iſt.
c. Aus dem Anfang dieſes andern Capitels, da
Chriſtus der HErr heißt, der uns erkaufer
hat.

2. Gottſelige ſind die, welche im Glau-
ben ſtehen an GOtt, und durch den Glauben
zuvorderſt die Gerechtigkeit Chriſti ſich zugeeig-
net haben, und ſolches auch vor Menſchen mit
einem heiligen Wandel erweiſen, und ſich wie
Noa und Lot von der gottloſen Welt unbefleckt
halten. Dabey wir den Nachdruck des teutſchen
Worts gottſelig, Gottſeligkeit, zu mercken
haben. Denn ſie ſind in GOtt und bey GOtt
ſelig, ſchon alhier im Stande der Gnaden:
gleichwie die Gottloſen, da ſie ſich von GOtt
losmachen, und zu keiner Verbindung und
Vereinigung mit GOtt kommen wollen, in ei-
nem recht unſeligen Stande ſind.

3. Die Verſuchungen ſind alhier allerley
Leiden, welchen die Gottſeligen um Chriſti,
der Gerechtigkeit und des Gewiſſens willen un-
terworfen, und alſo von den ſelbſtgemachten
und gemeinen Leiden, welche ſowol Gottloſen,
als Frommen begegnen, ſehr unterſchieden ſind.
Es kan zwar geſchehen, daß die Glaͤubigen durch

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[614/0616] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 6-9. daß wir uns nicht geluͤſten laſſen des boͤ- ſen, wie jene geluͤſtet hat. ‒ ‒ ‒ Sol- ches widerfuhr ihnen zum Vorbilde. Es iſt uns geſchrieben zur Warnung. 5. Und daß dieſes Exempel uns dazu die- nen ſolle, das erkennet man auch billig aus der ſo vielfaͤltigen allegation, da es zu dieſem Zweck angefuͤhret wird. 5 B. Moſ. 29, 22. 23. Jeſ. 13, 19. Jer. 49, 18. c. 50, 40. Kl. Jer. 4, 6. Ezech. 16, 46-49. Hoſ. 11. 8. Amos 4, 11. Zeph. 2, 11. Matth. 10, 15. c. 11, 23. Luc. 10, 12. c. 17, 29. Roͤm. 9, 29. Jud. v. 7. Offenb. 11, 8. V. 7. 8. Und hat erloͤſet den gerechten Lot, welchem die ſchaͤndlichen Leute alles Leid thaͤten mit ihrem unzuͤchtigen Wandel: Denn dieweil er gerecht war, und unter ihnen wohnete, daß er es ſehen und hoͤ- ren muſte, qvaͤleten ſie die gerechte Seele von Tage zu Tage mit ihren ungerechten Wercken. Anmerckungen. 1. Da Lot mit Abraham im gleichen Glau- ben an den Meßiam ſtand, ſo beſtunde ſeine Ge- rechtigkeit auch eigentlich darinnen, daß er ſich deſſelben verheiſſene Verſoͤhnung zueignete, und dadurch ſeine Seligkeit ſuchte. Dabey ſich denn auch die Gerechtigkeit ſeines Lebens in einem von dem heilloſen Weſen der Sodomiten abgezoge- nen Wandel erwieſe, obwol nicht ohne man- cherley Schwachheit, wie aus 1 B. Moſ. 19. zu erſehen iſt. 2. Gleichwie den Gottloſen ihr gottloſes Weſen gleichſam ein Himmel auf Erden zu ſeyn ſcheinet, ihre Verdammniß aber dadurch ſoviel mehr gehaͤufet wird: alſo iſt hingegen den Gott- ſeligen dieſes, daß ſie ſich mitten unter den Gott- loſen befinden, gleichſam eine Hoͤlle: dadurch ſie aber von ihrem ſeligen Zuſtande verſichert werden. Denn da die Gleichſtellung der Welt ein unfehlbares Kennzeichen iſt von dem herr- ſchenden Welt-Sinne: alſo iſt hingegen die Verleugnung der Welt, und die Betruͤbniß, welche man uͤber der Gottloſigkeit empfindet, gleichſam ein innerliches Siegel von dem Sinne Chriſti. 3. Es dienet dieſes manchen angefochtenen Seelen zu einem mercklichen Troſte, daß ſie ver- ſichert ſeyn koͤnnen, GOtt werde auch ſie, wie den Lot, in dem Sodom, darinn ſie ſich befin- den, gnaͤdiglich bewahren. Ja wenn ſie bey dem Gefuͤhle ihrer geiſtlichen Unwuͤrdigkeit und ihres noch uͤbrigen groſſen Suͤnden-Elendes oft an ihrem Gnaden-Stande und an ihrer Kind- ſchaft bey GOtt zweifeln, und daruͤber in groſſe Bekuͤmmerniß gerathen; ſo koͤnnen ſie dabey, daß ſie an dem gottloſen Weſen, welches ſie um ſich ſehen und hoͤren muͤſſen, ſo gar keinen Theil nehmen, daß ſie ſich vielmehr innigſt daruͤber be- truͤben, gewißlich von ihrer Kindſchaft bey GOtt uͤberzeuget werden. Denn diß haben ſie ja nicht von ihrer argen Natur und von ſich ſelbſt, ſon- dern aus der gnaͤdigen Wirckung des Heiligen Geiſtes. Siehe Ezech. 9, 4. Pſ. 119, 158. 4. Die Errettung Lots war zwar auſſer- ordentlich: es hat aber GOTT viele Wege zur Errettung der Seinigen. Und iſt es auch ſchon eine Art davon, wenn er ſie vor der Gemein- ſchaft am argen bewahret, und ſie im Geiſte ſtaͤrcket, das Boͤſe mit Geduld zu ertragen. 5. Nach dem Griechiſchen iſt dieſer Vers eigentlich alſo zu uͤberſetzen: Der Gerechte, da er unter ihnen wohnete, qvaͤlete er von Tage zu Tage die (oder ſeine) gerechte See- le, (ſich ſelbſt,) durch das hoͤren und ſehen mit ihren ungerechten Wercken. Denn das Verbum ἐβασάνιζεν gehet nicht auf die So- domiten, ſondern auf den Lot ſelbſt, und iſt ſich qvaͤlen ſoviel, als die Qvaal empfinden. Es ſchreitet nun der Apoſtel von dem Exempel zur Regel, und ſpricht alſo: V. 9. Der HERR weiß die Gottſeligen aus der Verſuchung zu erloͤſen, die Ungerech- ten aber zu behalten zum Tage des Ge- richts, zu peinigen. Anmerckungen. 1. Der HERR iſt alhier der Dreyeinige GOTT; aber mit einem beſondern Abſehen auf den Sohn GOttes: welches erhellet: a. Aus dem gewoͤhnlichen Gebrauche dieſes Worts im gantzen neuen Teſtamente, nach dem ſtilo des alten, darinn der Meßias auch durch und durch Jehovah genennet, und die- ſes Wort von den Griechiſchen Interpretibus durch Κύριος, HERR, gegeben wird. b. Aus dem allernaͤchſten Contexte, da von der Errettung Lots, welche der Sohn GOttes durch zweene erſchaffne Engel verrichtet hat, die Rede iſt; auch aus den naͤchſtfolgenden Worten, da des Gerichts, welches ſonſt ei- gentlich dem Sohn GOttes zugeſchrieben wird, gedacht iſt. c. Aus dem Anfang dieſes andern Capitels, da Chriſtus der HErr heißt, der uns erkaufer hat. 2. Gottſelige ſind die, welche im Glau- ben ſtehen an GOtt, und durch den Glauben zuvorderſt die Gerechtigkeit Chriſti ſich zugeeig- net haben, und ſolches auch vor Menſchen mit einem heiligen Wandel erweiſen, und ſich wie Noa und Lot von der gottloſen Welt unbefleckt halten. Dabey wir den Nachdruck des teutſchen Worts gottſelig, Gottſeligkeit, zu mercken haben. Denn ſie ſind in GOtt und bey GOtt ſelig, ſchon alhier im Stande der Gnaden: gleichwie die Gottloſen, da ſie ſich von GOtt losmachen, und zu keiner Verbindung und Vereinigung mit GOtt kommen wollen, in ei- nem recht unſeligen Stande ſind. 3. Die Verſuchungen ſind alhier allerley Leiden, welchen die Gottſeligen um Chriſti, der Gerechtigkeit und des Gewiſſens willen un- terworfen, und alſo von den ſelbſtgemachten und gemeinen Leiden, welche ſowol Gottloſen, als Frommen begegnen, ſehr unterſchieden ſind. Es kan zwar geſchehen, daß die Glaͤubigen durch ein

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/616>, abgerufen am 22.11.2024.