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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 5. v. 5. 6.
[Spaltenumbruch] leugnung seiner selbst zum Mittel gebrauchen,
bey andern dadurch etwas gutes zu befor-
dern.
c. Sich nicht gerne ins Gesichte loben lassen,
sondern daran nach der Wahrheit ein Miß-
fallen bezeugen, und, sofern das erkennete
und gelobte Gute von GOttes wegen einen
Grund hat, daraus kein Eigenthum machen,
sondern es allein GOTT, sich aber die da-
bey befindliche viele Unvollkommenheit zu-
schreiben.
d. Nicht auf seinem Sinn bestehen, sondern
gern rationes annehmen, und wenn sie einem
auch von dem geringsten Menschen gezeiget
werden.
e. Sich gern erinnern und bestrafen lassen, und,
wenn auch der erinnernde weder nach der
Wahrheit noch nach der Liebe in allen Stü-
cken urtheilet, es dennoch ertragen, und es
nicht weiter als zu einer wohlgegründeten
Entschuldigung in Liebe kommen lassen.
f. Was man gutes thut, also verrichten, daß
man es zwar vor Menschen nicht unterlasse,
aber es doch mehr GOtt, als den Menschen
bekannt werden lasse.
g. Sich in seinen Gaben nicht spiegeln, sondern,
was man hat, zwar gegen GOtt mit Danck
erkennen, aber dabey mehr auf seine noch
übrige Gebrechen, als auf jene sehen.
h. Jm äusserlichen, was Kleidung und Woh-
nung betrifft, es ohne Prunck und Pracht bey
der Reinlichkeit und dem guten Wohlstande
lassen, wenn man auch gleich das Vermögen
hat, darinn es andern gleich, ja zuvor zu thun.
Man conferire hiebey im übrigen Röm. 12,
16. Eph. 4, 2. Phil. 2, 2. u. f. Col. 3, 12.
Von der falschen Demuth sehe man Col. 2,
18. 23.

5. Was Hoffart und ein Hoffärtiger sey,
kan man leichtlich aus dem Gegentheil sehen,
wenn man die vorigen Characteres umkehret.
Jst die Demuth eine rechte Haupt-Tugend, so
ist gewißlich die Hoffart ein rechtes Haupt-Laster,
ja ein solches Laster, womit sich der Mensch am
allermeisten wider GOtt versündigt, auch sein
Hertz beflecket. Denn was Paulus 2 Cor. 7, 1.
von den Befleckungen des Geistes saget, das
befindet sich am allermeisten bey dem Hoch-
muth.
Wie denn allem Ansehen nach dieser
eben die Sünde der gefallenen Engel gewesen ist.
Daß unsere ersten Eltern dadurch zu Falle ge-
bracht sind, ist offenbar.

6. Wie GOtt den Hoffärtigen wider-
stehet,
das siehet man aus dem Gegentheil von
dem, wie er den Demüthigen Gnade giebt. Er
entziehet ihnen seine angebotene, oder schon ge-
gebene Gnade: und denn läßt er sie durch seine
wunderbare Regierung oftmals also anlaufen,
daß sie bey ihrem stoltzen Sinn zu schanden wer-
den. Es werden ihnen hundert Anschläge zu
Wasser, und gereichet ihnen, wenn sie ihren
Zweck nicht erhalten, zu einer solchen mortifi-
cation,
daß sie an ihrem Hochmuth schon gleich-
sam eine Vorhölle haben. Und wenn ihnen
auch alles gelünge: so wäre doch dieses nur ein
[Spaltenumbruch] Straf-Gerichte GOttes zu ihrer so viel gewissern
und soviel mehrern Verdammniß. Man con-
ferir
e hiebey Luc. 1, 51. Ap. Gesch. 12, 32. Dan.
4, 34. Luc. 14, 10. 11. c. 18, 13. u. s. w.

7. Kein Hochmuth ist grösser und GOTT
mehr zuwider, als wenn ein Mensch, der ein
Welt-Kind, ja noch ein rechtes Satans-Kind
im Unglauben ist, sich für ein Kind GOttes aus-
giebet. Was darauf für eine grosse Demüthi-
gung erfolge, ist leichtlich zu erachten.

8. Es kan keiner demüthig seyn, ohne die
Gnade GOttes; vielweniger kan sich iemand
durch die Demuth die Gnade und Gnaden-Ga-
ben verdienen: wie denn ohne das die Gnade ih-
rer Art nach und nach dem Laute des Worts von
der Beschaffenheit ist, daß sie nicht darf und
nicht kan verdienet werden. Wenn nun ein
Demüthiger Gnade empfähet, nemlich in einem
reichern Masse, so kömmt es daher, daß er der-
selben, wie bedürftig also auch fähig ist, ja so-
viel fähiger, soviel unwürdiger er sich derselben
hält. Und diese ist denn die stärckende und erqvi-
ckende Gnade, nach welcher ein demüthiger
Sinn das Reich GOttes in sich hat, und die
Heyls-Schätze immer mehr in sich empfindet,
also daß er mit Paulo sagen kan: Die Liebe
GOttes ist ausgegossen in unser Hertz
durch den Heiligen Geist.
Man hat hier-
bey sonderlich zu conferiren den Ort Sprichw.
3, 34, als worauf Petrus wol sonderlich gesehen
hat: und den Ausspruch der Marien Luc. 1, 52.
53. Er stösset die Gewaltigen vom Stuhl,
und erhebet die Niedrigen. Die Hungri-
gen füllet er mit Gütern, und lässet die
Reichen leer.

V. 6.

So demüthiget euch nun unter die
gewaltige Hand GOttes, auf daß er euch
erhöhe zu seiner Zeit.

Anmerckungen.

1. Die gewaltige Hand GOttes ist
GOTT selbst, nach seiner Allmacht und Gerech-
tigkeit betrachtet. Denn ein Gläubiger siehet auf
beyde Haupt-Eigenschaften GOttes zugleich:
auf die Liebe, nach welcher er den Demüthigen
Gnade giebet; und auf die Gerechtigkeit, nach
welcher er den Hoffärtigen widerstehet. Und
also entstehet daher eine solche Demüthigung,
die zwar voller heiliger Furcht, aber auch nicht
weniger voller kindliches Vertrauens ist.

2. Wer im Glauben stehet, und ein ge-
öffnetes Auge hat, die göttliche Providenz im
gemeinen Wesen und in der Kirche zu erkennen,
der siehet beydes, die gnädige und die gerechte
Hand GOttes
in ihrer sonderbaren Macht
und Gewalt, wie sie oft durchfähret: und also
nimmt man daher billig die Ursache, sich unter
GOtt mit heiliger Furcht und kindlicher Zuver-
sicht zu demüthigen. Und was giebt uns nicht
die heilige Schrift davon für Exempel an die
Hand?

3. Die Erhöhung der Gläubigen hebet

sich
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 5. 6.
[Spaltenumbruch] leugnung ſeiner ſelbſt zum Mittel gebrauchen,
bey andern dadurch etwas gutes zu befor-
dern.
c. Sich nicht gerne ins Geſichte loben laſſen,
ſondern daran nach der Wahrheit ein Miß-
fallen bezeugen, und, ſofern das erkennete
und gelobte Gute von GOttes wegen einen
Grund hat, daraus kein Eigenthum machen,
ſondern es allein GOTT, ſich aber die da-
bey befindliche viele Unvollkommenheit zu-
ſchreiben.
d. Nicht auf ſeinem Sinn beſtehen, ſondern
gern rationes annehmen, und wenn ſie einem
auch von dem geringſten Menſchen gezeiget
werden.
e. Sich gern erinnern und beſtrafen laſſen, und,
wenn auch der erinnernde weder nach der
Wahrheit noch nach der Liebe in allen Stuͤ-
cken urtheilet, es dennoch ertragen, und es
nicht weiter als zu einer wohlgegruͤndeten
Entſchuldigung in Liebe kommen laſſen.
f. Was man gutes thut, alſo verrichten, daß
man es zwar vor Menſchen nicht unterlaſſe,
aber es doch mehr GOtt, als den Menſchen
bekannt werden laſſe.
g. Sich in ſeinen Gaben nicht ſpiegeln, ſondern,
was man hat, zwar gegen GOtt mit Danck
erkennen, aber dabey mehr auf ſeine noch
uͤbrige Gebrechen, als auf jene ſehen.
h. Jm aͤuſſerlichen, was Kleidung und Woh-
nung betrifft, es ohne Prunck und Pracht bey
der Reinlichkeit und dem guten Wohlſtande
laſſen, wenn man auch gleich das Vermoͤgen
hat, darinn es andern gleich, ja zuvor zu thun.
Man conferire hiebey im uͤbrigen Roͤm. 12,
16. Eph. 4, 2. Phil. 2, 2. u. f. Col. 3, 12.
Von der falſchen Demuth ſehe man Col. 2,
18. 23.

5. Was Hoffart und ein Hoffaͤrtiger ſey,
kan man leichtlich aus dem Gegentheil ſehen,
wenn man die vorigen Characteres umkehret.
Jſt die Demuth eine rechte Haupt-Tugend, ſo
iſt gewißlich die Hoffart ein rechtes Haupt-Laſter,
ja ein ſolches Laſter, womit ſich der Menſch am
allermeiſten wider GOtt verſuͤndigt, auch ſein
Hertz beflecket. Denn was Paulus 2 Cor. 7, 1.
von den Befleckungen des Geiſtes ſaget, das
befindet ſich am allermeiſten bey dem Hoch-
muth.
Wie denn allem Anſehen nach dieſer
eben die Suͤnde der gefallenen Engel geweſen iſt.
Daß unſere erſten Eltern dadurch zu Falle ge-
bracht ſind, iſt offenbar.

6. Wie GOtt den Hoffaͤrtigen wider-
ſtehet,
das ſiehet man aus dem Gegentheil von
dem, wie er den Demuͤthigen Gnade giebt. Er
entziehet ihnen ſeine angebotene, oder ſchon ge-
gebene Gnade: und denn laͤßt er ſie durch ſeine
wunderbare Regierung oftmals alſo anlaufen,
daß ſie bey ihrem ſtoltzen Sinn zu ſchanden wer-
den. Es werden ihnen hundert Anſchlaͤge zu
Waſſer, und gereichet ihnen, wenn ſie ihren
Zweck nicht erhalten, zu einer ſolchen mortifi-
cation,
daß ſie an ihrem Hochmuth ſchon gleich-
ſam eine Vorhoͤlle haben. Und wenn ihnen
auch alles geluͤnge: ſo waͤre doch dieſes nur ein
[Spaltenumbruch] Straf-Gerichte GOttes zu ihrer ſo viel gewiſſern
und ſoviel mehrern Verdammniß. Man con-
ferir
e hiebey Luc. 1, 51. Ap. Geſch. 12, 32. Dan.
4, 34. Luc. 14, 10. 11. c. 18, 13. u. ſ. w.

7. Kein Hochmuth iſt groͤſſer und GOTT
mehr zuwider, als wenn ein Menſch, der ein
Welt-Kind, ja noch ein rechtes Satans-Kind
im Unglauben iſt, ſich fuͤr ein Kind GOttes aus-
giebet. Was darauf fuͤr eine groſſe Demuͤthi-
gung erfolge, iſt leichtlich zu erachten.

8. Es kan keiner demuͤthig ſeyn, ohne die
Gnade GOttes; vielweniger kan ſich iemand
durch die Demuth die Gnade und Gnaden-Ga-
ben verdienen: wie denn ohne das die Gnade ih-
rer Art nach und nach dem Laute des Worts von
der Beſchaffenheit iſt, daß ſie nicht darf und
nicht kan verdienet werden. Wenn nun ein
Demuͤthiger Gnade empfaͤhet, nemlich in einem
reichern Maſſe, ſo koͤmmt es daher, daß er der-
ſelben, wie beduͤrftig alſo auch faͤhig iſt, ja ſo-
viel faͤhiger, ſoviel unwuͤrdiger er ſich derſelben
haͤlt. Und dieſe iſt denn die ſtaͤrckende und erqvi-
ckende Gnade, nach welcher ein demuͤthiger
Sinn das Reich GOttes in ſich hat, und die
Heyls-Schaͤtze immer mehr in ſich empfindet,
alſo daß er mit Paulo ſagen kan: Die Liebe
GOttes iſt ausgegoſſen in unſer Hertz
durch den Heiligen Geiſt.
Man hat hier-
bey ſonderlich zu conferiren den Ort Sprichw.
3, 34, als worauf Petrus wol ſonderlich geſehen
hat: und den Ausſpruch der Marien Luc. 1, 52.
53. Er ſtoͤſſet die Gewaltigen vom Stuhl,
und erhebet die Niedrigen. Die Hungri-
gen fuͤllet er mit Guͤtern, und laͤſſet die
Reichen leer.

V. 6.

So demuͤthiget euch nun unter die
gewaltige Hand GOttes, auf daß er euch
erhoͤhe zu ſeiner Zeit.

Anmerckungen.

1. Die gewaltige Hand GOttes iſt
GOTT ſelbſt, nach ſeiner Allmacht und Gerech-
tigkeit betrachtet. Denn ein Glaͤubiger ſiehet auf
beyde Haupt-Eigenſchaften GOttes zugleich:
auf die Liebe, nach welcher er den Demuͤthigen
Gnade giebet; und auf die Gerechtigkeit, nach
welcher er den Hoffaͤrtigen widerſtehet. Und
alſo entſtehet daher eine ſolche Demuͤthigung,
die zwar voller heiliger Furcht, aber auch nicht
weniger voller kindliches Vertrauens iſt.

2. Wer im Glauben ſtehet, und ein ge-
oͤffnetes Auge hat, die goͤttliche Providenz im
gemeinen Weſen und in der Kirche zu erkennen,
der ſiehet beydes, die gnaͤdige und die gerechte
Hand GOttes
in ihrer ſonderbaren Macht
und Gewalt, wie ſie oft durchfaͤhret: und alſo
nimmt man daher billig die Urſache, ſich unter
GOtt mit heiliger Furcht und kindlicher Zuver-
ſicht zu demuͤthigen. Und was giebt uns nicht
die heilige Schrift davon fuͤr Exempel an die
Hand?

3. Die Erhoͤhung der Glaͤubigen hebet

ſich
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[578/0580] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 5. 6. leugnung ſeiner ſelbſt zum Mittel gebrauchen, bey andern dadurch etwas gutes zu befor- dern. c. Sich nicht gerne ins Geſichte loben laſſen, ſondern daran nach der Wahrheit ein Miß- fallen bezeugen, und, ſofern das erkennete und gelobte Gute von GOttes wegen einen Grund hat, daraus kein Eigenthum machen, ſondern es allein GOTT, ſich aber die da- bey befindliche viele Unvollkommenheit zu- ſchreiben. d. Nicht auf ſeinem Sinn beſtehen, ſondern gern rationes annehmen, und wenn ſie einem auch von dem geringſten Menſchen gezeiget werden. e. Sich gern erinnern und beſtrafen laſſen, und, wenn auch der erinnernde weder nach der Wahrheit noch nach der Liebe in allen Stuͤ- cken urtheilet, es dennoch ertragen, und es nicht weiter als zu einer wohlgegruͤndeten Entſchuldigung in Liebe kommen laſſen. f. Was man gutes thut, alſo verrichten, daß man es zwar vor Menſchen nicht unterlaſſe, aber es doch mehr GOtt, als den Menſchen bekannt werden laſſe. g. Sich in ſeinen Gaben nicht ſpiegeln, ſondern, was man hat, zwar gegen GOtt mit Danck erkennen, aber dabey mehr auf ſeine noch uͤbrige Gebrechen, als auf jene ſehen. h. Jm aͤuſſerlichen, was Kleidung und Woh- nung betrifft, es ohne Prunck und Pracht bey der Reinlichkeit und dem guten Wohlſtande laſſen, wenn man auch gleich das Vermoͤgen hat, darinn es andern gleich, ja zuvor zu thun. Man conferire hiebey im uͤbrigen Roͤm. 12, 16. Eph. 4, 2. Phil. 2, 2. u. f. Col. 3, 12. Von der falſchen Demuth ſehe man Col. 2, 18. 23. 5. Was Hoffart und ein Hoffaͤrtiger ſey, kan man leichtlich aus dem Gegentheil ſehen, wenn man die vorigen Characteres umkehret. Jſt die Demuth eine rechte Haupt-Tugend, ſo iſt gewißlich die Hoffart ein rechtes Haupt-Laſter, ja ein ſolches Laſter, womit ſich der Menſch am allermeiſten wider GOtt verſuͤndigt, auch ſein Hertz beflecket. Denn was Paulus 2 Cor. 7, 1. von den Befleckungen des Geiſtes ſaget, das befindet ſich am allermeiſten bey dem Hoch- muth. Wie denn allem Anſehen nach dieſer eben die Suͤnde der gefallenen Engel geweſen iſt. Daß unſere erſten Eltern dadurch zu Falle ge- bracht ſind, iſt offenbar. 6. Wie GOtt den Hoffaͤrtigen wider- ſtehet, das ſiehet man aus dem Gegentheil von dem, wie er den Demuͤthigen Gnade giebt. Er entziehet ihnen ſeine angebotene, oder ſchon ge- gebene Gnade: und denn laͤßt er ſie durch ſeine wunderbare Regierung oftmals alſo anlaufen, daß ſie bey ihrem ſtoltzen Sinn zu ſchanden wer- den. Es werden ihnen hundert Anſchlaͤge zu Waſſer, und gereichet ihnen, wenn ſie ihren Zweck nicht erhalten, zu einer ſolchen mortifi- cation, daß ſie an ihrem Hochmuth ſchon gleich- ſam eine Vorhoͤlle haben. Und wenn ihnen auch alles geluͤnge: ſo waͤre doch dieſes nur ein Straf-Gerichte GOttes zu ihrer ſo viel gewiſſern und ſoviel mehrern Verdammniß. Man con- ferire hiebey Luc. 1, 51. Ap. Geſch. 12, 32. Dan. 4, 34. Luc. 14, 10. 11. c. 18, 13. u. ſ. w. 7. Kein Hochmuth iſt groͤſſer und GOTT mehr zuwider, als wenn ein Menſch, der ein Welt-Kind, ja noch ein rechtes Satans-Kind im Unglauben iſt, ſich fuͤr ein Kind GOttes aus- giebet. Was darauf fuͤr eine groſſe Demuͤthi- gung erfolge, iſt leichtlich zu erachten. 8. Es kan keiner demuͤthig ſeyn, ohne die Gnade GOttes; vielweniger kan ſich iemand durch die Demuth die Gnade und Gnaden-Ga- ben verdienen: wie denn ohne das die Gnade ih- rer Art nach und nach dem Laute des Worts von der Beſchaffenheit iſt, daß ſie nicht darf und nicht kan verdienet werden. Wenn nun ein Demuͤthiger Gnade empfaͤhet, nemlich in einem reichern Maſſe, ſo koͤmmt es daher, daß er der- ſelben, wie beduͤrftig alſo auch faͤhig iſt, ja ſo- viel faͤhiger, ſoviel unwuͤrdiger er ſich derſelben haͤlt. Und dieſe iſt denn die ſtaͤrckende und erqvi- ckende Gnade, nach welcher ein demuͤthiger Sinn das Reich GOttes in ſich hat, und die Heyls-Schaͤtze immer mehr in ſich empfindet, alſo daß er mit Paulo ſagen kan: Die Liebe GOttes iſt ausgegoſſen in unſer Hertz durch den Heiligen Geiſt. Man hat hier- bey ſonderlich zu conferiren den Ort Sprichw. 3, 34, als worauf Petrus wol ſonderlich geſehen hat: und den Ausſpruch der Marien Luc. 1, 52. 53. Er ſtoͤſſet die Gewaltigen vom Stuhl, und erhebet die Niedrigen. Die Hungri- gen fuͤllet er mit Guͤtern, und laͤſſet die Reichen leer. V. 6. So demuͤthiget euch nun unter die gewaltige Hand GOttes, auf daß er euch erhoͤhe zu ſeiner Zeit. Anmerckungen. 1. Die gewaltige Hand GOttes iſt GOTT ſelbſt, nach ſeiner Allmacht und Gerech- tigkeit betrachtet. Denn ein Glaͤubiger ſiehet auf beyde Haupt-Eigenſchaften GOttes zugleich: auf die Liebe, nach welcher er den Demuͤthigen Gnade giebet; und auf die Gerechtigkeit, nach welcher er den Hoffaͤrtigen widerſtehet. Und alſo entſtehet daher eine ſolche Demuͤthigung, die zwar voller heiliger Furcht, aber auch nicht weniger voller kindliches Vertrauens iſt. 2. Wer im Glauben ſtehet, und ein ge- oͤffnetes Auge hat, die goͤttliche Providenz im gemeinen Weſen und in der Kirche zu erkennen, der ſiehet beydes, die gnaͤdige und die gerechte Hand GOttes in ihrer ſonderbaren Macht und Gewalt, wie ſie oft durchfaͤhret: und alſo nimmt man daher billig die Urſache, ſich unter GOtt mit heiliger Furcht und kindlicher Zuver- ſicht zu demuͤthigen. Und was giebt uns nicht die heilige Schrift davon fuͤr Exempel an die Hand? 3. Die Erhoͤhung der Glaͤubigen hebet ſich

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/580>, abgerufen am 25.11.2024.