Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 2. v. 21-23. des ersten Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
ein Vorbild gelassen, daß ihr sollet nach-folgen seinen Fußstapfen, lieget ein gedop- peltes Gleichniß: das eine ist hergenommen von einer Vorschrift, welche man zur guten Hand im Schreiben vor Augen hat, das andere von ei- nem Wege im gehen. Wenn die Rede voll wä- re, so würde es also lauten: Er hat uns ein Vor- bild gelassen und ist uns damit also vorgegangen, daß ihr euch nach dem Vorbilde richten und sei- nen Fußstapfen nachfolgen sollet. 7. Die Vorschrift unsers Heylandes ha- 8. Es gehören zur Calligraphie, zum 9. Hat man nun die nöthigen Kräfte, so 10. Mit dem Gleichnisse vom Wege hat 11. Man findet in diesem gedoppelten 12. Man hat in dem von den Evangelisten 13. Es behält zwar unser Meister und Vor- 14. Haben die Jünger der alten sectirischen V. 22. 23. Welcher keine Sünde gethan hat, ist Anmerckungen. 1. Diese Worte sind meistentheils genom- 2. Hat nun unser Heyland zuweilen einige 3. Christus hielte sich unter dem Leiden hat Z z z
Cap. 2. v. 21-23. des erſten Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
ein Vorbild gelaſſen, daß ihr ſollet nach-folgen ſeinen Fußſtapfen, lieget ein gedop- peltes Gleichniß: das eine iſt hergenommen von einer Vorſchrift, welche man zur guten Hand im Schreiben vor Augen hat, das andere von ei- nem Wege im gehen. Wenn die Rede voll waͤ- re, ſo wuͤrde es alſo lauten: Er hat uns ein Vor- bild gelaſſen und iſt uns damit alſo vorgegangen, daß ihr euch nach dem Vorbilde richten und ſei- nen Fußſtapfen nachfolgen ſollet. 7. Die Vorſchrift unſers Heylandes ha- 8. Es gehoͤren zur Calligraphie, zum 9. Hat man nun die noͤthigen Kraͤfte, ſo 10. Mit dem Gleichniſſe vom Wege hat 11. Man findet in dieſem gedoppelten 12. Man hat in dem von den Evangeliſten 13. Es behaͤlt zwar unſer Meiſter und Vor- 14. Haben die Juͤnger der alten ſectiriſchen V. 22. 23. Welcher keine Suͤnde gethan hat, iſt Anmerckungen. 1. Dieſe Worte ſind meiſtentheils genom- 2. Hat nun unſer Heyland zuweilen einige 3. Chriſtus hielte ſich unter dem Leiden hat Z z z
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Cap. 2. v. 21-23. des erſten Briefes Petri.
ein Vorbild gelaſſen, daß ihr ſollet nach-
folgen ſeinen Fußſtapfen, lieget ein gedop-
peltes Gleichniß: das eine iſt hergenommen von
einer Vorſchrift, welche man zur guten Hand
im Schreiben vor Augen hat, das andere von ei-
nem Wege im gehen. Wenn die Rede voll waͤ-
re, ſo wuͤrde es alſo lauten: Er hat uns ein Vor-
bild gelaſſen und iſt uns damit alſo vorgegangen,
daß ihr euch nach dem Vorbilde richten und ſei-
nen Fußſtapfen nachfolgen ſollet.
7. Die Vorſchrift unſers Heylandes ha-
ben wir zuvorderſt an dem gantzen Moral-Ge-
ſetze und an deſſelben Erlaͤuterung, wie es in den
Schriften Moſis, der Propheten, und Apoſtel
lieget. Und dieſes vollkommene Muſter hat er
an ſeinem eigenen Exempel, als an einem leben-
digen Geſetze, aufs vollkommneſte erwieſen. Und
ob wir gleich es dieſer Vorſchrift nicht gleich
thun koͤnnen, ſo muß es doch zu einer immer meh-
rern Aehnlichkeit bey uns kommen.
8. Es gehoͤren zur Calligraphie, zum
Schoͤnſchreiben, drey Stuͤcke, erſtlich eine gute
Vorſchrift hernach eine geſunde Hand, und
denn auch eine fleißige Ubung. Es iſt demnach
nicht genug, das Geſetz und Chriſti Exempel zur
Vorſchrift vor ſich zunehmen; ſondern es koͤmmt
dabey zuvorderſt auf das geiſtliche Leben und auf
die mitgetheilete Gnaden-Kraͤfte an. Denn
was wuͤrde einem bey einer verdorreten, oder ge-
laͤhmten Hand die beſte Vorſchrift nutzen? Alſo
ſtehet es aber bey uns von Natur in geiſtlichen
Dingen. Man muß demnach zuvorderſt um
das rechte geiſtliche Vormoͤgen, das zur Nach-
folge erfordert wird, bemuͤhet ſehn. Und dieſes
hat Petrus vorher c. 1, 3. 11. c. 2, 9. durch die
Wiedergeburt beſchrieben. Denn dadurch
uͤberkoͤmmt man den wahren geiſtlichen Sinn
Chriſti, und mit demſelben ſolche Kraͤfte, daß
man ihm nachfolgen kan und will.
9. Hat man nun die noͤthigen Kraͤfte, ſo
iſt allerdings eine beſtaͤndige Ubung noͤthig,
daß es damit, wie im Nachſchreiben, zu einer
Fertigkeit und immer mehrern Vollkommenheit
komme. Und dieſer Fleiß in der Nachfolge iſt
denn eben der vorher c 1, 15. 17. anbefohlne heilige
und erbauliche Wandel.
10. Mit dem Gleichniſſe vom Wege hat
es gleiche Beſchaffenheit: nemlich es gehoͤren
zum Nachtritte der Fußſtapfen geſunde Fuͤſſe
mit einer wircklichen Beſchaͤftigung im gehen.
Und alſo muͤſſen auch alhier alle drey Stuͤcke bey
einander ſeyn. Wer ohne Vorſchrift von ſich
ſelbſt ſchreiben lernet, machet wunderliche Zuͤge:
und wer an einem unbekannten Orte ohne Fuß-
ſtapfen, oder Wege und ohne Wegweiſer ge-
het, der gehet irre.
11. Man findet in dieſem gedoppelten
Gleichniß eine ſchoͤne und ſehr nothwendige Ver-
bindung des Geſetzes und des Evangelii.
Die Vorſchrift und die Fußſtapfen gehoͤren
zum Geſetze, aber das Vermoͤgen die Hand
zum ſchreiben zu regen, und den Fuß zum gehen
zu bewegen zum Evangelio. Eines kan und
muß ohne das andere nicht ſeyn.
12. Man hat in dem von den Evangeliſten
beſchriebenen Leben Chriſti auf alle ſeine Worte,
Geberden, und Handlungen wohl Achtung zu
geben, und ſie gleichſam als lauter lebendige
Buchſtaben und Fußſtapfen zur Nachfolge anzu-
ſehen, und ſich darinnen wohl zu uͤben.
13. Es behaͤlt zwar unſer Meiſter und Vor-
gaͤnger, Chriſtus, einen unendlichen Vorzug vor
allen ſeinen Gliedern, und hat manches gethan,
darinn ihm kein Menſch nachfolgen kan; und al-
ſo iſt das gantze Werck der Verſoͤhnung beſchaf-
fen: aber dabey bleibet uns doch ſonſt an ſich die
Nachfolge nicht allein noͤthig, ſondern auch
moͤglich.
14. Haben die Juͤnger der alten ſectiriſchen
Philoſophorum ihren Lehrmeiſtern nachgefol-
get, und ſich ſolche Nachfolge zur Ehre gerechnet;
warum ſolte ein Chriſte Chriſto, von dem er ſei-
nen Namen fuͤhret, nicht vielmehr nachfolgen.
Man ſehe von dieſer Nachfolge, wie er ſie ſelbſt
fordert, und wie ſie von ſeinen Apoſteln gefordert
wird Matth. 11, 29. 30. c. 16, 24. Joh. 13, 15. Roͤm.
8, 29. 30. Phil. 2, 5. 1 Theſſ. 3, 3. 1 Pet. 3, 17. 18.
1 Joh. 2, 6. Off. 14, 4.
V. 22. 23.
Welcher keine Suͤnde gethan hat, iſt
auch kein Betrug in ſeinem Munde erfun-
den: welcher nicht wieder ſchalt, da er
geſcholten ward, nicht draͤuete, da er
litte, er ſtellete es aber dem heim, der da
recht richtet.
Anmerckungen.
1. Dieſe Worte ſind meiſtentheils genom-
men aus dem 53 Cap. des Propheten Jeſaiaͤ,
welches eines der fuͤrnehmſten iſt von dem Mitt-
ler-Amte Chriſti. Und mit den verneinenden
Redens-Arten wird geſehen auf das, was ſich
bey Menſchen von der Suͤnde im Hertzen, im
Munde und Worten, in den Geberden und in
Wercken zu befinden pfleget: davon bey Chriſto
in allen Stuͤcken das Gegentheil geweſen iſt. Und
wie konte es auch anders ſeyn, da er wahrer GOtt
war, und die gantze Fuͤlle der Gottheit leibhaftig
in ſeiner menſchlichen Natur wohnete. Es war
dieſe vollkommene Heiligkeit Chriſti im alten
Teſtamente unter andern an den Opfern, die oh-
ne allen Fehl ſeyn muſten, vorgebildet. Man ſe-
he von dieſer Vollkommenheit Chriſti die Oerter
Jeſ. 53, 7. 9. Joh. 8, 46. 48. 2 Cor. 5, 21. Hebr.
4, 15. c. 7, 26. u. ſ. w.
2. Hat nun unſer Heyland zuweilen einige
harte Worte geredet, wie da ſonderlich zu ſehen
iſt in der wider die Phariſaͤer gerichteten ſcharfen
Predigt Matth. 23. ſo ſind doch ſolche aus kei-
nem Grunde der Ungeduld und der Rache gekom-
men, ſondern ſie ſind nach ſeinem Prophetiſchen
Amte noͤthig geweſen. Dannenhero man auch
wohl, nach der Sachen Beſchaffenheit, ohne
Verletzung der Liebe und Sanftmuth, einige
ernſtliche und harte Worte ſprechen kan: doch
hat man ſich allezeit dabey zu pruͤfen, was ſie fuͤr
einen Grund, Form und Zweck haben.
3. Chriſtus hielte ſich unter dem Leiden
nach dem Principio der Liebe und Geduld; er
hat
Z z z
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