Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 3. v. 6-8. Erklärung des Briefes Jacobi. [Spaltenumbruch]
wie ein ungezäumtes und wildes Pferd, und wieein Schiff ohne Ruder: sintemal der Mangel an dem Regiment der Zunge den Mangel am Regiment des Hertzens zum Grunde hat. Weiß nun der Mensch aus diesem guten Grun- de seine Zunge wohl zu regieren, so hat er an der Zunge, oder vielmehr an der dieselbe regieren- den Weisheit und Kraft in allen seinen Hand- lungen dasjenige, was ein Pferd hat am Zau- me und an seinem Reuter, und das Schiff an seinem Ruder und Herrn, der das Ruder füh- ret. Denn so wenig der Zaum vom Reuter, das Ruder, von dem, der es lencket, kan dem Ge- brauche nach geschieden werden, so wenig wird auch die Zunge ohne den guten und wohlgesetz- ten Affect des Hertzens alhier betrachtet. 3. Daß die Zunge oft dasjenige anrichte a. Wie mancher Mensch stürtzet sich nicht durch einige unbesonnene und verfängliche Worte in ein grosses Unglück, und verwickelt sich in einen Proceß, oder bringet sich doch sonst in eine solche Unruhe, daß alle seine Hand- lungen darunter leiden? b. Wie leichte kan nicht durch eine unbeschnitte- ne, oder ungezähmte Zunge eine gantze Fa- milie in Uneinigkeit gesetzet werden, also auch die besten Freunde mit einander zerfallen? c. Wie ofte entstehet das nicht von dem Ubel einer und mehrer bösen Zungen in einer gan- tzen Stadt und in einem gantzen Lande, was man an einer zertrenneten Familie findet? wie mancher Aufruhr ist nicht daher entstanden? d. Und siehet man auf die Kirche GOttes, was kan da nicht eine ketzerische und ketzermache- rische Zunge für ein grosses Ubel anrichten? Jch sage erstlich eine ketzerische: Zum Ex- empel, da Arius zu Alexandria in Egypten die wahre ewige Gottheit Christi mit Worten zu leugnen sich unterstund, so ging davon ei- ne solche Flamme der Mißhelligkeiten und Verwirrungen auf, dadurch die gantze Christ- liche Kirche verunruhiget wurde. Und da man den Brand durch den Schluß des allge- meinen Nicaenischen Concilii vermeynete gelöschet zu haben, so brach er doch hernach wieder hier und da lichterloh aus, nicht an- ders, als wenn man Oel ins Feuer giesset. Und nicht weniger Unfug verursachet die ke- tzermacherische Zunge. Wie mancher ge- treuer Knecht GOttes ist dadurch nicht aufs ärgste verunglimpfet werden? und wie man- che Bedruckung ist nicht daher entstanden, und wie viel Martyrer-Blut ist nicht in dem Antichristischen Babel daher vergossen? 4. Hieraus siehet man, mit was für einem 5. Es ist aber wohl zu mercken, daß der 6. Daher ist nun leichtlich zu erachten, daß, V. 7. 8. Denn alle Natur der Thiere, und der Anmerckungen. 1. Jn dem siebenden Verse siehet der A- sichert N n n
Cap. 3. v. 6-8. Erklaͤrung des Briefes Jacobi. [Spaltenumbruch]
wie ein ungezaͤumtes und wildes Pferd, und wieein Schiff ohne Ruder: ſintemal der Mangel an dem Regiment der Zunge den Mangel am Regiment des Hertzens zum Grunde hat. Weiß nun der Menſch aus dieſem guten Grun- de ſeine Zunge wohl zu regieren, ſo hat er an der Zunge, oder vielmehr an der dieſelbe regieren- den Weisheit und Kraft in allen ſeinen Hand- lungen dasjenige, was ein Pferd hat am Zau- me und an ſeinem Reuter, und das Schiff an ſeinem Ruder und Herrn, der das Ruder fuͤh- ret. Denn ſo wenig der Zaum vom Reuter, das Ruder, von dem, der es lencket, kan dem Ge- brauche nach geſchieden werden, ſo wenig wird auch die Zunge ohne den guten und wohlgeſetz- ten Affect des Hertzens alhier betrachtet. 3. Daß die Zunge oft dasjenige anrichte a. Wie mancher Menſch ſtuͤrtzet ſich nicht durch einige unbeſonnene und verfaͤngliche Worte in ein groſſes Ungluͤck, und verwickelt ſich in einen Proceß, oder bringet ſich doch ſonſt in eine ſolche Unruhe, daß alle ſeine Hand- lungen darunter leiden? b. Wie leichte kan nicht durch eine unbeſchnitte- ne, oder ungezaͤhmte Zunge eine gantze Fa- milie in Uneinigkeit geſetzet werden, alſo auch die beſten Freunde mit einander zerfallen? c. Wie ofte entſtehet das nicht von dem Ubel einer und mehrer boͤſen Zungen in einer gan- tzen Stadt und in einem gantzen Lande, was man an einer zertrenneten Familie findet? wie mancher Aufruhr iſt nicht daher entſtanden? d. Und ſiehet man auf die Kirche GOttes, was kan da nicht eine ketzeriſche und ketzermache- riſche Zunge fuͤr ein groſſes Ubel anrichten? Jch ſage erſtlich eine ketzeriſche: Zum Ex- empel, da Arius zu Alexandria in Egypten die wahre ewige Gottheit Chriſti mit Worten zu leugnen ſich unterſtund, ſo ging davon ei- ne ſolche Flamme der Mißhelligkeiten und Verwirrungen auf, dadurch die gantze Chriſt- liche Kirche verunruhiget wurde. Und da man den Brand durch den Schluß des allge- meinen Nicæniſchen Concilii vermeynete geloͤſchet zu haben, ſo brach er doch hernach wieder hier und da lichterloh aus, nicht an- ders, als wenn man Oel ins Feuer gieſſet. Und nicht weniger Unfug verurſachet die ke- tzermacheriſche Zunge. Wie mancher ge- treuer Knecht GOttes iſt dadurch nicht aufs aͤrgſte verunglimpfet werden? und wie man- che Bedruckung iſt nicht daher entſtanden, und wie viel Martyrer-Blut iſt nicht in dem Antichriſtiſchen Babel daher vergoſſen? 4. Hieraus ſiehet man, mit was fuͤr einem 5. Es iſt aber wohl zu mercken, daß der 6. Daher iſt nun leichtlich zu erachten, daß, V. 7. 8. Denn alle Natur der Thiere, und der Anmerckungen. 1. Jn dem ſiebenden Verſe ſiehet der A- ſichert N n n
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Cap. 3. v. 6-8. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
wie ein ungezaͤumtes und wildes Pferd, und wie
ein Schiff ohne Ruder: ſintemal der Mangel
an dem Regiment der Zunge den Mangel am
Regiment des Hertzens zum Grunde hat.
Weiß nun der Menſch aus dieſem guten Grun-
de ſeine Zunge wohl zu regieren, ſo hat er an der
Zunge, oder vielmehr an der dieſelbe regieren-
den Weisheit und Kraft in allen ſeinen Hand-
lungen dasjenige, was ein Pferd hat am Zau-
me und an ſeinem Reuter, und das Schiff an
ſeinem Ruder und Herrn, der das Ruder fuͤh-
ret. Denn ſo wenig der Zaum vom Reuter, das
Ruder, von dem, der es lencket, kan dem Ge-
brauche nach geſchieden werden, ſo wenig wird
auch die Zunge ohne den guten und wohlgeſetz-
ten Affect des Hertzens alhier betrachtet.
3. Daß die Zunge oft dasjenige anrichte
bey einem Menſchen an ſeiner Perſon, an ſeiner
Familie, ja an einer gantzen Stadt und in einem
gantzen Lande, auch in der Kirche GOttes, was
das Feuer im Walde thut, wenn es um ſich greift,
das lehret die Erfahrung.
a. Wie mancher Menſch ſtuͤrtzet ſich nicht
durch einige unbeſonnene und verfaͤngliche
Worte in ein groſſes Ungluͤck, und verwickelt
ſich in einen Proceß, oder bringet ſich doch
ſonſt in eine ſolche Unruhe, daß alle ſeine Hand-
lungen darunter leiden?
b. Wie leichte kan nicht durch eine unbeſchnitte-
ne, oder ungezaͤhmte Zunge eine gantze Fa-
milie in Uneinigkeit geſetzet werden, alſo auch
die beſten Freunde mit einander zerfallen?
c. Wie ofte entſtehet das nicht von dem Ubel
einer und mehrer boͤſen Zungen in einer gan-
tzen Stadt und in einem gantzen Lande, was
man an einer zertrenneten Familie findet? wie
mancher Aufruhr iſt nicht daher entſtanden?
d. Und ſiehet man auf die Kirche GOttes, was
kan da nicht eine ketzeriſche und ketzermache-
riſche Zunge fuͤr ein groſſes Ubel anrichten?
Jch ſage erſtlich eine ketzeriſche: Zum Ex-
empel, da Arius zu Alexandria in Egypten
die wahre ewige Gottheit Chriſti mit Worten
zu leugnen ſich unterſtund, ſo ging davon ei-
ne ſolche Flamme der Mißhelligkeiten und
Verwirrungen auf, dadurch die gantze Chriſt-
liche Kirche verunruhiget wurde. Und da
man den Brand durch den Schluß des allge-
meinen Nicæniſchen Concilii vermeynete
geloͤſchet zu haben, ſo brach er doch hernach
wieder hier und da lichterloh aus, nicht an-
ders, als wenn man Oel ins Feuer gieſſet.
Und nicht weniger Unfug verurſachet die ke-
tzermacheriſche Zunge. Wie mancher ge-
treuer Knecht GOttes iſt dadurch nicht aufs
aͤrgſte verunglimpfet werden? und wie man-
che Bedruckung iſt nicht daher entſtanden,
und wie viel Martyrer-Blut iſt nicht in dem
Antichriſtiſchen Babel daher vergoſſen?
4. Hieraus ſiehet man, mit was fuͤr einem
Nachdruck es wahr ſey, was Jacobus von der
Zunge ſchreibet, daß ſie einem einen gantzẽ Wald
anzuͤndenden Feuer gleich ſey, und daß ſie gleich-
ſam eine Welt oder ein gantzer Hauffen voller
Ungerechtigkeit ſey, und daß ſie den gantzen Leib,
das iſt alle uͤbrige Handlungen beflecke; nach der
Bedeutung des Worts Leib, welche v. 2. an-
gezeiget und erlaͤutert iſt. Und ſolchergeſtalt ſe-
tzet ſie auch τὸν τροχὸν τὴς γενέσεως ἡμῶν, unſere
Natur nach derſelben gantzen Lauffe und Stan-
de in Unordnung.
5. Es iſt aber wohl zu mercken, daß der
Apoſtel des groſſen Zungen-Ubels boͤſen Grund
dabey anzeiget, wenn er ſpricht, daß die Zunge
von der Hoͤlle entzuͤndet werde. Da er denn
durch die Hoͤlle verſtehet die Macht der Finſter-
niß, welche theils ſchon in dem Menſchen lieget
und in der Erb-Suͤnde ihren Sitz hat; theils
vom Satan, wo ihm durch genugſame Wach-
ſamkeit der Zugang, oder unſichtbare Einfluß
nicht abgeſchnitten wird, noch immer mehr in
ihm erreget und vermehret wird, ſonderlich bey
den etwa ſchnell und unvermuthet aufſtoſſenden
Reitzungen.
6. Daher iſt nun leichtlich zu erachten, daß,
wenn man von dem Zungen-Ubel erloͤſet werden
und befreyet bleiben will, man ſonderlich an
dem Grunde ſeines Hertzens arbeiten muͤſſe.
Daher unſer Heyland in eben dieſer Materie
von Verhuͤtung der Zungen-Suͤnden Matth.
12, 33. ſpricht: Setzet entweder einen guten
Baum, ſo wird die Frucht gut, oder ſetzet
einen faulen Baum, ſo wird die Frucht
faul. Denn an der Frucht erkennet man
den Baum. Jhr Ottergezuͤchte, wie koͤn-
net ihr gutes reden, dieweil ihr boͤſe ſeyd?
Wes das Hertz voll iſt, des gehet der Mund
uͤber.
V. 7. 8.
Denn alle Natur der Thiere, und der
Voͤgel und der Schlangen (der kriechenden
Thiere) und der Meer-Wunder (ἐναλίων, der
Thiere in den Waſſern, der Fiſche) werden
gezaͤhmet (noch itzo) und iſt gezaͤhmet wor-
den (ſchon vom Anfange her) von der menſch-
lichen Natur (von dem der menſchlichen Na-
tur anerſchafnen und noch uͤbrig gelaſſenen Ver-
ſtande, der ſich dazu der Mittel von allerhand
Art bedienet:) aber die Zunge (zumal wie ſie
bey einem Feinde und Laͤſterer iſt,) kan kein
Menſch zaͤhmen, das unruhige (unbendige)
Ubel, voll toͤdtlicher Gift, (welchem die
Schmaͤhe-Worte und andere verfuͤhriſche Re-
den gleich ſind.)
Anmerckungen.
1. Jn dem ſiebenden Verſe ſiehet der A-
poſtel gantz offenbar auf den Ort Moſis 1 B.
c. 1. v. 26. 28. 30. Denn gleichwie Jacobus al-
hier vielerley Arten der Thiere gedencket, der
Thiere, nemlich auf Erden, der Voͤgel in der
Luft, der kriechenden Thiere und der Fiſche in
den Meeren und uͤbrigen Gewaͤſſern: alſo
meldet Moſes eben dieſelbe, mit der Anzeigung,
daß GOTT dem Menſchen daruͤber die Herr-
ſchaft gegeben habe. Und da GOtt, wie ſchon
v. 3. gedacht an der Herrſchaft uͤber ſolche Ge-
ſchoͤpfe dem Menſchen einen Character von ſei-
ner Ober-Herrſchaft angehenget hatte, ſo ver-
ſichert
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