Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 1. v. 19. 20. Erklärung des Briefes Jacobi. [Spaltenumbruch]
sonst viele eitele und unnütze Dinge im menschli-chen Leben unter unbekehrten Leuten geredet werden, zu welchen kein schnelles anhören erfor- dert wird, sondern vielmehr eine Abkehrung der Ohren. Verstehet man nun die Erinnerung vom göttlichen Worte, so hat man zugleich eine richtige Verbindung dieser Verse mit dem vor- hergehenden, und dem nachfolgenden. 2. Daß aber der Apostel der Langsam- 3. Die Geschwindigkeit zum hören ist 4. Es ist aber leichtlich zu erachten, daß es 5. Was der Apostel alhier von der Lang- 6. Es ist diese gedoppelte Erinnerung noch 7. Was die Studiosos Theologiae auf 8. Es ist hier auch eine schöne Lehre für die 9. Es dienet auch überhaupt allen und ie- 10. Was die Erinnerung vom Zorn be- a. Zum Zorn muß man auf eine gantz andere Art langsam seyn, als zum reden; denn zum reden kan man zur rechten Zeit schreiten; aber zum Zorn, in sofern er ein sündlicher Affect ist, niemals; sondern da muß er im Hertzen gedämpfet werden: welches Jacobus alhier meynet. Ein anders aber ist ein gerechter Un- wille, Ernst und Eifer wider das böse. Und ob denn auch gleich dieser vom eigentlichen Zorn sehr unterschieden ist, so pfleget er sich doch gar leicht mit dem Zorn zu vermengen. Dannenhero man Ursache hat, wohl auf sei- ner Hut zu seyn, daß man den guten Affect des Ernstes und des geheiligten Eifers von einem dabey aufsteigenden wilden Natur- Feuer absondere und reinige. b. Der sel. Lutherus hat die Griechischen Wor- te von dem Zorn, daß er die Gerechtigkeit GOttes nicht wircke, nach dem Germa- nismo gar wohl also übersetzet: des Men- schen Zoen thut nicht was vor GOTT recht ist. Es will aber der Apostel damit noch ein mehrers sagen, als er ausdrucket, nemlich, daß man zwar bey seinem Zorn oft meyne, er gehe auf GOttes Ehre, gehe auf das Gute, und sey der Ungerechtigkeit und allem gottlosen Wesen entgegen gesetzet; aber in der That selbst sey er vor GOTT so gar nicht unsündlich und ihm gefällig, daß man sich vielmehr damit wider GOTT oft sehr versündige, und dannhero so vielmehr Ursa- che
Cap. 1. v. 19. 20. Erklaͤrung des Briefes Jacobi. [Spaltenumbruch]
ſonſt viele eitele und unnuͤtze Dinge im menſchli-chen Leben unter unbekehrten Leuten geredet werden, zu welchen kein ſchnelles anhoͤren erfor- dert wird, ſondern vielmehr eine Abkehrung der Ohren. Verſtehet man nun die Erinnerung vom goͤttlichen Worte, ſo hat man zugleich eine richtige Verbindung dieſer Verſe mit dem vor- hergehenden, und dem nachfolgenden. 2. Daß aber der Apoſtel der Langſam- 3. Die Geſchwindigkeit zum hoͤren iſt 4. Es iſt aber leichtlich zu erachten, daß es 5. Was der Apoſtel alhier von der Lang- 6. Es iſt dieſe gedoppelte Erinnerung noch 7. Was die Studioſos Theologiæ auf 8. Es iſt hier auch eine ſchoͤne Lehre fuͤr die 9. Es dienet auch uͤberhaupt allen und ie- 10. Was die Erinnerung vom Zorn be- a. Zum Zorn muß man auf eine gantz andere Art langſam ſeyn, als zum reden; denn zum reden kan man zur rechten Zeit ſchreiten; aber zum Zorn, in ſofern er ein ſuͤndlicher Affect iſt, niemals; ſondern da muß er im Hertzen gedaͤmpfet werden: welches Jacobus alhier meynet. Ein anders aber iſt ein gerechter Un- wille, Ernſt und Eifer wider das boͤſe. Und ob denn auch gleich dieſer vom eigentlichen Zorn ſehr unterſchieden iſt, ſo pfleget er ſich doch gar leicht mit dem Zorn zu vermengen. Dannenhero man Urſache hat, wohl auf ſei- ner Hut zu ſeyn, daß man den guten Affect des Ernſtes und des geheiligten Eifers von einem dabey aufſteigenden wilden Natur- Feuer abſondere und reinige. b. Der ſel. Lutherus hat die Griechiſchen Wor- te von dem Zorn, daß er die Gerechtigkeit GOttes nicht wircke, nach dem Germa- niſmo gar wohl alſo uͤberſetzet: des Men- ſchen Zoen thut nicht was vor GOTT recht iſt. Es will aber der Apoſtel damit noch ein mehrers ſagen, als er ausdrucket, nemlich, daß man zwar bey ſeinem Zorn oft meyne, er gehe auf GOttes Ehre, gehe auf das Gute, und ſey der Ungerechtigkeit und allem gottloſen Weſen entgegen geſetzet; aber in der That ſelbſt ſey er vor GOTT ſo gar nicht unſuͤndlich und ihm gefaͤllig, daß man ſich vielmehr damit wider GOTT oft ſehr verſuͤndige, und dannhero ſo vielmehr Urſa- che
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0441" n="439"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 1. v. 19. 20. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.</hi></fw><lb/><cb/> ſonſt viele eitele und unnuͤtze Dinge im menſchli-<lb/> chen Leben unter unbekehrten Leuten geredet<lb/> werden, zu welchen kein ſchnelles anhoͤren erfor-<lb/> dert wird, ſondern vielmehr eine Abkehrung der<lb/> Ohren. Verſtehet man nun die Erinnerung vom<lb/><hi rendition="#fr">goͤttlichen Worte,</hi> ſo hat man zugleich eine<lb/> richtige <hi rendition="#fr">Verbindung</hi> dieſer Verſe mit dem vor-<lb/> hergehenden, und dem nachfolgenden.</p><lb/> <p>2. Daß aber der Apoſtel der <hi rendition="#fr">Langſam-<lb/> keit zum Zorn</hi> dabey gedencket, koͤmmt wol<lb/> daher, weil einer, der in einem oͤffentlichen<lb/> Lehr-Amte ſtehet, dazu am meiſten gereitzet<lb/> wird, und damit gar leichtlich kan uͤbereilet wer-<lb/> den; zumal, wo er von Natur ſonderlich dazu<lb/> geneiget iſt.</p><lb/> <p>3. Die <hi rendition="#fr">Geſchwindigkeit zum hoͤren</hi> iſt<lb/> zuvorderſt von einer ſolchen <hi rendition="#fr">Willigkeit</hi> zu ver-<lb/> ſtehen, da man keine Gelegenheit verſaumet, et-<lb/> was gutes zu vernehmen, und in der heilſamen<lb/> Erkenntniß GOttes und goͤttlicher Dinge ferner<lb/> zu wachſen. Und alſo will der Apoſtel mit dieſen<lb/> Worten faſt eben ſoviel ſagen, als Paulus,<lb/> wenn er an eben dieſelbe Hebraͤer ſchreibet c. 10,<lb/> 24. 25. <hi rendition="#fr">Laſſet uns unter einander unſer ſelbſt<lb/> wahrnehmen mit Reitzen zur Liebe und<lb/> guten Wercken, und nicht verlaſſen unſere<lb/> Verſammlung, wie etliche pflegen, ſon-<lb/> dern unter einander ermahnen,</hi> u. f.</p><lb/> <p>4. Es iſt aber leichtlich zu erachten, daß es<lb/> mit der bloſſen <hi rendition="#fr">Geſchwindigkeit</hi> des hoͤrens<lb/> nicht ausgemachet ſey, ſondern dabey ein ſolches<lb/> hoͤren erfordert werde, welches der Grund der<lb/> vorher gedachten Wiedergeburt mit ſich brach-<lb/> te. Von welchem wuͤrdigen hoͤren unſer Hey-<lb/> land Joh. 8, 47. ſpricht: <hi rendition="#fr">wer von GOtt iſt,<lb/> der hoͤret GOttes Wort.</hi> Denn auf ein<lb/> ſolches hoͤren dringet der Apoſtel im nachfolgen-<lb/> den Contexte. Als Petrus mit Jacobo und<lb/> Paulo den bekehrten Juden eben dieſe Lehre ge-<lb/> ben wolte, da ſprach er 1 Ep. c. 2, 2. <hi rendition="#fr">Seyd be-<lb/> gierig nach der vernuͤnftigen lautern<lb/> Milch, als die ietztgebornen Kindlein,<lb/> aufdaß ihr durch dieſelbe zunehmet.</hi></p><lb/> <p>5. Was der Apoſtel alhier von der <hi rendition="#fr">Lang-<lb/> ſamkeit zum reden</hi> ſaget, das erklaͤret er<lb/> ſelbſt c. 3. v. 1. alſo, daß er ſpricht: <hi rendition="#fr">Lieben Bruͤ-<lb/> der, es unterwinde ſich nicht iedermann<lb/> Lehrer zu ſeyn, und wiſſet, daß wir de-<lb/> ſto mehr Urtheil empfahen werden.</hi> Und<lb/> eben zu dem Ende ſchrieb Paulus 1 Tim. 5, 22.<lb/><hi rendition="#fr">Die Haͤnde lege niemanden bald auf; ma-<lb/> che dich auch nicht theilhaftig fremder<lb/> Suͤnden.</hi></p><lb/> <p>6. Es iſt dieſe gedoppelte Erinnerung noch<lb/> heute zu tage ſehr noͤthig; ſowol, daß man ſich<lb/> aller guten Gelegenheit, die man am Gehoͤr zur<lb/> Erbauung haben kan, fein in aller Munterkeit<lb/> bediene; aber, was man hoͤret, auch recht hoͤre,<lb/> und ſich darnach richte: als auch daß man zum<lb/> Lehr-Amte nicht eile.</p><lb/> <p>7. Was die <hi rendition="#aq">Studioſos Theologiæ</hi> auf<lb/><hi rendition="#aq">Univerſit</hi>aͤten betrifft, ſo haben ſie ſich dieſe ge-<lb/> doppelte Erinnerung vor andern ſonderlich zu<lb/> nutze zu machen; nemlich wider den gemeinen<lb/> und nicht geringen Fehler, da mancher ſo man-<lb/><cb/> che gute <hi rendition="#aq">Lection,</hi> die er hoͤren ſolte, verſaͤumet;<lb/> oder, wenn auch dieſes nicht geſchiehet, viel zu<lb/> ſchnell iſt zum reden, indem man ſich ſchon im<lb/> Predigen uͤbet, ehe man noch durch das hoͤren<lb/> einen rechten Grund in der <hi rendition="#aq">Theologie,</hi> und<lb/> dabey im thaͤtigen Chriſtenthum, geleget hat.<lb/> Es iſt dieſes ein Mißbrauch des Namens und<lb/> Worts GOttes, und machet gemeiniglich nur<lb/> eitele Schwaͤtzer.</p><lb/> <p>8. Es iſt hier auch eine ſchoͤne Lehre fuͤr die<lb/><hi rendition="#fr">Jugend</hi> uͤberhaupt, daß ſie im Umgange mit<lb/> Leuten, ſonderlich mit Alten <hi rendition="#fr">ſchnelle,</hi> und da-<lb/> bey, was das gute betrifft, auch aufmerckſam<lb/> ſeyn ſoll, <hi rendition="#fr">zum hoͤren;</hi> aber <hi rendition="#fr">langſam</hi> und da-<lb/> bey bedachtſam <hi rendition="#fr">zu reden;</hi> weil es ihnen noch<lb/> am Verſtande und Erfahrung fehlet, zu reden,<lb/> wie es ſich gebuͤhret. Dannenhero ſie wohl thun,<lb/> wenn ſie nicht eher reden, als bis ſie gefraget<lb/> werden, zumal in der Geſellſchaft: wie denn<lb/> auch die den Alten ſchuldige Ehrerbietung und<lb/> Demuth das wenigere Reden erfordert.</p><lb/> <p>9. Es dienet auch uͤberhaupt allen und ie-<lb/> den zum groſſen Vortheil im Chriſtenthum,<lb/> theils wenn man ſchnell iſt, das zu hoͤren, und<lb/> wohl zu Hertzen zu nehmen, was einem heilſam-<lb/> lich iſt, und bey dieſer und jener Gelegenheit,<lb/> auch wol ohne Abſicht der Redenden, geſprochen<lb/> wird: theils daß man im reden gar <hi rendition="#fr">langſam</hi><lb/> und <hi rendition="#fr">ſparſam</hi> ſey. Denn wer im <hi rendition="#fr">innerlichen<lb/> Frieden</hi> mit GOtt ſtehet, der zerſtreuet ſich mit<lb/> vielem reden gar leicht, und darum huͤtet er ſich<lb/> billig davor.</p><lb/> <p>10. Was die Erinnerung vom <hi rendition="#fr">Zorn</hi> be-<lb/> trifft; ſo iſt davon folgendes zu mercken:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Zum Zorn muß man auf eine gantz andere<lb/> Art <hi rendition="#fr">langſam</hi> ſeyn, als zum reden; denn zum<lb/> reden kan man zur rechten Zeit ſchreiten; aber<lb/> zum Zorn, in ſofern er ein ſuͤndlicher <hi rendition="#aq">Affect</hi><lb/> iſt, niemals; ſondern da muß er im Hertzen<lb/> gedaͤmpfet werden: welches Jacobus alhier<lb/> meynet. Ein anders aber iſt ein gerechter Un-<lb/> wille, Ernſt und Eifer wider das boͤſe. Und<lb/> ob denn auch gleich dieſer vom eigentlichen<lb/> Zorn ſehr unterſchieden iſt, ſo pfleget er ſich<lb/> doch gar leicht mit dem Zorn zu vermengen.<lb/> Dannenhero man Urſache hat, wohl auf ſei-<lb/> ner Hut zu ſeyn, daß man den guten <hi rendition="#aq">Affect</hi><lb/> des Ernſtes und des geheiligten Eifers von<lb/> einem dabey aufſteigenden wilden Natur-<lb/> Feuer abſondere und reinige.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Der ſel. Lutherus hat die Griechiſchen Wor-<lb/> te von dem Zorn, <hi rendition="#fr">daß er die Gerechtigkeit<lb/> GOttes nicht wircke,</hi> nach dem <hi rendition="#aq">Germa-<lb/> niſmo</hi> gar wohl alſo uͤberſetzet: <hi rendition="#fr">des Men-<lb/> ſchen Zoen thut nicht was vor GOTT<lb/> recht iſt.</hi> Es will aber der Apoſtel damit<lb/> noch ein mehrers ſagen, als er ausdrucket,<lb/> nemlich, daß man zwar bey ſeinem Zorn oft<lb/> meyne, er gehe auf GOttes Ehre, gehe auf<lb/> das Gute, und ſey der Ungerechtigkeit und<lb/> allem gottloſen Weſen entgegen geſetzet; aber<lb/> in der That ſelbſt ſey er vor GOTT ſo gar<lb/> nicht unſuͤndlich und ihm gefaͤllig, daß man<lb/> ſich vielmehr damit wider GOTT oft ſehr<lb/> verſuͤndige, und dannhero ſo vielmehr Urſa-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">che</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [439/0441]
Cap. 1. v. 19. 20. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
ſonſt viele eitele und unnuͤtze Dinge im menſchli-
chen Leben unter unbekehrten Leuten geredet
werden, zu welchen kein ſchnelles anhoͤren erfor-
dert wird, ſondern vielmehr eine Abkehrung der
Ohren. Verſtehet man nun die Erinnerung vom
goͤttlichen Worte, ſo hat man zugleich eine
richtige Verbindung dieſer Verſe mit dem vor-
hergehenden, und dem nachfolgenden.
2. Daß aber der Apoſtel der Langſam-
keit zum Zorn dabey gedencket, koͤmmt wol
daher, weil einer, der in einem oͤffentlichen
Lehr-Amte ſtehet, dazu am meiſten gereitzet
wird, und damit gar leichtlich kan uͤbereilet wer-
den; zumal, wo er von Natur ſonderlich dazu
geneiget iſt.
3. Die Geſchwindigkeit zum hoͤren iſt
zuvorderſt von einer ſolchen Willigkeit zu ver-
ſtehen, da man keine Gelegenheit verſaumet, et-
was gutes zu vernehmen, und in der heilſamen
Erkenntniß GOttes und goͤttlicher Dinge ferner
zu wachſen. Und alſo will der Apoſtel mit dieſen
Worten faſt eben ſoviel ſagen, als Paulus,
wenn er an eben dieſelbe Hebraͤer ſchreibet c. 10,
24. 25. Laſſet uns unter einander unſer ſelbſt
wahrnehmen mit Reitzen zur Liebe und
guten Wercken, und nicht verlaſſen unſere
Verſammlung, wie etliche pflegen, ſon-
dern unter einander ermahnen, u. f.
4. Es iſt aber leichtlich zu erachten, daß es
mit der bloſſen Geſchwindigkeit des hoͤrens
nicht ausgemachet ſey, ſondern dabey ein ſolches
hoͤren erfordert werde, welches der Grund der
vorher gedachten Wiedergeburt mit ſich brach-
te. Von welchem wuͤrdigen hoͤren unſer Hey-
land Joh. 8, 47. ſpricht: wer von GOtt iſt,
der hoͤret GOttes Wort. Denn auf ein
ſolches hoͤren dringet der Apoſtel im nachfolgen-
den Contexte. Als Petrus mit Jacobo und
Paulo den bekehrten Juden eben dieſe Lehre ge-
ben wolte, da ſprach er 1 Ep. c. 2, 2. Seyd be-
gierig nach der vernuͤnftigen lautern
Milch, als die ietztgebornen Kindlein,
aufdaß ihr durch dieſelbe zunehmet.
5. Was der Apoſtel alhier von der Lang-
ſamkeit zum reden ſaget, das erklaͤret er
ſelbſt c. 3. v. 1. alſo, daß er ſpricht: Lieben Bruͤ-
der, es unterwinde ſich nicht iedermann
Lehrer zu ſeyn, und wiſſet, daß wir de-
ſto mehr Urtheil empfahen werden. Und
eben zu dem Ende ſchrieb Paulus 1 Tim. 5, 22.
Die Haͤnde lege niemanden bald auf; ma-
che dich auch nicht theilhaftig fremder
Suͤnden.
6. Es iſt dieſe gedoppelte Erinnerung noch
heute zu tage ſehr noͤthig; ſowol, daß man ſich
aller guten Gelegenheit, die man am Gehoͤr zur
Erbauung haben kan, fein in aller Munterkeit
bediene; aber, was man hoͤret, auch recht hoͤre,
und ſich darnach richte: als auch daß man zum
Lehr-Amte nicht eile.
7. Was die Studioſos Theologiæ auf
Univerſitaͤten betrifft, ſo haben ſie ſich dieſe ge-
doppelte Erinnerung vor andern ſonderlich zu
nutze zu machen; nemlich wider den gemeinen
und nicht geringen Fehler, da mancher ſo man-
che gute Lection, die er hoͤren ſolte, verſaͤumet;
oder, wenn auch dieſes nicht geſchiehet, viel zu
ſchnell iſt zum reden, indem man ſich ſchon im
Predigen uͤbet, ehe man noch durch das hoͤren
einen rechten Grund in der Theologie, und
dabey im thaͤtigen Chriſtenthum, geleget hat.
Es iſt dieſes ein Mißbrauch des Namens und
Worts GOttes, und machet gemeiniglich nur
eitele Schwaͤtzer.
8. Es iſt hier auch eine ſchoͤne Lehre fuͤr die
Jugend uͤberhaupt, daß ſie im Umgange mit
Leuten, ſonderlich mit Alten ſchnelle, und da-
bey, was das gute betrifft, auch aufmerckſam
ſeyn ſoll, zum hoͤren; aber langſam und da-
bey bedachtſam zu reden; weil es ihnen noch
am Verſtande und Erfahrung fehlet, zu reden,
wie es ſich gebuͤhret. Dannenhero ſie wohl thun,
wenn ſie nicht eher reden, als bis ſie gefraget
werden, zumal in der Geſellſchaft: wie denn
auch die den Alten ſchuldige Ehrerbietung und
Demuth das wenigere Reden erfordert.
9. Es dienet auch uͤberhaupt allen und ie-
den zum groſſen Vortheil im Chriſtenthum,
theils wenn man ſchnell iſt, das zu hoͤren, und
wohl zu Hertzen zu nehmen, was einem heilſam-
lich iſt, und bey dieſer und jener Gelegenheit,
auch wol ohne Abſicht der Redenden, geſprochen
wird: theils daß man im reden gar langſam
und ſparſam ſey. Denn wer im innerlichen
Frieden mit GOtt ſtehet, der zerſtreuet ſich mit
vielem reden gar leicht, und darum huͤtet er ſich
billig davor.
10. Was die Erinnerung vom Zorn be-
trifft; ſo iſt davon folgendes zu mercken:
a. Zum Zorn muß man auf eine gantz andere
Art langſam ſeyn, als zum reden; denn zum
reden kan man zur rechten Zeit ſchreiten; aber
zum Zorn, in ſofern er ein ſuͤndlicher Affect
iſt, niemals; ſondern da muß er im Hertzen
gedaͤmpfet werden: welches Jacobus alhier
meynet. Ein anders aber iſt ein gerechter Un-
wille, Ernſt und Eifer wider das boͤſe. Und
ob denn auch gleich dieſer vom eigentlichen
Zorn ſehr unterſchieden iſt, ſo pfleget er ſich
doch gar leicht mit dem Zorn zu vermengen.
Dannenhero man Urſache hat, wohl auf ſei-
ner Hut zu ſeyn, daß man den guten Affect
des Ernſtes und des geheiligten Eifers von
einem dabey aufſteigenden wilden Natur-
Feuer abſondere und reinige.
b. Der ſel. Lutherus hat die Griechiſchen Wor-
te von dem Zorn, daß er die Gerechtigkeit
GOttes nicht wircke, nach dem Germa-
niſmo gar wohl alſo uͤberſetzet: des Men-
ſchen Zoen thut nicht was vor GOTT
recht iſt. Es will aber der Apoſtel damit
noch ein mehrers ſagen, als er ausdrucket,
nemlich, daß man zwar bey ſeinem Zorn oft
meyne, er gehe auf GOttes Ehre, gehe auf
das Gute, und ſey der Ungerechtigkeit und
allem gottloſen Weſen entgegen geſetzet; aber
in der That ſelbſt ſey er vor GOTT ſo gar
nicht unſuͤndlich und ihm gefaͤllig, daß man
ſich vielmehr damit wider GOTT oft ſehr
verſuͤndige, und dannhero ſo vielmehr Urſa-
che
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |