Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 13-16. [Spaltenumbruch]
ihres äusserlichen Wandels angenommen, odersie schon aus dem Juden- und Heydenthum zum Christenthum mit gebracht hatten, so war es doch um mancher Leute willen nöthig, auch der Hey- den und der Obern selbst, als welchen die Aposto- lischen Briefe ohne Zweifel sind zu Gesichte kom- men. Und also hatten die Christen darinn für sich eine Schutz-Schrift wider diejenige Läste- rung, da sie für unruhige Leute ausgeschrien wurden. 5. Es haben auch die Apostolischen Ermah- 6. Ubelthäter sind alhier eigentlich solche, 7. Man hat die bürgerliche Frömmigkeit, V. 15. Denn das ist der Wille GOttes, daß Anmerckungen. 1. Die Feinde und Lästerer sind nicht allein 2. Es ist aber nicht genug, daß man nicht 3. Es ist eine wunderbare Sache um das 4. Daß, wenn man böses mit gutem ver- V. 16. Als die Freyen, und nicht, als hättet Anmerckungen. 1. Die Christliche, oder von Christo erwor- a. Von der Schuld und Strafe, auch Herr- schaft der Sünden. b. Von dem Joche des Ceremonial-Gesetzes, und von dem Fluche des Moral-Gesetzes. c. Von dem gerechten Zorn GOttes. d. Von der Gewalt des Teufels. e. Von allem Gewissens-Zwange in Glau- bens-Sachen, und in dem, was wider das Gewissen lauft. 2. Gleichwie es nun aber zu gehen pfleget, nicht
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 13-16. [Spaltenumbruch]
ihres aͤuſſerlichen Wandels angenommen, oderſie ſchon aus dem Juden- und Heydenthum zum Chriſtenthum mit gebracht hatten, ſo war es doch um mancher Leute willen noͤthig, auch der Hey- den und der Obern ſelbſt, als welchen die Apoſto- liſchen Briefe ohne Zweifel ſind zu Geſichte kom- men. Und alſo hatten die Chriſten darinn fuͤr ſich eine Schutz-Schrift wider diejenige Laͤſte- rung, da ſie fuͤr unruhige Leute ausgeſchrien wurden. 5. Es haben auch die Apoſtoliſchen Ermah- 6. Ubelthaͤter ſind alhier eigentlich ſolche, 7. Man hat die buͤrgerliche Froͤmmigkeit, V. 15. Denn das iſt der Wille GOttes, daß Anmerckungen. 1. Die Feinde und Laͤſterer ſind nicht allein 2. Es iſt aber nicht genug, daß man nicht 3. Es iſt eine wunderbare Sache um das 4. Daß, wenn man boͤſes mit gutem ver- V. 16. Als die Freyen, und nicht, als haͤttet Anmerckungen. 1. Die Chriſtliche, oder von Chriſto erwor- a. Von der Schuld und Strafe, auch Herr- ſchaft der Suͤnden. b. Von dem Joche des Ceremonial-Geſetzes, und von dem Fluche des Moral-Geſetzes. c. Von dem gerechten Zorn GOttes. d. Von der Gewalt des Teufels. e. Von allem Gewiſſens-Zwange in Glau- bens-Sachen, und in dem, was wider das Gewiſſen lauft. 2. Gleichwie es nun aber zu gehen pfleget, nicht
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 13-16.
ihres aͤuſſerlichen Wandels angenommen, oder
ſie ſchon aus dem Juden- und Heydenthum zum
Chriſtenthum mit gebracht hatten, ſo war es doch
um mancher Leute willen noͤthig, auch der Hey-
den und der Obern ſelbſt, als welchen die Apoſto-
liſchen Briefe ohne Zweifel ſind zu Geſichte kom-
men. Und alſo hatten die Chriſten darinn fuͤr
ſich eine Schutz-Schrift wider diejenige Laͤſte-
rung, da ſie fuͤr unruhige Leute ausgeſchrien
wurden.
5. Es haben auch die Apoſtoliſchen Ermah-
nungen bey den Chriſten ſo vielen Eindruck be-
kommen und behalten, daß ſie ſich, wenn ſie auf
Obrigkeitliche Befehle in den groſſen Verfol-
gungen aufs haͤrteſte bedraͤnget wurden, niemals
widerſetzet haben, ob ſie gleich ſo ſtarck waren,
daß ſie hier und da ein Heer von vielen Tauſen-
den haͤtten zuſammen bringen und Gewalt mit
Gewalt vertreiben koͤnnen: dagegen ſie ſich aber
wie die Schlacht-Schafe in aller Gelaſſenheit
und Geduld gehalten haben. Daher Tertul-
lianus in ſeiner herrlichen Schutz-Schrift fuͤr
die Chriſten c. 3. mit aller Freudigkeit ſchreiben
konte: Nos ad Deum expanſos ungulæ fodi-
ant, cruces ſuſpendant, ignes lambant, gladii
guttura detruncent, beſtiæ inſiliant, paratus
eſt ad omne ſupplicium ipſe habitus orantis
Chriſtiani.
6. Ubelthaͤter ſind alhier eigentlich ſolche,
welche mit ihren Miſſethaten auch andern in der
menſchlichen Geſellſchaft ſchaͤdlich ſind. Es kan
doch aber auch anderen groben Laſtern, z. E. dem
uͤbermaͤßigen Saufen und dergleichen durch hohe
Obrigkeitliche Verordnungen einiger maſſen ge-
ſteuret werden.
7. Man hat die buͤrgerliche Froͤmmigkeit,
die darinn beſtehet, daß man einem aͤuſſerlich
nichts boͤſes nachſagen und einen noch vielweni-
ger einer Ubelthat wegen bey der Obrigkeit in
Strafe bringen kan, von der wahren Gottſelig-
keit wohl zu unterſcheiden, und ſich auf jene nicht
zu verlaſſen, wie von vielen zu geſchehen pfleget.
Bey einem Chriſten iſt beydes, das innere mit
dem aͤuſſern.
V. 15.
Denn das iſt der Wille GOttes, daß
ihr mit Wohlthun verſtopfet die Unwiſ-
ſenheit (und dabey die Bosheit, welche durch
den Mund mit Laͤſter-Worten ausbricht) der
thoͤrichten Menſchen.
Anmerckungen.
1. Die Feinde und Laͤſterer ſind nicht allein
boshaftige, ſondern auch gemeiniglich unwiſ-
ſende Leute. Und ob denn gleich ihre Unwiſ-
ſenheit ſo groß und verſchuldet iſt, daß ſie gar kei-
ne Entſchuldigung verdienet; ſo hat man ſie
doch deßwegen als Mitleidens-wuͤrdige Leute
anzuſehen. Wie einem denn dieſes ein ſtarcker
Bewegungs-Grund ſeyn kan zur Liebe gegen die
Feinde, wenn man erweget, daß ſie ſind perſo-
næ miſerabiles, Erbarmungs-wuͤrdige elende
Leute; als welche eben damit, daß ſie einen un-
ſchuldiger und harter Weiſe druͤcken, ein groſſes
Straf-Gerichte GOttes auf ſich haben, und,
wenn ſie ſich nicht bekehren, ewig verloren gehen.
Wenn man ſich nun dieſes vorſtellet, ſo iſts nicht
wohl moͤglich, daß man mit ihnen zuͤrne, oder
unwillig auf ſie ſey. Und kan man dabey die
Hoffnung haben, daß ſie noch in der Zeit umkeh-
ren, ſo wird einen dieſe Hoffnung ſo vielweniger
zur Rache, oder zur Ungeduld kommen laſſen,
ſondern einen vielmehr antreiben, daß man ihnen
durch ſeine Geduld dazu Anlaß gebe.
2. Es iſt aber nicht genug, daß man nicht
boͤſes mit boͤſem vergelte ſondern auch noͤthig, fuͤr
das boͤſe gutes zu erweiſen. Hat man dazu
keine andere Gelegenheit, ſo hat man ſie doch
zum wenigſten im Gebet: darauf uns auch un-
ſer Heyland weiſet Matth. 5, 44.
3. Es iſt eine wunderbare Sache um das
Gewiſſen des Menſchen. Denn es fuͤhlet die
Beſtrafung oft vielmehr, als man es gedencket;
auch ſo gar, daß man wie aͤuſſerlich durch die Un-
ſchuld, alſo innerlich durch die Zuͤchtigung des
Gewiſſens, (davon auch die Gottloſen nicht frey
ſind) zum Stillſchweigen gebracht wird.
4. Daß, wenn man boͤſes mit gutem ver-
gilt, gemeiniglich eine gute Wirckung hat, koͤmmt
ſonderlich daher, weil der Gottloſe den Gottſeli-
gen nach ſich ſelbſt beurtheilet, und dannenhero,
wenn er ihn drucket, von ihm nichts weniger ver-
muthet und erwartet, als das Wohlthun. Er-
faͤhret ers aber doch, ſo ſetzet es ihn in ſo viel meh-
rere Beſchaͤmung.
V. 16.
Als die Freyen, und nicht, als haͤttet
ihr die Freyheit zum Deckel der Bosheit,
ſondern als die Knechte GOttes.
Anmerckungen.
1. Die Chriſtliche, oder von Chriſto erwor-
bene Freyheit iſt ein groſſes, vielfaches und un-
ſchaͤtzbares geiſtliches Gut, ja ein rechtes Haupt-
Gut, welches viele andere in ſich faſſet. Wie
vielfach diß Gut ſey, kan man daraus erkennen,
wenn man erweget, wovon man durch Chriſtum
frey gemachet ſey, nemlich
a. Von der Schuld und Strafe, auch Herr-
ſchaft der Suͤnden.
b. Von dem Joche des Ceremonial-Geſetzes,
und von dem Fluche des Moral-Geſetzes.
c. Von dem gerechten Zorn GOttes.
d. Von der Gewalt des Teufels.
e. Von allem Gewiſſens-Zwange in Glau-
bens-Sachen, und in dem, was wider das
Gewiſſen lauft.
2. Gleichwie es nun aber zu gehen pfleget,
daß ie edler eine Sache iſt, ie haͤufiger und ſchnoͤ-
der iſt der Mißbrauch; alſo gehet es auch mit der
Chriſtlichen Freyheit, daß ſie theils nicht recht er-
kannt, theils auch verkehret, oder uͤbel applici-
ret wird: und ſonderlich diejenige, welche wir
haben von der Suͤnden Schuld und Strafe und
von dem Fluche des Geſetzes. Denn da kan es
leichtlich geſchehen, daß man die Freyheit auch
auf den ſchuldigen Gehorſam appliciret, und
meynet, man ſey auch davon frey gemachet, und
nicht
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