Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 10. v. 19-25. an die Hebräer. [Spaltenumbruch]
Werck der Versöhnung gantz allein ausgefüh-ret hat, wie im Vorbilde der Levitische Hohe- priester am hohen Versöhnungs-Tage; und sei- ner Gläubigen durch die übrigen Levitischen Priester repraesentirten Glieder, deren hoch- gelobtes Haupt er ist. Unten heißt er daher der grosse Hirte der Schafe. 16. Von dem Hause GOttes, worüber V. 22 - 25. So lasset uns (als die geistlichen Prie- Anmerckungen. 1. Daß die Structur und der Verstand 2. Bey dem ersten Puncte sind drey 3. Diejenigen, welche hinzu gehen sollen, 4. Dieses appliciret nun der Apostel der- gen A a a
Cap. 10. v. 19-25. an die Hebraͤer. [Spaltenumbruch]
Werck der Verſoͤhnung gantz allein ausgefuͤh-ret hat, wie im Vorbilde der Levitiſche Hohe- prieſter am hohen Verſoͤhnungs-Tage; und ſei- ner Glaͤubigen durch die uͤbrigen Levitiſchen Prieſter repræſentirten Glieder, deren hoch- gelobtes Haupt er iſt. Unten heißt er daher der groſſe Hirte der Schafe. 16. Von dem Hauſe GOttes, woruͤber V. 22 ‒ 25. So laſſet uns (als die geiſtlichen Prie- Anmerckungen. 1. Daß die Structur und der Verſtand 2. Bey dem erſten Puncte ſind drey 3. Diejenigen, welche hinzu gehen ſollen, 4. Dieſes appliciret nun der Apoſtel der- gen A a a
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Cap. 10. v. 19-25. an die Hebraͤer.
Werck der Verſoͤhnung gantz allein ausgefuͤh-
ret hat, wie im Vorbilde der Levitiſche Hohe-
prieſter am hohen Verſoͤhnungs-Tage; und ſei-
ner Glaͤubigen durch die uͤbrigen Levitiſchen
Prieſter repræſentirten Glieder, deren hoch-
gelobtes Haupt er iſt. Unten heißt er daher der
groſſe Hirte der Schafe.
16. Von dem Hauſe GOttes, woruͤber
er der groſſe Prieſter iſt, ſiehe kurtz vorher v. 10.
und was davon bereits oben c. 3, 6. vorgekom-
men iſt. Wohl dem, der mit Paulo im Glau-
ben ſagen kan, daß er dieſen groſſen Prieſter
habe: ſintemal des Glaubens Eigenſchaft in
der Zueignung beſtehet, daß man mit Wahr-
heit die pronomina poſſesſiva gebrauchen
und ſagen koͤnne: Mein GOtt! mein Hort!
meine Burg, mein Licht, meine Kraft, mein
Leben, mein und mir alles in allen.
V. 22 ‒ 25.
So laſſet uns (als die geiſtlichen Prie-
ſter, nach empfangenem Rechte des Eingangs
ins Allerheiligſte v. 19. 20. 21.) hinzugehen mit
wahrhaftigen (und ohne alle Heucheley nach
der Natur der neuen Oeconomie rechtſchaf-
fen geſinneten) Hertzen im voͤlligen Glauben
(den wir als einen neuen und lebendigen Weg
uͤberkommen haben v. 19. 20.) beſprenget in
unſerm Hertzen (mit dem Opfer-Blute Chriſti
zur Vergebung der Suͤnden, und daher) los
von dem boͤſen Gewiſſen (der todten Wercke,
daß uns dieſelbe durch Anklage des Geſetzes nicht
mehr verdammen und beunruhigen koͤnnen; ſo
wenig als wir ſie uͤber uns herrſchen laſſen:)
und gewaſchen am Leibe mit reinem Waſ-
ſer (im Gegenbilde auf die Levitiſchen Reini-
gungen; welches wir an der Verſoͤhnung Chri-
ſti und kraͤftigen Wirckung des heiligen Geiſtes
haben; darauf wir durch die heilige Taufe ſind
gefuͤhret worden:) und laſſet uns halten an
der Bekenntniß der Hoffnung (die in uns
iſt vom ewigen Leben, und dabey von der Aufer-
ſtehung der Todten) und nicht wancken (we-
der zur Rechten, noch zur Lincken; vielweniger
gar wieder von der Chriſtlichen Religion abfal-
len) denn er iſt treu, der ſie verheiſſen hat (der
Verheiſſer, daß er uns von ſeiner Seite nicht
verlaͤſſet, aber uns doch auch nicht zwinget, ſon-
dern nur die rechte Gegentreu von unſerm freyen
und geheiligten Willen erfodert.) v. 24. Und
laſſet uns unter einander unſer ſelbſt wahr-
nehmen, (alſo, daß man nicht allein auf ſich
ſelbſt ſehe, ſondern auch auf den Naͤchſten, deſ-
ſen geiſtliche Wohlfahrt zu befordern) mit rei-
tzen zur Liebe und guten Wercken (darinn
ſich die wahre Liebe aͤuſſern muß) und nicht
verlaſſen unſere (oͤffentliche, oder doch gemein-
ſchaftliche) Verſamlungen, wie etliche pfle-
gen (alſo daß ſie aus Menſchen-Furcht, oder an-
dern unguͤltigen Urſachen theils gar ſelten, theils
gar nicht ſich darzu einfinden, und daruͤber in die
Gefahr eines gaͤntzlichen Ruͤckfalls geraͤthen)
ſondern unter einander ermahnen, (und alſo,
auch die Ermahnung gerne annehmen,) und
das ſo viel mehr, ſo viel ihr ſehet, daß ſich
der Tag (des HErrn, der kuͤnftige groſſe Ge-
richts-Tag, nahet, da wir alle vor ſeinen Rich-
ter-Stuhl werden geſtellet werden muͤſſen.)
Anmerckungen.
1. Daß die Structur und der Verſtand
dieſer Worte, als ein Conſequens von dem
19. 20. und 21. Verſe, als dem antecedenti,
dependire, iſt bereits vorher angezeiget wor-
den. Wir finden aber der Ordnung nach in
dieſen vier Verſen eine vierfache Ermah-
nung: Die erſte zum Hinzugehen mit wahr-
haftigen Hertzen: die andere zum Veſthalten
an der Bekenntniß der Hoffnung: die dritte
zur gemeinſchaftlichen Wahrnehmung unter
einander: die vierte zur fleißigen Beſuchung
der Verſamlung. Welche Puncte ihrem Nach-
drucke nach nun inſonderheit zu erwegen ſind.
2. Bey dem erſten Puncte ſind drey
Stuͤcke zu mercken: erſtlich diejenigen, welche
hinzugehen ſollen: hernach das Hinzugehen
ſelbſt: und denn die rechte Art und Weiſe des
Hinzugehens.
3. Diejenigen, welche hinzu gehen ſollen,
auch koͤnnen, ſind die beſprengte in ihrem
Hertzen, vom boͤſen Gewiſſen losgemachte
und am Leibe mit reinem Waſſer gewaſche-
ne. Von welchen drey Redens-Arten uͤber-
haupt zu mercken iſt, daß ſie von der Beſchaf-
fenheit des Levitiſchen Gottesdienſtes genom-
men ſind, aber auf die neue Oeconomie ap-
pliciret werden. Denn bey jenem geſchahe
viele Beſprengung, ſonderlich mit dem Opfer-
Blute: Wie denn die erſte Einweihung ſelbſt
mit einer ſolchen Beſprengung verrichtet wur-
de, als wir oben c. 9, 13. 19. aus 2 B. Moſ. 25,
5. 6. vernommen haben. Die wichtigſte Be-
ſprengung war die am hohen Verſoͤhnungs-Fe-
ſte 3 B. Moſ. 16, 14. 15. 18. bey ſolchen Hand-
lungen aber behielte man noch immer eine Bloͤ-
digkeit des Glaubens und Gewiſſens, alſo daß
es von der Suͤnden-Schuld gar leicht konte be-
unruhiget werden, nach c. 9, 9. c. 10, 2. 3. Und
dazu war ſo mancher Levitiſchen Verunreini-
gung wegen des waſchens am gantzen Leibe ſehr
viel.
4. Dieſes appliciret nun der Apoſtel der-
geſtalt, daß er damit auf die geiſtliche Be-
ſprengung und Reinigung fuͤhret. Wel-
che, weil ſie in der Vergebung der Suͤnden be-
ſtehet, ſo fuͤhret ſie auch die Befreyung vom
boͤſen Gewiſſen, und ſolchergeſtalt auch den
Frieden GOTTes mit ſich. Es iſt wohl kein
Zweifel, daß der Apoſtel mit den Worten:
gewaſchen am Leibe mit reinem Waſſer,
mit auf die heilige Taufe geſehen habe. Denn
ob es bey dieſer gleich auf den Leib eigentlich
nicht ankam; ſo fiel doch die Tauf-Handlung
nur dem Leibe nach ins Auge; daß alſo die Be-
nennung davon gar wohl gemachet werden kon-
te. Was die Beſprengung betrift, die fuͤhret
auch Petr. 1 Ep. 1, 1. ausdruͤcklich auf das Blut
Chriſti. Da aber der heilige Geiſt Chriſtum
verklaͤret, ſo wird die Beſprengung auch von
der Wirckung des Chriſtum verklaͤrenden heili-
gen
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