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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 1. v. 24. 25. des ersten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] und unser Glaube ist der Sieg, der die
Welt überwunden hat.
Und v. 18. Wir
wissen, daß wer von GOtt geboren ist,
der sündiget nicht, sondern wer von
GOtt geboren ist, der bewahret sich, und
der Arge wird ihn nicht antasten.
V. 24. 25.

Denn alles Fleisch (die von dem Leibe
benennete menschliche Natur) ist wie Graß,
und alle Herrlichkeit der Menschen,
(ihr An-
sehen, Reichthum, Ehre, Gewalt) wie des
Grases Blume: das Graß ist verdorret,
und die Blume abgefallen,
(und wol noch
eher, als das Graß verdorret.) Aber des Herrn
Wort bleibet in Ewigkeit,
(also daß es wider
die Hinfälligkeit des Leibes und Vergänglich-
keit dieses Lebens den besten Trost von der seli-
gen Unsterblichkeit der Seelen und der Verklä-
rung des Leibes giebet, wenn es zur Wiederge-
burt angenommen wird.) das ist das Wort,
welches unter euch verkündiget ist.

Anmerckungen.

1. Die Verbindung dieser Worte mit
den vorhergehenden ist mit der parenthetischen
Erklärung schon angezeiget. Nemlich der Apo-
stel lehret damit, wie hoch man des lebendigen
Samens zur neuen Geburt und zum ewigen Le-
ben benöthiget sey, da man eine so hinfällige
Natur dieses irdischen Lebens habe.

2. Der von Petro angeführte Ort ist ge-
nommen aus Jes. 40. 6. 7. der von den Tagen
des Meßiä handelt. Die darinnen, als von der
vergangenen Zeit gebrauchten Worte, ist ver-
dorret, ist abgefallen,
gehören zum Prophe-
tischen Stilo, damit nebst der Gewißheit die be-
ständige Weise dessen, was geschiehet, angezei-
get wird.

3. Die Vergleichung hat zwey Theile:
das erste gehet auf den äusserlichen Wohlstand,
darinn der Mensch bey gesunden und guten Ta-
gen dem grünenden Grase, und einer angeneh-
men Blume gleich ist: der andere auf die Hin-
fälligkeit bey beyden.

4. Man hat hiebey sonderlich folgende Oer-
ter der Heil. Schrift zu conferiren:

Job. 14, 1. 2. Der Mensch vom Weibe
geboren lebet kurtze Zeit, und ist voll Unru-
he: gehet auf, wie eine Blume, und fället
abe, fleucht wie ein Schatten, und bleibet
nicht.

Ps. 90, 6. 7. Du lässest sie dahin fahren,
wie ein Strom, und sind, wie ein Schlaf,
gleich wie ein Gras, das doch bald welck
[Spaltenumbruch] wird, das da frühe blühet und bald welck
wird, und des Abends abgehauen wird
und verdorret.

Ps. 103, 15. 16. Ein Mensch ist in seinem
Leben, wie Gras, er blühet, wie eine Blume
auf dem Felde: wenn der Wind darüber
gehet, so ist sie nimmer da, und ihre Stät-
te kennet sie nicht mehr.
Siehe auch Luc. 1,
10. c. 4, 14.

5. Man hat aber hiebey wohl zu erwegen,
wozu hingegen der Mensch bey seiner so gar ge-
brechlichen irdischen Natur im Stande der Gna-
den gelanget, wenn er das Wort GOttes zur
Wiedergeburt und Erneurung wohl anwendet.
Denn da heißts unter andern. Ps. 1, 3. Er ist
wie ein Baum gepflantzet an den Wasser-
Bächen, der seine Frucht bringet zu seiner
Zeit
u. f. Desgleichen Ps. 92, 13. 14. 15. Der
Gerechte wird blühen, wie ein Palmbaum,
er wird wachsen wie ein Ceder auf Liba-
non: - - und wenn sie gleich alt werden,
werden sie dennoch blühen, fruchtbar und
frisch seyn.

6. Zu mehrer Application mercke man
folgendes:

a. Daß man sich ja zum öftern seine Hinfällig-
keit
nach dem Reiche der Natur recht nach-
drücklich vorstelle. Es siehet zwar der Mensch
dieselbe an andern fast täglich, oder doch zum
öftern vor Augen: aber es heißt davon: quo-
tidiana vilescunt,
man wird der täglichen
Dinge so gewohnet, daß man sie nicht recht
achtet: sonderlich geschiehet es bey jungen
Leuten, welche sich auf ihr Alter und auf ihre
Gesundheit verlassen: da doch jenes sehr kurtz,
und diese sehr ungewiß ist.
b. Daß man sich die Frühlings-Sommer-
und Herbst-Zeit
wohl zu Nutze mache mit
der Betrachtung, worauf uns dieser Text
weiset.
c. Daß reiche, geehrte, ansehnliche und ge-
waltige Leute, da sie den Blumen gleich sind,
bedencken sollen, daß sie doch Blumen von
einem guten Geruche und auch sonst von gu-
tem Nutzen, wie die Lilien und Rosen u. s. w.
seyn mögen, nicht aber wie solche Blumen,
welche nur allein pralen, oder fast zu nichts,
als zum Zierath dienen: die doch auch in ih-
rem Theile, da sie sind, wie sie der Schöpfer
hat haben wollen, besser sind, als jene: und
daß, da die geringen Leute gegen sie wie das
Gras zu rechnen sind, sie diese doch ja nicht
mögen also untertreten, wie man mit dem
Grase umzugehen pfleget.
Das
Cap. 1. v. 24. 25. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] und unſer Glaube iſt der Sieg, der die
Welt uͤberwunden hat.
Und v. 18. Wir
wiſſen, daß wer von GOtt geboren iſt,
der ſuͤndiget nicht, ſondern wer von
GOtt geboren iſt, der bewahret ſich, und
der Arge wird ihn nicht antaſten.
V. 24. 25.

Denn alles Fleiſch (die von dem Leibe
benennete menſchliche Natur) iſt wie Graß,
und alle Herrlichkeit der Menſchen,
(ihr An-
ſehen, Reichthum, Ehre, Gewalt) wie des
Graſes Blume: das Graß iſt verdorret,
und die Blume abgefallen,
(und wol noch
eher, als das Graß verdorret.) Aber des Herrn
Wort bleibet in Ewigkeit,
(alſo daß es wider
die Hinfaͤlligkeit des Leibes und Vergaͤnglich-
keit dieſes Lebens den beſten Troſt von der ſeli-
gen Unſterblichkeit der Seelen und der Verklaͤ-
rung des Leibes giebet, wenn es zur Wiederge-
burt angenommen wird.) das iſt das Wort,
welches unter euch verkuͤndiget iſt.

Anmerckungen.

1. Die Verbindung dieſer Worte mit
den vorhergehenden iſt mit der parenthetiſchen
Erklaͤrung ſchon angezeiget. Nemlich der Apo-
ſtel lehret damit, wie hoch man des lebendigen
Samens zur neuen Geburt und zum ewigen Le-
ben benoͤthiget ſey, da man eine ſo hinfaͤllige
Natur dieſes irdiſchen Lebens habe.

2. Der von Petro angefuͤhrte Ort iſt ge-
nommen aus Jeſ. 40. 6. 7. der von den Tagen
des Meßiaͤ handelt. Die darinnen, als von der
vergangenen Zeit gebrauchten Worte, iſt ver-
dorret, iſt abgefallen,
gehoͤren zum Prophe-
tiſchen Stilo, damit nebſt der Gewißheit die be-
ſtaͤndige Weiſe deſſen, was geſchiehet, angezei-
get wird.

3. Die Vergleichung hat zwey Theile:
das erſte gehet auf den aͤuſſerlichen Wohlſtand,
darinn der Menſch bey geſunden und guten Ta-
gen dem gruͤnenden Graſe, und einer angeneh-
men Blume gleich iſt: der andere auf die Hin-
faͤlligkeit bey beyden.

4. Man hat hiebey ſonderlich folgende Oer-
ter der Heil. Schrift zu conferiren:

Job. 14, 1. 2. Der Menſch vom Weibe
geboren lebet kurtze Zeit, und iſt voll Unru-
he: gehet auf, wie eine Blume, und faͤllet
abe, fleucht wie ein Schatten, und bleibet
nicht.

Pſ. 90, 6. 7. Du laͤſſeſt ſie dahin fahren,
wie ein Strom, und ſind, wie ein Schlaf,
gleich wie ein Gras, das doch bald welck
[Spaltenumbruch] wird, das da fruͤhe bluͤhet und bald welck
wird, und des Abends abgehauen wird
und verdorret.

Pſ. 103, 15. 16. Ein Menſch iſt in ſeinem
Leben, wie Gras, er bluͤhet, wie eine Blume
auf dem Felde: wenn der Wind daruͤber
gehet, ſo iſt ſie nimmer da, und ihre Staͤt-
te kennet ſie nicht mehr.
Siehe auch Luc. 1,
10. c. 4, 14.

5. Man hat aber hiebey wohl zu erwegen,
wozu hingegen der Menſch bey ſeiner ſo gar ge-
brechlichen irdiſchen Natur im Stande der Gna-
den gelanget, wenn er das Wort GOttes zur
Wiedergeburt und Erneurung wohl anwendet.
Denn da heißts unter andern. Pſ. 1, 3. Er iſt
wie ein Baum gepflantzet an den Waſſer-
Baͤchen, der ſeine Frucht bringet zu ſeiner
Zeit
u. f. Desgleichen Pſ. 92, 13. 14. 15. Der
Gerechte wird bluͤhen, wie ein Palmbaum,
er wird wachſen wie ein Ceder auf Liba-
non: ‒ ‒ und wenn ſie gleich alt werden,
werden ſie dennoch bluͤhen, fruchtbar und
friſch ſeyn.

6. Zu mehrer Application mercke man
folgendes:

a. Daß man ſich ja zum oͤftern ſeine Hinfaͤllig-
keit
nach dem Reiche der Natur recht nach-
druͤcklich vorſtelle. Es ſiehet zwar der Menſch
dieſelbe an andern faſt taͤglich, oder doch zum
oͤftern vor Augen: aber es heißt davon: quo-
tidiana vileſcunt,
man wird der taͤglichen
Dinge ſo gewohnet, daß man ſie nicht recht
achtet: ſonderlich geſchiehet es bey jungen
Leuten, welche ſich auf ihr Alter und auf ihre
Geſundheit verlaſſen: da doch jenes ſehr kurtz,
und dieſe ſehr ungewiß iſt.
b. Daß man ſich die Fruͤhlings-Sommer-
und Herbſt-Zeit
wohl zu Nutze mache mit
der Betrachtung, worauf uns dieſer Text
weiſet.
c. Daß reiche, geehrte, anſehnliche und ge-
waltige Leute, da ſie den Blumen gleich ſind,
bedencken ſollen, daß ſie doch Blumen von
einem guten Geruche und auch ſonſt von gu-
tem Nutzen, wie die Lilien und Roſen u. ſ. w.
ſeyn moͤgen, nicht aber wie ſolche Blumen,
welche nur allein pralen, oder faſt zu nichts,
als zum Zierath dienen: die doch auch in ih-
rem Theile, da ſie ſind, wie ſie der Schoͤpfer
hat haben wollen, beſſer ſind, als jene: und
daß, da die geringen Leute gegen ſie wie das
Gras zu rechnen ſind, ſie dieſe doch ja nicht
moͤgen alſo untertreten, wie man mit dem
Graſe umzugehen pfleget.
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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/529>, abgerufen am 25.11.2024.