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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 9. des ersten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]

7. Zu dem besondern Vorzuge gehöre-
te das auf den Meßiam gerichtete Priester-
thum
und Königreich. Das Priesterthum
wurde zuerst verordnet, und dabey hätte es
auch bleiben können, sintemal es also eingerich-
tet war, daß der Hohepriester, nebst dem hohen
Collegio der Aeltesten, eine recht königliche
Würde und Auctorität hatte, also daß in ei-
ner Person das Königreich mit dem Priester-
thum verbunden war; wie wir auch am Mel-
chisedech
sehen. Und also war es ein könig-
liches Priesterthum,
und ein priesterliches
Königreich.
Und ob gleich hernach beyde
Aemter sind von einander unterschieden, oder
durch unterschiedene Personen geführet wor-
den; so blieb doch eine sehr hohe Auctorität bey
dem Hohenpriesterthum.

8. Dieses alles aber ließ GOtt dem Judi-
schen Volcke vor allen andern nur bloß zum
Vorbilde angedeyen; zum Vorbilde auf den
Meßiam und sein geistliches Reich. Denn so
der Meßias nur konte aus einem einigen Volcke
geboren werden, so war ein gewisses Volck vor
andern, ob es gleich nicht besser war, dazu zu
erwehlen, und durch eine besondere Form des
Regiments und Gottesdienstes von andern zu
unterscheiden, auch der Meßas demselben nicht
allein zu verheissen, sondern auch in Vorbildern
nach seinem Mittler-Amte und geistlichen Rei-
che abzuschatten. Wozu denn das königliche
Priesterthum mit allem, was dazu gehöret, son-
derlich genommen ist.

9. Nun müssen wir sehen, wie dieses auf
die Christen zu appliciren ist. Diese sind ein
auserwehlet Geschlecht, nicht zur Besitzung
des gelobten Landes, sondern des himmlischen
Canaans, und stehen vor allen andern Völ-
ckern in dem Bunde der Gnaden mit GOTT,
haben auch in der seligen Gemeinschaft mit ihm
die wahre Religion und darinnen den wahren
Gottesdienst. Und da es bey dortiger Erweh-
lung zum heiligen Volcke nur auf eine eintzige
Nation ankam, dazu zwar auch den übrigen
der Zugang offen stunde: so findet sich im neuen
Testamente gar kein Unterscheid unter den Völ-
ckern: sondern es heißt von allen: Wer an
ihn glaubet, der soll nicht zu schanden wer-
den.
Davon Paulus Röm. 3, 29. 30. saget:
Jst denn GOtt allein der Juden GOtt?
Jst er nicht auch der Heyden GOtt? Ja
freylich auch der Heyden GOtt: sintemal
er ist ein einiger GOtt, der da gerecht ma-
chet die Beschneidung aus dem Glauben
und die Vorhaut durch den Glauben.

10. Und hieraus ist auch leichtlich zu erken-
nen, warum sie auch heissen: das heilige
Volck, das Volck des Eigenthums:
nem-
lich weil sie sich die von Christo geschehene Heili-
gung, das ist Versöhnung und Erwerbung des
Heyls zueignen, und zwar also, daß sie sich da-
durch wie gerecht, also auch heilig machen las-
sen, und ihm, als die erlösete Glieder, die sein
geistlicher Leib sind, als sein Eigenthum anhan-
gen, und an statt des irdischen Canaans, nach c. 1,
4. ein unvergängliches, unbeflecktes und unver-
[Spaltenumbruch] welckliches Erbe, das im Himmel behalten wird,
überkommen. Siehe auch Tit. 2, 14.

11. Und dabey sind sie denn auch ein kö-
nigliches Priesterthum:
nach welchem sie
zuvorderst Christum für ihren König und Hohen-
priester erkennen, und wie sein Versöhn-Opfer
sich in der Ordnung der geistlichen Salbung zur
Gerechtigkeit und allem Heyl zueignen, also
auch seinen Königlichen Scepter küssen und sich
von ihm regieren lassen. Jn welcher Ordnung
sie denn auch selbst sind geistliche Priester, wel-
che GOtt im Heiligthum der gläubigen Gemein-
schaft mit ihren geistlichen Opfern dienen, wie
zuvor v. 5. gesaget ist: und dabey die hohe Würde
des geistlichen Gnaden-Reichs und künftigen
Reichs der Herrlichkeit haben: also daß sie nicht
allein Unterthanen, sondern auch Reichs-Genos-
sen Christi sind nach 1 Cor. 6, 2. 3. Off. 1, 5. 6. c.
3, 21. c. 5, 9. 10.

12. Was nun der königlichen Priester ih-
re Pflicht betrift, so sollen sie verkündigen die
Tugend deß, der sie berufen hat von der Finster-
niß zu seinem wunderbaren Licht: dabey wir fol-
gendes zu mercken haben:

a. Daß in dieser Beschreibung GOttes die Tu-
genden GOttes
sind seine wesentlichen
Eigenschaften.
Denn da die Tugenden bey
einem Menschen von der Beschaffenheit nicht
sind, daß sie zum Wesen des Menschen gehö-
ren; sintemal er sie verlieren und wieder an-
nehmen kan; wie wir sonderlich aus dem
Sünden-Fall erkennen: so sind sie hingegen
in GOtt und bey GOtt wesentlich, nemlich
seine Wahrheit, Weisheit, Liebe, Gna-
de, Gerechtigkeit, Allmacht
u. s. w. Die-
se Eigenschaften sind GOttes wesentliche Tu-
genden.
b. Daß es der göttlichen Tugenden oder Voll-
kommenheiten Art also mit sich bringet, daß sie
sich gegen die Menschen durch gewisse Wercke
im Reiche der Gnaden beweisen: und daß die
Gläubigen solchen Erweis an sich in wirckli-
cher Erfahrung bisher erkannt hatten.
c. Daß auf diese ihre Erfahrung gesehen wird
in den Worten: Der euch berufen hat von
der Finsterniß, zu seinem wunderbaren
Lichte,
als womit der Apostel das Werck ih-
rer ehemaligen Bekehrung beschreibet, und
damit eben das saget, oder bekräftiget, was er
c. 1, 3. 22. c. 2, 3. von der Wiedergeburt ge-
saget hatte. Da er denn den Stand der
Sünden benennet von der Finsterniß und
dadurch das Reich des Satans mit aller sei-
ner Gewalt, welche er durch die Sünde über
den Menschen hat, verstehet; dem Reiche
GOttes
aber, als dem Reiche der Gnaden,
die Benennung giebet von dem Lichte, und
zwar einem recht wunderbaren, das ist, gar
herrlichen und vortreflichen, darinnen sich ein
Zusammenfluß von allen Heyls-Gütern fin-
det; gleichwie in der Finsterniß eine Sam-
lung ist aller Unseligkeit. Und zu dem Licht
waren sie berufen, das ist dergestalt einge-
laden auf Seiten GOttes, daß auch auf ihrer
Seiten
Y y y 2
Cap. 2. v. 9. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]

7. Zu dem beſondern Vorzuge gehoͤre-
te das auf den Meßiam gerichtete Prieſter-
thum
und Koͤnigreich. Das Prieſterthum
wurde zuerſt verordnet, und dabey haͤtte es
auch bleiben koͤnnen, ſintemal es alſo eingerich-
tet war, daß der Hoheprieſter, nebſt dem hohen
Collegio der Aelteſten, eine recht koͤnigliche
Wuͤrde und Auctoritaͤt hatte, alſo daß in ei-
ner Perſon das Koͤnigreich mit dem Prieſter-
thum verbunden war; wie wir auch am Mel-
chiſedech
ſehen. Und alſo war es ein koͤnig-
liches Prieſterthum,
und ein prieſterliches
Koͤnigreich.
Und ob gleich hernach beyde
Aemter ſind von einander unterſchieden, oder
durch unterſchiedene Perſonen gefuͤhret wor-
den; ſo blieb doch eine ſehr hohe Auctoritaͤt bey
dem Hohenprieſterthum.

8. Dieſes alles aber ließ GOtt dem Judi-
ſchen Volcke vor allen andern nur bloß zum
Vorbilde angedeyen; zum Vorbilde auf den
Meßiam und ſein geiſtliches Reich. Denn ſo
der Meßias nur konte aus einem einigen Volcke
geboren werden, ſo war ein gewiſſes Volck vor
andern, ob es gleich nicht beſſer war, dazu zu
erwehlen, und durch eine beſondere Form des
Regiments und Gottesdienſtes von andern zu
unterſcheiden, auch der Meßas demſelben nicht
allein zu verheiſſen, ſondern auch in Vorbildern
nach ſeinem Mittler-Amte und geiſtlichen Rei-
che abzuſchatten. Wozu denn das koͤnigliche
Prieſterthum mit allem, was dazu gehoͤret, ſon-
derlich genommen iſt.

9. Nun muͤſſen wir ſehen, wie dieſes auf
die Chriſten zu appliciren iſt. Dieſe ſind ein
auserwehlet Geſchlecht, nicht zur Beſitzung
des gelobten Landes, ſondern des himmliſchen
Canaans, und ſtehen vor allen andern Voͤl-
ckern in dem Bunde der Gnaden mit GOTT,
haben auch in der ſeligen Gemeinſchaft mit ihm
die wahre Religion und darinnen den wahren
Gottesdienſt. Und da es bey dortiger Erweh-
lung zum heiligen Volcke nur auf eine eintzige
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der Zugang offen ſtunde: ſo findet ſich im neuen
Teſtamente gar kein Unterſcheid unter den Voͤl-
ckern: ſondern es heißt von allen: Wer an
ihn glaubet, der ſoll nicht zu ſchanden wer-
den.
Davon Paulus Roͤm. 3, 29. 30. ſaget:
Jſt denn GOtt allein der Juden GOtt?
Jſt er nicht auch der Heyden GOtt? Ja
freylich auch der Heyden GOtt: ſintemal
er iſt ein einiger GOtt, der da gerecht ma-
chet die Beſchneidung aus dem Glauben
und die Vorhaut durch den Glauben.

10. Und hieraus iſt auch leichtlich zu erken-
nen, warum ſie auch heiſſen: das heilige
Volck, das Volck des Eigenthums:
nem-
lich weil ſie ſich die von Chriſto geſchehene Heili-
gung, das iſt Verſoͤhnung und Erwerbung des
Heyls zueignen, und zwar alſo, daß ſie ſich da-
durch wie gerecht, alſo auch heilig machen laſ-
ſen, und ihm, als die erloͤſete Glieder, die ſein
geiſtlicher Leib ſind, als ſein Eigenthum anhan-
gen, und an ſtatt des irdiſchen Canaans, nach c. 1,
4. ein unvergaͤngliches, unbeflecktes und unver-
[Spaltenumbruch] welckliches Erbe, das im Himmel behalten wird,
uͤberkommen. Siehe auch Tit. 2, 14.

11. Und dabey ſind ſie denn auch ein koͤ-
nigliches Prieſterthum:
nach welchem ſie
zuvorderſt Chriſtum fuͤr ihren Koͤnig und Hohen-
prieſter erkennen, und wie ſein Verſoͤhn-Opfer
ſich in der Ordnung der geiſtlichen Salbung zur
Gerechtigkeit und allem Heyl zueignen, alſo
auch ſeinen Koͤniglichen Scepter kuͤſſen und ſich
von ihm regieren laſſen. Jn welcher Ordnung
ſie denn auch ſelbſt ſind geiſtliche Prieſter, wel-
che GOtt im Heiligthum der glaͤubigen Gemein-
ſchaft mit ihren geiſtlichen Opfern dienen, wie
zuvor v. 5. geſaget iſt: und dabey die hohe Wuͤrde
des geiſtlichen Gnaden-Reichs und kuͤnftigen
Reichs der Herrlichkeit haben: alſo daß ſie nicht
allein Unterthanen, ſondern auch Reichs-Genoſ-
ſen Chriſti ſind nach 1 Cor. 6, 2. 3. Off. 1, 5. 6. c.
3, 21. c. 5, 9. 10.

12. Was nun der koͤniglichen Prieſter ih-
re Pflicht betrift, ſo ſollen ſie verkuͤndigen die
Tugend deß, der ſie berufen hat von der Finſter-
niß zu ſeinem wunderbaren Licht: dabey wir fol-
gendes zu mercken haben:

a. Daß in dieſer Beſchreibung GOttes die Tu-
genden GOttes
ſind ſeine weſentlichen
Eigenſchaften.
Denn da die Tugenden bey
einem Menſchen von der Beſchaffenheit nicht
ſind, daß ſie zum Weſen des Menſchen gehoͤ-
ren; ſintemal er ſie verlieren und wieder an-
nehmen kan; wie wir ſonderlich aus dem
Suͤnden-Fall erkennen: ſo ſind ſie hingegen
in GOtt und bey GOtt weſentlich, nemlich
ſeine Wahrheit, Weisheit, Liebe, Gna-
de, Gerechtigkeit, Allmacht
u. ſ. w. Die-
ſe Eigenſchaften ſind GOttes weſentliche Tu-
genden.
b. Daß es der goͤttlichen Tugenden oder Voll-
kommenheiten Art alſo mit ſich bringet, daß ſie
ſich gegen die Menſchen durch gewiſſe Wercke
im Reiche der Gnaden beweiſen: und daß die
Glaͤubigen ſolchen Erweis an ſich in wirckli-
cher Erfahrung bisher erkannt hatten.
c. Daß auf dieſe ihre Erfahrung geſehen wird
in den Worten: Der euch berufen hat von
der Finſterniß, zu ſeinem wunderbaren
Lichte,
als womit der Apoſtel das Werck ih-
rer ehemaligen Bekehrung beſchreibet, und
damit eben das ſaget, oder bekraͤftiget, was er
c. 1, 3. 22. c. 2, 3. von der Wiedergeburt ge-
ſaget hatte. Da er denn den Stand der
Suͤnden benennet von der Finſterniß und
dadurch das Reich des Satans mit aller ſei-
ner Gewalt, welche er durch die Suͤnde uͤber
den Menſchen hat, verſtehet; dem Reiche
GOttes
aber, als dem Reiche der Gnaden,
die Benennung giebet von dem Lichte, und
zwar einem recht wunderbaren, das iſt, gar
herrlichen und vortreflichen, darinnen ſich ein
Zuſammenfluß von allen Heyls-Guͤtern fin-
det; gleichwie in der Finſterniß eine Sam-
lung iſt aller Unſeligkeit. Und zu dem Licht
waren ſie berufen, das iſt dergeſtalt einge-
laden auf Seiten GOttes, daß auch auf ihrer
Seiten
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[539/0541] Cap. 2. v. 9. des erſten Briefes Petri. 7. Zu dem beſondern Vorzuge gehoͤre- te das auf den Meßiam gerichtete Prieſter- thum und Koͤnigreich. Das Prieſterthum wurde zuerſt verordnet, und dabey haͤtte es auch bleiben koͤnnen, ſintemal es alſo eingerich- tet war, daß der Hoheprieſter, nebſt dem hohen Collegio der Aelteſten, eine recht koͤnigliche Wuͤrde und Auctoritaͤt hatte, alſo daß in ei- ner Perſon das Koͤnigreich mit dem Prieſter- thum verbunden war; wie wir auch am Mel- chiſedech ſehen. Und alſo war es ein koͤnig- liches Prieſterthum, und ein prieſterliches Koͤnigreich. Und ob gleich hernach beyde Aemter ſind von einander unterſchieden, oder durch unterſchiedene Perſonen gefuͤhret wor- den; ſo blieb doch eine ſehr hohe Auctoritaͤt bey dem Hohenprieſterthum. 8. Dieſes alles aber ließ GOtt dem Judi- ſchen Volcke vor allen andern nur bloß zum Vorbilde angedeyen; zum Vorbilde auf den Meßiam und ſein geiſtliches Reich. Denn ſo der Meßias nur konte aus einem einigen Volcke geboren werden, ſo war ein gewiſſes Volck vor andern, ob es gleich nicht beſſer war, dazu zu erwehlen, und durch eine beſondere Form des Regiments und Gottesdienſtes von andern zu unterſcheiden, auch der Meßas demſelben nicht allein zu verheiſſen, ſondern auch in Vorbildern nach ſeinem Mittler-Amte und geiſtlichen Rei- che abzuſchatten. Wozu denn das koͤnigliche Prieſterthum mit allem, was dazu gehoͤret, ſon- derlich genommen iſt. 9. Nun muͤſſen wir ſehen, wie dieſes auf die Chriſten zu appliciren iſt. Dieſe ſind ein auserwehlet Geſchlecht, nicht zur Beſitzung des gelobten Landes, ſondern des himmliſchen Canaans, und ſtehen vor allen andern Voͤl- ckern in dem Bunde der Gnaden mit GOTT, haben auch in der ſeligen Gemeinſchaft mit ihm die wahre Religion und darinnen den wahren Gottesdienſt. Und da es bey dortiger Erweh- lung zum heiligen Volcke nur auf eine eintzige Nation ankam, dazu zwar auch den uͤbrigen der Zugang offen ſtunde: ſo findet ſich im neuen Teſtamente gar kein Unterſcheid unter den Voͤl- ckern: ſondern es heißt von allen: Wer an ihn glaubet, der ſoll nicht zu ſchanden wer- den. Davon Paulus Roͤm. 3, 29. 30. ſaget: Jſt denn GOtt allein der Juden GOtt? Jſt er nicht auch der Heyden GOtt? Ja freylich auch der Heyden GOtt: ſintemal er iſt ein einiger GOtt, der da gerecht ma- chet die Beſchneidung aus dem Glauben und die Vorhaut durch den Glauben. 10. Und hieraus iſt auch leichtlich zu erken- nen, warum ſie auch heiſſen: das heilige Volck, das Volck des Eigenthums: nem- lich weil ſie ſich die von Chriſto geſchehene Heili- gung, das iſt Verſoͤhnung und Erwerbung des Heyls zueignen, und zwar alſo, daß ſie ſich da- durch wie gerecht, alſo auch heilig machen laſ- ſen, und ihm, als die erloͤſete Glieder, die ſein geiſtlicher Leib ſind, als ſein Eigenthum anhan- gen, und an ſtatt des irdiſchen Canaans, nach c. 1, 4. ein unvergaͤngliches, unbeflecktes und unver- welckliches Erbe, das im Himmel behalten wird, uͤberkommen. Siehe auch Tit. 2, 14. 11. Und dabey ſind ſie denn auch ein koͤ- nigliches Prieſterthum: nach welchem ſie zuvorderſt Chriſtum fuͤr ihren Koͤnig und Hohen- prieſter erkennen, und wie ſein Verſoͤhn-Opfer ſich in der Ordnung der geiſtlichen Salbung zur Gerechtigkeit und allem Heyl zueignen, alſo auch ſeinen Koͤniglichen Scepter kuͤſſen und ſich von ihm regieren laſſen. Jn welcher Ordnung ſie denn auch ſelbſt ſind geiſtliche Prieſter, wel- che GOtt im Heiligthum der glaͤubigen Gemein- ſchaft mit ihren geiſtlichen Opfern dienen, wie zuvor v. 5. geſaget iſt: und dabey die hohe Wuͤrde des geiſtlichen Gnaden-Reichs und kuͤnftigen Reichs der Herrlichkeit haben: alſo daß ſie nicht allein Unterthanen, ſondern auch Reichs-Genoſ- ſen Chriſti ſind nach 1 Cor. 6, 2. 3. Off. 1, 5. 6. c. 3, 21. c. 5, 9. 10. 12. Was nun der koͤniglichen Prieſter ih- re Pflicht betrift, ſo ſollen ſie verkuͤndigen die Tugend deß, der ſie berufen hat von der Finſter- niß zu ſeinem wunderbaren Licht: dabey wir fol- gendes zu mercken haben: a. Daß in dieſer Beſchreibung GOttes die Tu- genden GOttes ſind ſeine weſentlichen Eigenſchaften. Denn da die Tugenden bey einem Menſchen von der Beſchaffenheit nicht ſind, daß ſie zum Weſen des Menſchen gehoͤ- ren; ſintemal er ſie verlieren und wieder an- nehmen kan; wie wir ſonderlich aus dem Suͤnden-Fall erkennen: ſo ſind ſie hingegen in GOtt und bey GOtt weſentlich, nemlich ſeine Wahrheit, Weisheit, Liebe, Gna- de, Gerechtigkeit, Allmacht u. ſ. w. Die- ſe Eigenſchaften ſind GOttes weſentliche Tu- genden. b. Daß es der goͤttlichen Tugenden oder Voll- kommenheiten Art alſo mit ſich bringet, daß ſie ſich gegen die Menſchen durch gewiſſe Wercke im Reiche der Gnaden beweiſen: und daß die Glaͤubigen ſolchen Erweis an ſich in wirckli- cher Erfahrung bisher erkannt hatten. c. Daß auf dieſe ihre Erfahrung geſehen wird in den Worten: Der euch berufen hat von der Finſterniß, zu ſeinem wunderbaren Lichte, als womit der Apoſtel das Werck ih- rer ehemaligen Bekehrung beſchreibet, und damit eben das ſaget, oder bekraͤftiget, was er c. 1, 3. 22. c. 2, 3. von der Wiedergeburt ge- ſaget hatte. Da er denn den Stand der Suͤnden benennet von der Finſterniß und dadurch das Reich des Satans mit aller ſei- ner Gewalt, welche er durch die Suͤnde uͤber den Menſchen hat, verſtehet; dem Reiche GOttes aber, als dem Reiche der Gnaden, die Benennung giebet von dem Lichte, und zwar einem recht wunderbaren, das iſt, gar herrlichen und vortreflichen, darinnen ſich ein Zuſammenfluß von allen Heyls-Guͤtern fin- det; gleichwie in der Finſterniß eine Sam- lung iſt aller Unſeligkeit. Und zu dem Licht waren ſie berufen, das iſt dergeſtalt einge- laden auf Seiten GOttes, daß auch auf ihrer Seiten Y y y 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/541>, abgerufen am 22.11.2024.