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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 1. v. 19. des andern Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] Wahrheit und von aller Finsterniß der Jrrthü-
mer frey ist, also auch nach seiner Kraft, wel-
che es hat zu erleuchten. Und da ein natür-
liches Licht nicht allein leuchtet und die Luft um
sich mit einem Glantze, oder mit einer Klarheit
erfüllet, sondern auch, als ein Feuer brennet,
entzündet, erwärmet und eine Bewegung ver-
ursachet: so können wir noch vielmehr von
dem geistlichen Lichte des göttlichen Worts
sagen, daß es nicht wenigere Kraft habe die
Seelen zu bewegen, zu entzünden, aus dem
geistlichen Tode aufzuwecken, zum Leben, das
aus GOtt ist, zu bringen und zum guten zu er-
wärmen, als zu erleuchten. Darum die Jün-
ger Christi, als dieser ihnen auf dem Wege
nach Emmaus das Prophetische Wort vor-
hielte, hernach sagten: Brannte nicht un-
ser Hertz in uns, da er mit uns redete
auf dem Wege, als er uns die Schrift
öffnete?
Und von der erleuchtenden Kraft
spricht David Ps. 119, 105. Dein Wort ist
meines Fusses Leuchte und ein Licht
auf meinem Wege.
Deßgleichen Ps. 19, 8.
Das Gesetz des HErrn ist ohne Wandel
und erqvicket die Seele. Das Zeugniß
des HErrn ist gewiß und machet die Al-
bernen weise. Die Befehle des HErrn
sind richtig, und erfreuen das Hertz:
Die Gebote des HErrn sind lauter und
erleuchten die Augen.
b. Da nun die Kraft des göttlichen Worts nicht
allein auf den Verstand, sondern auch zugleich
auf den Willen des Menschen gehet, und eines
von dem andern gantz unzertrennlich ist; so ist
es ein offenbarer Jrrthum, wenn man einem
beharrlich gottlosen und unbekehrten Menschen
eine wahre Erleuchtung und geistliche Erkennt-
niß GOttes zueignen wolte. Denn da er sich
der Lichts-Kraft also entziehet daß er dadurch
sich nicht zum geistlichen Leben erwecken, an-
zünden und erwärmen lässet, so wird er auch
derselben zur Erleuchtung nicht theilhaftig.
Was er aber dafür ausgiebet, das ist nur eine
blos buchstäbliche Wissenschaft göttlicher
Dinge, welche er mit blos natürlichen Kräften,
aus dem natürlichen Wort-Verstande der hei-
ligen Schrift gefasset hat.
c. Der dunckele finstere Ort ist die menschli-
che Seele nach Verstand und Willen. Diese
ist einem unaufgeräumten, unsaubern und da-
bey finstern (wie solche Eigenschaften das
Griechische Wort aukhmeros, zusammen an-
zeiget) Orte gleich. Denn es lieget darinnen
nicht allein eine Finsterniß nach dem Verstande,
sondern auch alle Unreinigkeit nach dem Willen.
Und ob denn auch gleich durch die Wiederge-
burt darinn ein Licht aufgehet, auch durch die
Hinwegnehmung des Unglaubens und der
Sünden-Herrschaft eine Reinigung geschie-
het, diese Gläubigen, an welche Petrus schrieb,
auch wircklich dazu gelanget waren: so ist und
war doch von jenem Ubel in der Erb-Sünde
noch vieles in ihnen übrig. Und also hatten
sie zwar das Licht; aber es funde sich bey ihnen
doch noch gleichsam, als an einem solchen Orte,
[Spaltenumbruch] der einem Gemache gleich ist, darinnen zwar
ein Licht brennet, das aber doch von desselben
Glantze noch nicht recht erfüllet wird.
d. Wenn man nun die Worte vom Scheinen
des Lichts am dunckeln Orte also verstehet, so
muß man die Worte: Bis der Tag anbre-
che und der Morgen-Stern aufgehe in
eurem Hertzen,
entweder von einem viel hö-
hern Grad der Erleuchtung, oder vom Lichte
des ewigen Lebens erklären. Von jenem
spricht unser Heyland Joh. 14, 21. Wer mich
liebet, der wird von meinem Vater ge-
liebet werden, und ich werde ihn lieben
und mich ihm offenbaren.
Und von die-
sem saget er zu den Uberwindern Off. 2, 26-28.
Wer überwindet - - dem will ich ge-
ben den Morgenstern.
e. Es ist nun zwar dieser Verstand nicht unfüg-
lich: aber es kan doch auch noch ein viel füglicher
und der Structur der Worte gemässerer Ver-
stand alhier statt finden, wenn man die Worte
eos ou`~ emera diaugase kai phosphoros anateile, als
in Parenthesi nimmt, und die letztern Worte
en tais kardiais umon mit dem Worte pros[fremdsprachliches Material]khon-
tes construiret. Da denn der Verstand die-
ser ist: Jhr thut wohl, daß ihr darauf
achtet in euren Hertzen.
Worauf denn? auf
das Prophetische Wort, als auf ein Licht, das
da scheinet in einem dunckeln Orte, bis der Tag
(darinnen) anbreche und der Morgen-Stern
aufgehe. Auf welche Art, wenn man das
Gleichniß nach seiner protasi und apodosi
theilet, die Worte, welche sonst angesehen wer-
den, als stünden sie von der Apodosi, eigent-
lich zur Protasi gehören, nemlich also: Gleich-
wie man zur Nachtzeit in der Finsterniß ein
Licht gebrauchet, und sich dessen gar nützlich be-
dienet, bis daß der Tag anbricht: also hat man
sich auch des Prophetischen Worts bey der
geistlichen Finsterniß dieser Welt zur Erleuch-
tung seines Hertzens so lange zu bedienen, bis
man zum vollen Licht des ewigen Lebens gelan-
ge, da man, wenn alles, worauf das Prophe-
tische Wort gehet, wird erfüllet seyn, desselben
so wenig mehr nöthig haben wird, als man ei-
nes Lichts nach dem Aufgange der Sonnen
gebrauchet. Jn welcher Construction nun
zwar der Verstand der Worte bis der Tag an-
breche und der Morgen-Stern aufgehe in der
Apodosi auf das ewige Leben gehet, aber doch
die letztern Worte: in euren Hertzen nicht
zu dem verbo das da scheinet, sondern zu
dem verbo: achtet, daß ihr darauf achtet,
gehören.
f. Was vom Tage gesetzet war, das wird durch
das Wort Morgenstern erläutert; sinte-
mal derselbe bey anbrechendem Tage am hel-
lesten scheinet.
g. Dieser Morgenstern ist nun Christus, wie er
selbst saget, Offenb. 22, 16. Jch bin die
Wurtzel des Geschlechts David, ein hel-
ler Morgen-Stern.
Siehe auch c. 2, 28.
Mal. 4, 2. Luc. 1, 78. Was nun Christus be-
reits im Reiche der Gnaden ist, das wird er
noch vielmehr seyn im Reiche der Herrlichkeit.
4. Von
G g g g
Cap. 1. v. 19. des andern Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] Wahrheit und von aller Finſterniß der Jrrthuͤ-
mer frey iſt, alſo auch nach ſeiner Kraft, wel-
che es hat zu erleuchten. Und da ein natuͤr-
liches Licht nicht allein leuchtet und die Luft um
ſich mit einem Glantze, oder mit einer Klarheit
erfuͤllet, ſondern auch, als ein Feuer brennet,
entzuͤndet, erwaͤrmet und eine Bewegung ver-
urſachet: ſo koͤnnen wir noch vielmehr von
dem geiſtlichen Lichte des goͤttlichen Worts
ſagen, daß es nicht wenigere Kraft habe die
Seelen zu bewegen, zu entzuͤnden, aus dem
geiſtlichen Tode aufzuwecken, zum Leben, das
aus GOtt iſt, zu bringen und zum guten zu er-
waͤrmen, als zu erleuchten. Darum die Juͤn-
ger Chriſti, als dieſer ihnen auf dem Wege
nach Emmaus das Prophetiſche Wort vor-
hielte, hernach ſagten: Brannte nicht un-
ſer Hertz in uns, da er mit uns redete
auf dem Wege, als er uns die Schrift
oͤffnete?
Und von der erleuchtenden Kraft
ſpricht David Pſ. 119, 105. Dein Wort iſt
meines Fuſſes Leuchte und ein Licht
auf meinem Wege.
Deßgleichen Pſ. 19, 8.
Das Geſetz des HErrn iſt ohne Wandel
und erqvicket die Seele. Das Zeugniß
des HErrn iſt gewiß und machet die Al-
bernen weiſe. Die Befehle des HErrn
ſind richtig, und erfreuen das Hertz:
Die Gebote des HErrn ſind lauter und
erleuchten die Augen.
b. Da nun die Kraft des goͤttlichen Worts nicht
allein auf den Verſtand, ſondern auch zugleich
auf den Willen des Menſchen gehet, und eines
von dem andern gantz unzertrennlich iſt; ſo iſt
es ein offenbarer Jrrthum, wenn man einem
beharrlich gottloſen und unbekehrten Menſchen
eine wahre Erleuchtung und geiſtliche Erkennt-
niß GOttes zueignen wolte. Denn da er ſich
der Lichts-Kraft alſo entziehet daß er dadurch
ſich nicht zum geiſtlichen Leben erwecken, an-
zuͤnden und erwaͤrmen laͤſſet, ſo wird er auch
derſelben zur Erleuchtung nicht theilhaftig.
Was er aber dafuͤr ausgiebet, das iſt nur eine
blos buchſtaͤbliche Wiſſenſchaft goͤttlicher
Dinge, welche er mit blos natuͤrlichen Kraͤften,
aus dem natuͤrlichen Wort-Verſtande der hei-
ligen Schrift gefaſſet hat.
c. Der dunckele finſtere Ort iſt die menſchli-
che Seele nach Verſtand und Willen. Dieſe
iſt einem unaufgeraͤumten, unſaubern und da-
bey finſtern (wie ſolche Eigenſchaften das
Griechiſche Wort ἀυχμηρὸς, zuſammen an-
zeiget) Orte gleich. Denn es lieget darinnen
nicht allein eine Finſterniß nach dem Verſtande,
ſondern auch alle Unreinigkeit nach dem Willen.
Und ob denn auch gleich durch die Wiederge-
burt darinn ein Licht aufgehet, auch durch die
Hinwegnehmung des Unglaubens und der
Suͤnden-Herrſchaft eine Reinigung geſchie-
het, dieſe Glaͤubigen, an welche Petrus ſchrieb,
auch wircklich dazu gelanget waren: ſo iſt und
war doch von jenem Ubel in der Erb-Suͤnde
noch vieles in ihnen uͤbrig. Und alſo hatten
ſie zwar das Licht; aber es funde ſich bey ihnen
doch noch gleichſam, als an einem ſolchen Orte,
[Spaltenumbruch] der einem Gemache gleich iſt, darinnen zwar
ein Licht brennet, das aber doch von deſſelben
Glantze noch nicht recht erfuͤllet wird.
d. Wenn man nun die Worte vom Scheinen
des Lichts am dunckeln Orte alſo verſtehet, ſo
muß man die Worte: Bis der Tag anbre-
che und der Morgen-Stern aufgehe in
eurem Hertzen,
entweder von einem viel hoͤ-
hern Grad der Erleuchtung, oder vom Lichte
des ewigen Lebens erklaͤren. Von jenem
ſpricht unſer Heyland Joh. 14, 21. Wer mich
liebet, der wird von meinem Vater ge-
liebet werden, und ich werde ihn lieben
und mich ihm offenbaren.
Und von die-
ſem ſaget er zu den Uberwindern Off. 2, 26-28.
Wer uͤberwindet ‒ ‒ dem will ich ge-
ben den Morgenſtern.
e. Es iſt nun zwar dieſer Verſtand nicht unfuͤg-
lich: aber es kan doch auch noch ein viel fuͤglicher
und der Structur der Worte gemaͤſſerer Ver-
ſtand alhier ſtatt finden, wenn man die Worte
ἕως ου῟ ἡμέρα διαυγάσῃ καὶ φώσφορος ἀνατείλῃ, als
in Parentheſi nimmt, und die letztern Worte
ἐν ταῖς καρδίαις ὑμῶν mit dem Worte προσ[fremdsprachliches Material]χον-
τες conſtruiret. Da denn der Verſtand die-
ſer iſt: Jhr thut wohl, daß ihr darauf
achtet in euren Hertzen.
Worauf denn? auf
das Prophetiſche Wort, als auf ein Licht, das
da ſcheinet in einem dunckeln Orte, bis der Tag
(darinnen) anbreche und der Morgen-Stern
aufgehe. Auf welche Art, wenn man das
Gleichniß nach ſeiner protaſi und apodoſi
theilet, die Worte, welche ſonſt angeſehen wer-
den, als ſtuͤnden ſie von der Apodoſi, eigent-
lich zur Protaſi gehoͤren, nemlich alſo: Gleich-
wie man zur Nachtzeit in der Finſterniß ein
Licht gebrauchet, und ſich deſſen gar nuͤtzlich be-
dienet, bis daß der Tag anbricht: alſo hat man
ſich auch des Prophetiſchen Worts bey der
geiſtlichen Finſterniß dieſer Welt zur Erleuch-
tung ſeines Hertzens ſo lange zu bedienen, bis
man zum vollen Licht des ewigen Lebens gelan-
ge, da man, wenn alles, worauf das Prophe-
tiſche Wort gehet, wird erfuͤllet ſeyn, deſſelben
ſo wenig mehr noͤthig haben wird, als man ei-
nes Lichts nach dem Aufgange der Sonnen
gebrauchet. Jn welcher Conſtruction nun
zwar der Verſtand der Worte bis der Tag an-
breche und der Morgen-Stern aufgehe in der
Apodoſi auf das ewige Leben gehet, aber doch
die letztern Worte: in euren Hertzen nicht
zu dem verbo das da ſcheinet, ſondern zu
dem verbo: achtet, daß ihr darauf achtet,
gehoͤren.
f. Was vom Tage geſetzet war, das wird durch
das Wort Morgenſtern erlaͤutert; ſinte-
mal derſelbe bey anbrechendem Tage am hel-
leſten ſcheinet.
g. Dieſer Morgenſtern iſt nun Chriſtus, wie er
ſelbſt ſaget, Offenb. 22, 16. Jch bin die
Wurtzel des Geſchlechts David, ein hel-
ler Morgen-Stern.
Siehe auch c. 2, 28.
Mal. 4, 2. Luc. 1, 78. Was nun Chriſtus be-
reits im Reiche der Gnaden iſt, das wird er
noch vielmehr ſeyn im Reiche der Herrlichkeit.
4. Von
G g g g
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[601/0603] Cap. 1. v. 19. des andern Briefes Petri. Wahrheit und von aller Finſterniß der Jrrthuͤ- mer frey iſt, alſo auch nach ſeiner Kraft, wel- che es hat zu erleuchten. Und da ein natuͤr- liches Licht nicht allein leuchtet und die Luft um ſich mit einem Glantze, oder mit einer Klarheit erfuͤllet, ſondern auch, als ein Feuer brennet, entzuͤndet, erwaͤrmet und eine Bewegung ver- urſachet: ſo koͤnnen wir noch vielmehr von dem geiſtlichen Lichte des goͤttlichen Worts ſagen, daß es nicht wenigere Kraft habe die Seelen zu bewegen, zu entzuͤnden, aus dem geiſtlichen Tode aufzuwecken, zum Leben, das aus GOtt iſt, zu bringen und zum guten zu er- waͤrmen, als zu erleuchten. Darum die Juͤn- ger Chriſti, als dieſer ihnen auf dem Wege nach Emmaus das Prophetiſche Wort vor- hielte, hernach ſagten: Brannte nicht un- ſer Hertz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege, als er uns die Schrift oͤffnete? Und von der erleuchtenden Kraft ſpricht David Pſ. 119, 105. Dein Wort iſt meines Fuſſes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege. Deßgleichen Pſ. 19, 8. Das Geſetz des HErrn iſt ohne Wandel und erqvicket die Seele. Das Zeugniß des HErrn iſt gewiß und machet die Al- bernen weiſe. Die Befehle des HErrn ſind richtig, und erfreuen das Hertz: Die Gebote des HErrn ſind lauter und erleuchten die Augen. b. Da nun die Kraft des goͤttlichen Worts nicht allein auf den Verſtand, ſondern auch zugleich auf den Willen des Menſchen gehet, und eines von dem andern gantz unzertrennlich iſt; ſo iſt es ein offenbarer Jrrthum, wenn man einem beharrlich gottloſen und unbekehrten Menſchen eine wahre Erleuchtung und geiſtliche Erkennt- niß GOttes zueignen wolte. Denn da er ſich der Lichts-Kraft alſo entziehet daß er dadurch ſich nicht zum geiſtlichen Leben erwecken, an- zuͤnden und erwaͤrmen laͤſſet, ſo wird er auch derſelben zur Erleuchtung nicht theilhaftig. Was er aber dafuͤr ausgiebet, das iſt nur eine blos buchſtaͤbliche Wiſſenſchaft goͤttlicher Dinge, welche er mit blos natuͤrlichen Kraͤften, aus dem natuͤrlichen Wort-Verſtande der hei- ligen Schrift gefaſſet hat. c. Der dunckele finſtere Ort iſt die menſchli- che Seele nach Verſtand und Willen. Dieſe iſt einem unaufgeraͤumten, unſaubern und da- bey finſtern (wie ſolche Eigenſchaften das Griechiſche Wort ἀυχμηρὸς, zuſammen an- zeiget) Orte gleich. Denn es lieget darinnen nicht allein eine Finſterniß nach dem Verſtande, ſondern auch alle Unreinigkeit nach dem Willen. Und ob denn auch gleich durch die Wiederge- burt darinn ein Licht aufgehet, auch durch die Hinwegnehmung des Unglaubens und der Suͤnden-Herrſchaft eine Reinigung geſchie- het, dieſe Glaͤubigen, an welche Petrus ſchrieb, auch wircklich dazu gelanget waren: ſo iſt und war doch von jenem Ubel in der Erb-Suͤnde noch vieles in ihnen uͤbrig. Und alſo hatten ſie zwar das Licht; aber es funde ſich bey ihnen doch noch gleichſam, als an einem ſolchen Orte, der einem Gemache gleich iſt, darinnen zwar ein Licht brennet, das aber doch von deſſelben Glantze noch nicht recht erfuͤllet wird. d. Wenn man nun die Worte vom Scheinen des Lichts am dunckeln Orte alſo verſtehet, ſo muß man die Worte: Bis der Tag anbre- che und der Morgen-Stern aufgehe in eurem Hertzen, entweder von einem viel hoͤ- hern Grad der Erleuchtung, oder vom Lichte des ewigen Lebens erklaͤren. Von jenem ſpricht unſer Heyland Joh. 14, 21. Wer mich liebet, der wird von meinem Vater ge- liebet werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren. Und von die- ſem ſaget er zu den Uberwindern Off. 2, 26-28. Wer uͤberwindet ‒ ‒ dem will ich ge- ben den Morgenſtern. e. Es iſt nun zwar dieſer Verſtand nicht unfuͤg- lich: aber es kan doch auch noch ein viel fuͤglicher und der Structur der Worte gemaͤſſerer Ver- ſtand alhier ſtatt finden, wenn man die Worte ἕως ου῟ ἡμέρα διαυγάσῃ καὶ φώσφορος ἀνατείλῃ, als in Parentheſi nimmt, und die letztern Worte ἐν ταῖς καρδίαις ὑμῶν mit dem Worte προσ_ χον- τες conſtruiret. Da denn der Verſtand die- ſer iſt: Jhr thut wohl, daß ihr darauf achtet in euren Hertzen. Worauf denn? auf das Prophetiſche Wort, als auf ein Licht, das da ſcheinet in einem dunckeln Orte, bis der Tag (darinnen) anbreche und der Morgen-Stern aufgehe. Auf welche Art, wenn man das Gleichniß nach ſeiner protaſi und apodoſi theilet, die Worte, welche ſonſt angeſehen wer- den, als ſtuͤnden ſie von der Apodoſi, eigent- lich zur Protaſi gehoͤren, nemlich alſo: Gleich- wie man zur Nachtzeit in der Finſterniß ein Licht gebrauchet, und ſich deſſen gar nuͤtzlich be- dienet, bis daß der Tag anbricht: alſo hat man ſich auch des Prophetiſchen Worts bey der geiſtlichen Finſterniß dieſer Welt zur Erleuch- tung ſeines Hertzens ſo lange zu bedienen, bis man zum vollen Licht des ewigen Lebens gelan- ge, da man, wenn alles, worauf das Prophe- tiſche Wort gehet, wird erfuͤllet ſeyn, deſſelben ſo wenig mehr noͤthig haben wird, als man ei- nes Lichts nach dem Aufgange der Sonnen gebrauchet. Jn welcher Conſtruction nun zwar der Verſtand der Worte bis der Tag an- breche und der Morgen-Stern aufgehe in der Apodoſi auf das ewige Leben gehet, aber doch die letztern Worte: in euren Hertzen nicht zu dem verbo das da ſcheinet, ſondern zu dem verbo: achtet, daß ihr darauf achtet, gehoͤren. f. Was vom Tage geſetzet war, das wird durch das Wort Morgenſtern erlaͤutert; ſinte- mal derſelbe bey anbrechendem Tage am hel- leſten ſcheinet. g. Dieſer Morgenſtern iſt nun Chriſtus, wie er ſelbſt ſaget, Offenb. 22, 16. Jch bin die Wurtzel des Geſchlechts David, ein hel- ler Morgen-Stern. Siehe auch c. 2, 28. Mal. 4, 2. Luc. 1, 78. Was nun Chriſtus be- reits im Reiche der Gnaden iſt, das wird er noch vielmehr ſeyn im Reiche der Herrlichkeit. 4. Von G g g g

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/603>, abgerufen am 25.11.2024.