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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 6-9.
[Spaltenumbruch] fentliche Bekenntniß Christi von ihrer erwie-
senen Treue. Davon unser Heyland selbst
spricht Matth. 10, 32. Wer mich bekennet
(welches des bewährten Glaubens Eigen-
schaft ist) vor den Menschen, den will ich
auch bekennen vor meinem himmlischen
Vater.
u. f. Desgleichen c. 25, 32. Ey du
frommer und getreuer Knecht, du bist
über wenigem getreu gewesen, ich will
dich über viel setzen: gehe ein zu deines
Herrn Freude.
Ferner v. 34. Kommet
her, ihr gesegneten meines Vaters - -
Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr
habt mich gespeiset.
u. s. w. Siehe auch
Röm. 2, 7. 10. 29. 1 Cor. 4, 15.
d. Das Lob führet denn mit sich timen, eine
wirckliche Ehre und hohe Würde. Denn
gleichwie das Lob den vielen Lästerungen und
Lügen-Reden, womit die Gläubigen in die-
ser Welt aufs ärgste verunglimpfet werden,
entgegen stehet: also überkommen für sie die um
des Namens JESU willen übernommene
Schmach und Schande die wirckliche Ehre
der Offenbarung ihrer Kindschaft bey GOtt;
als nach welcher sie sofort gewürdiget wer-
den, daß sie gleichsam als Beysitzer Christi in
seinem Gerichte die Welt mit richten sollen,
1 Cor. 6, 2. 3. sintemal sie als geistliche Köni-
ge mit zum Throne Christi erhoben werden.
Off. 1, 5. 6. c. 3, 21. c. 5, 9. 10.
e. Wo nun ein solches Lob mit einer solchen
Würde ist, da ist doxa, die rechte Herrlich-
keit:
davon der Grund schon in dem Reiche
der Gnaden durch die in ihnen geschehene
Wiederanrichtung des Ebenbildes GOttes
ist geleget worden: als wodurch sie bereits
vorher sind verkläret worden von einer Klar-
heit zur andern 2 Cor. 3, 18. Nach welchem
Grunde, und nach welcher Ordnung, dazu
zuvorderst die zugerechnete Gerechtigkeit
Christi gehöret, unser Heyland seinen gantzen
geistlichen Leib darstellen wird, daß er herrlich
sey u. f. Eph. 5, 27. Col. 1, 21. Rechnet man
nun die Aufweckung und Verklärung der Lei-
ber noch dazu, so ist die Herrlichkeit so viel
grösser.
f. Diese Verklärung aber nach Leib und Seele
wird geschehen in der Offenbarung Christi
am Jüngsten Gericht, da das hochgelobte
Haupt sich an und in seinen Gliedern verherr-
lichen wird: darum Paulus spricht: Col. 3,
3. 4. Euer Leben ist verborgen mit Chri-
sto in GOtt. Wenn aber Christus, euer
Leben, sich offenbaren wird, denn wer-
det ihr auch mit ihm offenbaret werden
in der Herrlichkeit.
Denn er wird er-
scheinen
endoxasthenai, um verherrlichet zu
werden bey seinen Gläubigen.
2 Thess. 1,
10. Eine fernere Application dieses Orts
zeiget mein Lateinischer Commentarius in
22. porismatibus p. 70. seqq.
V. 8. 9.

Welchen (JEsum Christum) ihr nicht
gesehen und doch lieb habet, und nun an
[Spaltenumbruch] ihn gläubet, wiewol ihr ihn nicht sehet, so
werdet ihr euch freuen mit unaussprechli-
cher und herrlicher Freude.

Anmerckungen.

1. Wenn man die Wörtlein, eis on mit
dem Worte piseuontes construiret, so wird das
Wort arti, nun, billig zu den folgenden Wor-
ten, me orontes, gezogen; und ist vor dem
Worte agalliasthe etwas dem Verstande nach
zu suppliren. Es könte demnach der Vers al-
so übersetzet werden: Welchen, ob ihr (ihn)
gleich nicht gekannt, ihr doch lieb habet, an
welchen, ob ihr
(ihn) gleich nicht sehet, aber
ihr doch gläubet, so freuet ihr euch
u. f. Es
lassen sich die Wörtlein eis on arti auch mit agal-
liasthe construiren, da es denn heissen müßte:
auf welchen ihr itzo, ob ihr ihn gleich nicht
sehet, aber doch
(an ihn) glaubet, freuet.
Denn weil vorher der Offenbarung Christi also
ist gedacht worden, daß er die Gläubigen zu ihrer
Herrlichkeit bringen werde, so schicket es sich gar
wohl, daß von ihm gesaget wird, daß sie sich
auf ihn freuen:
gleichwie man v. 6. das en o
agalleasthe füglich geben kan: darüber ihr euch
freuet.
Nimmt man aber dieses Verbum an
dem letztern Orte, wegen der dazu gesetzten Wor-
te an, als ein Futurum, so schicket sich dazu die
erste Construction besser. Daß aber der Apo-
stel, ob er gleich auf das künftige gesehen hat,
doch davon, als von einer schon gegenwärtigen
Sache redet, kömmt wohl daher, weil die noch
künftige Freude auf gewisse Art schon gegenwär-
tig war.

2. Das Wort eidotes, weil orontes darauf
folget, läßt sich am füglichsten von einem solchen
kennen verstehen, welches von dem sehen her-
kömmt, und bey dem innerlichen auch aufs äus-
serliche ging. Keines ließ sich von den in der Zer-
streung ausser dem gelobten Lande lebenden Ju-
den sagen; als die den HErrn JEsum nie von
Person gesehen und noch viel weniger kennen ge-
lernet hatten. Sie pflegten wol auf die hohen
Feste nach Jerusalem zu kommen; aber doch die
wenigsten von ihnen. Und von denen, welche
von den Ausländern am ersten Pfingst-Feste
durch die Predigt Petri Ap. Gesch. 2. gläubig
worden waren, mochten wol die wenigsten eine
längere Zeit vorher da gewesen seyn.

3. Der Apostel gedencket der Liebe gegen,
und des Glaubens an den HErrn JEsum, also,
daß er die Liebe voransetzet, weil sie der Beweiß
des Glaubens war und von ihr der Schluß auf
den Glauben gemachet werden konte. Die Lie-
be
fasset alle Pflichten in sich: und also gehöret
dazu fürnemlich die getreue Nachfolge: welche
daher auch Petrus hernach c. 2, 21. so nachdrück-
lich fodert, daß nemlich die Gläubigen, wie sie
angefangen hatten, auch damit fortfahren, und
sie in fernerer Verleugnung alles irdischen We-
sens thätig erweisen solten.

4. Da die Liebe bey ihnen rechter Art war,
so zeugete sie von einem rechtschafnen Glau-
ben: welcher da er die Feuers-Probe nach v. 7.
aushielte, so war er gewiß in ihnen, was er seyn

soll,
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 6-9.
[Spaltenumbruch] fentliche Bekenntniß Chriſti von ihrer erwie-
ſenen Treue. Davon unſer Heyland ſelbſt
ſpricht Matth. 10, 32. Wer mich bekennet
(welches des bewaͤhrten Glaubens Eigen-
ſchaft iſt) vor den Menſchen, den will ich
auch bekennen vor meinem himmliſchen
Vater.
u. f. Desgleichen c. 25, 32. Ey du
frommer und getreuer Knecht, du biſt
uͤber wenigem getreu geweſen, ich will
dich uͤber viel ſetzen: gehe ein zu deines
Herrn Freude.
Ferner v. 34. Kommet
her, ihr geſegneten meines Vaters ‒ ‒
Denn ich bin hungrig geweſen, und ihr
habt mich geſpeiſet.
u. ſ. w. Siehe auch
Roͤm. 2, 7. 10. 29. 1 Cor. 4, 15.
d. Das Lob fuͤhret denn mit ſich τιμὴν, eine
wirckliche Ehre und hohe Wuͤrde. Denn
gleichwie das Lob den vielen Laͤſterungen und
Luͤgen-Reden, womit die Glaͤubigen in die-
ſer Welt aufs aͤrgſte verunglimpfet werden,
entgegen ſtehet: alſo uͤberkommen fuͤꝛ ſie die um
des Namens JESU willen uͤbernommene
Schmach und Schande die wirckliche Ehre
der Offenbarung ihrer Kindſchaft bey GOtt;
als nach welcher ſie ſofort gewuͤrdiget wer-
den, daß ſie gleichſam als Beyſitzer Chriſti in
ſeinem Gerichte die Welt mit richten ſollen,
1 Cor. 6, 2. 3. ſintemal ſie als geiſtliche Koͤni-
ge mit zum Throne Chriſti erhoben werden.
Off. 1, 5. 6. c. 3, 21. c. 5, 9. 10.
e. Wo nun ein ſolches Lob mit einer ſolchen
Wuͤrde iſt, da iſt δόξα, die rechte Herrlich-
keit:
davon der Grund ſchon in dem Reiche
der Gnaden durch die in ihnen geſchehene
Wiederanrichtung des Ebenbildes GOttes
iſt geleget worden: als wodurch ſie bereits
vorher ſind verklaͤret worden von einer Klar-
heit zur andern 2 Cor. 3, 18. Nach welchem
Grunde, und nach welcher Ordnung, dazu
zuvorderſt die zugerechnete Gerechtigkeit
Chriſti gehoͤret, unſer Heyland ſeinen gantzen
geiſtlichen Leib darſtellen wird, daß er herrlich
ſey u. f. Eph. 5, 27. Col. 1, 21. Rechnet man
nun die Aufweckung und Verklaͤrung der Lei-
ber noch dazu, ſo iſt die Herrlichkeit ſo viel
groͤſſer.
f. Dieſe Verklaͤrung aber nach Leib und Seele
wird geſchehen in der Offenbarung Chriſti
am Juͤngſten Gericht, da das hochgelobte
Haupt ſich an und in ſeinen Gliedern verherr-
lichen wird: darum Paulus ſpricht: Col. 3,
3. 4. Euer Leben iſt verborgen mit Chri-
ſto in GOtt. Wenn aber Chriſtus, euer
Leben, ſich offenbaren wird, denn wer-
det ihr auch mit ihm offenbaret werden
in der Herrlichkeit.
Denn er wird er-
ſcheinen
ἐνδοξασθῆναι, um verherrlichet zu
werden bey ſeinen Glaͤubigen.
2 Theſſ. 1,
10. Eine fernere Application dieſes Orts
zeiget mein Lateiniſcher Commentarius in
22. poriſmatibus p. 70. ſeqq.
V. 8. 9.

Welchen (JEſum Chriſtum) ihr nicht
geſehen und doch lieb habet, und nun an
[Spaltenumbruch] ihn glaͤubet, wiewol ihr ihn nicht ſehet, ſo
werdet ihr euch freuen mit unausſprechli-
cher und herrlicher Freude.

Anmerckungen.

1. Wenn man die Woͤrtlein, ἐις ὅν mit
dem Worte πιςέυοντες conſtruiret, ſo wird das
Wort ἄρτι, nun, billig zu den folgenden Wor-
ten, μὴ ὁρῶντες, gezogen; und iſt vor dem
Worte ἀγαλλιᾶσϑε etwas dem Verſtande nach
zu ſuppliren. Es koͤnte demnach der Vers al-
ſo uͤberſetzet werden: Welchen, ob ihr (ihn)
gleich nicht gekannt, ihr doch lieb habet, an
welchen, ob ihr
(ihn) gleich nicht ſehet, aber
ihr doch glaͤubet, ſo freuet ihr euch
u. f. Es
laſſen ſich die Woͤrtlein ἐις ὅν ἄρτι auch mit ἀγαλ-
λιᾶσθε conſtruiren, da es denn heiſſen muͤßte:
auf welchen ihr itzo, ob ihr ihn gleich nicht
ſehet, aber doch
(an ihn) glaubet, freuet.
Denn weil vorher der Offenbarung Chriſti alſo
iſt gedacht worden, daß er die Glaͤubigen zu ihrer
Herrlichkeit bringen werde, ſo ſchicket es ſich gar
wohl, daß von ihm geſaget wird, daß ſie ſich
auf ihn freuen:
gleichwie man v. 6. das ἐν ῷ
ἁγαλλεᾶσθε fuͤglich geben kan: daruͤber ihr euch
freuet.
Nimmt man aber dieſes Verbum an
dem letztern Orte, wegen der dazu geſetzten Wor-
te an, als ein Futurum, ſo ſchicket ſich dazu die
erſte Conſtruction beſſer. Daß aber der Apo-
ſtel, ob er gleich auf das kuͤnftige geſehen hat,
doch davon, als von einer ſchon gegenwaͤrtigen
Sache redet, koͤmmt wohl daher, weil die noch
kuͤnftige Freude auf gewiſſe Art ſchon gegenwaͤr-
tig war.

2. Das Wort ἐιδότες, weil ὁρῶντες darauf
folget, laͤßt ſich am fuͤglichſten von einem ſolchen
kennen verſtehen, welches von dem ſehen her-
koͤmmt, und bey dem innerlichen auch aufs aͤuſ-
ſerliche ging. Keines ließ ſich von den in der Zer-
ſtreung auſſer dem gelobten Lande lebenden Ju-
den ſagen; als die den HErrn JEſum nie von
Perſon geſehen und noch viel weniger kennen ge-
lernet hatten. Sie pflegten wol auf die hohen
Feſte nach Jeruſalem zu kommen; aber doch die
wenigſten von ihnen. Und von denen, welche
von den Auslaͤndern am erſten Pfingſt-Feſte
durch die Predigt Petri Ap. Geſch. 2. glaͤubig
worden waren, mochten wol die wenigſten eine
laͤngere Zeit vorher da geweſen ſeyn.

3. Der Apoſtel gedencket der Liebe gegen,
und des Glaubens an den HErrn JEſum, alſo,
daß er die Liebe voranſetzet, weil ſie der Beweiß
des Glaubens war und von ihr der Schluß auf
den Glauben gemachet werden konte. Die Lie-
be
faſſet alle Pflichten in ſich: und alſo gehoͤret
dazu fuͤrnemlich die getreue Nachfolge: welche
daher auch Petrus hernach c. 2, 21. ſo nachdruͤck-
lich fodert, daß nemlich die Glaͤubigen, wie ſie
angefangen hatten, auch damit fortfahren, und
ſie in fernerer Verleugnung alles irdiſchen We-
ſens thaͤtig erweiſen ſolten.

4. Da die Liebe bey ihnen rechter Art war,
ſo zeugete ſie von einem rechtſchafnen Glau-
ben: welcher da er die Feuers-Probe nach v. 7.
aushielte, ſo war er gewiß in ihnen, was er ſeyn

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[510/0512] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 6-9. fentliche Bekenntniß Chriſti von ihrer erwie- ſenen Treue. Davon unſer Heyland ſelbſt ſpricht Matth. 10, 32. Wer mich bekennet (welches des bewaͤhrten Glaubens Eigen- ſchaft iſt) vor den Menſchen, den will ich auch bekennen vor meinem himmliſchen Vater. u. f. Desgleichen c. 25, 32. Ey du frommer und getreuer Knecht, du biſt uͤber wenigem getreu geweſen, ich will dich uͤber viel ſetzen: gehe ein zu deines Herrn Freude. Ferner v. 34. Kommet her, ihr geſegneten meines Vaters ‒ ‒ Denn ich bin hungrig geweſen, und ihr habt mich geſpeiſet. u. ſ. w. Siehe auch Roͤm. 2, 7. 10. 29. 1 Cor. 4, 15. d. Das Lob fuͤhret denn mit ſich τιμὴν, eine wirckliche Ehre und hohe Wuͤrde. Denn gleichwie das Lob den vielen Laͤſterungen und Luͤgen-Reden, womit die Glaͤubigen in die- ſer Welt aufs aͤrgſte verunglimpfet werden, entgegen ſtehet: alſo uͤberkommen fuͤꝛ ſie die um des Namens JESU willen uͤbernommene Schmach und Schande die wirckliche Ehre der Offenbarung ihrer Kindſchaft bey GOtt; als nach welcher ſie ſofort gewuͤrdiget wer- den, daß ſie gleichſam als Beyſitzer Chriſti in ſeinem Gerichte die Welt mit richten ſollen, 1 Cor. 6, 2. 3. ſintemal ſie als geiſtliche Koͤni- ge mit zum Throne Chriſti erhoben werden. Off. 1, 5. 6. c. 3, 21. c. 5, 9. 10. e. Wo nun ein ſolches Lob mit einer ſolchen Wuͤrde iſt, da iſt δόξα, die rechte Herrlich- keit: davon der Grund ſchon in dem Reiche der Gnaden durch die in ihnen geſchehene Wiederanrichtung des Ebenbildes GOttes iſt geleget worden: als wodurch ſie bereits vorher ſind verklaͤret worden von einer Klar- heit zur andern 2 Cor. 3, 18. Nach welchem Grunde, und nach welcher Ordnung, dazu zuvorderſt die zugerechnete Gerechtigkeit Chriſti gehoͤret, unſer Heyland ſeinen gantzen geiſtlichen Leib darſtellen wird, daß er herrlich ſey u. f. Eph. 5, 27. Col. 1, 21. Rechnet man nun die Aufweckung und Verklaͤrung der Lei- ber noch dazu, ſo iſt die Herrlichkeit ſo viel groͤſſer. f. Dieſe Verklaͤrung aber nach Leib und Seele wird geſchehen in der Offenbarung Chriſti am Juͤngſten Gericht, da das hochgelobte Haupt ſich an und in ſeinen Gliedern verherr- lichen wird: darum Paulus ſpricht: Col. 3, 3. 4. Euer Leben iſt verborgen mit Chri- ſto in GOtt. Wenn aber Chriſtus, euer Leben, ſich offenbaren wird, denn wer- det ihr auch mit ihm offenbaret werden in der Herrlichkeit. Denn er wird er- ſcheinen ἐνδοξασθῆναι, um verherrlichet zu werden bey ſeinen Glaͤubigen. 2 Theſſ. 1, 10. Eine fernere Application dieſes Orts zeiget mein Lateiniſcher Commentarius in 22. poriſmatibus p. 70. ſeqq. V. 8. 9. Welchen (JEſum Chriſtum) ihr nicht geſehen und doch lieb habet, und nun an ihn glaͤubet, wiewol ihr ihn nicht ſehet, ſo werdet ihr euch freuen mit unausſprechli- cher und herrlicher Freude. Anmerckungen. 1. Wenn man die Woͤrtlein, ἐις ὅν mit dem Worte πιςέυοντες conſtruiret, ſo wird das Wort ἄρτι, nun, billig zu den folgenden Wor- ten, μὴ ὁρῶντες, gezogen; und iſt vor dem Worte ἀγαλλιᾶσϑε etwas dem Verſtande nach zu ſuppliren. Es koͤnte demnach der Vers al- ſo uͤberſetzet werden: Welchen, ob ihr (ihn) gleich nicht gekannt, ihr doch lieb habet, an welchen, ob ihr (ihn) gleich nicht ſehet, aber ihr doch glaͤubet, ſo freuet ihr euch u. f. Es laſſen ſich die Woͤrtlein ἐις ὅν ἄρτι auch mit ἀγαλ- λιᾶσθε conſtruiren, da es denn heiſſen muͤßte: auf welchen ihr itzo, ob ihr ihn gleich nicht ſehet, aber doch (an ihn) glaubet, freuet. Denn weil vorher der Offenbarung Chriſti alſo iſt gedacht worden, daß er die Glaͤubigen zu ihrer Herrlichkeit bringen werde, ſo ſchicket es ſich gar wohl, daß von ihm geſaget wird, daß ſie ſich auf ihn freuen: gleichwie man v. 6. das ἐν ῷ ἁγαλλεᾶσθε fuͤglich geben kan: daruͤber ihr euch freuet. Nimmt man aber dieſes Verbum an dem letztern Orte, wegen der dazu geſetzten Wor- te an, als ein Futurum, ſo ſchicket ſich dazu die erſte Conſtruction beſſer. Daß aber der Apo- ſtel, ob er gleich auf das kuͤnftige geſehen hat, doch davon, als von einer ſchon gegenwaͤrtigen Sache redet, koͤmmt wohl daher, weil die noch kuͤnftige Freude auf gewiſſe Art ſchon gegenwaͤr- tig war. 2. Das Wort ἐιδότες, weil ὁρῶντες darauf folget, laͤßt ſich am fuͤglichſten von einem ſolchen kennen verſtehen, welches von dem ſehen her- koͤmmt, und bey dem innerlichen auch aufs aͤuſ- ſerliche ging. Keines ließ ſich von den in der Zer- ſtreung auſſer dem gelobten Lande lebenden Ju- den ſagen; als die den HErrn JEſum nie von Perſon geſehen und noch viel weniger kennen ge- lernet hatten. Sie pflegten wol auf die hohen Feſte nach Jeruſalem zu kommen; aber doch die wenigſten von ihnen. Und von denen, welche von den Auslaͤndern am erſten Pfingſt-Feſte durch die Predigt Petri Ap. Geſch. 2. glaͤubig worden waren, mochten wol die wenigſten eine laͤngere Zeit vorher da geweſen ſeyn. 3. Der Apoſtel gedencket der Liebe gegen, und des Glaubens an den HErrn JEſum, alſo, daß er die Liebe voranſetzet, weil ſie der Beweiß des Glaubens war und von ihr der Schluß auf den Glauben gemachet werden konte. Die Lie- be faſſet alle Pflichten in ſich: und alſo gehoͤret dazu fuͤrnemlich die getreue Nachfolge: welche daher auch Petrus hernach c. 2, 21. ſo nachdruͤck- lich fodert, daß nemlich die Glaͤubigen, wie ſie angefangen hatten, auch damit fortfahren, und ſie in fernerer Verleugnung alles irdiſchen We- ſens thaͤtig erweiſen ſolten. 4. Da die Liebe bey ihnen rechter Art war, ſo zeugete ſie von einem rechtſchafnen Glau- ben: welcher da er die Feuers-Probe nach v. 7. aushielte, ſo war er gewiß in ihnen, was er ſeyn ſoll,

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/512>, abgerufen am 25.11.2024.