[Spaltenumbruch]
gen Geistes gebrauchet, wenn es Ezech. 36, 25. heißt: Jch will rein Wasser über euch spren- gen, daß ihr rein werdet von aller eurer Unreinigkeit. Und noch deutlicher Jes. 44, 3. Jch will Wasser giessen auf die Dürstige, und Ströme auf die Dürre. Jch will meinen Geist auf deinen Samen giessen, und meinen Segen auf deine Nachkom- men.
5. Die nun solchergestalt besprenget und gewaschen sind, die können, als geistliche Prie- ster, auch proserkhesthai hinzu treten, welches Wort im Griechischen auch c. 10, 1. von den die Opfer herzubringenden Personen stehet. Und da jene den Zutritt nicht selbst frey hatten, nemlich zum Altar des Vorhofes, viel weniger ins Heili- ge und Allerheiligste; sondern alles durch die Hand der Priester gehen mußte: so gebrauchen die geistlichen Priester keines andern Mittlers, als Christi: welches wider die abgöttische An- ruffung der Heiligen im Pabstthum wohl zu mercken ist. Es geschiehet aber dieses Hinzu- treten durch eine beständige Aufopferung und Ergebung in GOTT: welche ein Werck des Glaubens und in dem Glauben zugleich ein Werck der reinen Liebe gegen GOTT ist, und sich sonderlich im Gebet äussert. Siehe davon oben c. 4, 14. 16. Gleichwie also der Glaube in einer zuversichtlichen Ruhe, die man in GOtt hat, bestehet: so bestehet er auch nicht weniger in einer heiligen und zarten Bewe- gung, also daß sich die gläubige Seele vermöge des Glaubens immer zu GOTT erhebet, sich nach ihm, als dem höchsten Gute, sehnet, und alle Begierden zu ihm erhebet; sonderlich im Gebet: welches ist proserkhesthai, hinzutre- ten.
6. Damit diese Beschaffenheit des Hin- zugehens so viel besser gemercket werden möchte, so hat der Apostel diese Worte hinzugesetzet: mit wahrhaftigen Hertzen, in völligem Glauben. Da denn das wahrhaftige Hertz ist ein in der wahren Bekehrung von dem bösen Vorsatze bey der erkannten Sünde, und von al- ler Heucheley und herrschenden Unlauterkeit ge- reinigtes Hertz; welches David nennet einen Geist, in dem kein falsch ist. Ps. 32, 2. Es hat doch aber ein solches Hertz alle Würdigkeit des Zugangs vom Glauben an Christum: Darum desselben dabey ausdrücklich gedacht wird; und zwar mit dem Wort plerophoria, welches das vorhin v. 19. gesetzte Wort paR Resia erläutert, und in der gläubigen Zuversicht und Begierde einen solchen Lauf ausdrucket, als man an einem Schiffe findet, welches bey ausgespanten Se- geln unter gutem Winde vor allen Klippen glücklich vorbey gehet, und wohl behalten mit seiner Ladung in den sichern Hafen einkömmt.
7. Die andere Vermahnung ist die- se, daß die Gläubigen an der Bekenntniß der Hoffnung vest halten solten, mit dem von der Treue GOttes hergenommenen, und dazu angeführten Grunde. Das Wort Hoffnung gehet alhier, wie auch sonst öfter, sonderlich auf die geglaubte und gehoffete Sache, oder Selig- [Spaltenumbruch]
keit, und gründet sich zuvorderst auf Christum selbst, der unsere Hoffnung ist 2 Tim. 1, 1. Col. 1, 27. und folglich auch auf die gantze Lehre von Christo nach dem Evangelio. Und also ist die Bekenntniß der Hoffnung die gläubige Be- kenntniß von Christo, nach seiner Person, sei- nem Amte, unterschiedenen Ständen, und von seinem Reiche; imgleichen von der gantzen Christlichen Religion und aller Seligkeit, son- derlich der völligen und noch künftigen, dahin die Hoffnung im Glauben gerichtet ist. Siehe 1 Pet. 3, 15. Seyd allezeit bereit zur Ver- antwortung iederman, der Grund fodert der Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmüthigkeit und Furcht. Diese Hoff- nung solten sie behalten akline vest, also daß sie davon sich weder zur Rechten, noch zur Lin- cken, weder durch Lockungen, noch durch Drau- ungen, sonderlich zur Zeit der Verfolgung, solten abwendig machen lassen.
8. Der Grund von der Beständigkeit in der Bekenntniß der Hoffnung nimmt der Apo- stel her von der Treue des verheissenden GOt- tes: als der da gewißlich alles in vollem Masse werde erfüllen, auch nicht ermangeln, die Gläubigen, welche es an ihrer eignen Treue nicht würden fehlen lassen, mächtig zu stärcken, zu schützen und zu bewahren. Und also ist diese Treue GOttes gedoppelt, eine Treue der Er- füllung und der Bewahrung. Welches demnach den Gläubigen eine gedoppelte Grund- veste ihres Glaubens und ihrer Hoffnung zur freudigen Bekenntniß giebet. Siehe auch Joh. 10, 28. 29. 1 Cor. 1, 9. 1 Pet. 1, 5. c. 5, 10. Von dem Halten an der Bekenntniß, siehe auch Hebr. 4, 14. Und c. 3, 1. heisset Christus der Apostel und Hohepriester, tes omologias emon, unserer Bekenntniß, den wir beken- nen. Welcher Matth. 10, 32. 33. spricht: Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater: und wer mich verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.
9. Das dritte Stück der Ermahnung ist zur gemeinschaftlichen Wahrnehmung und Ermunterung unter einander. Es soll zwar ein ieder zuvorderst auf sich selbst sehen, und in allen Stückensuchen gewisse Tritte und Schrit- te zu thun, um das, was er hat, zu bewahren, und in der Ordnung getreuer Anlegung zu ver- mehren: aber da wir schuldig sind unsern Näch- sten zu lieben, als uns selbst; so muß sich die in Wahrnehmung unserer selbst bewiesene wohl geordnete Selbst-Liebe auch darinnen gegen den Nächsten beweisen; zumal gegen andere gläubi- ge Christen, nach dem Grunde der gliederlichen Gemeinschaft an dem geistlichen Leibe JEsu Christi: daher denn entstehet zuvorderst ein gu- tes Exempel, und denn nicht weniger auch, nach gegebner, theils auch gesuchter, Gelegenheit, die brüderliche Belehrung, Erinnerung, Bestra- fung, Ermahnung, und Warnung, auch wol tröstliche Ermunterung. Das giebt denn einen gesegneten paroxysmum, oder eine heilige
Schär-
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 10. v. 22-25.
[Spaltenumbruch]
gen Geiſtes gebrauchet, wenn es Ezech. 36, 25. heißt: Jch will rein Waſſer uͤber euch ſpren- gen, daß ihr rein werdet von aller eurer Unreinigkeit. Und noch deutlicher Jeſ. 44, 3. Jch will Waſſer gieſſen auf die Duͤrſtige, und Stroͤme auf die Duͤrre. Jch will meinen Geiſt auf deinen Samen gieſſen, und meinen Segen auf deine Nachkom- men.
5. Die nun ſolchergeſtalt beſprenget und gewaſchen ſind, die koͤnnen, als geiſtliche Prie- ſter, auch προσέρχεσθαι hinzu treten, welches Wort im Griechiſchen auch c. 10, 1. von den die Opfer herzubringenden Perſonen ſtehet. Und da jene den Zutritt nicht ſelbſt frey hatten, nemlich zum Altar des Vorhofes, viel weniger ins Heili- ge und Allerheiligſte; ſondern alles durch die Hand der Prieſter gehen mußte: ſo gebrauchen die geiſtlichen Prieſter keines andern Mittlers, als Chriſti: welches wider die abgoͤttiſche An- ruffung der Heiligen im Pabſtthum wohl zu mercken iſt. Es geſchiehet aber dieſes Hinzu- treten durch eine beſtaͤndige Aufopferung und Ergebung in GOTT: welche ein Werck des Glaubens und in dem Glauben zugleich ein Werck der reinen Liebe gegen GOTT iſt, und ſich ſonderlich im Gebet aͤuſſert. Siehe davon oben c. 4, 14. 16. Gleichwie alſo der Glaube in einer zuverſichtlichen Ruhe, die man in GOtt hat, beſtehet: ſo beſtehet er auch nicht weniger in einer heiligen und zarten Bewe- gung, alſo daß ſich die glaͤubige Seele vermoͤge des Glaubens immer zu GOTT erhebet, ſich nach ihm, als dem hoͤchſten Gute, ſehnet, und alle Begierden zu ihm erhebet; ſonderlich im Gebet: welches iſt ϖροσέρχεσθαι, hinzutre- ten.
6. Damit dieſe Beſchaffenheit des Hin- zugehens ſo viel beſſer gemercket werden moͤchte, ſo hat der Apoſtel dieſe Worte hinzugeſetzet: mit wahrhaftigen Hertzen, in voͤlligem Glauben. Da denn das wahrhaftige Hertz iſt ein in der wahren Bekehrung von dem boͤſen Vorſatze bey der erkannten Suͤnde, und von al- ler Heucheley und herrſchenden Unlauterkeit ge- reinigtes Hertz; welches David nennet einen Geiſt, in dem kein falſch iſt. Pſ. 32, 2. Es hat doch aber ein ſolches Hertz alle Wuͤrdigkeit des Zugangs vom Glauben an Chriſtum: Darum deſſelben dabey ausdruͤcklich gedacht wird; und zwar mit dem Wort πληροφορία, welches das vorhin v. 19. geſetzte Wort παῥ ῥησία erlaͤutert, und in der glaͤubigen Zuverſicht und Begierde einen ſolchen Lauf ausdrucket, als man an einem Schiffe findet, welches bey ausgeſpanten Se- geln unter gutem Winde vor allen Klippen gluͤcklich vorbey gehet, und wohl behalten mit ſeiner Ladung in den ſichern Hafen einkoͤmmt.
7. Die andere Vermahnung iſt die- ſe, daß die Glaͤubigen an der Bekenntniß der Hoffnung veſt halten ſolten, mit dem von der Treue GOttes hergenommenen, und dazu angefuͤhrten Grunde. Das Wort Hoffnung gehet alhier, wie auch ſonſt oͤfter, ſonderlich auf die geglaubte und gehoffete Sache, oder Selig- [Spaltenumbruch]
keit, und gruͤndet ſich zuvorderſt auf Chriſtum ſelbſt, der unſere Hoffnung iſt 2 Tim. 1, 1. Col. 1, 27. und folglich auch auf die gantze Lehre von Chriſto nach dem Evangelio. Und alſo iſt die Bekenntniß der Hoffnung die glaͤubige Be- kenntniß von Chriſto, nach ſeiner Perſon, ſei- nem Amte, unterſchiedenen Staͤnden, und von ſeinem Reiche; imgleichen von der gantzen Chriſtlichen Religion und aller Seligkeit, ſon- derlich der voͤlligen und noch kuͤnftigen, dahin die Hoffnung im Glauben gerichtet iſt. Siehe 1 Pet. 3, 15. Seyd allezeit bereit zur Ver- antwortung iederman, der Grund fodert der Hoffnung, die in euch iſt, und das mit Sanftmuͤthigkeit und Furcht. Dieſe Hoff- nung ſolten ſie behalten ἀκλινῆ veſt, alſo daß ſie davon ſich weder zur Rechten, noch zur Lin- cken, weder durch Lockungen, noch durch Drau- ungen, ſonderlich zur Zeit der Verfolgung, ſolten abwendig machen laſſen.
8. Der Grund von der Beſtaͤndigkeit in der Bekenntniß der Hoffnung nimmt der Apo- ſtel her von der Treue des verheiſſenden GOt- tes: als der da gewißlich alles in vollem Maſſe werde erfuͤllen, auch nicht ermangeln, die Glaͤubigen, welche es an ihrer eignen Treue nicht wuͤrden fehlen laſſen, maͤchtig zu ſtaͤrcken, zu ſchuͤtzen und zu bewahren. Und alſo iſt dieſe Treue GOttes gedoppelt, eine Treue der Er- fuͤllung und der Bewahrung. Welches demnach den Glaͤubigen eine gedoppelte Grund- veſte ihres Glaubens und ihrer Hoffnung zur freudigen Bekenntniß giebet. Siehe auch Joh. 10, 28. 29. 1 Cor. 1, 9. 1 Pet. 1, 5. c. 5, 10. Von dem Halten an der Bekenntniß, ſiehe auch Hebr. 4, 14. Und c. 3, 1. heiſſet Chriſtus der Apoſtel und Hoheprieſter, τῆς ὁμολογίας ἡμῶν, unſerer Bekenntniß, den wir beken- nen. Welcher Matth. 10, 32. 33. ſpricht: Wer mich bekennet vor den Menſchen, den will ich bekennen vor meinem himmliſchen Vater: und wer mich verleugnet vor den Menſchen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmliſchen Vater.
9. Das dritte Stuͤck der Ermahnung iſt zur gemeinſchaftlichen Wahrnehmung und Ermunterung unter einander. Es ſoll zwar ein ieder zuvorderſt auf ſich ſelbſt ſehen, und in allen Stuͤckenſuchen gewiſſe Tritte und Schrit- te zu thun, um das, was er hat, zu bewahren, und in der Ordnung getreuer Anlegung zu ver- mehren: aber da wir ſchuldig ſind unſern Naͤch- ſten zu lieben, als uns ſelbſt; ſo muß ſich die in Wahrnehmung unſerer ſelbſt bewieſene wohl geordnete Selbſt-Liebe auch darinnen gegen den Naͤchſten beweiſen; zumal gegen andere glaͤubi- ge Chriſten, nach dem Grunde der gliederlichen Gemeinſchaft an dem geiſtlichen Leibe JEſu Chriſti: daher denn entſtehet zuvorderſt ein gu- tes Exempel, und denn nicht weniger auch, nach gegebner, theils auch geſuchter, Gelegenheit, die bruͤderliche Belehrung, Erinnerung, Beſtra- fung, Ermahnung, und Warnung, auch wol troͤſtliche Ermunterung. Das giebt denn einen geſegneten paroxyſmum, oder eine heilige
Schaͤr-
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[370/0372]
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 10. v. 22-25.
gen Geiſtes gebrauchet, wenn es Ezech. 36, 25.
heißt: Jch will rein Waſſer uͤber euch ſpren-
gen, daß ihr rein werdet von aller eurer
Unreinigkeit. Und noch deutlicher Jeſ. 44, 3.
Jch will Waſſer gieſſen auf die Duͤrſtige,
und Stroͤme auf die Duͤrre. Jch will
meinen Geiſt auf deinen Samen gieſſen,
und meinen Segen auf deine Nachkom-
men.
5. Die nun ſolchergeſtalt beſprenget und
gewaſchen ſind, die koͤnnen, als geiſtliche Prie-
ſter, auch προσέρχεσθαι hinzu treten, welches
Wort im Griechiſchen auch c. 10, 1. von den die
Opfer herzubringenden Perſonen ſtehet. Und da
jene den Zutritt nicht ſelbſt frey hatten, nemlich
zum Altar des Vorhofes, viel weniger ins Heili-
ge und Allerheiligſte; ſondern alles durch die
Hand der Prieſter gehen mußte: ſo gebrauchen
die geiſtlichen Prieſter keines andern Mittlers,
als Chriſti: welches wider die abgoͤttiſche An-
ruffung der Heiligen im Pabſtthum wohl zu
mercken iſt. Es geſchiehet aber dieſes Hinzu-
treten durch eine beſtaͤndige Aufopferung und
Ergebung in GOTT: welche ein Werck des
Glaubens und in dem Glauben zugleich ein
Werck der reinen Liebe gegen GOTT iſt, und
ſich ſonderlich im Gebet aͤuſſert. Siehe davon
oben c. 4, 14. 16. Gleichwie alſo der Glaube
in einer zuverſichtlichen Ruhe, die man in
GOtt hat, beſtehet: ſo beſtehet er auch nicht
weniger in einer heiligen und zarten Bewe-
gung, alſo daß ſich die glaͤubige Seele vermoͤge
des Glaubens immer zu GOTT erhebet, ſich
nach ihm, als dem hoͤchſten Gute, ſehnet, und
alle Begierden zu ihm erhebet; ſonderlich im
Gebet: welches iſt ϖροσέρχεσθαι, hinzutre-
ten.
6. Damit dieſe Beſchaffenheit des Hin-
zugehens ſo viel beſſer gemercket werden moͤchte,
ſo hat der Apoſtel dieſe Worte hinzugeſetzet:
mit wahrhaftigen Hertzen, in voͤlligem
Glauben. Da denn das wahrhaftige Hertz
iſt ein in der wahren Bekehrung von dem boͤſen
Vorſatze bey der erkannten Suͤnde, und von al-
ler Heucheley und herrſchenden Unlauterkeit ge-
reinigtes Hertz; welches David nennet einen
Geiſt, in dem kein falſch iſt. Pſ. 32, 2. Es hat
doch aber ein ſolches Hertz alle Wuͤrdigkeit des
Zugangs vom Glauben an Chriſtum: Darum
deſſelben dabey ausdruͤcklich gedacht wird; und
zwar mit dem Wort πληροφορία, welches das
vorhin v. 19. geſetzte Wort παῥ ῥησία erlaͤutert,
und in der glaͤubigen Zuverſicht und Begierde
einen ſolchen Lauf ausdrucket, als man an einem
Schiffe findet, welches bey ausgeſpanten Se-
geln unter gutem Winde vor allen Klippen
gluͤcklich vorbey gehet, und wohl behalten mit
ſeiner Ladung in den ſichern Hafen einkoͤmmt.
7. Die andere Vermahnung iſt die-
ſe, daß die Glaͤubigen an der Bekenntniß der
Hoffnung veſt halten ſolten, mit dem von
der Treue GOttes hergenommenen, und dazu
angefuͤhrten Grunde. Das Wort Hoffnung
gehet alhier, wie auch ſonſt oͤfter, ſonderlich auf
die geglaubte und gehoffete Sache, oder Selig-
keit, und gruͤndet ſich zuvorderſt auf Chriſtum
ſelbſt, der unſere Hoffnung iſt 2 Tim. 1, 1. Col. 1,
27. und folglich auch auf die gantze Lehre von
Chriſto nach dem Evangelio. Und alſo iſt die
Bekenntniß der Hoffnung die glaͤubige Be-
kenntniß von Chriſto, nach ſeiner Perſon, ſei-
nem Amte, unterſchiedenen Staͤnden, und von
ſeinem Reiche; imgleichen von der gantzen
Chriſtlichen Religion und aller Seligkeit, ſon-
derlich der voͤlligen und noch kuͤnftigen, dahin
die Hoffnung im Glauben gerichtet iſt. Siehe
1 Pet. 3, 15. Seyd allezeit bereit zur Ver-
antwortung iederman, der Grund fodert
der Hoffnung, die in euch iſt, und das mit
Sanftmuͤthigkeit und Furcht. Dieſe Hoff-
nung ſolten ſie behalten ἀκλινῆ veſt, alſo daß
ſie davon ſich weder zur Rechten, noch zur Lin-
cken, weder durch Lockungen, noch durch Drau-
ungen, ſonderlich zur Zeit der Verfolgung, ſolten
abwendig machen laſſen.
8. Der Grund von der Beſtaͤndigkeit in
der Bekenntniß der Hoffnung nimmt der Apo-
ſtel her von der Treue des verheiſſenden GOt-
tes: als der da gewißlich alles in vollem Maſſe
werde erfuͤllen, auch nicht ermangeln, die
Glaͤubigen, welche es an ihrer eignen Treue nicht
wuͤrden fehlen laſſen, maͤchtig zu ſtaͤrcken, zu
ſchuͤtzen und zu bewahren. Und alſo iſt dieſe
Treue GOttes gedoppelt, eine Treue der Er-
fuͤllung und der Bewahrung. Welches
demnach den Glaͤubigen eine gedoppelte Grund-
veſte ihres Glaubens und ihrer Hoffnung zur
freudigen Bekenntniß giebet. Siehe auch Joh.
10, 28. 29. 1 Cor. 1, 9. 1 Pet. 1, 5. c. 5, 10. Von
dem Halten an der Bekenntniß, ſiehe auch
Hebr. 4, 14. Und c. 3, 1. heiſſet Chriſtus der
Apoſtel und Hoheprieſter, τῆς ὁμολογίας
ἡμῶν, unſerer Bekenntniß, den wir beken-
nen. Welcher Matth. 10, 32. 33. ſpricht: Wer
mich bekennet vor den Menſchen, den
will ich bekennen vor meinem himmliſchen
Vater: und wer mich verleugnet vor den
Menſchen, den will ich auch verleugnen
vor meinem himmliſchen Vater.
9. Das dritte Stuͤck der Ermahnung
iſt zur gemeinſchaftlichen Wahrnehmung
und Ermunterung unter einander. Es ſoll zwar
ein ieder zuvorderſt auf ſich ſelbſt ſehen, und in
allen Stuͤckenſuchen gewiſſe Tritte und Schrit-
te zu thun, um das, was er hat, zu bewahren,
und in der Ordnung getreuer Anlegung zu ver-
mehren: aber da wir ſchuldig ſind unſern Naͤch-
ſten zu lieben, als uns ſelbſt; ſo muß ſich die
in Wahrnehmung unſerer ſelbſt bewieſene wohl
geordnete Selbſt-Liebe auch darinnen gegen den
Naͤchſten beweiſen; zumal gegen andere glaͤubi-
ge Chriſten, nach dem Grunde der gliederlichen
Gemeinſchaft an dem geiſtlichen Leibe JEſu
Chriſti: daher denn entſtehet zuvorderſt ein gu-
tes Exempel, und denn nicht weniger auch, nach
gegebner, theils auch geſuchter, Gelegenheit, die
bruͤderliche Belehrung, Erinnerung, Beſtra-
fung, Ermahnung, und Warnung, auch wol
troͤſtliche Ermunterung. Das giebt denn einen
geſegneten paroxyſmum, oder eine heilige
Schaͤr-
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/372>, abgerufen am 25.11.2024.
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Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.