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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 24-26. Erklärung des Briefes Jacobi.
[Spaltenumbruch] der Gerechtmachung vorhergehen und dazu einen
verdienstlichen Einfluß geben sollen: Jacobus
aber erfordert die Wercke, in sofern sie aus
dem gerechtmachenden Glauben erfolgen, und
wie den Glauben selbst, also auch die dadurch vor
GOtt erlangte Gerechtigkeit vor Menschen in der
That erweisen. Und also ist der Paulinische
ergazomenos, Röm. 4, 4. 5. ein falscher Pharisäer
und Pharisäischer falscher Christ, der die Selig-
keit nicht als ein Gnaden-Geschenck um Christi
willen annehmen, sondern sie gleichsam als ein
Tagelöhner und Mietling GOTT abverdienen
will: der Jacobäische ergazomenos, aber ist ein sol-
cher, der seinen Glauben mit den Früchten als
lebendig, und also auch als wahrhaftig, erwei-
set.

V. 25.

Desselben gleichen die Hure Rahab
(wie sie vor ihrer Bekehrung mochte gewesen seyn)
ist sie nicht durch die Wercke gerecht (für
eine durch den Glauben vor GOtt gerecht gewor-
dene von Menschen erkannt worden) da sie die
Boten
(die von den Kindern Jsrael, sich des
Landes zu erkundigen, ausgeschicket waren) auf-
nahm
(und mit Lebens-Gefahr beherbergete)
und ließ sie einen andern Weg hinaus (sin-
temal sie aus ihrem an der Stadt-Maure stehen-
den Hause über dieselbe an einem Seil hinunter
gelassen waren.)

Anmerckungen.

1. Zu dem Exempel Abrahams setzet der
Apostel das Exempel der Rahab, einer gewesenen
Heydin, um zu zeigen, daß es mit dem Glauben
unter den bekehrten Juden und Heyden auf einer-
ley Art gehalten werde, und niemand sagen möch-
te, es sey das Exempel Abrahams gantz ausseror-
dentlich, dem keiner nachfolgen könte. Und ob
auch gleich das Geschäfte Rahab etwas besonders
hatte, so war und ist doch dieses, daß der Glaube
sich in der That erweisen müsse, etwas allgemei-
nes für die, welche für Rechtgläubige wolten ge-
halten werden.

2. Daß die Rahab bereits das Gerüchte
von dem wahren GOtt der Jsraeliten, und von
seinen grossen Wercken, dabey sie auch wol von
dem verheissenen Heylande der Welt wird gehö-
ret haben, sich habe zum Glauben dienen lassen,
das siehet man aus ihrer Bekenntniß, welche sie
bey den Kundschaftern ableget Jos. 2, 9. u. f. da
sie unter andern saget: Der HERR, euer
GOtt, ist ein GOtt beyde oben im Himmel,
und unten auf Erden.

3. Gleichwie Jacobus Paulo nicht entge-
gen ist in dem, was er von dem Glauben und von
[Spaltenumbruch] den Wercken Abrahams saget, also stimmet er
auch mit ihm, was die Rahab betrift, in der Sa-
che selbst zusammen, wenn er, was Paulus Hebr.
11, 31. dem Glauben der Rahab zuschreibet, ihren
Wercken zueignet. Denn Paulus redet von
der Qvelle ihrer Wercke, Jacobus von den Wer-
cken selbst, welche, als die Früchte, von dem Glau-
ben, als dem Baume, zeugeten.

V. 26.

Denn gleichwie der Leib ohne Geist
todt ist, also auch der Glaube ohne Wercke
ist todt.

Anmerckungen.

1. Die Seele ist ein selbständiges Wesen,
und von der Natur des Leibes gantz unterschieden,
weil sie ein purer Geist ist.

2. Der Mensch bestehet nicht aus drey we-
sentlichen Theilen, Leib, Seel und Geist, weil
das unsichtbare Theil bald Geist, bald Seele ge-
nennet wird.

3. Es ist zwar ein grosser Unterscheid zwi-
schen der Seele und den Wercken; sintemal die
Wercke das nicht sind dem Glauben, was die
Seele dem Leibe ist, als die den Leib in seinem
Wesen und Leben erhält; welches man von den
Wercken nicht sagen kan, da nicht die Wercke
den Glauben unterhalten, sondern der Glaube
die Wercke unterhält: es lässet sich doch aber,
dieser Ungleichheit unerachtet, die Vergleichung
wohl gebrauchen. Denn gleichwie ein Leib, der
ohne Seele ist, sich nicht reget und beweget, noch
das geringste wircket, und daher billig für todt
gehalten wird: also ist auch nicht weniger ein
solcher Glaube, von dem man keine wahre Früchte
siehet, für todt, das ist für keinen Glauben, son-
dern für eine Einbildung zu halten, damit man
sich selbst betrüget.

4. Jm übrigen ist bey dieser gantzen Mate-
rie überhaupt zu mercken, wie gemein und gefähr-
lich der gedoppelte Abweg von der Evangelischen
Haupt-Lehre der Rechtfertigung durch den
Glauben sey: da man nemlich zur rechten ohne
Glauben,
auf eine verdienstliche Art, die Se-
ligkeit seinen Wercken zuschreibet; zur Lincken
aber ohne Liebe sich nur auf seinen eingebildeten
Glauben berufet. Und also ist der eintzige rechte
und sichere Weg, die Gerechtigkeit, damit man
vor GOtt bestehe, allein durch den Glauben an
Christum aus seinem Verdienste also zu suchen,
daß man solchen seinen Glauben auch durch die
Liebe thätig erweise, und damit auch vor Menschen
bezeuge, daß man in der rechten Heyls-Ordnung
stehe.

Das
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Cap. 2. v. 24-26. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
[Spaltenumbruch] der Gerechtmachung vorhergehen und dazu einen
verdienſtlichen Einfluß geben ſollen: Jacobus
aber erfordert die Wercke, in ſofern ſie aus
dem gerechtmachenden Glauben erfolgen, und
wie den Glauben ſelbſt, alſo auch die dadurch vor
GOtt erlangte Gerechtigkeit vor Menſchen in der
That erweiſen. Und alſo iſt der Pauliniſche
ἐργαζόμενος, Roͤm. 4, 4. 5. ein falſcher Phariſaͤer
und Phariſaͤiſcher falſcher Chriſt, der die Selig-
keit nicht als ein Gnaden-Geſchenck um Chriſti
willen annehmen, ſondern ſie gleichſam als ein
Tageloͤhner und Mietling GOTT abverdienen
will: der Jacobaͤiſche ἐργαζόμενος, aber iſt ein ſol-
cher, der ſeinen Glauben mit den Fruͤchten als
lebendig, und alſo auch als wahrhaftig, erwei-
ſet.

V. 25.

Deſſelben gleichen die Hure Rahab
(wie ſie vor ihrer Bekehrung mochte geweſen ſeyn)
iſt ſie nicht durch die Wercke gerecht (fuͤr
eine durch den Glauben vor GOtt gerecht gewor-
dene von Menſchen erkannt worden) da ſie die
Boten
(die von den Kindern Jſrael, ſich des
Landes zu erkundigen, ausgeſchicket waren) auf-
nahm
(und mit Lebens-Gefahr beherbergete)
und ließ ſie einen andern Weg hinaus (ſin-
temal ſie aus ihrem an der Stadt-Maure ſtehen-
den Hauſe uͤber dieſelbe an einem Seil hinunter
gelaſſen waren.)

Anmerckungen.

1. Zu dem Exempel Abrahams ſetzet der
Apoſtel das Exempel der Rahab, einer geweſenen
Heydin, um zu zeigen, daß es mit dem Glauben
unter den bekehrten Juden und Heyden auf einer-
ley Art gehalten werde, und niemand ſagen moͤch-
te, es ſey das Exempel Abrahams gantz auſſeror-
dentlich, dem keiner nachfolgen koͤnte. Und ob
auch gleich das Geſchaͤfte Rahab etwas beſonders
hatte, ſo war und iſt doch dieſes, daß der Glaube
ſich in der That erweiſen muͤſſe, etwas allgemei-
nes fuͤr die, welche fuͤr Rechtglaͤubige wolten ge-
halten werden.

2. Daß die Rahab bereits das Geruͤchte
von dem wahren GOtt der Jſraeliten, und von
ſeinen groſſen Wercken, dabey ſie auch wol von
dem verheiſſenen Heylande der Welt wird gehoͤ-
ret haben, ſich habe zum Glauben dienen laſſen,
das ſiehet man aus ihrer Bekenntniß, welche ſie
bey den Kundſchaftern ableget Joſ. 2, 9. u. f. da
ſie unter andern ſaget: Der HERR, euer
GOtt, iſt ein GOtt beyde oben im Himmel,
und unten auf Erden.

3. Gleichwie Jacobus Paulo nicht entge-
gen iſt in dem, was er von dem Glauben und von
[Spaltenumbruch] den Wercken Abrahams ſaget, alſo ſtimmet er
auch mit ihm, was die Rahab betrift, in der Sa-
che ſelbſt zuſammen, wenn er, was Paulus Hebr.
11, 31. dem Glauben der Rahab zuſchreibet, ihren
Wercken zueignet. Denn Paulus redet von
der Qvelle ihrer Wercke, Jacobus von den Wer-
cken ſelbſt, welche, als die Fruͤchte, von dem Glau-
ben, als dem Baume, zeugeten.

V. 26.

Denn gleichwie der Leib ohne Geiſt
todt iſt, alſo auch der Glaube ohne Wercke
iſt todt.

Anmerckungen.

1. Die Seele iſt ein ſelbſtaͤndiges Weſen,
und von der Natur des Leibes gantz unterſchieden,
weil ſie ein purer Geiſt iſt.

2. Der Menſch beſtehet nicht aus drey we-
ſentlichen Theilen, Leib, Seel und Geiſt, weil
das unſichtbare Theil bald Geiſt, bald Seele ge-
nennet wird.

3. Es iſt zwar ein groſſer Unterſcheid zwi-
ſchen der Seele und den Wercken; ſintemal die
Wercke das nicht ſind dem Glauben, was die
Seele dem Leibe iſt, als die den Leib in ſeinem
Weſen und Leben erhaͤlt; welches man von den
Wercken nicht ſagen kan, da nicht die Wercke
den Glauben unterhalten, ſondern der Glaube
die Wercke unterhaͤlt: es laͤſſet ſich doch aber,
dieſer Ungleichheit unerachtet, die Vergleichung
wohl gebrauchen. Denn gleichwie ein Leib, der
ohne Seele iſt, ſich nicht reget und beweget, noch
das geringſte wircket, und daher billig fuͤr todt
gehalten wird: alſo iſt auch nicht weniger ein
ſolcher Glaube, von dem man keine wahre Fruͤchte
ſiehet, fuͤr todt, das iſt fuͤr keinen Glauben, ſon-
dern fuͤr eine Einbildung zu halten, damit man
ſich ſelbſt betruͤget.

4. Jm uͤbrigen iſt bey dieſer gantzen Mate-
rie uͤberhaupt zu mercken, wie gemein und gefaͤhr-
lich der gedoppelte Abweg von der Evangeliſchen
Haupt-Lehre der Rechtfertigung durch den
Glauben ſey: da man nemlich zur rechten ohne
Glauben,
auf eine verdienſtliche Art, die Se-
ligkeit ſeinen Wercken zuſchreibet; zur Lincken
aber ohne Liebe ſich nur auf ſeinen eingebildeten
Glauben berufet. Und alſo iſt der eintzige rechte
und ſichere Weg, die Gerechtigkeit, damit man
vor GOtt beſtehe, allein durch den Glauben an
Chriſtum aus ſeinem Verdienſte alſo zu ſuchen,
daß man ſolchen ſeinen Glauben auch durch die
Liebe thaͤtig erweiſe, und damit auch vor Menſchen
bezeuge, daß man in der rechten Heyls-Ordnung
ſtehe.

Das
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[461/0463] Cap. 2. v. 24-26. Erklaͤrung des Briefes Jacobi. der Gerechtmachung vorhergehen und dazu einen verdienſtlichen Einfluß geben ſollen: Jacobus aber erfordert die Wercke, in ſofern ſie aus dem gerechtmachenden Glauben erfolgen, und wie den Glauben ſelbſt, alſo auch die dadurch vor GOtt erlangte Gerechtigkeit vor Menſchen in der That erweiſen. Und alſo iſt der Pauliniſche ἐργαζόμενος, Roͤm. 4, 4. 5. ein falſcher Phariſaͤer und Phariſaͤiſcher falſcher Chriſt, der die Selig- keit nicht als ein Gnaden-Geſchenck um Chriſti willen annehmen, ſondern ſie gleichſam als ein Tageloͤhner und Mietling GOTT abverdienen will: der Jacobaͤiſche ἐργαζόμενος, aber iſt ein ſol- cher, der ſeinen Glauben mit den Fruͤchten als lebendig, und alſo auch als wahrhaftig, erwei- ſet. V. 25. Deſſelben gleichen die Hure Rahab (wie ſie vor ihrer Bekehrung mochte geweſen ſeyn) iſt ſie nicht durch die Wercke gerecht (fuͤr eine durch den Glauben vor GOtt gerecht gewor- dene von Menſchen erkannt worden) da ſie die Boten (die von den Kindern Jſrael, ſich des Landes zu erkundigen, ausgeſchicket waren) auf- nahm (und mit Lebens-Gefahr beherbergete) und ließ ſie einen andern Weg hinaus (ſin- temal ſie aus ihrem an der Stadt-Maure ſtehen- den Hauſe uͤber dieſelbe an einem Seil hinunter gelaſſen waren.) Anmerckungen. 1. Zu dem Exempel Abrahams ſetzet der Apoſtel das Exempel der Rahab, einer geweſenen Heydin, um zu zeigen, daß es mit dem Glauben unter den bekehrten Juden und Heyden auf einer- ley Art gehalten werde, und niemand ſagen moͤch- te, es ſey das Exempel Abrahams gantz auſſeror- dentlich, dem keiner nachfolgen koͤnte. Und ob auch gleich das Geſchaͤfte Rahab etwas beſonders hatte, ſo war und iſt doch dieſes, daß der Glaube ſich in der That erweiſen muͤſſe, etwas allgemei- nes fuͤr die, welche fuͤr Rechtglaͤubige wolten ge- halten werden. 2. Daß die Rahab bereits das Geruͤchte von dem wahren GOtt der Jſraeliten, und von ſeinen groſſen Wercken, dabey ſie auch wol von dem verheiſſenen Heylande der Welt wird gehoͤ- ret haben, ſich habe zum Glauben dienen laſſen, das ſiehet man aus ihrer Bekenntniß, welche ſie bey den Kundſchaftern ableget Joſ. 2, 9. u. f. da ſie unter andern ſaget: Der HERR, euer GOtt, iſt ein GOtt beyde oben im Himmel, und unten auf Erden. 3. Gleichwie Jacobus Paulo nicht entge- gen iſt in dem, was er von dem Glauben und von den Wercken Abrahams ſaget, alſo ſtimmet er auch mit ihm, was die Rahab betrift, in der Sa- che ſelbſt zuſammen, wenn er, was Paulus Hebr. 11, 31. dem Glauben der Rahab zuſchreibet, ihren Wercken zueignet. Denn Paulus redet von der Qvelle ihrer Wercke, Jacobus von den Wer- cken ſelbſt, welche, als die Fruͤchte, von dem Glau- ben, als dem Baume, zeugeten. V. 26. Denn gleichwie der Leib ohne Geiſt todt iſt, alſo auch der Glaube ohne Wercke iſt todt. Anmerckungen. 1. Die Seele iſt ein ſelbſtaͤndiges Weſen, und von der Natur des Leibes gantz unterſchieden, weil ſie ein purer Geiſt iſt. 2. Der Menſch beſtehet nicht aus drey we- ſentlichen Theilen, Leib, Seel und Geiſt, weil das unſichtbare Theil bald Geiſt, bald Seele ge- nennet wird. 3. Es iſt zwar ein groſſer Unterſcheid zwi- ſchen der Seele und den Wercken; ſintemal die Wercke das nicht ſind dem Glauben, was die Seele dem Leibe iſt, als die den Leib in ſeinem Weſen und Leben erhaͤlt; welches man von den Wercken nicht ſagen kan, da nicht die Wercke den Glauben unterhalten, ſondern der Glaube die Wercke unterhaͤlt: es laͤſſet ſich doch aber, dieſer Ungleichheit unerachtet, die Vergleichung wohl gebrauchen. Denn gleichwie ein Leib, der ohne Seele iſt, ſich nicht reget und beweget, noch das geringſte wircket, und daher billig fuͤr todt gehalten wird: alſo iſt auch nicht weniger ein ſolcher Glaube, von dem man keine wahre Fruͤchte ſiehet, fuͤr todt, das iſt fuͤr keinen Glauben, ſon- dern fuͤr eine Einbildung zu halten, damit man ſich ſelbſt betruͤget. 4. Jm uͤbrigen iſt bey dieſer gantzen Mate- rie uͤberhaupt zu mercken, wie gemein und gefaͤhr- lich der gedoppelte Abweg von der Evangeliſchen Haupt-Lehre der Rechtfertigung durch den Glauben ſey: da man nemlich zur rechten ohne Glauben, auf eine verdienſtliche Art, die Se- ligkeit ſeinen Wercken zuſchreibet; zur Lincken aber ohne Liebe ſich nur auf ſeinen eingebildeten Glauben berufet. Und alſo iſt der eintzige rechte und ſichere Weg, die Gerechtigkeit, damit man vor GOtt beſtehe, allein durch den Glauben an Chriſtum aus ſeinem Verdienſte alſo zu ſuchen, daß man ſolchen ſeinen Glauben auch durch die Liebe thaͤtig erweiſe, und damit auch vor Menſchen bezeuge, daß man in der rechten Heyls-Ordnung ſtehe. Das M m m 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/463>, abgerufen am 02.09.2024.