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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 1. v. 10. 11. des ersten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]
d. Weil es bey den Verheissungen von Christo
auf den Umstand der Zeit, und auf die Be-
schaffenheit der Sache selbst
ankam, so
ging der Propheten ihre Erforschung dahin:
welches Petrus meynet, wenn er spricht, daß
sie geforschet haben, auf welche und welcher-
ley
(welches letztere bey der Zeit auf die
Sache selbst gehet; als welche der Zeit ihre ei-
gentliche Gestalt giebet) Zeit die Deutung,
oder der Sinn des Heiligen Geistes gegan-
gen sey.
e. Man siehet daraus, daß, ob gleich die Pro-
pheten die unmittelbare Eingebung des Heili-
gen Geistes gehabt, und daraus die Beschaffen-
heit der Person, des Amts und des Reichs des
Meßiä erkant haben, solche Erkenntniß doch
noch sehr Dunckel geblieben ist, und sie man-
ches von dem, was sie selbst ausgesprochen und
aufgeschrieben, noch nicht recht und tief genug
eingesehen haben. Und also, in einiger Ver-
gleichung davon zu reden, in manchen Stücken
ihre Erkenntniß von der Oeconomie des neu-
en Testaments nur so general und unvollkom-
men gewesen, als uns diejenige ist, welche wir
in der Zeit der Gnaden von dem Reiche der
Herrlichkeit haben.
f. Aus dieser Betrachtung lässet sich der schwere
Spruch erläutern, wenn unser Heyland
Matth. 11, 11 von Johanne saget: Warlich,
ich sage euch, unter allen, die von Wei-
bern geboren sind, ist nicht aufkommen
der grösser sey, denn Johannes der Täu-
fer: der aber der kleineste ist im Him-
melreich, ist grösser denn er. Denn ob
gleich
Johannes den Meßiam im Fleische ge-
sehen, und von ihm, als dem schon gegenwär-
tigen, geprediget, und unter andern von ihm
bezeugiet hatte, daß er sey das Lamm GOttes
welches der Welt Sünde trage, Joh. 1, 29. 36.
und daher einen grossen Vorzug vor allen Pro-
pheten des alten Testaments bekam, so hatte er
doch die Ausführung des Wercks der Erlösung
nicht erlebet, noch solches der würcklichen Erfül-
lung nach in seiner rechten Tiefe, Länge und Brei-
te eingesehen; wie es andern Gläubigen, die auch
sonst nur die kleinesten, das ist, die gemeine,
und mit keinen hohen Gaben ausgerüstete
Säulen der Kirche waren, nach ihm wieder-
fahren ist.
g. Mit den Worten Leiden und Herrlichkeit
Christi siehet der Apostel auf den gedoppelten
Stand Christi nach seiner menschlichen Natur,
auf den Stand der Erniedrigung und der Erhö-
hung. Und ob gleich jener sich von der Mensch-
werdung schon angehoben hat, so wird er doch
nur eigentlich von den letztern Leidenschaften,
welche sich mit dem Tode geendiget haben, be-
nennet. Und weil die Erhöhung durch unter-
tersch iedliche Stufen gegangen ist, darum ge-
dencket der Apostel der Herrlichkeit in der Zahl
der Wielheit, welche auch ohne das die in Chri-
sto wohnende gantze Fülle der Gottheit also mit
sich brachte. Aus der Verbindung aber, wel-
che diese Materie mit der vorhergehenden hat,
siehet man, daß der Apostel die Leiden der Glie-
[Spaltenumbruch] der Christi und die darauf folgende Herrlichkeit
davon er vorher gehandelt hat, mit dem, was
dem Haupte, Christo selbst, begegnet ist, ver-
gleichet, und also dieses letztere zur Bekräfti-
gung des erstern anführet.

4. Jm übrigen ist noch sonst eines und das
andere über diesen Text anzumercken:

a. Daß Christus wahrer GOtt sey; sintemal der
Heilige Geist ist ein Geist JEsu Christi, wel-
cher die Propheten zu ihrem Amte tüchtig ge-
machet hat, und also ist er auch schon vor seiner
Geburt von der Maria gewesen, da sein Geist
schon eher gewesen ist: dessen wahre Gottheit
und persönlicher Unterscheid von dem Sohne
GOttes daher gleichfals erkannt wird: zumal
er durch die Propheten also gezeuget hat, daß
er, was zukünftig war, und würcklich erfüllet
ist, vorhergesehen und vorher verkündiget hat.
b. Da durch die Propheten sonderlich die alhier ver-
standen werden, deren Schriften wir noch heute
zu tage aus der Hand der alten Judischen und
ersten Christlichen Kirche haben, so siehet man,
daß dieselbe gantz unverletzet auf die Zeiten der
Apostel gebracht sind: sintemal weder Chri-
stus, noch ein einiger Apostel iemals dißfals ei-
nen Jrrthum, oder eine Mißhandelung an
der sonst sehr verderbten Judischen Kirche be-
strafet hat, sondern die Schriften der Prophe-
ten von Christo und den Aposteln ohne allen
Zweifel und in aller Gewißheit, als die Richt-
schnur unsers Glaubens und Lebens, angefüh-
ret werden.
c. Wer die Schriften der Propheten und Apo-
stel recht verstehen will, muß sich bey Lesung und
Forschung derselben ja vor seinem mit vielen
Vorurtheilen erfülleten eigenen Geiste, auch
vor andern falschen Geistern, oder Auslegern
hüten: welches nicht besser geschiehet, als wenn
man sich von dem Heiligen Geiste, als wahren
Urheber aller Prophetie, in alle Wahrheit lei-
ten läßt.
d. Da zu den Leiden und zu der Herrlichkeit
Christi, davon die Propheten geweissaget ha-
ben, auch alles dasjenige gehöret, was auf den
geistlichen Leib Christi gehet; so muß man, um
das Geheimniß des Creutzes und der Herrlich-
keit recht einzusehen, unter der guten Leitung
des Heiligen Geistes sonderlich das Buch der
Offenbarung Johannis mit rechter Nach-
forschung lesen. Denn gleichwie sich dasselbe
durch und durch auf die Propheten beziehet und
von der Erfüllung ihrer auf den geistlichen Leib
Christi gehenden Verheissungen handelt: also
ist desselben Haupt-Jnnhalt eben dieser, der auf
den grossen Antichristischen Druck und auf die
herrliche Erlösung und Freude der Glieder Chri
sti gehet.
e. Wer unter den Leiden stehet, der tröste sich
mit dem Exempel Christi, und mit diesen Apo-
stolischen Worten: die Leiden zuvor, und
die Herrlichkeit hernach.
Mit den Welt-
Kindern ist es umgekehret. Denn da heißt es:
die Freude zuvor, und die Leiden her-
nach.
V. 12
T t t
Cap. 1. v. 10. 11. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]
d. Weil es bey den Verheiſſungen von Chriſto
auf den Umſtand der Zeit, und auf die Be-
ſchaffenheit der Sache ſelbſt
ankam, ſo
ging der Propheten ihre Erforſchung dahin:
welches Petrus meynet, wenn er ſpricht, daß
ſie geforſchet haben, auf welche und welcher-
ley
(welches letztere bey der Zeit auf die
Sache ſelbſt gehet; als welche der Zeit ihre ei-
gentliche Geſtalt giebet) Zeit die Deutung,
oder der Sinn des Heiligen Geiſtes gegan-
gen ſey.
e. Man ſiehet daraus, daß, ob gleich die Pro-
pheten die unmittelbare Eingebung des Heili-
gen Geiſtes gehabt, und daraus die Beſchaffen-
heit der Perſon, des Amts und des Reichs des
Meßiaͤ erkant haben, ſolche Erkenntniß doch
noch ſehr Dunckel geblieben iſt, und ſie man-
ches von dem, was ſie ſelbſt ausgeſprochen und
aufgeſchrieben, noch nicht recht und tief genug
eingeſehen haben. Und alſo, in einiger Ver-
gleichung davon zu reden, in manchen Stuͤcken
ihre Erkenntniß von der Oeconomie des neu-
en Teſtaments nur ſo general und unvollkom-
men geweſen, als uns diejenige iſt, welche wir
in der Zeit der Gnaden von dem Reiche der
Herrlichkeit haben.
f. Aus dieſer Betrachtung laͤſſet ſich der ſchwere
Spruch erlaͤutern, wenn unſer Heyland
Matth. 11, 11 von Johanne ſaget: Warlich,
ich ſage euch, unter allen, die von Wei-
bern geboren ſind, iſt nicht aufkommen
der groͤſſer ſey, denn Johannes der Taͤu-
fer: der aber der kleineſte iſt im Him-
melreich, iſt groͤſſer denn er. Denn ob
gleich
Johannes den Meßiam im Fleiſche ge-
ſehen, und von ihm, als dem ſchon gegenwaͤr-
tigen, geprediget, und unter andern von ihm
bezeugiet hatte, daß er ſey das Lamm GOttes
welches der Welt Suͤnde trage, Joh. 1, 29. 36.
und daher einen groſſen Vorzug vor allen Pro-
pheten des alten Teſtaments bekam, ſo hatte er
doch die Ausfuͤhrung des Wercks der Erloͤſung
nicht erlebet, noch ſolches der wuͤrcklichen Erfuͤl-
lung nach in ſeiner rechten Tiefe, Laͤnge und Brei-
te eingeſehen; wie es andern Glaͤubigen, die auch
ſonſt nur die kleineſten, das iſt, die gemeine,
und mit keinen hohen Gaben ausgeruͤſtete
Saͤulen der Kirche waren, nach ihm wieder-
fahren iſt.
g. Mit den Worten Leiden und Herrlichkeit
Chriſti ſiehet der Apoſtel auf den gedoppelten
Stand Chriſti nach ſeiner menſchlichen Natur,
auf den Stand der Erniedrigung und der Erhoͤ-
hung. Und ob gleich jener ſich von der Menſch-
werdung ſchon angehoben hat, ſo wird er doch
nur eigentlich von den letztern Leidenſchaften,
welche ſich mit dem Tode geendiget haben, be-
nennet. Und weil die Erhoͤhung durch unter-
terſch iedliche Stufen gegangen iſt, darum ge-
dencket der Apoſtel der Herrlichkeit in der Zahl
der Wielheit, welche auch ohne das die in Chri-
ſto wohnende gantze Fuͤlle der Gottheit alſo mit
ſich brachte. Aus der Verbindung aber, wel-
che dieſe Materie mit der vorhergehenden hat,
ſiehet man, daß der Apoſtel die Leiden der Glie-
[Spaltenumbruch] der Chriſti und die darauf folgende Herrlichkeit
davon er vorher gehandelt hat, mit dem, was
dem Haupte, Chriſto ſelbſt, begegnet iſt, ver-
gleichet, und alſo dieſes letztere zur Bekraͤfti-
gung des erſtern anfuͤhret.

4. Jm uͤbrigen iſt noch ſonſt eines und das
andere uͤber dieſen Text anzumercken:

a. Daß Chriſtus wahrer GOtt ſey; ſintemal der
Heilige Geiſt iſt ein Geiſt JEſu Chriſti, wel-
cher die Propheten zu ihrem Amte tuͤchtig ge-
machet hat, und alſo iſt er auch ſchon vor ſeiner
Geburt von der Maria geweſen, da ſein Geiſt
ſchon eher geweſen iſt: deſſen wahre Gottheit
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GOttes daher gleichfals erkannt wird: zumal
er durch die Propheten alſo gezeuget hat, daß
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b. Da durch die Propheten ſondeꝛlich die alhier ver-
ſtanden werden, deren Schriften wir noch heute
zu tage aus der Hand der alten Judiſchen und
erſten Chriſtlichen Kirche haben, ſo ſiehet man,
daß dieſelbe gantz unverletzet auf die Zeiten der
Apoſtel gebracht ſind: ſintemal weder Chri-
ſtus, noch ein einiger Apoſtel iemals dißfals ei-
nen Jrrthum, oder eine Mißhandelung an
der ſonſt ſehr verderbten Judiſchen Kirche be-
ſtrafet hat, ſondern die Schriften der Prophe-
ten von Chriſto und den Apoſteln ohne allen
Zweifel und in aller Gewißheit, als die Richt-
ſchnur unſers Glaubens und Lebens, angefuͤh-
ret werden.
c. Wer die Schriften der Propheten und Apo-
ſtel recht verſtehen will, muß ſich bey Leſung und
Forſchung derſelben ja vor ſeinem mit vielen
Vorurtheilen erfuͤlleten eigenen Geiſte, auch
vor andern falſchen Geiſtern, oder Auslegern
huͤten: welches nicht beſſer geſchiehet, als wenn
man ſich von dem Heiligen Geiſte, als wahren
Urheber aller Prophetie, in alle Wahrheit lei-
ten laͤßt.
d. Da zu den Leiden und zu der Herrlichkeit
Chriſti, davon die Propheten geweiſſaget ha-
ben, auch alles dasjenige gehoͤret, was auf den
geiſtlichen Leib Chriſti gehet; ſo muß man, um
das Geheimniß des Creutzes und der Herrlich-
keit recht einzuſehen, unter der guten Leitung
des Heiligen Geiſtes ſonderlich das Buch der
Offenbarung Johannis mit rechter Nach-
forſchung leſen. Denn gleichwie ſich daſſelbe
durch und durch auf die Propheten beziehet und
von der Erfuͤllung ihrer auf den geiſtlichen Leib
Chriſti gehenden Verheiſſungen handelt: alſo
iſt deſſelben Haupt-Jnnhalt eben dieſer, der auf
den groſſen Antichriſtiſchen Druck und auf die
herrliche Erloͤſung und Freude der Glieder Chri
ſti gehet.
e. Wer unter den Leiden ſtehet, der troͤſte ſich
mit dem Exempel Chriſti, und mit dieſen Apo-
ſtoliſchen Worten: die Leiden zuvor, und
die Herrlichkeit hernach.
Mit den Welt-
Kindern iſt es umgekehret. Denn da heißt es:
die Freude zuvor, und die Leiden her-
nach.
V. 12
T t t
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[513/0515] Cap. 1. v. 10. 11. des erſten Briefes Petri. d. Weil es bey den Verheiſſungen von Chriſto auf den Umſtand der Zeit, und auf die Be- ſchaffenheit der Sache ſelbſt ankam, ſo ging der Propheten ihre Erforſchung dahin: welches Petrus meynet, wenn er ſpricht, daß ſie geforſchet haben, auf welche und welcher- ley (welches letztere bey der Zeit auf die Sache ſelbſt gehet; als welche der Zeit ihre ei- gentliche Geſtalt giebet) Zeit die Deutung, oder der Sinn des Heiligen Geiſtes gegan- gen ſey. e. Man ſiehet daraus, daß, ob gleich die Pro- pheten die unmittelbare Eingebung des Heili- gen Geiſtes gehabt, und daraus die Beſchaffen- heit der Perſon, des Amts und des Reichs des Meßiaͤ erkant haben, ſolche Erkenntniß doch noch ſehr Dunckel geblieben iſt, und ſie man- ches von dem, was ſie ſelbſt ausgeſprochen und aufgeſchrieben, noch nicht recht und tief genug eingeſehen haben. Und alſo, in einiger Ver- gleichung davon zu reden, in manchen Stuͤcken ihre Erkenntniß von der Oeconomie des neu- en Teſtaments nur ſo general und unvollkom- men geweſen, als uns diejenige iſt, welche wir in der Zeit der Gnaden von dem Reiche der Herrlichkeit haben. f. Aus dieſer Betrachtung laͤſſet ſich der ſchwere Spruch erlaͤutern, wenn unſer Heyland Matth. 11, 11 von Johanne ſaget: Warlich, ich ſage euch, unter allen, die von Wei- bern geboren ſind, iſt nicht aufkommen der groͤſſer ſey, denn Johannes der Taͤu- fer: der aber der kleineſte iſt im Him- melreich, iſt groͤſſer denn er. Denn ob gleich Johannes den Meßiam im Fleiſche ge- ſehen, und von ihm, als dem ſchon gegenwaͤr- tigen, geprediget, und unter andern von ihm bezeugiet hatte, daß er ſey das Lamm GOttes welches der Welt Suͤnde trage, Joh. 1, 29. 36. und daher einen groſſen Vorzug vor allen Pro- pheten des alten Teſtaments bekam, ſo hatte er doch die Ausfuͤhrung des Wercks der Erloͤſung nicht erlebet, noch ſolches der wuͤrcklichen Erfuͤl- lung nach in ſeiner rechten Tiefe, Laͤnge und Brei- te eingeſehen; wie es andern Glaͤubigen, die auch ſonſt nur die kleineſten, das iſt, die gemeine, und mit keinen hohen Gaben ausgeruͤſtete Saͤulen der Kirche waren, nach ihm wieder- fahren iſt. g. Mit den Worten Leiden und Herrlichkeit Chriſti ſiehet der Apoſtel auf den gedoppelten Stand Chriſti nach ſeiner menſchlichen Natur, auf den Stand der Erniedrigung und der Erhoͤ- hung. Und ob gleich jener ſich von der Menſch- werdung ſchon angehoben hat, ſo wird er doch nur eigentlich von den letztern Leidenſchaften, welche ſich mit dem Tode geendiget haben, be- nennet. Und weil die Erhoͤhung durch unter- terſch iedliche Stufen gegangen iſt, darum ge- dencket der Apoſtel der Herrlichkeit in der Zahl der Wielheit, welche auch ohne das die in Chri- ſto wohnende gantze Fuͤlle der Gottheit alſo mit ſich brachte. Aus der Verbindung aber, wel- che dieſe Materie mit der vorhergehenden hat, ſiehet man, daß der Apoſtel die Leiden der Glie- der Chriſti und die darauf folgende Herrlichkeit davon er vorher gehandelt hat, mit dem, was dem Haupte, Chriſto ſelbſt, begegnet iſt, ver- gleichet, und alſo dieſes letztere zur Bekraͤfti- gung des erſtern anfuͤhret. 4. Jm uͤbrigen iſt noch ſonſt eines und das andere uͤber dieſen Text anzumercken: a. Daß Chriſtus wahrer GOtt ſey; ſintemal der Heilige Geiſt iſt ein Geiſt JEſu Chriſti, wel- cher die Propheten zu ihrem Amte tuͤchtig ge- machet hat, und alſo iſt er auch ſchon vor ſeiner Geburt von der Maria geweſen, da ſein Geiſt ſchon eher geweſen iſt: deſſen wahre Gottheit und perſoͤnlicher Unterſcheid von dem Sohne GOttes daher gleichfals erkannt wird: zumal er durch die Propheten alſo gezeuget hat, daß er, was zukuͤnftig war, und wuͤrcklich erfuͤllet iſt, vorhergeſehen und vorher verkuͤndiget hat. b. Da durch die Propheten ſondeꝛlich die alhier ver- ſtanden werden, deren Schriften wir noch heute zu tage aus der Hand der alten Judiſchen und erſten Chriſtlichen Kirche haben, ſo ſiehet man, daß dieſelbe gantz unverletzet auf die Zeiten der Apoſtel gebracht ſind: ſintemal weder Chri- ſtus, noch ein einiger Apoſtel iemals dißfals ei- nen Jrrthum, oder eine Mißhandelung an der ſonſt ſehr verderbten Judiſchen Kirche be- ſtrafet hat, ſondern die Schriften der Prophe- ten von Chriſto und den Apoſteln ohne allen Zweifel und in aller Gewißheit, als die Richt- ſchnur unſers Glaubens und Lebens, angefuͤh- ret werden. c. Wer die Schriften der Propheten und Apo- ſtel recht verſtehen will, muß ſich bey Leſung und Forſchung derſelben ja vor ſeinem mit vielen Vorurtheilen erfuͤlleten eigenen Geiſte, auch vor andern falſchen Geiſtern, oder Auslegern huͤten: welches nicht beſſer geſchiehet, als wenn man ſich von dem Heiligen Geiſte, als wahren Urheber aller Prophetie, in alle Wahrheit lei- ten laͤßt. d. Da zu den Leiden und zu der Herrlichkeit Chriſti, davon die Propheten geweiſſaget ha- ben, auch alles dasjenige gehoͤret, was auf den geiſtlichen Leib Chriſti gehet; ſo muß man, um das Geheimniß des Creutzes und der Herrlich- keit recht einzuſehen, unter der guten Leitung des Heiligen Geiſtes ſonderlich das Buch der Offenbarung Johannis mit rechter Nach- forſchung leſen. Denn gleichwie ſich daſſelbe durch und durch auf die Propheten beziehet und von der Erfuͤllung ihrer auf den geiſtlichen Leib Chriſti gehenden Verheiſſungen handelt: alſo iſt deſſelben Haupt-Jnnhalt eben dieſer, der auf den groſſen Antichriſtiſchen Druck und auf die herrliche Erloͤſung und Freude der Glieder Chri ſti gehet. e. Wer unter den Leiden ſtehet, der troͤſte ſich mit dem Exempel Chriſti, und mit dieſen Apo- ſtoliſchen Worten: die Leiden zuvor, und die Herrlichkeit hernach. Mit den Welt- Kindern iſt es umgekehret. Denn da heißt es: die Freude zuvor, und die Leiden her- nach. V. 12 T t t

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/515>, abgerufen am 25.11.2024.