Erklärung des Briefes Pauli C. 9. v. 27. 28. C 10. v. 1.
[Spaltenumbruch]
desselben doch vielfach sey, oder über viele, das ist, über die gantze Menge der Menschen, und al- so über alle Menschen, der Erwerbung nach, sich erstrecke.
6. Jm gleichen Verstande gebrauchet der Apostel, um des auf einen gemachten Gegensa- tzes willen, Röm. 5, 19. das Wort viele, an statt alle zu zweymal, wenn er spricht: Gleichwie durch eines Menschen Ungehorsam viele Sünder worden sind, also auch durch eines Gehorsam werden viel Gerechten. Allwo, daß viele so viel sey, als alle, nicht al- lein der vorhergehende Ausspruch von der Sün- de, die nicht etwa nur auf viele, sondern auf alle Menschen gekommen ist, klärlich anzeiget, sondern auch der vorhergehende ausdrückliche Context mit dem gebrauchten Worte alle, v. 12. und 18. deutlich bekräftiget: nach welcher An- merckung denn auch das viel im funfzehenden Vers daselbst zu verstehen ist. Von der Re- dens-Art Sünde opfern, a'napherein, sehe man c. 7, 27.
7. Daß gesetzet wird, Christus werde zum andernmal ohne Sünde erscheinen, damit wird angezeiget erstlich dieses, daß er zum erstenmal zwar ohne innwohnende eigene Sün- de, aber doch nicht ohne fremde Sünde im Flei- sche erschienen sey; und daß ihm die Sünde der Menschen nicht erst am Creutze zugerechnet wor- den, sondern so fort bey angenommener mensch- lichen Natur, als dadurch er die auf ihn gewor- fene Schuld, als das Lamm GOttes mit über sich genommen habe, Jes. 53, 6. und denn auch dieses, wie vollgültig sein Versöhnopfer gewe- en sey, nemlich also, daß er damit alle ihm zu- [Spaltenumbruch]
gerechnete Sünden-Schuld abgetragen habe, und daher zur völligen Ausführung des Siegs und Mittheilung des Segens erscheinen werde.
8. Mit der gantzen Redens-Art: zum an- dernmal wird er ohne Sünde erscheinen denen, die auf ihn warten zur Seligkeit, scheinet der Apostel gesehen zu haben, auf die Jüdische Gewohnheit nach dem Ceremonial- Gesetze, da der Hohepriester, wenn er aus dem Allerheiligsten zuletzt wieder hervor kam, dem Volcke, das auf ihn wartete im Vorhofe, mit solennen Spruche, nach 4 B. Mos. 6, 24. 25. 26. den Segen ertheilete. Wie es denn auch anf den Ausgang aus dem Heiligen der andern Priester wartete, Luc. 1, 10. 21. Denn diß war ein Vorbild von dem, wie Christus, wenn er würde von und mit dem Throne seiner Herrlich- keit sichtbar zum Gerichte erscheinen, seinen zur Seligkeit auf ihn wartenden Gliedern den rech- ten Segen ertheile, daß er spreche: Kommet her, ihr Gesegneten meines Vaters, erer- bet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt! Matth. 25, 34.
9. Auf Christum zur Seligkeit war- ten, ist die Eigenschaft der gläubigen Glieder JEsu: als die zu solchem gläubigen Warten in der lebendigen Hoffnung des Geistes Erstlinge empfangen haben, Röm. 8, 23. und damit, als mit einem vesten Ancker, über sich ins Allerhei- ligste eindringen, da Christus ist, Hebr. 6, 19. 20. Col. 3, 1. 2. seine Erscheinung lieb haben, 2 Tim. 4, 8. und darüber, um zum seligen Tode sich be- reit zu halten, die Welt verleugnen, Tit. 2, 12. 13. und sagen: Amen, ja! Komm, HERR JESU!
Das Zehente Capitel, Darinnen Der Apostel die bisher tractirte Lehre von dem Vorzuge des Hohenpriesterlichen Amts Christi und der gantzen neuen Oeconomie vor dem alten und Levitischen noch ferner fortsetzet: und darauf zur Appli- cation schreitet/ wie man sich die grossen Vorrechte des neuen Testaments in würdiger Anwendung recht zu Nutze machen/ und sich ja vor allem Rückfall aus dem Stande der Gnaden zum Judenthum getreulich hüten soll.
[Spaltenumbruch]
V. 1.
DEnn das(Ceremonial-)Gese- tze hat den Schatten von den (unter demselben noch) künf- tigen Gütern, nicht das We- sen der Güter selbst. Alle Jahr, (welches der Unvollkommenheit wegen zu mercken ist,) muß man opfern immer ei- nerley Opfer, und kan nicht, (oudepote, nim- mermehr,) die da opfern, (tous proserkhome- nous, die sich mit ihren Opfern durch die Priester [Spaltenumbruch]
zum Altar nahen,) vollkommen machen, (nem- lich aus sich selbst, also daß sie keines vollkom- menen Opfers, welches der Meßias selbst ist, gebrauchten.)
Anmerckungen.
1. Die Verbindung dieses Verses mit dem vorhergehenden ist diese: der Apostel hatte vorher bezeuget, wie daß Christi einmaliges Opfer ohne alle Wiederholungen hinlänglich gewesen sey, aller Menschen Sünde hinweg zu nehmen. Weil nun iemand dagegen hätte ein-
wer-
Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 9. v. 27. 28. C 10. v. 1.
[Spaltenumbruch]
deſſelben doch vielfach ſey, oder uͤber viele, das iſt, uͤber die gantze Menge der Menſchen, und al- ſo uͤber alle Menſchen, der Erwerbung nach, ſich erſtrecke.
6. Jm gleichen Verſtande gebrauchet der Apoſtel, um des auf einen gemachten Gegenſa- tzes willen, Roͤm. 5, 19. das Wort viele, an ſtatt alle zu zweymal, wenn er ſpricht: Gleichwie durch eines Menſchen Ungehorſam viele Suͤnder worden ſind, alſo auch durch eines Gehorſam werden viel Gerechten. Allwo, daß viele ſo viel ſey, als alle, nicht al- lein der vorhergehende Ausſpruch von der Suͤn- de, die nicht etwa nur auf viele, ſondern auf alle Menſchen gekommen iſt, klaͤrlich anzeiget, ſondern auch der vorhergehende ausdruͤckliche Context mit dem gebrauchten Worte alle, v. 12. und 18. deutlich bekraͤftiget: nach welcher An- merckung denn auch das viel im funfzehenden Vers daſelbſt zu verſtehen iſt. Von der Re- dens-Art Suͤnde opfern, α᾽ναϕέρειν, ſehe man c. 7, 27.
7. Daß geſetzet wird, Chriſtus werde zum andernmal ohne Suͤnde erſcheinen, damit wird angezeiget erſtlich dieſes, daß er zum erſtenmal zwar ohne innwohnende eigene Suͤn- de, aber doch nicht ohne fremde Suͤnde im Flei- ſche erſchienen ſey; und daß ihm die Suͤnde der Menſchen nicht erſt am Creutze zugerechnet wor- den, ſondern ſo fort bey angenommener menſch- lichen Natur, als dadurch er die auf ihn gewor- fene Schuld, als das Lamm GOttes mit uͤber ſich genommen habe, Jeſ. 53, 6. und denn auch dieſes, wie vollguͤltig ſein Verſoͤhnopfer gewe- en ſey, nemlich alſo, daß er damit alle ihm zu- [Spaltenumbruch]
gerechnete Suͤnden-Schuld abgetragen habe, und daher zur voͤlligen Ausfuͤhrung des Siegs und Mittheilung des Segens erſcheinen werde.
8. Mit der gantzen Redens-Art: zum an- dernmal wird er ohne Suͤnde erſcheinen denen, die auf ihn warten zur Seligkeit, ſcheinet der Apoſtel geſehen zu haben, auf die Juͤdiſche Gewohnheit nach dem Ceremonial- Geſetze, da der Hoheprieſter, wenn er aus dem Allerheiligſten zuletzt wieder hervor kam, dem Volcke, das auf ihn wartete im Vorhofe, mit ſolennen Spruche, nach 4 B. Moſ. 6, 24. 25. 26. den Segen ertheilete. Wie es denn auch anf den Ausgang aus dem Heiligen der andern Prieſter wartete, Luc. 1, 10. 21. Denn diß war ein Vorbild von dem, wie Chriſtus, wenn er wuͤrde von und mit dem Throne ſeiner Herrlich- keit ſichtbar zum Gerichte erſcheinen, ſeinen zur Seligkeit auf ihn wartenden Gliedern den rech- ten Segen ertheile, daß er ſpreche: Kommet her, ihr Geſegneten meines Vaters, erer- bet das Reich, das euch bereitet iſt von Anbeginn der Welt! Matth. 25, 34.
9. Auf Chriſtum zur Seligkeit war- ten, iſt die Eigenſchaft der glaͤubigen Glieder JEſu: als die zu ſolchem glaͤubigen Warten in der lebendigen Hoffnung des Geiſtes Erſtlinge empfangen haben, Roͤm. 8, 23. und damit, als mit einem veſten Ancker, uͤber ſich ins Allerhei- ligſte eindringen, da Chriſtus iſt, Hebr. 6, 19. 20. Col. 3, 1. 2. ſeine Erſcheinung lieb haben, 2 Tim. 4, 8. und daruͤber, um zum ſeligen Tode ſich be- reit zu halten, die Welt verleugnen, Tit. 2, 12. 13. und ſagen: Amen, ja! Komm, HERR JESU!
Das Zehente Capitel, Darinnen Der Apoſtel die bisher tractirte Lehre von dem Vorzuge des Hohenprieſterlichen Amts Chriſti und der gantzen neuen Oeconomie vor dem alten und Levitiſchen noch ferner fortſetzet: und darauf zur Appli- cation ſchreitet/ wie man ſich die groſſen Vorrechte des neuen Teſtaments in wuͤrdiger Anwendung recht zu Nutze machen/ und ſich ja vor allem Ruͤckfall aus dem Stande der Gnaden zum Judenthum getreulich huͤten ſoll.
[Spaltenumbruch]
V. 1.
DEnn das(Ceremonial-)Geſe- tze hat den Schatten von den (unter demſelben noch) kuͤnf- tigen Guͤtern, nicht das We- ſen der Guͤter ſelbſt. Alle Jahr, (welches der Unvollkommenheit wegen zu mercken iſt,) muß man opfern immer ei- nerley Opfer, und kan nicht, (ουδέποτε, nim- mermehr,) die da opfern, (τοὺς ϖροσερχομέ- νους, die ſich mit ihren Opfern durch die Prieſter [Spaltenumbruch]
zum Altar nahen,) vollkommen machen, (nem- lich aus ſich ſelbſt, alſo daß ſie keines vollkom- menen Opfers, welches der Meßias ſelbſt iſt, gebrauchten.)
Anmerckungen.
1. Die Verbindung dieſes Verſes mit dem vorhergehenden iſt dieſe: der Apoſtel hatte vorher bezeuget, wie daß Chriſti einmaliges Opfer ohne alle Wiederholungen hinlaͤnglich geweſen ſey, aller Menſchen Suͤnde hinweg zu nehmen. Weil nun iemand dagegen haͤtte ein-
wer-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0362"n="360"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 9. v. 27. 28. C 10. v. 1.</hi></fw><lb/><cb/>
deſſelben doch vielfach ſey, oder uͤber viele, das<lb/>
iſt, uͤber die gantze Menge der Menſchen, und al-<lb/>ſo uͤber alle Menſchen, der Erwerbung nach, ſich<lb/>
erſtrecke.</p><lb/><p>6. Jm gleichen Verſtande gebrauchet der<lb/>
Apoſtel, um des auf <hirendition="#fr">einen</hi> gemachten Gegenſa-<lb/>
tzes willen, Roͤm. 5, 19. das Wort <hirendition="#fr">viele,</hi> an ſtatt<lb/><hirendition="#fr">alle</hi> zu zweymal, wenn er ſpricht: <hirendition="#fr">Gleichwie<lb/>
durch eines Menſchen Ungehorſam viele<lb/>
Suͤnder worden ſind, alſo auch durch<lb/>
eines Gehorſam werden viel Gerechten.</hi><lb/>
Allwo, daß <hirendition="#fr">viele</hi>ſo viel ſey, als <hirendition="#fr">alle,</hi> nicht al-<lb/>
lein der vorhergehende Ausſpruch von der Suͤn-<lb/>
de, die nicht etwa nur auf viele, ſondern auf<lb/><hirendition="#fr">alle</hi> Menſchen gekommen iſt, klaͤrlich anzeiget,<lb/>ſondern auch der vorhergehende ausdruͤckliche<lb/>
Context mit dem gebrauchten Worte <hirendition="#fr">alle,</hi> v. 12.<lb/>
und 18. deutlich bekraͤftiget: nach welcher An-<lb/>
merckung denn auch das <hirendition="#fr">viel</hi> im funfzehenden<lb/>
Vers daſelbſt zu verſtehen iſt. Von der Re-<lb/>
dens-Art <hirendition="#fr">Suͤnde opfern,</hi>α᾽ναϕέρειν, ſehe man<lb/>
c. 7, 27.</p><lb/><p>7. Daß geſetzet wird, <hirendition="#fr">Chriſtus werde<lb/>
zum andernmal ohne Suͤnde erſcheinen,</hi><lb/>
damit wird angezeiget erſtlich dieſes, daß er zum<lb/>
erſtenmal zwar ohne innwohnende eigene Suͤn-<lb/>
de, aber doch nicht ohne fremde Suͤnde im Flei-<lb/>ſche erſchienen ſey; und daß ihm die Suͤnde der<lb/>
Menſchen nicht erſt am Creutze zugerechnet wor-<lb/>
den, ſondern ſo fort bey angenommener menſch-<lb/>
lichen Natur, als dadurch er die auf ihn gewor-<lb/>
fene Schuld, als das Lamm GOttes mit uͤber<lb/>ſich genommen habe, Jeſ. 53, 6. und denn auch<lb/>
dieſes, wie vollguͤltig ſein Verſoͤhnopfer gewe-<lb/>
en ſey, nemlich alſo, daß er damit alle ihm zu-<lb/><cb/>
gerechnete Suͤnden-Schuld abgetragen habe,<lb/>
und daher zur voͤlligen Ausfuͤhrung des Siegs<lb/>
und Mittheilung des Segens erſcheinen werde.</p><lb/><p>8. Mit der gantzen Redens-Art: <hirendition="#fr">zum an-<lb/>
dernmal wird er ohne Suͤnde erſcheinen<lb/>
denen, die auf ihn warten zur Seligkeit,</hi><lb/>ſcheinet der Apoſtel geſehen zu haben, auf die<lb/>
Juͤdiſche Gewohnheit nach dem <hirendition="#aq">Ceremonial-</hi><lb/>
Geſetze, da der Hoheprieſter, wenn er aus dem<lb/>
Allerheiligſten zuletzt wieder hervor kam, dem<lb/>
Volcke, das auf ihn wartete im Vorhofe, mit<lb/><hirendition="#aq">ſolenn</hi>en Spruche, nach 4 B. Moſ. 6, 24. 25.<lb/>
26. den Segen ertheilete. Wie es denn auch<lb/>
anf den Ausgang aus dem Heiligen der andern<lb/>
Prieſter wartete, Luc. 1, 10. 21. Denn diß war<lb/>
ein Vorbild von dem, wie Chriſtus, wenn er<lb/>
wuͤrde von und mit dem Throne ſeiner Herrlich-<lb/>
keit ſichtbar zum Gerichte erſcheinen, ſeinen zur<lb/>
Seligkeit auf ihn wartenden Gliedern den rech-<lb/>
ten Segen ertheile, daß er ſpreche: <hirendition="#fr">Kommet<lb/>
her, ihr Geſegneten meines Vaters, erer-<lb/>
bet das Reich, das euch bereitet iſt von<lb/>
Anbeginn der Welt!</hi> Matth. 25, 34.</p><lb/><p>9. <hirendition="#fr">Auf Chriſtum zur Seligkeit war-<lb/>
ten,</hi> iſt die Eigenſchaft der glaͤubigen Glieder<lb/>
JEſu: als die zu ſolchem glaͤubigen Warten in<lb/>
der lebendigen Hoffnung des Geiſtes Erſtlinge<lb/>
empfangen haben, Roͤm. 8, 23. und damit, als<lb/>
mit einem veſten Ancker, uͤber ſich ins Allerhei-<lb/>
ligſte eindringen, da Chriſtus iſt, Hebr. 6, 19. 20.<lb/>
Col. 3, 1. 2. ſeine Erſcheinung lieb haben, 2 Tim.<lb/>
4, 8. und daruͤber, um zum ſeligen Tode ſich be-<lb/>
reit zu halten, die Welt verleugnen, Tit. 2, 12. 13.<lb/>
und ſagen: <hirendition="#fr">Amen, ja! Komm, <hirendition="#g">HERR</hi><lb/>
JESU!</hi></p></div></div></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Das Zehente Capitel,</hi><lb/>
Darinnen<lb/>
Der Apoſtel die bisher <hirendition="#aq">tractir</hi>te Lehre von dem Vorzuge<lb/>
des Hohenprieſterlichen Amts Chriſti und der gantzen neuen <hirendition="#aq">Oeconomie</hi><lb/>
vor dem alten und Levitiſchen noch ferner fortſetzet: und darauf zur <hirendition="#aq">Appli-<lb/>
cation</hi>ſchreitet/ wie man ſich die groſſen Vorrechte des neuen Teſtaments<lb/>
in wuͤrdiger Anwendung recht zu Nutze machen/ und ſich ja vor allem<lb/>
Ruͤckfall aus dem Stande der Gnaden zum Judenthum<lb/>
getreulich huͤten ſoll.</hi></head><lb/><cb/><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 1.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi><hirendition="#fr">Enn das</hi><hirendition="#aq">(Ceremonial-)</hi><hirendition="#fr">Geſe-<lb/>
tze hat den Schatten von<lb/>
den</hi> (unter demſelben noch) <hirendition="#fr">kuͤnf-<lb/>
tigen Guͤtern, nicht das We-<lb/>ſen der Guͤter ſelbſt. Alle<lb/>
Jahr,</hi> (welches der Unvollkommenheit wegen<lb/>
zu mercken iſt,) <hirendition="#fr">muß man opfern immer ei-<lb/>
nerley Opfer, und kan nicht,</hi> (ουδέποτε, nim-<lb/>
mermehr,) <hirendition="#fr">die da opfern,</hi> (τοὺςϖροσερχομέ-<lb/>νους, die ſich mit ihren Opfern durch die Prieſter<lb/><cb/>
zum Altar nahen,) <hirendition="#fr">vollkommen machen,</hi> (nem-<lb/>
lich aus ſich ſelbſt, alſo daß ſie keines vollkom-<lb/>
menen Opfers, welches der Meßias ſelbſt iſt,<lb/>
gebrauchten.)</p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. Die <hirendition="#fr">Verbindung</hi> dieſes Verſes mit<lb/>
dem vorhergehenden iſt dieſe: der Apoſtel hatte<lb/>
vorher bezeuget, wie daß Chriſti einmaliges<lb/>
Opfer ohne alle Wiederholungen hinlaͤnglich<lb/>
geweſen ſey, aller Menſchen Suͤnde hinweg zu<lb/>
nehmen. Weil nun iemand dagegen haͤtte ein-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wer-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[360/0362]
Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 9. v. 27. 28. C 10. v. 1.
deſſelben doch vielfach ſey, oder uͤber viele, das
iſt, uͤber die gantze Menge der Menſchen, und al-
ſo uͤber alle Menſchen, der Erwerbung nach, ſich
erſtrecke.
6. Jm gleichen Verſtande gebrauchet der
Apoſtel, um des auf einen gemachten Gegenſa-
tzes willen, Roͤm. 5, 19. das Wort viele, an ſtatt
alle zu zweymal, wenn er ſpricht: Gleichwie
durch eines Menſchen Ungehorſam viele
Suͤnder worden ſind, alſo auch durch
eines Gehorſam werden viel Gerechten.
Allwo, daß viele ſo viel ſey, als alle, nicht al-
lein der vorhergehende Ausſpruch von der Suͤn-
de, die nicht etwa nur auf viele, ſondern auf
alle Menſchen gekommen iſt, klaͤrlich anzeiget,
ſondern auch der vorhergehende ausdruͤckliche
Context mit dem gebrauchten Worte alle, v. 12.
und 18. deutlich bekraͤftiget: nach welcher An-
merckung denn auch das viel im funfzehenden
Vers daſelbſt zu verſtehen iſt. Von der Re-
dens-Art Suͤnde opfern, α᾽ναϕέρειν, ſehe man
c. 7, 27.
7. Daß geſetzet wird, Chriſtus werde
zum andernmal ohne Suͤnde erſcheinen,
damit wird angezeiget erſtlich dieſes, daß er zum
erſtenmal zwar ohne innwohnende eigene Suͤn-
de, aber doch nicht ohne fremde Suͤnde im Flei-
ſche erſchienen ſey; und daß ihm die Suͤnde der
Menſchen nicht erſt am Creutze zugerechnet wor-
den, ſondern ſo fort bey angenommener menſch-
lichen Natur, als dadurch er die auf ihn gewor-
fene Schuld, als das Lamm GOttes mit uͤber
ſich genommen habe, Jeſ. 53, 6. und denn auch
dieſes, wie vollguͤltig ſein Verſoͤhnopfer gewe-
en ſey, nemlich alſo, daß er damit alle ihm zu-
gerechnete Suͤnden-Schuld abgetragen habe,
und daher zur voͤlligen Ausfuͤhrung des Siegs
und Mittheilung des Segens erſcheinen werde.
8. Mit der gantzen Redens-Art: zum an-
dernmal wird er ohne Suͤnde erſcheinen
denen, die auf ihn warten zur Seligkeit,
ſcheinet der Apoſtel geſehen zu haben, auf die
Juͤdiſche Gewohnheit nach dem Ceremonial-
Geſetze, da der Hoheprieſter, wenn er aus dem
Allerheiligſten zuletzt wieder hervor kam, dem
Volcke, das auf ihn wartete im Vorhofe, mit
ſolennen Spruche, nach 4 B. Moſ. 6, 24. 25.
26. den Segen ertheilete. Wie es denn auch
anf den Ausgang aus dem Heiligen der andern
Prieſter wartete, Luc. 1, 10. 21. Denn diß war
ein Vorbild von dem, wie Chriſtus, wenn er
wuͤrde von und mit dem Throne ſeiner Herrlich-
keit ſichtbar zum Gerichte erſcheinen, ſeinen zur
Seligkeit auf ihn wartenden Gliedern den rech-
ten Segen ertheile, daß er ſpreche: Kommet
her, ihr Geſegneten meines Vaters, erer-
bet das Reich, das euch bereitet iſt von
Anbeginn der Welt! Matth. 25, 34.
9. Auf Chriſtum zur Seligkeit war-
ten, iſt die Eigenſchaft der glaͤubigen Glieder
JEſu: als die zu ſolchem glaͤubigen Warten in
der lebendigen Hoffnung des Geiſtes Erſtlinge
empfangen haben, Roͤm. 8, 23. und damit, als
mit einem veſten Ancker, uͤber ſich ins Allerhei-
ligſte eindringen, da Chriſtus iſt, Hebr. 6, 19. 20.
Col. 3, 1. 2. ſeine Erſcheinung lieb haben, 2 Tim.
4, 8. und daruͤber, um zum ſeligen Tode ſich be-
reit zu halten, die Welt verleugnen, Tit. 2, 12. 13.
und ſagen: Amen, ja! Komm, HERR
JESU!
Das Zehente Capitel,
Darinnen
Der Apoſtel die bisher tractirte Lehre von dem Vorzuge
des Hohenprieſterlichen Amts Chriſti und der gantzen neuen Oeconomie
vor dem alten und Levitiſchen noch ferner fortſetzet: und darauf zur Appli-
cation ſchreitet/ wie man ſich die groſſen Vorrechte des neuen Teſtaments
in wuͤrdiger Anwendung recht zu Nutze machen/ und ſich ja vor allem
Ruͤckfall aus dem Stande der Gnaden zum Judenthum
getreulich huͤten ſoll.
V. 1.
DEnn das (Ceremonial-) Geſe-
tze hat den Schatten von
den (unter demſelben noch) kuͤnf-
tigen Guͤtern, nicht das We-
ſen der Guͤter ſelbſt. Alle
Jahr, (welches der Unvollkommenheit wegen
zu mercken iſt,) muß man opfern immer ei-
nerley Opfer, und kan nicht, (ουδέποτε, nim-
mermehr,) die da opfern, (τοὺς ϖροσερχομέ-
νους, die ſich mit ihren Opfern durch die Prieſter
zum Altar nahen,) vollkommen machen, (nem-
lich aus ſich ſelbſt, alſo daß ſie keines vollkom-
menen Opfers, welches der Meßias ſelbſt iſt,
gebrauchten.)
Anmerckungen.
1. Die Verbindung dieſes Verſes mit
dem vorhergehenden iſt dieſe: der Apoſtel hatte
vorher bezeuget, wie daß Chriſti einmaliges
Opfer ohne alle Wiederholungen hinlaͤnglich
geweſen ſey, aller Menſchen Suͤnde hinweg zu
nehmen. Weil nun iemand dagegen haͤtte ein-
wer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/362>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.