Und führet einen guten Wandel un- ter den Heyden, auf daß die, so von euch afterreden, als von Ubelthätern, eure gute Wercke sehen und (in der Ordnung der Be- kehrung, wozu sie durch euer gutes Exempel veranlasset werden) GOtt preisen, wenns nun an den Tag kommen wird, (Gr. am Ta- ge der Heimsuchung, nemlich der gnädigen, zu ihrer Bekehrung, da ihre Lästerungen nach de- müthigster Abbitte in lauter Lob GOttes wer- den verwandelt werden.)
Anmerckungen.
1. Ob die ersten Christen gleich um die Zeit dieses geschriebenen Briefes noch keine recht gros- se, vielweniger allgemeine Verfolgung gehabt haben, so hat es ihnen doch nicht an Leiden ge- fehlet, wie wir bereits bey dem ersten Capitel ge- sehen, und hernach noch mit mehrern sehen wer- den. Am meisten kam es auf Haß und Läste- rungen an, da man theils der Christen ihre Leh- re, theils ihren Gottesdienst, theils ihr Le- ben mit den gehäßigsten Beschuldigungen bele- get hat: denn theils pflegte man das, was an sich recht und eine Tugend war, für ein Laster auszu- geben, z. E. ihren Glauben für eine Leichtgläu- bigkeit, ihre Standhaftigkeit für einen hals- starrigen Sinn u. s. w. theils bezüchtigte man sie grober, und dabey heimlicher Missethaten, aber ohne allen Grund und Erweis: theils rechnete man ihnen zu, was einige Menschen von zerrütte- ten Sinnen bey dem Mißbrauch der Christlichen Religion übels entweder geredet, oder gethan hatten.
2. Und was ists wunder, daß es den ersten Christen unter den Heyden und Juden also ge- gangen ist? Findet man doch wohl dergleichen auch unter den Christen selbst, daß die, welche von der Art Cains sind, die Brüder Abels hassen, und verfolgen; zum wenigsten mit allerhand fal- schen Beschuldigungen verunglimpfen.
3. Es ist kein besseres Mittel, Lästerungen zu widerlegen, als mit der That, wenn man nem- lich das Gegentheil von dem, wessen man be- schuldiget wird, erweiset. Daher der Apostel diesen Weg, die Schmähungen niederzuschlagen, c. 3, 16. noch mit mehrern einschärfet, wenn er spricht: Habt ein gut Gewissen, aufdaß die, so von euch afterreden, als von Ubelthä- tern, zu schanden werden, daß sie geschmä- het haben euren guten Wandel in Christo.
4. Ein rechtschaffner Christen-Wandel muß auch die Bekehrung anderer zum Zweck ha- ben. GOtt giebt auch Gnade, daß er bey man- chen erhalten wird: nemlich es wird dadurch der Lästerer beschämet, und, wo er nicht gantz ver- härtet ist, von seinem Gewissen dergestalt bestra- fet, daß es ihm heimlich leid wird, wenn er es schon mit dem Munde nicht gestehet. Und hin- gegen wird ihm die Christliche Religion, als eine reine und heilige Lehre so beliebt gemacht, daß er anfänget, davon gerne zu hören und zu reden. [Und] also gehet bey ihm damit die Heimsuchung [Spaltenumbruch]
GOttes an, daß mancher gewonnen wird. Da- zu denn insonderheit die Christlichen Weiber ih- ren noch Jüdischen, oder Heydnischen Männern mit ihrem Christlichen Wandel beförderlich seyn solten.
5. Je mehr unbekehrte Leute, und sonder- lich solche, die da Feinde und rechte Laurer sind, welche auf alle Achtung geben, und alles censi- ren, auch um einen sind, je mehr muß man sich in acht nehmen, und nicht allein das böse, sondern auch bösen Schein meiden.
V. 13. 14.
Seyd unterthan aller menschlichen Ordnung (Obrigkeitlichen Stande) um des HERRN Willen (der ein GOtt der Ord- nung ist, und auf dessen Verunehrung es hinaus- laufen wurde, wenn ihr euch der Obrigkeit nicht gehörig unterwerfen woltet) es sey dem Köni- ge (dem Römischen Käyser) als dem Obersten (Oberhaupte des gantzen Römischen Reichs) oder den Haupt-Leuten (Statthaltern, Landpflegern, Amtleuten, Richtern, u. s. w. und darunter den Höhern und Niedrigern) als den Gesandten (Verordneten) von ihm, zur Rache über die Ubelthäter, und zu Lobe den Frommen (zu ihrem Schutze, auch zur Erweisung vieler Gnade, welches ein wirck- liches Lob ist: gleichwie die Bestrafung der Ubel- thaten gegen die Ubelthäter ein wircklicher Be- weis der Ungnade ist.)
Anmerckungen.
1. Das Wort ktisis, welches der sel. Lu- therus durch Ordnung übersetzet hat, läßt sich am besten nach dem Latinismo erklären, da creare soviel ist, als machen, bestellen, er- wehlen, z. E. creare regem, consulem einen König, einen Burgermeister erwehlen, oder da- zu machen, setzen. Und also ist ktis[fremdsprachliches Material] gleichsam ein moralisches von Menschen gemachtes Ge- schöpfe, welches gar wohl von dem Obrigkeitli- chen Stande kan gesaget werden.
2. Der HERR, um dessent willen die Christen der Obrigkeit sich unterwerfen sollen, ist der Heyland der Welt; als der mit einer beson- dern Zueignung diesen Namen führet: der auch selbst gesaget hat: Gebet dem Käyser, was des Käysers ist Matth. 22, 21. es auch mit sei- nem eigenen Exempel bezeuget hat. Matth. 17, 27. Ein mehrers von dieser Materie siehe Röm. 13, 1. u. f.
3. Es hatten zwar die Christen noch ande- re Ursachen ihrer Unterthänigkeit gegen die Obrig- keit, nemlich eben diejenigen, welche alle ihre Mitbürger unter den Heyden und Juden hatten: aber ausser denselben führet sie der Apostel auf den Grund, welchen sie vor jenen besonders hatten, nemlich auf den Willen ihres Heylandes, und auf den Zweck, ihm und seinem Evangelio keinen Anstoß bey den Heyden zu setzen.
4. Es war viel daran gelegen, daß den Christen die Pflicht gegen die Obern fleißig ein- geschärft wurde: daher es der Apostel v. 17. aufs neue wiederholet. Denn obgleich sie schon so fort vom Anfange dieses als eine Grund-Regel
ihres
Y y y 3
Cap. 2. v. 12. 13. 14. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]
V. 12.
Und fuͤhret einen guten Wandel un- ter den Heyden, auf daß die, ſo von euch afterreden, als von Ubelthaͤtern, eure gute Wercke ſehen und (in der Ordnung der Be- kehrung, wozu ſie durch euer gutes Exempel veranlaſſet werden) GOtt preiſen, wenns nun an den Tag kommen wird, (Gr. am Ta- ge der Heimſuchung, nemlich der gnaͤdigen, zu ihrer Bekehrung, da ihre Laͤſterungen nach de- muͤthigſter Abbitte in lauter Lob GOttes wer- den verwandelt werden.)
Anmerckungen.
1. Ob die erſten Chriſten gleich um die Zeit dieſes geſchriebenen Briefes noch keine recht groſ- ſe, vielweniger allgemeine Verfolgung gehabt haben, ſo hat es ihnen doch nicht an Leiden ge- fehlet, wie wir bereits bey dem erſten Capitel ge- ſehen, und hernach noch mit mehrern ſehen wer- den. Am meiſten kam es auf Haß und Laͤſte- rungen an, da man theils der Chriſten ihre Leh- re, theils ihren Gottesdienſt, theils ihr Le- ben mit den gehaͤßigſten Beſchuldigungen bele- get hat: denn theils pflegte man das, was an ſich recht und eine Tugend war, fuͤr ein Laſter auszu- geben, z. E. ihren Glauben fuͤr eine Leichtglaͤu- bigkeit, ihre Standhaftigkeit fuͤr einen hals- ſtarrigen Sinn u. ſ. w. theils bezuͤchtigte man ſie grober, und dabey heimlicher Miſſethaten, aber ohne allen Grund und Erweis: theils rechnete man ihnen zu, was einige Menſchen von zerruͤtte- ten Sinnen bey dem Mißbrauch der Chriſtlichen Religion uͤbels entweder geredet, oder gethan hatten.
2. Und was iſts wunder, daß es den erſten Chriſten unter den Heyden und Juden alſo ge- gangen iſt? Findet man doch wohl dergleichen auch unter den Chriſten ſelbſt, daß die, welche von der Art Cains ſind, die Bruͤder Abels haſſen, und verfolgen; zum wenigſten mit allerhand fal- ſchen Beſchuldigungen verunglimpfen.
3. Es iſt kein beſſeres Mittel, Laͤſterungen zu widerlegen, als mit der That, wenn man nem- lich das Gegentheil von dem, weſſen man be- ſchuldiget wird, erweiſet. Daher der Apoſtel dieſen Weg, die Schmaͤhungen niederzuſchlagen, c. 3, 16. noch mit mehrern einſchaͤrfet, wenn er ſpricht: Habt ein gut Gewiſſen, aufdaß die, ſo von euch afterreden, als von Ubelthaͤ- tern, zu ſchanden werden, daß ſie geſchmaͤ- het haben euren guten Wandel in Chriſto.
4. Ein rechtſchaffner Chriſten-Wandel muß auch die Bekehrung anderer zum Zweck ha- ben. GOtt giebt auch Gnade, daß er bey man- chen erhalten wird: nemlich es wird dadurch der Laͤſterer beſchaͤmet, und, wo er nicht gantz ver- haͤrtet iſt, von ſeinem Gewiſſen dergeſtalt beſtra- fet, daß es ihm heimlich leid wird, wenn er es ſchon mit dem Munde nicht geſtehet. Und hin- gegen wird ihm die Chriſtliche Religion, als eine reine und heilige Lehre ſo beliebt gemacht, daß er anfaͤnget, davon gerne zu hoͤren und zu reden. [Und] alſo gehet bey ihm damit die Heimſuchung [Spaltenumbruch]
GOttes an, daß mancher gewonnen wird. Da- zu denn inſonderheit die Chriſtlichen Weiber ih- ren noch Juͤdiſchen, oder Heydniſchen Maͤnnern mit ihrem Chriſtlichen Wandel befoͤrderlich ſeyn ſolten.
5. Je mehr unbekehrte Leute, und ſonder- lich ſolche, die da Feinde und rechte Laurer ſind, welche auf alle Achtung geben, und alles cenſi- ren, auch um einen ſind, je mehr muß man ſich in acht nehmen, und nicht allein das boͤſe, ſondern auch boͤſen Schein meiden.
V. 13. 14.
Seyd unterthan aller menſchlichen Ordnung (Obrigkeitlichen Stande) um des HERRN Willen (der ein GOtt der Ord- nung iſt, und auf deſſen Verunehrung es hinaus- laufen wurde, wenn ihr euch der Obrigkeit nicht gehoͤrig unterwerfen woltet) es ſey dem Koͤni- ge (dem Roͤmiſchen Kaͤyſer) als dem Oberſten (Oberhaupte des gantzen Roͤmiſchen Reichs) oder den Haupt-Leuten (Statthaltern, Landpflegern, Amtleuten, Richtern, u. ſ. w. und darunter den Hoͤhern und Niedrigern) als den Geſandten (Verordneten) von ihm, zur Rache uͤber die Ubelthaͤter, und zu Lobe den Frommen (zu ihrem Schutze, auch zur Erweiſung vieler Gnade, welches ein wirck- liches Lob iſt: gleichwie die Beſtrafung der Ubel- thaten gegen die Ubelthaͤter ein wircklicher Be- weis der Ungnade iſt.)
Anmerckungen.
1. Das Wort κτίσις, welches der ſel. Lu- therus durch Ordnung uͤberſetzet hat, laͤßt ſich am beſten nach dem Latiniſmo erklaͤren, da creare ſoviel iſt, als machen, beſtellen, er- wehlen, z. E. creare regem, conſulem einen Koͤnig, einen Burgermeiſter erwehlen, oder da- zu machen, ſetzen. Und alſo iſt κτίσ[fremdsprachliches Material] gleichſam ein moraliſches von Menſchen gemachtes Ge- ſchoͤpfe, welches gar wohl von dem Obrigkeitli- chen Stande kan geſaget werden.
2. Der HERR, um deſſent willen die Chriſten der Obrigkeit ſich unterwerfen ſollen, iſt der Heyland der Welt; als der mit einer beſon- dern Zueignung dieſen Namen fuͤhret: der auch ſelbſt geſaget hat: Gebet dem Kaͤyſer, was des Kaͤyſers iſt Matth. 22, 21. es auch mit ſei- nem eigenen Exempel bezeuget hat. Matth. 17, 27. Ein mehrers von dieſer Materie ſiehe Roͤm. 13, 1. u. f.
3. Es hatten zwar die Chriſten noch ande- re Urſachen ihrer Unterthaͤnigkeit gegen die Obrig- keit, nemlich eben diejenigen, welche alle ihre Mitbuͤrger unter den Heyden und Juden hatten: aber auſſer denſelben fuͤhret ſie der Apoſtel auf den Grund, welchen ſie vor jenen beſonders hatten, nemlich auf den Willen ihres Heylandes, und auf den Zweck, ihm und ſeinem Evangelio keinen Anſtoß bey den Heyden zu ſetzen.
4. Es war viel daran gelegen, daß den Chriſten die Pflicht gegen die Obern fleißig ein- geſchaͤrft wurde: daher es der Apoſtel v. 17. aufs neue wiederholet. Denn obgleich ſie ſchon ſo fort vom Anfange dieſes als eine Grund-Regel
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[541/0543]
Cap. 2. v. 12. 13. 14. des erſten Briefes Petri.
V. 12.
Und fuͤhret einen guten Wandel un-
ter den Heyden, auf daß die, ſo von euch
afterreden, als von Ubelthaͤtern, eure gute
Wercke ſehen und (in der Ordnung der Be-
kehrung, wozu ſie durch euer gutes Exempel
veranlaſſet werden) GOtt preiſen, wenns
nun an den Tag kommen wird, (Gr. am Ta-
ge der Heimſuchung, nemlich der gnaͤdigen, zu
ihrer Bekehrung, da ihre Laͤſterungen nach de-
muͤthigſter Abbitte in lauter Lob GOttes wer-
den verwandelt werden.)
Anmerckungen.
1. Ob die erſten Chriſten gleich um die Zeit
dieſes geſchriebenen Briefes noch keine recht groſ-
ſe, vielweniger allgemeine Verfolgung gehabt
haben, ſo hat es ihnen doch nicht an Leiden ge-
fehlet, wie wir bereits bey dem erſten Capitel ge-
ſehen, und hernach noch mit mehrern ſehen wer-
den. Am meiſten kam es auf Haß und Laͤſte-
rungen an, da man theils der Chriſten ihre Leh-
re, theils ihren Gottesdienſt, theils ihr Le-
ben mit den gehaͤßigſten Beſchuldigungen bele-
get hat: denn theils pflegte man das, was an ſich
recht und eine Tugend war, fuͤr ein Laſter auszu-
geben, z. E. ihren Glauben fuͤr eine Leichtglaͤu-
bigkeit, ihre Standhaftigkeit fuͤr einen hals-
ſtarrigen Sinn u. ſ. w. theils bezuͤchtigte man ſie
grober, und dabey heimlicher Miſſethaten, aber
ohne allen Grund und Erweis: theils rechnete
man ihnen zu, was einige Menſchen von zerruͤtte-
ten Sinnen bey dem Mißbrauch der Chriſtlichen
Religion uͤbels entweder geredet, oder gethan
hatten.
2. Und was iſts wunder, daß es den erſten
Chriſten unter den Heyden und Juden alſo ge-
gangen iſt? Findet man doch wohl dergleichen
auch unter den Chriſten ſelbſt, daß die, welche
von der Art Cains ſind, die Bruͤder Abels haſſen,
und verfolgen; zum wenigſten mit allerhand fal-
ſchen Beſchuldigungen verunglimpfen.
3. Es iſt kein beſſeres Mittel, Laͤſterungen
zu widerlegen, als mit der That, wenn man nem-
lich das Gegentheil von dem, weſſen man be-
ſchuldiget wird, erweiſet. Daher der Apoſtel
dieſen Weg, die Schmaͤhungen niederzuſchlagen,
c. 3, 16. noch mit mehrern einſchaͤrfet, wenn er
ſpricht: Habt ein gut Gewiſſen, aufdaß die,
ſo von euch afterreden, als von Ubelthaͤ-
tern, zu ſchanden werden, daß ſie geſchmaͤ-
het haben euren guten Wandel in
Chriſto.
4. Ein rechtſchaffner Chriſten-Wandel
muß auch die Bekehrung anderer zum Zweck ha-
ben. GOtt giebt auch Gnade, daß er bey man-
chen erhalten wird: nemlich es wird dadurch der
Laͤſterer beſchaͤmet, und, wo er nicht gantz ver-
haͤrtet iſt, von ſeinem Gewiſſen dergeſtalt beſtra-
fet, daß es ihm heimlich leid wird, wenn er es
ſchon mit dem Munde nicht geſtehet. Und hin-
gegen wird ihm die Chriſtliche Religion, als eine
reine und heilige Lehre ſo beliebt gemacht, daß er
anfaͤnget, davon gerne zu hoͤren und zu reden.
Und alſo gehet bey ihm damit die Heimſuchung
GOttes an, daß mancher gewonnen wird. Da-
zu denn inſonderheit die Chriſtlichen Weiber ih-
ren noch Juͤdiſchen, oder Heydniſchen Maͤnnern
mit ihrem Chriſtlichen Wandel befoͤrderlich
ſeyn ſolten.
5. Je mehr unbekehrte Leute, und ſonder-
lich ſolche, die da Feinde und rechte Laurer ſind,
welche auf alle Achtung geben, und alles cenſi-
ren, auch um einen ſind, je mehr muß man ſich in
acht nehmen, und nicht allein das boͤſe, ſondern
auch boͤſen Schein meiden.
V. 13. 14.
Seyd unterthan aller menſchlichen
Ordnung (Obrigkeitlichen Stande) um des
HERRN Willen (der ein GOtt der Ord-
nung iſt, und auf deſſen Verunehrung es hinaus-
laufen wurde, wenn ihr euch der Obrigkeit nicht
gehoͤrig unterwerfen woltet) es ſey dem Koͤni-
ge (dem Roͤmiſchen Kaͤyſer) als dem Oberſten
(Oberhaupte des gantzen Roͤmiſchen Reichs)
oder den Haupt-Leuten (Statthaltern,
Landpflegern, Amtleuten, Richtern, u. ſ. w.
und darunter den Hoͤhern und Niedrigern) als
den Geſandten (Verordneten) von ihm,
zur Rache uͤber die Ubelthaͤter, und zu
Lobe den Frommen (zu ihrem Schutze, auch
zur Erweiſung vieler Gnade, welches ein wirck-
liches Lob iſt: gleichwie die Beſtrafung der Ubel-
thaten gegen die Ubelthaͤter ein wircklicher Be-
weis der Ungnade iſt.)
Anmerckungen.
1. Das Wort κτίσις, welches der ſel. Lu-
therus durch Ordnung uͤberſetzet hat, laͤßt ſich
am beſten nach dem Latiniſmo erklaͤren, da
creare ſoviel iſt, als machen, beſtellen, er-
wehlen, z. E. creare regem, conſulem einen
Koͤnig, einen Burgermeiſter erwehlen, oder da-
zu machen, ſetzen. Und alſo iſt κτίσ_ gleichſam
ein moraliſches von Menſchen gemachtes Ge-
ſchoͤpfe, welches gar wohl von dem Obrigkeitli-
chen Stande kan geſaget werden.
2. Der HERR, um deſſent willen die
Chriſten der Obrigkeit ſich unterwerfen ſollen, iſt
der Heyland der Welt; als der mit einer beſon-
dern Zueignung dieſen Namen fuͤhret: der auch
ſelbſt geſaget hat: Gebet dem Kaͤyſer, was
des Kaͤyſers iſt Matth. 22, 21. es auch mit ſei-
nem eigenen Exempel bezeuget hat. Matth. 17,
27. Ein mehrers von dieſer Materie ſiehe Roͤm.
13, 1. u. f.
3. Es hatten zwar die Chriſten noch ande-
re Urſachen ihrer Unterthaͤnigkeit gegen die Obrig-
keit, nemlich eben diejenigen, welche alle ihre
Mitbuͤrger unter den Heyden und Juden hatten:
aber auſſer denſelben fuͤhret ſie der Apoſtel auf den
Grund, welchen ſie vor jenen beſonders hatten,
nemlich auf den Willen ihres Heylandes, und
auf den Zweck, ihm und ſeinem Evangelio keinen
Anſtoß bey den Heyden zu ſetzen.
4. Es war viel daran gelegen, daß den
Chriſten die Pflicht gegen die Obern fleißig ein-
geſchaͤrft wurde: daher es der Apoſtel v. 17. aufs
neue wiederholet. Denn obgleich ſie ſchon ſo
fort vom Anfange dieſes als eine Grund-Regel
ihres
Y y y 3
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/543>, abgerufen am 22.11.2024.
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