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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 5. 6. 7.
[Spaltenumbruch] noch seines Ochsen, noch seines Esels, noch
alles, was dein Nechster hat.
b. Nach diesem Orte behält das Wort phthonos
seine eigentliche Bedeutung, da es heißt
der Neid, womit man einem andern, was
er hat mißgönnet, und in böser Begierde selbst
darnach strebet.
c. Daß das Wörtlein pros auch oft so viel heis-
se, als contra, wider, das siehet man unter
andern Luc. 20, 19. c. 24, 29. Ap. Ges. 23, 20.
Eph. 6, 11. Hebr. 12, 4.
d. Es ist demnach der Verstand dieser: Lasset
ihr euch düncken, daß die Schrift, nemlich
das neundte und zehende Gebot im Gesetz,
vergeblich mit der bösen Lust-Begierde den
mißgönstigen Neid verbiete, wenn sie dagegen
so nachdrücklich zeuget? keines weges.
e. Dieser Verstand schicket sich zum vorherge-
henden Contexte. Denn darinnen hat der
Apostel gehandelt von der bösen Lust-Be-
gierde, vermöge welcher der Mensch bald
hiernach bald darnach strebe, aber doch nicht
erlange, was er suchet, indessen aber, weil er
damit ausser GOtt auf die Creatur fällt, ei-
nen geistlichen Ehebruch begehe.

3. Die andere Frage ist: Gelüstet den
Geist, der in uns wohnet?
der Verstand ist
dieser: da ihr wisset, wie ausdrücklich die böse
Lust-Begierde im Gesetze verboten sey, so frage
ich euch, ob uns denn der heilige Geist dazu an-
treibe, oder ob uns dieselbe nach der Oecono-
mi
e des Evangelii, welche eine Oeconomie
des Geistes ist (2 Cor. 3) und nach welcher wir
den Heiligen Geist zur Einwohnung empfangen
haben, frey stehe? solte wohl der heilige Geist, der
in uns wohnet, solche böse Lust, durch welche wir
den geistlichen Ehebruch wider GOtt begehen, in
uns erregen, oder uns dazu reitzen? keines weges,
er ist nicht ein Versucher zum bösen c. 1, 16. wir
sind vielmehr schuldig durch sein den bösen Lü-
sten entgegen gesetztes Geschäfte solche in uns zu
tödten Röm. 8, 13.

4. Es kan demnach der Vers füglich also
übersetzet werden: Oder laßt ihr euch dün-
cken, daß die Schrift umsonst wider den
Neid
(Mißgunst) rede? Jst denn der Geist
der in euch wohnet, so voller Lust-Begier-
de?
(keines weges.)

5. Weder die Oerter 1 B. Mos. 6, 3.
c. 8, 21. noch der 4 B. Mos. 11, 29. wollen sich
hieher schicken: welches zu erweisen unnöthig ist.
So läßt es sich auch nicht wohl sagen, daß Jaco-
bus gesehen habe auf die Worte Pauli Gal. 5, 17.
den Geist gelüstet wider das Fleisch. Denn
ob gleich Petrus 2 Ep. 3, 15. sich auf Pauli
Briefe beziehet, auch Judas in seinem kurtzen
Briefe manches aus dem andern Briefe Petri
wiederhohlet: so finden wir doch nicht, daß es
Petrus und Judas thun mit der Redens-Art:
Die Schrift saget: als welche, wenn damit auf
einen gewissen Ort gesehen wird, nicht wohl an-
ders, als von den Schriften des alten Testaments
kan verstanden werden: sintemal sie auch sonst
davon allemal gebrauchet wird. Den Ungrund
anderer Auslegungen anzuzeigen, ist unnöthig:
[Spaltenumbruch] Da mein Werck alhier nicht ist, zu disputiren
und andere zu widerlegen.

6. Derjenige, der die reichlichere Gnade
giebt,
ist der heilige Geist. Und schicket sich
dieses, was alhier von ihm gesaget wird, gar
schön zu dem vorhergehenden Context. Denn
gleichwie Jacobus mit den Worten: Gelüstet
denn den in euch wohnenden Geist?
nemlich
des bösen, auf die neue Oeconomie des Evan-
gelii, wozu die Gläubigen aus den Juden ge-
kommen waren, siehet: also zeiget er nun mit
den folgenden Worten an, was hingegen des
heiligen Geistes Amt und Werck unter solcher
Oeconomie sey; nemlich eine reichlichere
Gnade geben:
vermöge welcher man sich auch
so vielmehr der Heiligung befleißigen solle.

7. Der sagende ist alhier gleichfals der
heilige Geist; wiewol man auch das vorherge-
hende Wort Schrift dabey verstehen kan, wel-
ches Lutherus in seiner Ubersetzung ausgedrucket
hat. Das Wörtlein dio, darum, daher,
wird zu dem Ende dabey gesetzet, daß damit soll
angezeiget werden, daß die Erfüllung von Er-
theilung mehrer Gnade mit der Verheissung ü-
berein komme.

8. Die Worte selbst sind genommen aus
Sprichw. 3, 34. und aus der Griechischen Uber-
zeugung nur mit dem kleinen Unterscheide, daß,
da dort stehet o kurios, der HERR, so hat Ja-
cobus dafür gesetzet o Theos, GOtt. Der He-
bräische Text hat für das Wort hoffärtige
das Wort Spötter, weil nun bey den Hoffar-
tigen die Spötterey ein gewisses Zeichen der
Hoffart ist, so haben die Griechischen Interpre-
tes
das Wort uperephanos dafür gesetzet; welches
solche stoltze Geister bedeutet, die über alle ande-
re wollen hervorragen, und alles, was ihnen ih-
rer Einbildung nach, nicht gleich ist, spöttisch
und verächtlich halten. Daß Petrus sich auf
eben diesen Ort bezogen habe, sehe man Cp. 1.
c. 5, 5.

9. GOTT widerstehet den Hoffärti-
gen
auf mancherley Art, zuvorderst damit, daß
er ihnen seine Gnade, welche sie mißbrauchen, ent-
ziehet, und nicht mehrere giebt: wie Maria Luc.
2, 53. spricht: Die Hungrigen füllet er mit
Gütern, und lässet die Reichen
(die bey sich
selbst solche, und daher stoltz sind) leer; hernach
auch darinnen, daß er ihre Vorschläge zu nichte
machet, und zwar oft also, daß iederman ihre
Thorheit erkennen muß. Dahin auch die vor-
hergehende Worte Mariä gehen, wenn sie v. 5.
saget: Er übet Gewalt mit seinem Arm,
und zerstreuet die hoffärtig sind in ihres
Hertzens Sinn.

10. Hingegen empfangen die Demüthi-
gen destomehr Gnade,
jemehr sie derselben
bey der Erkenntniß ihres eigenen Elendes fähig
sind: wie wir denn auch im Reiche der Natur
sehen, daß sich der Regen vom Himmel am mei-
sten in die Thäler zur Fruchtbarkeit herab lässet
und zusammen ziehet.

V. 7.

So seyd nun GOtt unterthänig: wi-
derstehet dem Teufel, so fleucht er von euch:

An-
Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 5. 6. 7.
[Spaltenumbruch] noch ſeines Ochſen, noch ſeines Eſels, noch
alles, was dein Nechſter hat.
b. Nach dieſem Orte behaͤlt das Wort φθόνος
ſeine eigentliche Bedeutung, da es heißt
der Neid, womit man einem andern, was
er hat mißgoͤnnet, und in boͤſer Begierde ſelbſt
darnach ſtrebet.
c. Daß das Woͤrtlein πρὸς auch oft ſo viel heiſ-
ſe, als contra, wider, das ſiehet man unter
andern Luc. 20, 19. c. 24, 29. Ap. Geſ. 23, 20.
Eph. 6, 11. Hebr. 12, 4.
d. Es iſt demnach der Verſtand dieſer: Laſſet
ihr euch duͤncken, daß die Schrift, nemlich
das neundte und zehende Gebot im Geſetz,
vergeblich mit der boͤſen Luſt-Begierde den
mißgoͤnſtigen Neid verbiete, wenn ſie dagegen
ſo nachdruͤcklich zeuget? keines weges.
e. Dieſer Verſtand ſchicket ſich zum vorherge-
henden Contexte. Denn darinnen hat der
Apoſtel gehandelt von der boͤſen Luſt-Be-
gierde, vermoͤge welcher der Menſch bald
hiernach bald darnach ſtrebe, aber doch nicht
erlange, was er ſuchet, indeſſen aber, weil er
damit auſſer GOtt auf die Creatur faͤllt, ei-
nen geiſtlichen Ehebruch begehe.

3. Die andere Frage iſt: Geluͤſtet den
Geiſt, der in uns wohnet?
der Verſtand iſt
dieſer: da ihr wiſſet, wie ausdruͤcklich die boͤſe
Luſt-Begierde im Geſetze verboten ſey, ſo frage
ich euch, ob uns denn der heilige Geiſt dazu an-
treibe, oder ob uns dieſelbe nach der Oecono-
mi
e des Evangelii, welche eine Oeconomie
des Geiſtes iſt (2 Cor. 3) und nach welcher wir
den Heiligen Geiſt zur Einwohnung empfangen
haben, frey ſtehe? ſolte wohl der heilige Geiſt, der
in uns wohnet, ſolche boͤſe Luſt, durch welche wir
den geiſtlichen Ehebruch wider GOtt begehen, in
uns erregen, oder uns dazu reitzen? keines weges,
er iſt nicht ein Verſucher zum boͤſen c. 1, 16. wir
ſind vielmehr ſchuldig durch ſein den boͤſen Luͤ-
ſten entgegen geſetztes Geſchaͤfte ſolche in uns zu
toͤdten Roͤm. 8, 13.

4. Es kan demnach der Vers fuͤglich alſo
uͤberſetzet werden: Oder laßt ihr euch duͤn-
cken, daß die Schrift umſonſt wider den
Neid
(Mißgunſt) rede? Jſt denn der Geiſt
der in euch wohnet, ſo voller Luſt-Begier-
de?
(keines weges.)

5. Weder die Oerter 1 B. Moſ. 6, 3.
c. 8, 21. noch der 4 B. Moſ. 11, 29. wollen ſich
hieher ſchicken: welches zu erweiſen unnoͤthig iſt.
So laͤßt es ſich auch nicht wohl ſagen, daß Jaco-
bus geſehen habe auf die Worte Pauli Gal. 5, 17.
den Geiſt geluͤſtet wider das Fleiſch. Denn
ob gleich Petrus 2 Ep. 3, 15. ſich auf Pauli
Briefe beziehet, auch Judas in ſeinem kurtzen
Briefe manches aus dem andern Briefe Petri
wiederhohlet: ſo finden wir doch nicht, daß es
Petrus und Judas thun mit der Redens-Art:
Die Schrift ſaget: als welche, wenn damit auf
einen gewiſſen Ort geſehen wird, nicht wohl an-
ders, als von den Schriften des alten Teſtaments
kan verſtanden werden: ſintemal ſie auch ſonſt
davon allemal gebrauchet wird. Den Ungrund
anderer Auslegungen anzuzeigen, iſt unnoͤthig:
[Spaltenumbruch] Da mein Werck alhier nicht iſt, zu diſputiren
und andere zu widerlegen.

6. Derjenige, der die reichlichere Gnade
giebt,
iſt der heilige Geiſt. Und ſchicket ſich
dieſes, was alhier von ihm geſaget wird, gar
ſchoͤn zu dem vorhergehenden Context. Denn
gleichwie Jacobus mit den Worten: Geluͤſtet
denn den in euch wohnenden Geiſt?
nemlich
des boͤſen, auf die neue Oeconomie des Evan-
gelii, wozu die Glaͤubigen aus den Juden ge-
kommen waren, ſiehet: alſo zeiget er nun mit
den folgenden Worten an, was hingegen des
heiligen Geiſtes Amt und Werck unter ſolcher
Oeconomie ſey; nemlich eine reichlichere
Gnade geben:
vermoͤge welcher man ſich auch
ſo vielmehr der Heiligung befleißigen ſolle.

7. Der ſagende iſt alhier gleichfals der
heilige Geiſt; wiewol man auch das vorherge-
hende Wort Schrift dabey verſtehen kan, wel-
ches Lutherus in ſeiner Uberſetzung ausgedrucket
hat. Das Woͤrtlein διὸ, darum, daher,
wird zu dem Ende dabey geſetzet, daß damit ſoll
angezeiget werden, daß die Erfuͤllung von Er-
theilung mehrer Gnade mit der Verheiſſung uͤ-
berein komme.

8. Die Worte ſelbſt ſind genommen aus
Sprichw. 3, 34. und aus der Griechiſchen Uber-
zeugung nur mit dem kleinen Unterſcheide, daß,
da dort ſtehet ὁ κύριος, der HERR, ſo hat Ja-
cobus dafuͤr geſetzet ὁ Θεὸς, GOtt. Der He-
braͤiſche Text hat fuͤr das Wort hoffaͤrtige
das Wort Spoͤtter, weil nun bey den Hoffar-
tigen die Spoͤtterey ein gewiſſes Zeichen der
Hoffart iſt, ſo haben die Griechiſchen Interpre-
tes
das Wort ὑπερήφανος dafuͤr geſetzet; welches
ſolche ſtoltze Geiſter bedeutet, die uͤber alle ande-
re wollen hervorragen, und alles, was ihnen ih-
rer Einbildung nach, nicht gleich iſt, ſpoͤttiſch
und veraͤchtlich halten. Daß Petrus ſich auf
eben dieſen Ort bezogen habe, ſehe man Cp. 1.
c. 5, 5.

9. GOTT widerſtehet den Hoffaͤrti-
gen
auf mancherley Art, zuvorderſt damit, daß
er ihnen ſeine Gnade, welche ſie mißbrauchen, ent-
ziehet, und nicht mehrere giebt: wie Maria Luc.
2, 53. ſpricht: Die Hungrigen fuͤllet er mit
Guͤtern, und laͤſſet die Reichen
(die bey ſich
ſelbſt ſolche, und daher ſtoltz ſind) leer; hernach
auch darinnen, daß er ihre Vorſchlaͤge zu nichte
machet, und zwar oft alſo, daß iederman ihre
Thorheit erkennen muß. Dahin auch die vor-
hergehende Worte Mariaͤ gehen, wenn ſie v. 5.
ſaget: Er uͤbet Gewalt mit ſeinem Arm,
und zerſtreuet die hoffaͤrtig ſind in ihres
Hertzens Sinn.

10. Hingegen empfangen die Demuͤthi-
gen deſtomehr Gnade,
jemehr ſie derſelben
bey der Erkenntniß ihres eigenen Elendes faͤhig
ſind: wie wir denn auch im Reiche der Natur
ſehen, daß ſich der Regen vom Himmel am mei-
ſten in die Thaͤler zur Fruchtbarkeit herab laͤſſet
und zuſammen ziehet.

V. 7.

So ſeyd nun GOtt unterthaͤnig: wi-
derſtehet dem Teufel, ſo fleucht er von euch:

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[474/0476] Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 5. 6. 7. noch ſeines Ochſen, noch ſeines Eſels, noch alles, was dein Nechſter hat. b. Nach dieſem Orte behaͤlt das Wort φθόνος ſeine eigentliche Bedeutung, da es heißt der Neid, womit man einem andern, was er hat mißgoͤnnet, und in boͤſer Begierde ſelbſt darnach ſtrebet. c. Daß das Woͤrtlein πρὸς auch oft ſo viel heiſ- ſe, als contra, wider, das ſiehet man unter andern Luc. 20, 19. c. 24, 29. Ap. Geſ. 23, 20. Eph. 6, 11. Hebr. 12, 4. d. Es iſt demnach der Verſtand dieſer: Laſſet ihr euch duͤncken, daß die Schrift, nemlich das neundte und zehende Gebot im Geſetz, vergeblich mit der boͤſen Luſt-Begierde den mißgoͤnſtigen Neid verbiete, wenn ſie dagegen ſo nachdruͤcklich zeuget? keines weges. e. Dieſer Verſtand ſchicket ſich zum vorherge- henden Contexte. Denn darinnen hat der Apoſtel gehandelt von der boͤſen Luſt-Be- gierde, vermoͤge welcher der Menſch bald hiernach bald darnach ſtrebe, aber doch nicht erlange, was er ſuchet, indeſſen aber, weil er damit auſſer GOtt auf die Creatur faͤllt, ei- nen geiſtlichen Ehebruch begehe. 3. Die andere Frage iſt: Geluͤſtet den Geiſt, der in uns wohnet? der Verſtand iſt dieſer: da ihr wiſſet, wie ausdruͤcklich die boͤſe Luſt-Begierde im Geſetze verboten ſey, ſo frage ich euch, ob uns denn der heilige Geiſt dazu an- treibe, oder ob uns dieſelbe nach der Oecono- mie des Evangelii, welche eine Oeconomie des Geiſtes iſt (2 Cor. 3) und nach welcher wir den Heiligen Geiſt zur Einwohnung empfangen haben, frey ſtehe? ſolte wohl der heilige Geiſt, der in uns wohnet, ſolche boͤſe Luſt, durch welche wir den geiſtlichen Ehebruch wider GOtt begehen, in uns erregen, oder uns dazu reitzen? keines weges, er iſt nicht ein Verſucher zum boͤſen c. 1, 16. wir ſind vielmehr ſchuldig durch ſein den boͤſen Luͤ- ſten entgegen geſetztes Geſchaͤfte ſolche in uns zu toͤdten Roͤm. 8, 13. 4. Es kan demnach der Vers fuͤglich alſo uͤberſetzet werden: Oder laßt ihr euch duͤn- cken, daß die Schrift umſonſt wider den Neid (Mißgunſt) rede? Jſt denn der Geiſt der in euch wohnet, ſo voller Luſt-Begier- de? (keines weges.) 5. Weder die Oerter 1 B. Moſ. 6, 3. c. 8, 21. noch der 4 B. Moſ. 11, 29. wollen ſich hieher ſchicken: welches zu erweiſen unnoͤthig iſt. So laͤßt es ſich auch nicht wohl ſagen, daß Jaco- bus geſehen habe auf die Worte Pauli Gal. 5, 17. den Geiſt geluͤſtet wider das Fleiſch. Denn ob gleich Petrus 2 Ep. 3, 15. ſich auf Pauli Briefe beziehet, auch Judas in ſeinem kurtzen Briefe manches aus dem andern Briefe Petri wiederhohlet: ſo finden wir doch nicht, daß es Petrus und Judas thun mit der Redens-Art: Die Schrift ſaget: als welche, wenn damit auf einen gewiſſen Ort geſehen wird, nicht wohl an- ders, als von den Schriften des alten Teſtaments kan verſtanden werden: ſintemal ſie auch ſonſt davon allemal gebrauchet wird. Den Ungrund anderer Auslegungen anzuzeigen, iſt unnoͤthig: Da mein Werck alhier nicht iſt, zu diſputiren und andere zu widerlegen. 6. Derjenige, der die reichlichere Gnade giebt, iſt der heilige Geiſt. Und ſchicket ſich dieſes, was alhier von ihm geſaget wird, gar ſchoͤn zu dem vorhergehenden Context. Denn gleichwie Jacobus mit den Worten: Geluͤſtet denn den in euch wohnenden Geiſt? nemlich des boͤſen, auf die neue Oeconomie des Evan- gelii, wozu die Glaͤubigen aus den Juden ge- kommen waren, ſiehet: alſo zeiget er nun mit den folgenden Worten an, was hingegen des heiligen Geiſtes Amt und Werck unter ſolcher Oeconomie ſey; nemlich eine reichlichere Gnade geben: vermoͤge welcher man ſich auch ſo vielmehr der Heiligung befleißigen ſolle. 7. Der ſagende iſt alhier gleichfals der heilige Geiſt; wiewol man auch das vorherge- hende Wort Schrift dabey verſtehen kan, wel- ches Lutherus in ſeiner Uberſetzung ausgedrucket hat. Das Woͤrtlein διὸ, darum, daher, wird zu dem Ende dabey geſetzet, daß damit ſoll angezeiget werden, daß die Erfuͤllung von Er- theilung mehrer Gnade mit der Verheiſſung uͤ- berein komme. 8. Die Worte ſelbſt ſind genommen aus Sprichw. 3, 34. und aus der Griechiſchen Uber- zeugung nur mit dem kleinen Unterſcheide, daß, da dort ſtehet ὁ κύριος, der HERR, ſo hat Ja- cobus dafuͤr geſetzet ὁ Θεὸς, GOtt. Der He- braͤiſche Text hat fuͤr das Wort hoffaͤrtige das Wort Spoͤtter, weil nun bey den Hoffar- tigen die Spoͤtterey ein gewiſſes Zeichen der Hoffart iſt, ſo haben die Griechiſchen Interpre- tes das Wort ὑπερήφανος dafuͤr geſetzet; welches ſolche ſtoltze Geiſter bedeutet, die uͤber alle ande- re wollen hervorragen, und alles, was ihnen ih- rer Einbildung nach, nicht gleich iſt, ſpoͤttiſch und veraͤchtlich halten. Daß Petrus ſich auf eben dieſen Ort bezogen habe, ſehe man Cp. 1. c. 5, 5. 9. GOTT widerſtehet den Hoffaͤrti- gen auf mancherley Art, zuvorderſt damit, daß er ihnen ſeine Gnade, welche ſie mißbrauchen, ent- ziehet, und nicht mehrere giebt: wie Maria Luc. 2, 53. ſpricht: Die Hungrigen fuͤllet er mit Guͤtern, und laͤſſet die Reichen (die bey ſich ſelbſt ſolche, und daher ſtoltz ſind) leer; hernach auch darinnen, daß er ihre Vorſchlaͤge zu nichte machet, und zwar oft alſo, daß iederman ihre Thorheit erkennen muß. Dahin auch die vor- hergehende Worte Mariaͤ gehen, wenn ſie v. 5. ſaget: Er uͤbet Gewalt mit ſeinem Arm, und zerſtreuet die hoffaͤrtig ſind in ihres Hertzens Sinn. 10. Hingegen empfangen die Demuͤthi- gen deſtomehr Gnade, jemehr ſie derſelben bey der Erkenntniß ihres eigenen Elendes faͤhig ſind: wie wir denn auch im Reiche der Natur ſehen, daß ſich der Regen vom Himmel am mei- ſten in die Thaͤler zur Fruchtbarkeit herab laͤſſet und zuſammen ziehet. V. 7. So ſeyd nun GOtt unterthaͤnig: wi- derſtehet dem Teufel, ſo fleucht er von euch: An-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/476>, abgerufen am 22.11.2024.