[Spaltenumbruch]
der Liebe Christi und der Wohlthat, welche sich in der Versöhnung Christi hervorgethan hat. Davon es Röm. 5, 6. u. f. heißt: Auch Chri- stus, da wir noch schwach waren nach der Zeit, ist für uns Gottlosen gestorben: nun stirbet kaum iemand um des Rechts wil- len - - Darum preiset GOTT seine Liebe gegen uns, daß Christus für uns gestor- ben ist, da wir noch Sünder waren. u. f.
5. Wenn Christus der Gerechte genen- net wird, so wird damit nach dem Grunde seiner wesentlichen Gerechtigkeit und Heiligkeit, welche im alten Testamente an den Opfern und Prie- stern, daß sie ohne allen natürlichen, oder leibli- chen, Fehl seyn musten, ist vorgebildet worden, unter andern sonderlich gesehen auf den Ort Jes. 53, 11. da der himmlische Vater, als der Rich- ter, von ihm saget: durch sein Erkenntniß (durch den Glauben an ihn) wird er, mein Knecht, der Gerechte, viel gerecht ma- chen: denn er träget ihre Sünde. Wo- mit zugleich angezeiget wird, wozu uns seine we- sentliche Gerechtigkeit, (nachdem er dieselbe zum Versöhn-Opfer, um demselben das rechte Ge- wicht zu geben, also angewendet hat, daß daher die er worbene Mittler-Amts-Gerechtigkeit ent- standen ist) diene, nemlich zu unserer Gerechtig- keit, und der daher erwachsenden Vergebung der Sünden. Daher er Jer. 23, 5. 6. c. 33, 14. 15. mit grossem Nachdrucke den Namen führet: Der HErr, der unsere Gerechtigkeit ist. Darum auch Paulus 1 Cor. 1, 30. saget, daß er uns von GOtt gemachet sey zur Gerechtig- keit: und 2 Cor. 5, 21. daß wir sollen in ihm seyn die Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt. Diß ist die Gerechtigkeit, in welcher die Braut des Lammes ihren rechten Schmuck hat Off. 6, 11. c. 7, 14. c. 19, 7. 8.
6. Mit den Worten: ina emas prosagage to Theo, daß er uns GOtt opferte, oder zu GOtt führete, wird zuvorderst gesehen auf diese Beschaffenheit des Opfers Christi, daß er es nicht für sich selbst, oder für seine Person, als die keiner Versöhnung gebrauchte, sondern für uns darge- bracht: nemlich er ist, als der Bürge und Mittler, an die Stelle des gantzen menschlichen Ge- schlechts getreten, hat alle desselben Sünden- Schuld und Strafe über sich genommen, und also in seiner Person zugleich das gantze mensch- liche Geschlecht GOtt zur Versöhnung dargestel- let, daß es so gültig ist, als hätte ein ieder sich selbst bey GOtt versöhnen können. Welche Dar- stellung denn einen solchen offenen Weg zum Gnaden-Thron gebahnet hat, daß Christus da- her der Weg zum Vater heißt Joh. 14, 6. und daher Paulus spricht Röm. 5, 2. Durch Chri- stum haben wir im Glauben einen Zugang zu dieser Gnade, darinn wir stehen: und Eph. 2, 18. Durch Christum haben wir den Zugang alle beyde (Juden und Heyden) zum Vater. Siehe deßgleichen c. 3, 12. Hebr. 4, 16. c. 10, 19.
7. Durch das Wort Fleisch wird die menschliche Natur Christi bezeichnet, und also [Spaltenumbruch]
benennet von ihrem sichtbaren Theile, dem Lei- be; sintemal derselbe auch nur eigentlich des Todes fähig war, und im Tode von der unsterb- lichen Seele Christi getrennet ist; als von welcher er sagte: Vater in deine Hände befehle ich meinen Geist. Luc. 23, 46. Von dem Worte Fleisch sehe man in gleichem Verstande auch die Oerter Joh. 1, 14. Röm. 1, 3. c. 9, 5. 1 Pet. 4, 1.
8. Gleichwie nun die menschliche Natur mit dem Worte Fleisch bezeichnet wird: also wird die göttliche durch das Wort Geist ver- standen: sintemal Christus nach derselben mit dem Vater und dem Heiligen Geiste eines We- sens ist, und daher billig auch ein Geist heißt, nemlich ein unendlicher Geist; da GOtt seinem Wesen nach ein Geist ist, und die ihn anbeten wollen, ihn daher auch im Geiste, auf eine seiner geistlichen Natur gemässe Art anbeten sollen Joh. 4, 24. Jn gleichem Verstande wird das Wort Geist auch von Christo gebrauchet Röm. 1, 4. Hebr. 9, 14.
9. Es ist aber der Unterscheid zwischen den beyden Sätzen wohl zu mercken, wenn es heißt: Christus ist getödtet nach dem Fleische: und: Christus ist lebendig gemachet nach dem Geiste. Denn nach dem ersten Satze hat sich die menschliche Natur nur passive ver- halten, und ist, wie des Todes, also auch der Auferweckung fähig gewesen: aber nach dem andern Satze hat sich die göttliche Natur active erwiesen, also daß die erweckende Kraft von ihr selbst nicht weniger hergerühret ist, als von der Kraft des Vaters, da Christus mit dem Vater und dem Heiligen Geiste eines Wesens, und also auch einer und gleicher göttlichen Kraft ist. Da- her er sich die Auferweckung auch selbst zuschrei- bet Joh. 2, 19. c. 10, 17. 18. c. 11, 24. seinen Apo- steln auch die Macht ertheilet hat Todten zu erwe- cken, die er selbst am jüngsten Tage erwecken wird Joh. 5, 28. 29.
V. 19. 20.
Jn demselben (Geiste) ist er auch hin- gegangen, und hat geprediget den Gei- stern im Gefängniß: die etwa nicht gläu- beten, da GOTT einsmals hartete, und Geduld hatte, zu den Zeiten Noä, da man die Arche zurüstete, in welcher we- nig, das ist, acht Seelen (Noa mit seinem Weibe, mit seinen drey Söhnen und ihren Wei- bern) behalten wurden durchs Wasser (als welches, da es andere hinwegraffete, den Kasten aufhub, und hernach im Trocknen wieder nie- dersatzte.)
Anmerckungen.
1. Es ist dieses ein sehr schwerer Ort, den ich noch nicht recht einsehe und also auch davon dem Leser meine eigene Erkenntniß in keiner ge- nugsamen Gewißheit sagen kan. Jch will dem- nach, ohne mich in die Recension der vielerley Meynungen, welche man bey den Interpreti- bus über diesen Text findet, einzulassen, nur zwo hierher setzen: nemlich erstlich die neueste, zum theil auch nicht ungemeine, und denn die
älte-
A a a a 3
Cap. 3. v. 18-20. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]
der Liebe Chriſti und der Wohlthat, welche ſich in der Verſoͤhnung Chriſti hervorgethan hat. Davon es Roͤm. 5, 6. u. f. heißt: Auch Chri- ſtus, da wir noch ſchwach waren nach der Zeit, iſt fuͤr uns Gottloſen geſtorben: nun ſtirbet kaum iemand um des Rechts wil- len ‒ ‒ Darum preiſet GOTT ſeine Liebe gegen uns, daß Chriſtus fuͤr uns geſtor- ben iſt, da wir noch Suͤnder waren. u. f.
5. Wenn Chriſtus der Gerechte genen- net wird, ſo wird damit nach dem Grunde ſeiner weſentlichen Gerechtigkeit und Heiligkeit, welche im alten Teſtamente an den Opfern und Prie- ſtern, daß ſie ohne allen natuͤrlichen, oder leibli- chen, Fehl ſeyn muſten, iſt vorgebildet worden, unter andern ſonderlich geſehen auf den Ort Jeſ. 53, 11. da der himmliſche Vater, als der Rich- ter, von ihm ſaget: durch ſein Erkenntniß (durch den Glauben an ihn) wird er, mein Knecht, der Gerechte, viel gerecht ma- chen: denn er traͤget ihre Suͤnde. Wo- mit zugleich angezeiget wird, wozu uns ſeine we- ſentliche Gerechtigkeit, (nachdem er dieſelbe zum Verſoͤhn-Opfer, um demſelben das rechte Ge- wicht zu geben, alſo angewendet hat, daß daher die er worbene Mittler-Amts-Gerechtigkeit ent- ſtanden iſt) diene, nemlich zu unſerer Gerechtig- keit, und der daher erwachſenden Vergebung der Suͤnden. Daher er Jer. 23, 5. 6. c. 33, 14. 15. mit groſſem Nachdrucke den Namen fuͤhret: Der HErr, der unſere Gerechtigkeit iſt. Darum auch Paulus 1 Cor. 1, 30. ſaget, daß er uns von GOtt gemachet ſey zur Gerechtig- keit: und 2 Cor. 5, 21. daß wir ſollen in ihm ſeyn die Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt. Diß iſt die Gerechtigkeit, in welcher die Braut des Lammes ihren rechten Schmuck hat Off. 6, 11. c. 7, 14. c. 19, 7. 8.
6. Mit den Worten: ἵνα ἡμᾶς προσαγάγη τῷ Θεῷ, daß er uns GOtt opferte, oder zu GOtt fuͤhrete, wird zuvorderſt geſehen auf dieſe Beſchaffenheit des Opfers Chriſti, daß er es nicht fuͤr ſich ſelbſt, oder fuͤr ſeine Perſon, als die keiner Verſoͤhnung gebrauchte, ſondern fuͤr uns darge- bracht: nemlich er iſt, als der Buͤrge und Mittler, an die Stelle des gantzen menſchlichen Ge- ſchlechts getreten, hat alle deſſelben Suͤnden- Schuld und Strafe uͤber ſich genommen, und alſo in ſeiner Perſon zugleich das gantze menſch- liche Geſchlecht GOtt zur Verſoͤhnung dargeſtel- let, daß es ſo guͤltig iſt, als haͤtte ein ieder ſich ſelbſt bey GOtt verſoͤhnen koͤnnen. Welche Dar- ſtellung denn einen ſolchen offenen Weg zum Gnaden-Thron gebahnet hat, daß Chriſtus da- her der Weg zum Vater heißt Joh. 14, 6. und daher Paulus ſpricht Roͤm. 5, 2. Durch Chri- ſtum haben wir im Glauben einen Zugang zu dieſer Gnade, darinn wir ſtehen: und Eph. 2, 18. Durch Chriſtum haben wir den Zugang alle beyde (Juden und Heyden) zum Vater. Siehe deßgleichen c. 3, 12. Hebr. 4, 16. c. 10, 19.
7. Durch das Wort Fleiſch wird die menſchliche Natur Chriſti bezeichnet, und alſo [Spaltenumbruch]
benennet von ihrem ſichtbaren Theile, dem Lei- be; ſintemal derſelbe auch nur eigentlich des Todes faͤhig war, und im Tode von der unſterb- lichen Seele Chriſti getrennet iſt; als von welcher er ſagte: Vater in deine Haͤnde befehle ich meinen Geiſt. Luc. 23, 46. Von dem Worte Fleiſch ſehe man in gleichem Verſtande auch die Oerter Joh. 1, 14. Roͤm. 1, 3. c. 9, 5. 1 Pet. 4, 1.
8. Gleichwie nun die menſchliche Natur mit dem Worte Fleiſch bezeichnet wird: alſo wird die goͤttliche durch das Wort Geiſt ver- ſtanden: ſintemal Chriſtus nach derſelben mit dem Vater und dem Heiligen Geiſte eines We- ſens iſt, und daher billig auch ein Geiſt heißt, nemlich ein unendlicher Geiſt; da GOtt ſeinem Weſen nach ein Geiſt iſt, und die ihn anbeten wollen, ihn daher auch im Geiſte, auf eine ſeiner geiſtlichen Natur gemaͤſſe Art anbeten ſollen Joh. 4, 24. Jn gleichem Verſtande wird das Wort Geiſt auch von Chriſto gebrauchet Roͤm. 1, 4. Hebr. 9, 14.
9. Es iſt aber der Unterſcheid zwiſchen den beyden Saͤtzen wohl zu mercken, wenn es heißt: Chriſtus iſt getoͤdtet nach dem Fleiſche: und: Chriſtus iſt lebendig gemachet nach dem Geiſte. Denn nach dem erſten Satze hat ſich die menſchliche Natur nur paſſive ver- halten, und iſt, wie des Todes, alſo auch der Auferweckung faͤhig geweſen: aber nach dem andern Satze hat ſich die goͤttliche Natur active erwieſen, alſo daß die erweckende Kraft von ihr ſelbſt nicht weniger hergeruͤhret iſt, als von der Kraft des Vaters, da Chriſtus mit dem Vater und dem Heiligen Geiſte eines Weſens, und alſo auch einer und gleicher goͤttlichen Kraft iſt. Da- her er ſich die Auferweckung auch ſelbſt zuſchrei- bet Joh. 2, 19. c. 10, 17. 18. c. 11, 24. ſeinen Apo- ſteln auch die Macht ertheilet hat Todten zu erwe- cken, die er ſelbſt am juͤngſten Tage erwecken wird Joh. 5, 28. 29.
V. 19. 20.
Jn demſelben (Geiſte) iſt er auch hin- gegangen, und hat geprediget den Gei- ſtern im Gefaͤngniß: die etwa nicht glaͤu- beten, da GOTT einsmals hartete, und Geduld hatte, zu den Zeiten Noaͤ, da man die Arche zuruͤſtete, in welcher we- nig, das iſt, acht Seelen (Noa mit ſeinem Weibe, mit ſeinen drey Soͤhnen und ihren Wei- bern) behalten wurden durchs Waſſer (als welches, da es andere hinwegraffete, den Kaſten aufhub, und hernach im Trocknen wieder nie- derſatzte.)
Anmerckungen.
1. Es iſt dieſes ein ſehr ſchwerer Ort, den ich noch nicht recht einſehe und alſo auch davon dem Leſer meine eigene Erkenntniß in keiner ge- nugſamen Gewißheit ſagen kan. Jch will dem- nach, ohne mich in die Recenſion der vielerley Meynungen, welche man bey den Interpreti- bus uͤber dieſen Text findet, einzulaſſen, nur zwo hierher ſetzen: nemlich erſtlich die neueſte, zum theil auch nicht ungemeine, und denn die
aͤlte-
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[557/0559]
Cap. 3. v. 18-20. des erſten Briefes Petri.
der Liebe Chriſti und der Wohlthat, welche ſich
in der Verſoͤhnung Chriſti hervorgethan hat.
Davon es Roͤm. 5, 6. u. f. heißt: Auch Chri-
ſtus, da wir noch ſchwach waren nach der
Zeit, iſt fuͤr uns Gottloſen geſtorben: nun
ſtirbet kaum iemand um des Rechts wil-
len ‒ ‒ Darum preiſet GOTT ſeine Liebe
gegen uns, daß Chriſtus fuͤr uns geſtor-
ben iſt, da wir noch Suͤnder waren.
u. f.
5. Wenn Chriſtus der Gerechte genen-
net wird, ſo wird damit nach dem Grunde ſeiner
weſentlichen Gerechtigkeit und Heiligkeit, welche
im alten Teſtamente an den Opfern und Prie-
ſtern, daß ſie ohne allen natuͤrlichen, oder leibli-
chen, Fehl ſeyn muſten, iſt vorgebildet worden,
unter andern ſonderlich geſehen auf den Ort
Jeſ. 53, 11. da der himmliſche Vater, als der Rich-
ter, von ihm ſaget: durch ſein Erkenntniß
(durch den Glauben an ihn) wird er, mein
Knecht, der Gerechte, viel gerecht ma-
chen: denn er traͤget ihre Suͤnde. Wo-
mit zugleich angezeiget wird, wozu uns ſeine we-
ſentliche Gerechtigkeit, (nachdem er dieſelbe zum
Verſoͤhn-Opfer, um demſelben das rechte Ge-
wicht zu geben, alſo angewendet hat, daß daher
die er worbene Mittler-Amts-Gerechtigkeit ent-
ſtanden iſt) diene, nemlich zu unſerer Gerechtig-
keit, und der daher erwachſenden Vergebung der
Suͤnden. Daher er Jer. 23, 5. 6. c. 33, 14. 15.
mit groſſem Nachdrucke den Namen fuͤhret:
Der HErr, der unſere Gerechtigkeit iſt.
Darum auch Paulus 1 Cor. 1, 30. ſaget, daß er
uns von GOtt gemachet ſey zur Gerechtig-
keit: und 2 Cor. 5, 21. daß wir ſollen in ihm
ſeyn die Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt.
Diß iſt die Gerechtigkeit, in welcher die Braut
des Lammes ihren rechten Schmuck hat Off. 6,
11. c. 7, 14. c. 19, 7. 8.
6. Mit den Worten: ἵνα ἡμᾶς προσαγάγη
τῷ Θεῷ, daß er uns GOtt opferte, oder zu
GOtt fuͤhrete, wird zuvorderſt geſehen auf dieſe
Beſchaffenheit des Opfers Chriſti, daß er es nicht
fuͤr ſich ſelbſt, oder fuͤr ſeine Perſon, als die keiner
Verſoͤhnung gebrauchte, ſondern fuͤr uns darge-
bracht: nemlich er iſt, als der Buͤrge und Mittler,
an die Stelle des gantzen menſchlichen Ge-
ſchlechts getreten, hat alle deſſelben Suͤnden-
Schuld und Strafe uͤber ſich genommen, und
alſo in ſeiner Perſon zugleich das gantze menſch-
liche Geſchlecht GOtt zur Verſoͤhnung dargeſtel-
let, daß es ſo guͤltig iſt, als haͤtte ein ieder ſich ſelbſt
bey GOtt verſoͤhnen koͤnnen. Welche Dar-
ſtellung denn einen ſolchen offenen Weg zum
Gnaden-Thron gebahnet hat, daß Chriſtus da-
her der Weg zum Vater heißt Joh. 14, 6. und
daher Paulus ſpricht Roͤm. 5, 2. Durch Chri-
ſtum haben wir im Glauben einen Zugang
zu dieſer Gnade, darinn wir ſtehen: und
Eph. 2, 18. Durch Chriſtum haben wir den
Zugang alle beyde (Juden und Heyden) zum
Vater. Siehe deßgleichen c. 3, 12. Hebr. 4, 16.
c. 10, 19.
7. Durch das Wort Fleiſch wird die
menſchliche Natur Chriſti bezeichnet, und alſo
benennet von ihrem ſichtbaren Theile, dem Lei-
be; ſintemal derſelbe auch nur eigentlich des
Todes faͤhig war, und im Tode von der unſterb-
lichen Seele Chriſti getrennet iſt; als von welcher
er ſagte: Vater in deine Haͤnde befehle ich
meinen Geiſt. Luc. 23, 46. Von dem Worte
Fleiſch ſehe man in gleichem Verſtande auch die
Oerter Joh. 1, 14. Roͤm. 1, 3. c. 9, 5. 1 Pet. 4, 1.
8. Gleichwie nun die menſchliche Natur
mit dem Worte Fleiſch bezeichnet wird: alſo
wird die goͤttliche durch das Wort Geiſt ver-
ſtanden: ſintemal Chriſtus nach derſelben mit
dem Vater und dem Heiligen Geiſte eines We-
ſens iſt, und daher billig auch ein Geiſt heißt,
nemlich ein unendlicher Geiſt; da GOtt ſeinem
Weſen nach ein Geiſt iſt, und die ihn anbeten
wollen, ihn daher auch im Geiſte, auf eine ſeiner
geiſtlichen Natur gemaͤſſe Art anbeten ſollen Joh.
4, 24. Jn gleichem Verſtande wird das Wort
Geiſt auch von Chriſto gebrauchet Roͤm. 1, 4.
Hebr. 9, 14.
9. Es iſt aber der Unterſcheid zwiſchen den
beyden Saͤtzen wohl zu mercken, wenn es heißt:
Chriſtus iſt getoͤdtet nach dem Fleiſche:
und: Chriſtus iſt lebendig gemachet nach
dem Geiſte. Denn nach dem erſten Satze
hat ſich die menſchliche Natur nur paſſive ver-
halten, und iſt, wie des Todes, alſo auch der
Auferweckung faͤhig geweſen: aber nach dem
andern Satze hat ſich die goͤttliche Natur active
erwieſen, alſo daß die erweckende Kraft von ihr
ſelbſt nicht weniger hergeruͤhret iſt, als von der
Kraft des Vaters, da Chriſtus mit dem Vater
und dem Heiligen Geiſte eines Weſens, und alſo
auch einer und gleicher goͤttlichen Kraft iſt. Da-
her er ſich die Auferweckung auch ſelbſt zuſchrei-
bet Joh. 2, 19. c. 10, 17. 18. c. 11, 24. ſeinen Apo-
ſteln auch die Macht ertheilet hat Todten zu erwe-
cken, die er ſelbſt am juͤngſten Tage erwecken
wird Joh. 5, 28. 29.
V. 19. 20.
Jn demſelben (Geiſte) iſt er auch hin-
gegangen, und hat geprediget den Gei-
ſtern im Gefaͤngniß: die etwa nicht glaͤu-
beten, da GOTT einsmals hartete, und
Geduld hatte, zu den Zeiten Noaͤ, da
man die Arche zuruͤſtete, in welcher we-
nig, das iſt, acht Seelen (Noa mit ſeinem
Weibe, mit ſeinen drey Soͤhnen und ihren Wei-
bern) behalten wurden durchs Waſſer (als
welches, da es andere hinwegraffete, den Kaſten
aufhub, und hernach im Trocknen wieder nie-
derſatzte.)
Anmerckungen.
1. Es iſt dieſes ein ſehr ſchwerer Ort, den
ich noch nicht recht einſehe und alſo auch davon
dem Leſer meine eigene Erkenntniß in keiner ge-
nugſamen Gewißheit ſagen kan. Jch will dem-
nach, ohne mich in die Recenſion der vielerley
Meynungen, welche man bey den Interpreti-
bus uͤber dieſen Text findet, einzulaſſen, nur
zwo hierher ſetzen: nemlich erſtlich die neueſte,
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/559>, abgerufen am 29.06.2024.
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