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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 8-11.
[Spaltenumbruch]
e. Und weil, wo keine Liebe zu JEsu ist, es auch
am Glauben fehlet, so saget Paulus 1 Cor. 16,
22. mit Recht: Wo iemand den HErrn JE-
sum Christum nicht lieb hat,
(auch nicht lieb
haben will,) der sey anathema, (oder verflucht,
oder der ist und bleibet unter dem Fluche.)
f. Weil unser Heyland uns unsichtbar ist, so muß
der Glaube und die Liebe an und zu ihm sich
auch in der Liebe gegen den Nächsten thätig
erweisen, wie es 1 Joh. 3, 20. 21. heißt: So
iemand spricht: Jch liebe GOtt, und has-
set seinen Bruder, der ist ein Lügner.
Denn wer seinen Bruder nicht liebet, den
er siehet, wie kan er GOtt lieben, den er
nicht siehet?
u. f.
V. 10. 11.

Nach welcher Seligkeit haben gesu-
chet und geforschet die Propheten, die von
der zukünftigen Gnade auf euch geweissa-
get haben. Und haben geforschet, auf
welche und welcherley Zeit,
(wenn und wie?
wenn die Zeit kommen und wie sie beschaffen
seyn würde,) deutete der Geist Christi, der
in ihnen war, und zuvor bezeuget hat, die
Leiden, die in Christo sind,
(ta eis khrison, die
auf Christum und auf seinen geistlichen Leib nach
Col. 1, 24. gehen,) und die Herrlichkeit dar-
nach.

Anmerckungen.

1. Propheten waren ausserordentliche
Werckzeuge GOttes, welche er dazu mit seinem
heiligen Geiste ausrüstete, daß sie die Wahrheit
von der Person, dem Amte und dem Reiche des
Meßiä, so in den Vorbildern abgeschattet war,
durch Verheissungen dem Volcke konten vor-
stellen: dabey sie dasselbe zugleich ihrer Sünden
wegen in GOttes Namen bestrafet, und zur
wahren Bekehrung ermahnet haben. Der
Erste von ihnen war Moses, und der Letzte Ma-
lachias.

2. Was der Apostel v. 10. von den Pro-
pheten bezeuget, das erläutert er v. 11. Von der
ersten Bezeugung ist folgendes zu mercken:

a. Worauf die Forschung der Propheten ge-
gangen ist, das nennet der Apostel Seligkeit
und Gnade: welche beyde Worte zwar in
so fern einerley bedeuten, daß alle unsere Se-
ligkeit lauter Gnade ist, und alle Gnade ist
soterios heylwärtig, heylsvoll; wie sie Tit. 2,
11. heißt: es findet sich doch aber darinn ein
Unterscheid. Denn das Wort Gnade ge-
het eigentlich auf die dem Levitischen Sa-
tzungs-Wesen entgegengesetzte neue Oeco-
nomi
e des Evangelii: davon Johannes c. 1,
17. spricht: Das Gesetz ist durch Mosen
gegeben, die Gnade und Wahrheit ist
durch JEsum Christum worden.
Die
Seligkeit aber gehet auf das grosse Heyl,
welches uns dieselbe anpreiset, und zu dessen
Vollendung sie uns nach dem geschenckten An-
fange führet.
b. Das Forschen der Propheten zeiget der Apo-
stel des grossen Nachdruckes wegen nicht al-
[Spaltenumbruch] lein mit zweyen, sondern auch mit solchen
Worten an, welche in ihrer Composition
von grossem Gewichte sind, exezetesan, exe-
reunesan, sie haben über die Massen fleißig und
begierig gesuchet und geforschet, (wie man
das Gold und Silber in den Bergwercken
suchet, siehe die 70. Interp. Sprichw. 2, 4.)
um es recht zu erkennen, und die Geheimnisse
des Reichs des Meßiä einzusehen.
c. Unser Heyland erläutert diese Worte gar
nachdrücklich, wenn er Matth. 13, 16. 17.
spricht: Selig sind eure Augen, daß sie
sehen, und eure Ohren, daß sie hören.
Wahrlich, ich sage euch, viel Propheten
und Gerechten haben begehret zu sehen,
das ihr sehet, und habens nicht gesehen,
und zu hören, das ihr höret, und haben
es nicht gehöret.
Siehe auch Luc. 10, 23.
24. Es hatten nun zwar auch die in der Zer-
streuung lebende Juden den Meßiam weder
gesehen, noch gehöret: allein sie hatten doch
seine Zeiten erlebet, und waren zu seinem Gna-
den-Reiche gekommen.
d. Man siehet hieraus, daß die Propheten das,
was sie andern geprediget haben, selbst sich
zum Glauben und zur gläubigen Nachfor-
schung haben dienen lassen; welches billig al-
len Lehrern zur Nachfolge dienet.

3. Zu der v. 11. hinzugethanen Erläuterung
gehören folgende Puncte:

a. Der Heilige Geist heißt ein Geist Christi,
weil er von Christo, als dem Sohne GOttes,
nicht weniger, als vom Vater, von Ewigkeit
her auf eine unbegreifliche Art ausgehet Joh.
15, 26. und nach der besondern Oeconomie
der Wercke GOttes, in der Zeit gesendet wird,
und, seinem Amte nach, damit beschäftiget ist,
daß er Christum verkläret Joh. 16, 14. daher
das Evangelium mit seiner gantzen Oecono-
mie,
darinn Christus verkläret wird, ein Amt
des Geistes
heißt: 2 Cor. 3.
b. Daß die Propheten von dem Heiligen Geiste
sind getrieben und die göttlichen Wahrheiten
ihnen eingegeben worden, das war eine bey der
Judischen Kirche gantz bekante Sache, und
hatten sie auch eben daher ihre Auctorität.
Siehe 2 Tim. 3, 16. 2 Pet. 1, 20. 21. Ap. Gesch.
1, 16. u. s. w.
c. Es ist aber der Heilige Geist, der durch sie ge-
redet hat, auch in ihnen gewesen, wie alhier
Petrus bezeuget: und also waren die Pro-
pheten nicht allein Werckzeuge, sondern auch
gleichsam Werckstätte, oder Tempel des Hei-
ligen Geistes: daher sie Petrus Ep. 1. c. 1, 21
nennet heilige Menschen. Wie denn auch
niemand ein tüchtiges Werckzeug des Heiligen
Geistes seyn kan, er lasse sich denn von ihm be-
wohnen und regieren, und in dieser Ordnung
salben. Was ausser dieser Ordnung der gnä-
digen Einwohnung geschiehet, daß siehet man
an dem Bileam, welcher, weil er diese nicht
hatte, ausser einigen wenigen, ausserordentlichen
Handlungen, ein falscher Prophete war, und
die Verleitung des Volcks Jsrael verursachete.
4 B. Mos. 21. u. s. w.
d. Weil
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 8-11.
[Spaltenumbruch]
e. Und weil, wo keine Liebe zu JEſu iſt, es auch
am Glauben fehlet, ſo ſaget Paulus 1 Cor. 16,
22. mit Recht: Wo iemand den HErrn JE-
ſum Chꝛiſtum nicht lieb hat,
(auch nicht lieb
haben will,) der ſey anathema, (oder verflucht,
oder der iſt und bleibet unter dem Fluche.)
f. Weil unſer Heyland uns unſichtbar iſt, ſo muß
der Glaube und die Liebe an und zu ihm ſich
auch in der Liebe gegen den Naͤchſten thaͤtig
erweiſen, wie es 1 Joh. 3, 20. 21. heißt: So
iemand ſpricht: Jch liebe GOtt, und haſ-
ſet ſeinen Bruder, der iſt ein Luͤgner.
Denn wer ſeinen Bruder nicht liebet, den
er ſiehet, wie kan er GOtt lieben, den er
nicht ſiehet?
u. f.
V. 10. 11.

Nach welcher Seligkeit haben geſu-
chet und geforſchet die Propheten, die von
der zukuͤnftigen Gnade auf euch geweiſſa-
get haben. Und haben geforſchet, auf
welche und welcherley Zeit,
(wenn und wie?
wenn die Zeit kommen und wie ſie beſchaffen
ſeyn wuͤrde,) deutete der Geiſt Chriſti, der
in ihnen war, und zuvor bezeuget hat, die
Leiden, die in Chriſto ſind,
(τὰ ἐις χριςὸν, die
auf Chriſtum und auf ſeinen geiſtlichen Leib nach
Col. 1, 24. gehen,) und die Herrlichkeit dar-
nach.

Anmerckungen.

1. Propheten waren auſſerordentliche
Werckzeuge GOttes, welche er dazu mit ſeinem
heiligen Geiſte ausruͤſtete, daß ſie die Wahrheit
von der Perſon, dem Amte und dem Reiche des
Meßiaͤ, ſo in den Vorbildern abgeſchattet war,
durch Verheiſſungen dem Volcke konten vor-
ſtellen: dabey ſie daſſelbe zugleich ihrer Suͤnden
wegen in GOttes Namen beſtrafet, und zur
wahren Bekehrung ermahnet haben. Der
Erſte von ihnen war Moſes, und der Letzte Ma-
lachias.

2. Was der Apoſtel v. 10. von den Pro-
pheten bezeuget, das erlaͤutert er v. 11. Von der
erſten Bezeugung iſt folgendes zu mercken:

a. Worauf die Forſchung der Propheten ge-
gangen iſt, das nennet der Apoſtel Seligkeit
und Gnade: welche beyde Worte zwar in
ſo fern einerley bedeuten, daß alle unſere Se-
ligkeit lauter Gnade iſt, und alle Gnade iſt
σωτήριος heylwaͤrtig, heylsvoll; wie ſie Tit. 2,
11. heißt: es findet ſich doch aber darinn ein
Unterſcheid. Denn das Wort Gnade ge-
het eigentlich auf die dem Levitiſchen Sa-
tzungs-Weſen entgegengeſetzte neue Oeco-
nomi
e des Evangelii: davon Johannes c. 1,
17. ſpricht: Das Geſetz iſt durch Moſen
gegeben, die Gnade und Wahrheit iſt
durch JEſum Chriſtum worden.
Die
Seligkeit aber gehet auf das groſſe Heyl,
welches uns dieſelbe anpreiſet, und zu deſſen
Vollendung ſie uns nach dem geſchenckten An-
fange fuͤhret.
b. Das Forſchen der Propheten zeiget der Apo-
ſtel des groſſen Nachdruckes wegen nicht al-
[Spaltenumbruch] lein mit zweyen, ſondern auch mit ſolchen
Worten an, welche in ihrer Compoſition
von groſſem Gewichte ſind, ἐξεζήτησαν, ἐξε-
ρέυνησαν, ſie haben uͤber die Maſſen fleißig und
begierig geſuchet und geforſchet, (wie man
das Gold und Silber in den Bergwercken
ſuchet, ſiehe die 70. Interp. Sprichw. 2, 4.)
um es recht zu erkennen, und die Geheimniſſe
des Reichs des Meßiaͤ einzuſehen.
c. Unſer Heyland erlaͤutert dieſe Worte gar
nachdruͤcklich, wenn er Matth. 13, 16. 17.
ſpricht: Selig ſind eure Augen, daß ſie
ſehen, und eure Ohren, daß ſie hoͤren.
Wahrlich, ich ſage euch, viel Propheten
und Gerechten haben begehret zu ſehen,
das ihr ſehet, und habens nicht geſehen,
und zu hoͤren, das ihr hoͤret, und haben
es nicht gehoͤret.
Siehe auch Luc. 10, 23.
24. Es hatten nun zwar auch die in der Zer-
ſtreuung lebende Juden den Meßiam weder
geſehen, noch gehoͤret: allein ſie hatten doch
ſeine Zeiten erlebet, und waren zu ſeinem Gna-
den-Reiche gekommen.
d. Man ſiehet hieraus, daß die Propheten das,
was ſie andern geprediget haben, ſelbſt ſich
zum Glauben und zur glaͤubigen Nachfor-
ſchung haben dienen laſſen; welches billig al-
len Lehrern zur Nachfolge dienet.

3. Zu der v. 11. hinzugethanen Erlaͤuterung
gehoͤren folgende Puncte:

a. Der Heilige Geiſt heißt ein Geiſt Chriſti,
weil er von Chriſto, als dem Sohne GOttes,
nicht weniger, als vom Vater, von Ewigkeit
her auf eine unbegreifliche Art ausgehet Joh.
15, 26. und nach der beſondern Oeconomie
der Wercke GOttes, in der Zeit geſendet wird,
und, ſeinem Amte nach, damit beſchaͤftiget iſt,
daß er Chriſtum verklaͤret Joh. 16, 14. daher
das Evangelium mit ſeiner gantzen Oecono-
mie,
darinn Chriſtus verklaͤret wird, ein Amt
des Geiſtes
heißt: 2 Cor. 3.
b. Daß die Propheten von dem Heiligen Geiſte
ſind getrieben und die goͤttlichen Wahrheiten
ihnen eingegeben worden, das war eine bey der
Judiſchen Kirche gantz bekante Sache, und
hatten ſie auch eben daher ihre Auctoritaͤt.
Siehe 2 Tim. 3, 16. 2 Pet. 1, 20. 21. Ap. Geſch.
1, 16. u. ſ. w.
c. Es iſt aber der Heilige Geiſt, der durch ſie ge-
redet hat, auch in ihnen geweſen, wie alhier
Petrus bezeuget: und alſo waren die Pro-
pheten nicht allein Werckzeuge, ſondern auch
gleichſam Werckſtaͤtte, oder Tempel des Hei-
ligen Geiſtes: daher ſie Petrus Ep. 1. c. 1, 21
nennet heilige Menſchen. Wie denn auch
niemand ein tuͤchtiges Werckzeug des Heiligen
Geiſtes ſeyn kan, er laſſe ſich denn von ihm be-
wohnen und regieren, und in dieſer Ordnung
ſalben. Was auſſer dieſer Ordnung der gnaͤ-
digen Einwohnung geſchiehet, daß ſiehet man
an dem Bileam, welcher, weil er dieſe nicht
hatte, auſſer einigen wenigen, auſſerordentlichen
Handlungen, ein falſcher Prophete war, und
die Verleitung des Volcks Jſrael verurſachete.
4 B. Moſ. 21. u. ſ. w.
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[512/0514] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 8-11. e. Und weil, wo keine Liebe zu JEſu iſt, es auch am Glauben fehlet, ſo ſaget Paulus 1 Cor. 16, 22. mit Recht: Wo iemand den HErrn JE- ſum Chꝛiſtum nicht lieb hat, (auch nicht lieb haben will,) der ſey anathema, (oder verflucht, oder der iſt und bleibet unter dem Fluche.) f. Weil unſer Heyland uns unſichtbar iſt, ſo muß der Glaube und die Liebe an und zu ihm ſich auch in der Liebe gegen den Naͤchſten thaͤtig erweiſen, wie es 1 Joh. 3, 20. 21. heißt: So iemand ſpricht: Jch liebe GOtt, und haſ- ſet ſeinen Bruder, der iſt ein Luͤgner. Denn wer ſeinen Bruder nicht liebet, den er ſiehet, wie kan er GOtt lieben, den er nicht ſiehet? u. f. V. 10. 11. Nach welcher Seligkeit haben geſu- chet und geforſchet die Propheten, die von der zukuͤnftigen Gnade auf euch geweiſſa- get haben. Und haben geforſchet, auf welche und welcherley Zeit, (wenn und wie? wenn die Zeit kommen und wie ſie beſchaffen ſeyn wuͤrde,) deutete der Geiſt Chriſti, der in ihnen war, und zuvor bezeuget hat, die Leiden, die in Chriſto ſind, (τὰ ἐις χριςὸν, die auf Chriſtum und auf ſeinen geiſtlichen Leib nach Col. 1, 24. gehen,) und die Herrlichkeit dar- nach. Anmerckungen. 1. Propheten waren auſſerordentliche Werckzeuge GOttes, welche er dazu mit ſeinem heiligen Geiſte ausruͤſtete, daß ſie die Wahrheit von der Perſon, dem Amte und dem Reiche des Meßiaͤ, ſo in den Vorbildern abgeſchattet war, durch Verheiſſungen dem Volcke konten vor- ſtellen: dabey ſie daſſelbe zugleich ihrer Suͤnden wegen in GOttes Namen beſtrafet, und zur wahren Bekehrung ermahnet haben. Der Erſte von ihnen war Moſes, und der Letzte Ma- lachias. 2. Was der Apoſtel v. 10. von den Pro- pheten bezeuget, das erlaͤutert er v. 11. Von der erſten Bezeugung iſt folgendes zu mercken: a. Worauf die Forſchung der Propheten ge- gangen iſt, das nennet der Apoſtel Seligkeit und Gnade: welche beyde Worte zwar in ſo fern einerley bedeuten, daß alle unſere Se- ligkeit lauter Gnade iſt, und alle Gnade iſt σωτήριος heylwaͤrtig, heylsvoll; wie ſie Tit. 2, 11. heißt: es findet ſich doch aber darinn ein Unterſcheid. Denn das Wort Gnade ge- het eigentlich auf die dem Levitiſchen Sa- tzungs-Weſen entgegengeſetzte neue Oeco- nomie des Evangelii: davon Johannes c. 1, 17. ſpricht: Das Geſetz iſt durch Moſen gegeben, die Gnade und Wahrheit iſt durch JEſum Chriſtum worden. Die Seligkeit aber gehet auf das groſſe Heyl, welches uns dieſelbe anpreiſet, und zu deſſen Vollendung ſie uns nach dem geſchenckten An- fange fuͤhret. b. Das Forſchen der Propheten zeiget der Apo- ſtel des groſſen Nachdruckes wegen nicht al- lein mit zweyen, ſondern auch mit ſolchen Worten an, welche in ihrer Compoſition von groſſem Gewichte ſind, ἐξεζήτησαν, ἐξε- ρέυνησαν, ſie haben uͤber die Maſſen fleißig und begierig geſuchet und geforſchet, (wie man das Gold und Silber in den Bergwercken ſuchet, ſiehe die 70. Interp. Sprichw. 2, 4.) um es recht zu erkennen, und die Geheimniſſe des Reichs des Meßiaͤ einzuſehen. c. Unſer Heyland erlaͤutert dieſe Worte gar nachdruͤcklich, wenn er Matth. 13, 16. 17. ſpricht: Selig ſind eure Augen, daß ſie ſehen, und eure Ohren, daß ſie hoͤren. Wahrlich, ich ſage euch, viel Propheten und Gerechten haben begehret zu ſehen, das ihr ſehet, und habens nicht geſehen, und zu hoͤren, das ihr hoͤret, und haben es nicht gehoͤret. Siehe auch Luc. 10, 23. 24. Es hatten nun zwar auch die in der Zer- ſtreuung lebende Juden den Meßiam weder geſehen, noch gehoͤret: allein ſie hatten doch ſeine Zeiten erlebet, und waren zu ſeinem Gna- den-Reiche gekommen. d. Man ſiehet hieraus, daß die Propheten das, was ſie andern geprediget haben, ſelbſt ſich zum Glauben und zur glaͤubigen Nachfor- ſchung haben dienen laſſen; welches billig al- len Lehrern zur Nachfolge dienet. 3. Zu der v. 11. hinzugethanen Erlaͤuterung gehoͤren folgende Puncte: a. Der Heilige Geiſt heißt ein Geiſt Chriſti, weil er von Chriſto, als dem Sohne GOttes, nicht weniger, als vom Vater, von Ewigkeit her auf eine unbegreifliche Art ausgehet Joh. 15, 26. und nach der beſondern Oeconomie der Wercke GOttes, in der Zeit geſendet wird, und, ſeinem Amte nach, damit beſchaͤftiget iſt, daß er Chriſtum verklaͤret Joh. 16, 14. daher das Evangelium mit ſeiner gantzen Oecono- mie, darinn Chriſtus verklaͤret wird, ein Amt des Geiſtes heißt: 2 Cor. 3. b. Daß die Propheten von dem Heiligen Geiſte ſind getrieben und die goͤttlichen Wahrheiten ihnen eingegeben worden, das war eine bey der Judiſchen Kirche gantz bekante Sache, und hatten ſie auch eben daher ihre Auctoritaͤt. Siehe 2 Tim. 3, 16. 2 Pet. 1, 20. 21. Ap. Geſch. 1, 16. u. ſ. w. c. Es iſt aber der Heilige Geiſt, der durch ſie ge- redet hat, auch in ihnen geweſen, wie alhier Petrus bezeuget: und alſo waren die Pro- pheten nicht allein Werckzeuge, ſondern auch gleichſam Werckſtaͤtte, oder Tempel des Hei- ligen Geiſtes: daher ſie Petrus Ep. 1. c. 1, 21 nennet heilige Menſchen. Wie denn auch niemand ein tuͤchtiges Werckzeug des Heiligen Geiſtes ſeyn kan, er laſſe ſich denn von ihm be- wohnen und regieren, und in dieſer Ordnung ſalben. Was auſſer dieſer Ordnung der gnaͤ- digen Einwohnung geſchiehet, daß ſiehet man an dem Bileam, welcher, weil er dieſe nicht hatte, auſſer einigen wenigen, auſſerordentlichen Handlungen, ein falſcher Prophete war, und die Verleitung des Volcks Jſrael verurſachete. 4 B. Moſ. 21. u. ſ. w. d. Weil

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/514>, abgerufen am 22.11.2024.