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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 4. v. 11. des ersten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] (nichts als den lautern Rath GOttes vortrage,
und zwar in aller Lauterkeit.) So iemand ein
(von dem öffentlichen Lehr-Amte noch unter-
schiedenes, oder auch eben dasselbe) Amt hat,
daß ers thue als aus dem Vermögen, das
GOtt darreichet, auf daß in allen Dingen
GOtt gepreiset werde durch JEsum Christ,
welchem sey Ehre und Gewalt von Ewig-
keit zu Ewigkeit amen!

Anmerckungen.

1. Der Apostel siehet mit diesen Worten
auf das ordentliche Lehr-Amt, nachdem er vor-
her von der allen Kirch-Gliedern zukommenden
würdigen Anwendung der geistlichen Gaben ge-
redet hat. Und so muß es auch seyn: es muß
keines weges der Lehrstand nur allein mit geist-
lichen Dingen umgehen: er muß aber doch auch
in seinem rechten Werthe bleiben. Und dazu
hilft gar viel, wenn die, welche darinnen stehen,
sich so verhalten, wie sie sollen. Da hingegen
die grosse Verachtung des Lehr-Amts am mei-
sten von so vielen unwürdigen Lehrern herrüh-
ret.

2. Es gehören zwar zum Lehr-Amte un-
terschiedliche Stücke: das allerfürnehmste aber
bestehet im Vortrage des göttlichen Worts, dar-
um es davon auch billig seine Benennung hat:
und darauf siehet auch Petrus alhier mit dem
Worte reden. 1 Tim. 5, 17. heißt es: arbei-
ten im Worte und in der Lehre.
Siehe
auch Röm. 12, 6. 1 Cor. 8, 10. c. 12, 29.

3. Das Reden aber soll nicht allein öf-
fentlich,
sondern auch besonders geschehen,
nach aller gegebnen, theils auch gesuchten Ge-
legenheit. Es ist leicht gesaget: dic & libera-
sti animam tuam,
sage es, so hast du deine
Seele errettet.
Denn es fraget sich, wie man
es gesaget habe? Ein Hirte siehet auch auf ein ie-
des Schaf insonderheit. Es sind nicht allein
krancke, sondern auch gesunde zu besuchen. Be-
sorget man, die Reichen und Fürnehmen möch-
ten es übel nehmen; so fange man bey den Ar-
men und Niedrigen an; die werden es, daß sich
der Lehrer, den sie höher halten, als sich selbst,
im leutseligen Evangelischen Geiste zu ihnen her-
unter läßt, ihm Danck wissen, und bitten, er mö-
ge doch bald wiederkommen.

4. Das Wort GOttes, logia tou Theou, ist
das Wort, das nicht allein von GOtt handelt,
sondern auch von GOtt herrühret, von GOtt
eingegeben und in die Schriften verfasset ist:
an welchem wir einen unschätzbaren Schatz ha-
ben; zumal da zu dem Prophetischen Worte
auch das apostolische gekommen ist. Es ist
aber auch GOttes Wort, alles was ein Lehrer
mit seinen eignen Worten zur mehrern Erklä-
rung vorträget, wenn es dem göttlichen Worte
gemäß ist.

5. Zu dem reden aber gehöret nicht allein
der Vortrag an sich selbst, sondern auch die
rechte Application nach allen usibus 2 Tim. 3,
16. Röm. 15, 4. wie es dem erkannten geistlichen
Zustande der Zuhörer gemäß ist. Und das heißt
denn das Wort der Wahrheit recht thei-
[Spaltenumbruch] len,
2 Tim. 2, 15. Wozu gewißlich kein unbe-
kehrter Lehrer recht tüchtig ist, ob er wol viel
wahres und gutes vortragen kan: sondern dazu
gehöret die Salbung und eigene Erfahrung.
Wer in der Application auf sich selbst verfeh-
let; zumal also, daß er sich für bekehrt hält, und
ist es doch nicht: wie will er solche bey andern
recht treffen; sintemal er sie auch für schon Be-
kehrte ansiehet, und mit dem Evangelio einen
neuen Lappen auf ihr altes Kleid des alten Men-
schen setzet, und den Riß nur ärger machet.
Matth. 9, 16.

6. Soll ein Lehrer GOttes Wort reden,
so soll er es allein oder rein reden, und es mit
Jrrthümern und Menschen-Satzungen nicht
vermengen, noch verfälschen. Er kan wol dazu
eine merckwürdige Geschicht anführen, sich auch
eines geschickten Gleichnisses zur Erläuterung
bedienen; aber er muß doch kein Historien-
Prediger seyn, noch sonst das an sich kräftige
Wort der Wahrheit mit affectirter Kunst
menschlicher Wohlredenheit und Weisheit ent-
kräften. 1 Cor. 2.

7. Es ist aber auch dieses noch nicht genug,
daß man das lautere Wort GOttes, so wie es
an sich ist, vortrage; sondern es muß auch gere-
det werden os als GOttes Wort, das ist, ehr-
erbietig, nachdrücklich
und in der heiligen
Furcht vor GOTT, daß man erwege, wessen
Wort, und in wessen Namen man rede. Es
muß demnach bey dem reinen Worte GOttes
auch die Art des Vortrages göttlich seyn. Pau-
lus nennet es 2 Cor. 6, 17. reden, als aus Lau-
terkeit, als aus GOtt vor GOtt in Christo
JEsu,
und also in Beweisung des Geistes
und der Kraft.
1 Cor. 2, 4.

8. Das diakonei~n, welches Lutherus mit
dem gemeinen Worte ein Amt haben gege-
ben hat, verstehet man alhier nicht unfüglich von
solchen diaconis, oder Kirchen-Dienern, wel-
che die Lehrer und Vorsteher der Kirchen zu ih-
rem Beystande hatten, sonderlich in solchen
Dingen, welche auf äusserliche Ordnungen und
auf Verpflegung der Armen, auch Besuchung
der Krancken gingen: dabey sie gleichfals viele
Gelegenheit hatten mit GOttes Wort auch zur
Erbauung anderer umzugehen, und sich dadurch
auch zum Lehr-Amte selbst tüchtig zu machen.
Man sehe von ihnen Phil. 1, 1. 1 Tim. 3, 8. u. f.
daß aber das Wort diakonia und diakonei~n in ei-
nem weitläuftigern Verstande genommen wer-
de, und also auch alhier wol in demselben stehen
könne, daß sehe man aus 1 Cor. 12, 5. dabey
man zu conferiren hat Röm. 12, 8. 1 Cor.
12, 18.

9. Gleichwie das Wort des grossen GOt-
tes
ist, der Apostel auch alle geistliche Gaben
vorher GOtt zugeschrieben hat, so will er auch
alle öffentliche Kirchen-Aemter aus der göttli-
chen Gnaden-Kraft geführet wissen, und hält
unsere eigene Natur-Kräfte dazu nicht hinläng-
lich. GOtt soll das Vermögen darreichen,
wie er auch thut. Welches demnach dem Pha-
risaismo
und Pelagianismo engegen stehet.

10. Es ist aber wohl zu mercken, daß GOtt

seine

Cap. 4. v. 11. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] (nichts als den lautern Rath GOttes vortrage,
und zwar in aller Lauterkeit.) So iemand ein
(von dem oͤffentlichen Lehr-Amte noch unter-
ſchiedenes, oder auch eben daſſelbe) Amt hat,
daß ers thue als aus dem Vermoͤgen, das
GOtt darreichet, auf daß in allen Dingen
GOtt gepreiſet werde durch JEſum Chriſt,
welchem ſey Ehre und Gewalt von Ewig-
keit zu Ewigkeit amen!

Anmerckungen.

1. Der Apoſtel ſiehet mit dieſen Worten
auf das ordentliche Lehr-Amt, nachdem er vor-
her von der allen Kirch-Gliedern zukommenden
wuͤrdigen Anwendung der geiſtlichen Gaben ge-
redet hat. Und ſo muß es auch ſeyn: es muß
keines weges der Lehrſtand nur allein mit geiſt-
lichen Dingen umgehen: er muß aber doch auch
in ſeinem rechten Werthe bleiben. Und dazu
hilft gar viel, wenn die, welche darinnen ſtehen,
ſich ſo verhalten, wie ſie ſollen. Da hingegen
die groſſe Verachtung des Lehr-Amts am mei-
ſten von ſo vielen unwuͤrdigen Lehrern herruͤh-
ret.

2. Es gehoͤren zwar zum Lehr-Amte un-
terſchiedliche Stuͤcke: das allerfuͤrnehmſte aber
beſtehet im Vortrage des goͤttlichen Worts, dar-
um es davon auch billig ſeine Benennung hat:
und darauf ſiehet auch Petrus alhier mit dem
Worte reden. 1 Tim. 5, 17. heißt es: arbei-
ten im Worte und in der Lehre.
Siehe
auch Roͤm. 12, 6. 1 Cor. 8, 10. c. 12, 29.

3. Das Reden aber ſoll nicht allein oͤf-
fentlich,
ſondern auch beſonders geſchehen,
nach aller gegebnen, theils auch geſuchten Ge-
legenheit. Es iſt leicht geſaget: dic & libera-
ſti animam tuam,
ſage es, ſo haſt du deine
Seele errettet.
Denn es fraget ſich, wie man
es geſaget habe? Ein Hirte ſiehet auch auf ein ie-
des Schaf inſonderheit. Es ſind nicht allein
krancke, ſondern auch geſunde zu beſuchen. Be-
ſorget man, die Reichen und Fuͤrnehmen moͤch-
ten es uͤbel nehmen; ſo fange man bey den Ar-
men und Niedrigen an; die werden es, daß ſich
der Lehrer, den ſie hoͤher halten, als ſich ſelbſt,
im leutſeligen Evangeliſchen Geiſte zu ihnen her-
unter laͤßt, ihm Danck wiſſen, und bitten, er moͤ-
ge doch bald wiederkommen.

4. Das Wort GOttes, λόγια τοῦ Θεοῦ, iſt
das Wort, das nicht allein von GOtt handelt,
ſondern auch von GOtt herruͤhret, von GOtt
eingegeben und in die Schriften verfaſſet iſt:
an welchem wir einen unſchaͤtzbaren Schatz ha-
ben; zumal da zu dem Prophetiſchen Worte
auch das apoſtoliſche gekommen iſt. Es iſt
aber auch GOttes Wort, alles was ein Lehrer
mit ſeinen eignen Worten zur mehrern Erklaͤ-
rung vortraͤget, wenn es dem goͤttlichen Worte
gemaͤß iſt.

5. Zu dem reden aber gehoͤret nicht allein
der Vortrag an ſich ſelbſt, ſondern auch die
rechte Application nach allen uſibus 2 Tim. 3,
16. Roͤm. 15, 4. wie es dem erkannten geiſtlichen
Zuſtande der Zuhoͤrer gemaͤß iſt. Und das heißt
denn das Wort der Wahrheit recht thei-
[Spaltenumbruch] len,
2 Tim. 2, 15. Wozu gewißlich kein unbe-
kehrter Lehrer recht tuͤchtig iſt, ob er wol viel
wahres und gutes vortragen kan: ſondern dazu
gehoͤret die Salbung und eigene Erfahrung.
Wer in der Application auf ſich ſelbſt verfeh-
let; zumal alſo, daß er ſich fuͤr bekehrt haͤlt, und
iſt es doch nicht: wie will er ſolche bey andern
recht treffen; ſintemal er ſie auch fuͤr ſchon Be-
kehrte anſiehet, und mit dem Evangelio einen
neuen Lappen auf ihr altes Kleid des alten Men-
ſchen ſetzet, und den Riß nur aͤrger machet.
Matth. 9, 16.

6. Soll ein Lehrer GOttes Wort reden,
ſo ſoll er es allein oder rein reden, und es mit
Jrrthuͤmern und Menſchen-Satzungen nicht
vermengen, noch verfaͤlſchen. Er kan wol dazu
eine merckwuͤrdige Geſchicht anfuͤhren, ſich auch
eines geſchickten Gleichniſſes zur Erlaͤuterung
bedienen; aber er muß doch kein Hiſtorien-
Prediger ſeyn, noch ſonſt das an ſich kraͤftige
Wort der Wahrheit mit affectirter Kunſt
menſchlicher Wohlredenheit und Weisheit ent-
kraͤften. 1 Cor. 2.

7. Es iſt aber auch dieſes noch nicht genug,
daß man das lautere Wort GOttes, ſo wie es
an ſich iſt, vortrage; ſondern es muß auch gere-
det werden ὡς als GOttes Wort, das iſt, ehr-
erbietig, nachdruͤcklich
und in der heiligen
Furcht vor GOTT, daß man erwege, weſſen
Wort, und in weſſen Namen man rede. Es
muß demnach bey dem reinen Worte GOttes
auch die Art des Vortrages goͤttlich ſeyn. Pau-
lus nennet es 2 Cor. 6, 17. reden, als aus Lau-
terkeit, als aus GOtt vor GOtt in Chriſto
JEſu,
und alſo in Beweiſung des Geiſtes
und der Kraft.
1 Cor. 2, 4.

8. Das διακονει῀ν, welches Lutherus mit
dem gemeinen Worte ein Amt haben gege-
ben hat, verſtehet man alhier nicht unfuͤglich von
ſolchen diaconis, oder Kirchen-Dienern, wel-
che die Lehrer und Vorſteher der Kirchen zu ih-
rem Beyſtande hatten, ſonderlich in ſolchen
Dingen, welche auf aͤuſſerliche Ordnungen und
auf Verpflegung der Armen, auch Beſuchung
der Krancken gingen: dabey ſie gleichfals viele
Gelegenheit hatten mit GOttes Wort auch zur
Erbauung anderer umzugehen, und ſich dadurch
auch zum Lehr-Amte ſelbſt tuͤchtig zu machen.
Man ſehe von ihnen Phil. 1, 1. 1 Tim. 3, 8. u. f.
daß aber das Wort διακονία und διακονει῀ν in ei-
nem weitlaͤuftigern Verſtande genommen wer-
de, und alſo auch alhier wol in demſelben ſtehen
koͤnne, daß ſehe man aus 1 Cor. 12, 5. dabey
man zu conferiren hat Roͤm. 12, 8. 1 Cor.
12, 18.

9. Gleichwie das Wort des groſſen GOt-
tes
iſt, der Apoſtel auch alle geiſtliche Gaben
vorher GOtt zugeſchrieben hat, ſo will er auch
alle oͤffentliche Kirchen-Aemter aus der goͤttli-
chen Gnaden-Kraft gefuͤhret wiſſen, und haͤlt
unſere eigene Natur-Kraͤfte dazu nicht hinlaͤng-
lich. GOtt ſoll das Vermoͤgen darreichen,
wie er auch thut. Welches demnach dem Pha-
riſaismo
und Pelagianismo engegen ſtehet.

10. Es iſt aber wohl zu mercken, daß GOtt

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[567/0569] Cap. 4. v. 11. des erſten Briefes Petri. (nichts als den lautern Rath GOttes vortrage, und zwar in aller Lauterkeit.) So iemand ein (von dem oͤffentlichen Lehr-Amte noch unter- ſchiedenes, oder auch eben daſſelbe) Amt hat, daß ers thue als aus dem Vermoͤgen, das GOtt darreichet, auf daß in allen Dingen GOtt gepreiſet werde durch JEſum Chriſt, welchem ſey Ehre und Gewalt von Ewig- keit zu Ewigkeit amen! Anmerckungen. 1. Der Apoſtel ſiehet mit dieſen Worten auf das ordentliche Lehr-Amt, nachdem er vor- her von der allen Kirch-Gliedern zukommenden wuͤrdigen Anwendung der geiſtlichen Gaben ge- redet hat. Und ſo muß es auch ſeyn: es muß keines weges der Lehrſtand nur allein mit geiſt- lichen Dingen umgehen: er muß aber doch auch in ſeinem rechten Werthe bleiben. Und dazu hilft gar viel, wenn die, welche darinnen ſtehen, ſich ſo verhalten, wie ſie ſollen. Da hingegen die groſſe Verachtung des Lehr-Amts am mei- ſten von ſo vielen unwuͤrdigen Lehrern herruͤh- ret. 2. Es gehoͤren zwar zum Lehr-Amte un- terſchiedliche Stuͤcke: das allerfuͤrnehmſte aber beſtehet im Vortrage des goͤttlichen Worts, dar- um es davon auch billig ſeine Benennung hat: und darauf ſiehet auch Petrus alhier mit dem Worte reden. 1 Tim. 5, 17. heißt es: arbei- ten im Worte und in der Lehre. Siehe auch Roͤm. 12, 6. 1 Cor. 8, 10. c. 12, 29. 3. Das Reden aber ſoll nicht allein oͤf- fentlich, ſondern auch beſonders geſchehen, nach aller gegebnen, theils auch geſuchten Ge- legenheit. Es iſt leicht geſaget: dic & libera- ſti animam tuam, ſage es, ſo haſt du deine Seele errettet. Denn es fraget ſich, wie man es geſaget habe? Ein Hirte ſiehet auch auf ein ie- des Schaf inſonderheit. Es ſind nicht allein krancke, ſondern auch geſunde zu beſuchen. Be- ſorget man, die Reichen und Fuͤrnehmen moͤch- ten es uͤbel nehmen; ſo fange man bey den Ar- men und Niedrigen an; die werden es, daß ſich der Lehrer, den ſie hoͤher halten, als ſich ſelbſt, im leutſeligen Evangeliſchen Geiſte zu ihnen her- unter laͤßt, ihm Danck wiſſen, und bitten, er moͤ- ge doch bald wiederkommen. 4. Das Wort GOttes, λόγια τοῦ Θεοῦ, iſt das Wort, das nicht allein von GOtt handelt, ſondern auch von GOtt herruͤhret, von GOtt eingegeben und in die Schriften verfaſſet iſt: an welchem wir einen unſchaͤtzbaren Schatz ha- ben; zumal da zu dem Prophetiſchen Worte auch das apoſtoliſche gekommen iſt. Es iſt aber auch GOttes Wort, alles was ein Lehrer mit ſeinen eignen Worten zur mehrern Erklaͤ- rung vortraͤget, wenn es dem goͤttlichen Worte gemaͤß iſt. 5. Zu dem reden aber gehoͤret nicht allein der Vortrag an ſich ſelbſt, ſondern auch die rechte Application nach allen uſibus 2 Tim. 3, 16. Roͤm. 15, 4. wie es dem erkannten geiſtlichen Zuſtande der Zuhoͤrer gemaͤß iſt. Und das heißt denn das Wort der Wahrheit recht thei- len, 2 Tim. 2, 15. Wozu gewißlich kein unbe- kehrter Lehrer recht tuͤchtig iſt, ob er wol viel wahres und gutes vortragen kan: ſondern dazu gehoͤret die Salbung und eigene Erfahrung. Wer in der Application auf ſich ſelbſt verfeh- let; zumal alſo, daß er ſich fuͤr bekehrt haͤlt, und iſt es doch nicht: wie will er ſolche bey andern recht treffen; ſintemal er ſie auch fuͤr ſchon Be- kehrte anſiehet, und mit dem Evangelio einen neuen Lappen auf ihr altes Kleid des alten Men- ſchen ſetzet, und den Riß nur aͤrger machet. Matth. 9, 16. 6. Soll ein Lehrer GOttes Wort reden, ſo ſoll er es allein oder rein reden, und es mit Jrrthuͤmern und Menſchen-Satzungen nicht vermengen, noch verfaͤlſchen. Er kan wol dazu eine merckwuͤrdige Geſchicht anfuͤhren, ſich auch eines geſchickten Gleichniſſes zur Erlaͤuterung bedienen; aber er muß doch kein Hiſtorien- Prediger ſeyn, noch ſonſt das an ſich kraͤftige Wort der Wahrheit mit affectirter Kunſt menſchlicher Wohlredenheit und Weisheit ent- kraͤften. 1 Cor. 2. 7. Es iſt aber auch dieſes noch nicht genug, daß man das lautere Wort GOttes, ſo wie es an ſich iſt, vortrage; ſondern es muß auch gere- det werden ὡς als GOttes Wort, das iſt, ehr- erbietig, nachdruͤcklich und in der heiligen Furcht vor GOTT, daß man erwege, weſſen Wort, und in weſſen Namen man rede. Es muß demnach bey dem reinen Worte GOttes auch die Art des Vortrages goͤttlich ſeyn. Pau- lus nennet es 2 Cor. 6, 17. reden, als aus Lau- terkeit, als aus GOtt vor GOtt in Chriſto JEſu, und alſo in Beweiſung des Geiſtes und der Kraft. 1 Cor. 2, 4. 8. Das διακονει῀ν, welches Lutherus mit dem gemeinen Worte ein Amt haben gege- ben hat, verſtehet man alhier nicht unfuͤglich von ſolchen diaconis, oder Kirchen-Dienern, wel- che die Lehrer und Vorſteher der Kirchen zu ih- rem Beyſtande hatten, ſonderlich in ſolchen Dingen, welche auf aͤuſſerliche Ordnungen und auf Verpflegung der Armen, auch Beſuchung der Krancken gingen: dabey ſie gleichfals viele Gelegenheit hatten mit GOttes Wort auch zur Erbauung anderer umzugehen, und ſich dadurch auch zum Lehr-Amte ſelbſt tuͤchtig zu machen. Man ſehe von ihnen Phil. 1, 1. 1 Tim. 3, 8. u. f. daß aber das Wort διακονία und διακονει῀ν in ei- nem weitlaͤuftigern Verſtande genommen wer- de, und alſo auch alhier wol in demſelben ſtehen koͤnne, daß ſehe man aus 1 Cor. 12, 5. dabey man zu conferiren hat Roͤm. 12, 8. 1 Cor. 12, 18. 9. Gleichwie das Wort des groſſen GOt- tes iſt, der Apoſtel auch alle geiſtliche Gaben vorher GOtt zugeſchrieben hat, ſo will er auch alle oͤffentliche Kirchen-Aemter aus der goͤttli- chen Gnaden-Kraft gefuͤhret wiſſen, und haͤlt unſere eigene Natur-Kraͤfte dazu nicht hinlaͤng- lich. GOtt ſoll das Vermoͤgen darreichen, wie er auch thut. Welches demnach dem Pha- riſaismo und Pelagianismo engegen ſtehet. 10. Es iſt aber wohl zu mercken, daß GOtt ſeine

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/569>, abgerufen am 25.11.2024.