[Spaltenumbruch]
che in ihrer Ordnung und in ihrem rechten Ge- brauche auch ihre Güte hatte. Aber soviel bes- ser als das Gegenbild, oder die Sache selbst, vor dem Vorbilde ist, soviel besser ist auch die neue Oeconomie und das Meßianische Priester- thum als das Levitische in der alten Oecono- mie.
3. Mit den Worten: durch welche wir zu GOtt nahen, werden wir zurück gewiesen in das Levitische Priesterthum, da sich niemand zu GOtt ins Allerheiligste nahen durfte, denn nur allein der Hohepriester. Weil nun dieser des gantzen Volckes wegen mit einem Opfer zur Versöhnung in dasselbe einging, so nahete sich denn das Volck durch ihn zu GOtt. Und eine solche Beschaffenheit hatte es auch mit den Ver- richtungen bey dem grossen Altar im Vorhofe: als dazu sich kein Jsraelit, ja nicht einmal ein Levit, nahen durfte, um ein Opfer darauf zu bringen; sondern diß war allein die Verrich- tung der Priester, durch welche sich ein ieder auf gewisse Art zu GOtt nahete, wenn jene das Opfer von einem ieden annahmen, und es an ihrer statt GOtt auf dem Altar darbrachten.
4. Dürfen nun alle gläubige Christen sich selbst zu GOtt nahen in Christo, so sind sie auch alle geistliche Priester, deren Würde und Pflicht es ist, daß sie sich GOtt aufopfern, Röm. 12, 1. 1 Pet. 2, 5. 9. als welche mit dem Geiste Christi gesalbet, und mit dem weissen Priester- Kleide der Gerechtigkeit gezieret sind. Jes. 61, 10.
5. Und wie solten sie nicht in Christo und durch Christum sich zu GOtt nahen, da er selbst ist der Weg, durch welchen wir zum Vater kom- men. Joh. 14, 6. Denn durch ihn haben wir den Zugang zum Vater. Cph. 2, 18. c. 3, 12.
6. Dieses Zunahen zu GOtt geschie- het nicht erst im seligen Tode, sondern vorher schon im gantzen Leben, weil es ist ein Werck des Glaubens und des Gebets. Darum Paulus Röm. 5, 1. 2. spricht: Nachdem wir sind ge- recht worden durch den Glauben, so ha- ben wir Friede mit GOtt durch unsern HErrn JEsum Christ, durch welchen wir auch einen Zugang haben im Glauben zu dieser Gnade, darinn wir stehen. Zu die- sem zunahen erwecket Paulus die gläubigen He- bräer, wenn er c. 4, 16. spricht: Lasset uns hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gna- den-Stuhl, u. f. Siehe auch c. 10, 19.
7. Daß aber dieses zu GOTT nahen, die durch Christum geschehene teleiosin Voll- kommenmachung, welche dem Levitischen Prie- sterthum v. 11. 18. 19. abgesprochen wird, zum Grunde habe, ist aus dem ietzt gedachten Ge- gensatze des ehemaligen nicht hinzu nahen, und aus dem gantzen Paulinischen Contexte, und son- derlich aus der Materie der folgenden Capitel offenbar.
8. Wohl dem, der sich beyzeiten im Glau- ben zu Christo, und in Christo zu GOtt nahet, und sein gantzes Leben nichts anders seyn lässet, als gleichsam ein ausgehen von sich selbst und ein nahen zu GOtt. Nahet euch zu GOTT, so [Spaltenumbruch]
nahet er sich zu euch, spricht Jacobus cap. 4, 8.
V. 20. 21. 22.
Und dazu, das viel ist, nicht ohne Eid, (ist JEsus eines bessern Testaments Aus- richter worden v. 22.) denn jene (die Levitischen Priester) sind ohne Eid Priester worden: dieser aber (der Meßias) mit dem Eid, durch den der zu ihm spricht (vermöge des durch David davon abgelegten Zeugnisses,) der HErr hat geschworen, und wird ihn nicht ge- reuen: du bist ein Priester in Ewigkeit, nach der Ordnung Melchisedech: also gar viel eines bessern Testaments Ausrichter ist JEsus worden.
Anmerckungen.
1. Der Verbindung nach, in welcher diese Verse mit den vorhergehenden stehen, ist zu mer- cken, daß, nachdem vorher ist gesaget worden, daß eine bessere Hoffnung eingeführet sey, oder daß die Einführung einer bessern Hoffnung die Vollkommenmachung zuwege bringe; so erläu- tert der Apostel diesen Vorzug des neuen Testa- ments vor dem alten, und des Meßianischen Priesterthums vor dem Levitischen, damit, daß er bezeuget, es sey nicht das Levitische, sondern das Meßianische mit einem Eide, seiner Kraft und Beständigkeit nach, bestätiget. Welches denn eine Anzeige sey von einer so viel wichtigern und höhern Sache.
2. Der structur nach ist zu mercken, daß der 20. und 22. Vers zusammen gehören, und der 21. in parenthesi darzwischen stehe, nach der Paulo gewöhnlichen parenthetischen Schreib- Art.
3. Der Verstand des 20. Verses wird erst im 22. voll gemachet; nemlich also: und in so- weit als es nicht ohne Eid geschehen, oder Chri- stus des neuen Testaments Ausrichter nicht ohne Eid worden ist, in soweit ist Christus eines bes- sern Testaments Ausrichter worden. Welches eben soviel ist, als: Christus ist soweit eines bes- sern Testaments Ausrichter worden, in soweit er ein solcher nicht ohne Eid worden ist. Daß sich die Worte kath' `oson und kata tosouton auf einander beziehen, ist klar.
4. Daß die Levitische Priester ohne Eid- schwur verordnet sind, das schliesset der Apostel daraus, weil bey ihrer Verordnung nirgends eines Eidschwures ist gedacht worden. Daher man denn erkennet, daß man in göttlichen Din- gen einen Schluß machen kan, nicht allein aus dem, was die heilige Schrift saget, sondern auch aus dem, was sie nicht saget.
5. Gleichwie nun die ohne Eid geschehene Verordnung des Levitischen Priesterthums eine Anzeigung war von dem, daß es noch nicht das rechte wäre, und also auch nicht immer bestehen solte: also war hingegen der zur Verordnung des Meßianischen Priesterthums hinzugethane Eid ein Zeichen von desselben Vortreflichkeit,
und
T t 2
Cap. 7. v. 18-22. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch]
che in ihrer Ordnung und in ihrem rechten Ge- brauche auch ihre Guͤte hatte. Aber ſoviel beſ- ſer als das Gegenbild, oder die Sache ſelbſt, vor dem Vorbilde iſt, ſoviel beſſer iſt auch die neue Oeconomie und das Meßianiſche Prieſter- thum als das Levitiſche in der alten Oecono- mie.
3. Mit den Worten: durch welche wir zu GOtt nahen, werden wir zuruͤck gewieſen in das Levitiſche Prieſterthum, da ſich niemand zu GOtt ins Allerheiligſte nahen durfte, denn nur allein der Hoheprieſter. Weil nun dieſer des gantzen Volckes wegen mit einem Opfer zur Verſoͤhnung in daſſelbe einging, ſo nahete ſich denn das Volck durch ihn zu GOtt. Und eine ſolche Beſchaffenheit hatte es auch mit den Ver- richtungen bey dem groſſen Altar im Vorhofe: als dazu ſich kein Jſraelit, ja nicht einmal ein Levit, nahen durfte, um ein Opfer darauf zu bringen; ſondern diß war allein die Verrich- tung der Prieſter, durch welche ſich ein ieder auf gewiſſe Art zu GOtt nahete, wenn jene das Opfer von einem ieden annahmen, und es an ihrer ſtatt GOtt auf dem Altar darbrachten.
4. Duͤrfen nun alle glaͤubige Chriſten ſich ſelbſt zu GOtt nahen in Chriſto, ſo ſind ſie auch alle geiſtliche Prieſter, deren Wuͤrde und Pflicht es iſt, daß ſie ſich GOtt aufopfern, Roͤm. 12, 1. 1 Pet. 2, 5. 9. als welche mit dem Geiſte Chriſti geſalbet, und mit dem weiſſen Prieſter- Kleide der Gerechtigkeit gezieret ſind. Jeſ. 61, 10.
5. Und wie ſolten ſie nicht in Chriſto und durch Chriſtum ſich zu GOtt nahen, da er ſelbſt iſt der Weg, durch welchen wir zum Vater kom- men. Joh. 14, 6. Denn durch ihn haben wir den Zugang zum Vater. Cph. 2, 18. c. 3, 12.
6. Dieſes Zunahen zu GOtt geſchie- het nicht erſt im ſeligen Tode, ſondern vorher ſchon im gantzen Leben, weil es iſt ein Werck des Glaubens und des Gebets. Darum Paulus Roͤm. 5, 1. 2. ſpricht: Nachdem wir ſind ge- recht worden durch den Glauben, ſo ha- ben wir Friede mit GOtt durch unſern HErrn JEſum Chriſt, durch welchen wir auch einen Zugang haben im Glauben zu dieſer Gnade, darinn wir ſtehen. Zu die- ſem zunahen erwecket Paulus die glaͤubigen He- braͤer, wenn er c. 4, 16. ſpricht: Laſſet uns hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gna- den-Stuhl, u. f. Siehe auch c. 10, 19.
7. Daß aber dieſes zu GOTT nahen, die durch Chriſtum geſchehene τελείωσιν Voll- kommenmachung, welche dem Levitiſchen Prie- ſterthum v. 11. 18. 19. abgeſprochen wird, zum Grunde habe, iſt aus dem ietzt gedachten Ge- genſatze des ehemaligen nicht hinzu nahen, und aus dem gantzen Pauliniſchen Contexte, und ſon- derlich aus der Materie der folgenden Capitel offenbar.
8. Wohl dem, der ſich beyzeiten im Glau- ben zu Chriſto, und in Chriſto zu GOtt nahet, und ſein gantzes Leben nichts anders ſeyn laͤſſet, als gleichſam ein ausgehen von ſich ſelbſt und ein nahen zu GOtt. Nahet euch zu GOTT, ſo [Spaltenumbruch]
nahet er ſich zu euch, ſpricht Jacobus cap. 4, 8.
V. 20. 21. 22.
Und dazu, das viel iſt, nicht ohne Eid, (iſt JEſus eines beſſern Teſtaments Aus- richter worden v. 22.) denn jene (die Levitiſchen Prieſter) ſind ohne Eid Prieſter worden: dieſer aber (der Meßias) mit dem Eid, durch den der zu ihm ſpricht (vermoͤge des durch David davon abgelegten Zeugniſſes,) der HErr hat geſchworen, und wird ihn nicht ge- reuen: du biſt ein Prieſter in Ewigkeit, nach der Ordnung Melchiſedech: alſo gar viel eines beſſern Teſtaments Ausrichter iſt JEſus worden.
Anmerckungen.
1. Der Verbindung nach, in welcher dieſe Verſe mit den vorhergehenden ſtehen, iſt zu mer- cken, daß, nachdem vorher iſt geſaget worden, daß eine beſſere Hoffnung eingefuͤhret ſey, oder daß die Einfuͤhrung einer beſſern Hoffnung die Vollkommenmachung zuwege bringe; ſo erlaͤu- tert der Apoſtel dieſen Vorzug des neuen Teſta- ments vor dem alten, und des Meßianiſchen Prieſterthums vor dem Levitiſchen, damit, daß er bezeuget, es ſey nicht das Levitiſche, ſondern das Meßianiſche mit einem Eide, ſeiner Kraft und Beſtaͤndigkeit nach, beſtaͤtiget. Welches denn eine Anzeige ſey von einer ſo viel wichtigern und hoͤhern Sache.
2. Der ſtructur nach iſt zu mercken, daß der 20. und 22. Vers zuſammen gehoͤren, und der 21. in parentheſi darzwiſchen ſtehe, nach der Paulo gewoͤhnlichen parenthetiſchen Schreib- Art.
3. Der Verſtand des 20. Verſes wird erſt im 22. voll gemachet; nemlich alſo: und in ſo- weit als es nicht ohne Eid geſchehen, oder Chri- ſtus des neuen Teſtaments Ausrichter nicht ohne Eid worden iſt, in ſoweit iſt Chriſtus eines beſ- ſern Teſtaments Ausrichter worden. Welches eben ſoviel iſt, als: Chriſtus iſt ſoweit eines beſ- ſern Teſtaments Ausrichter worden, in ſoweit er ein ſolcher nicht ohne Eid worden iſt. Daß ſich die Worte καϑ᾽ ῾όσον und κατὰ τοσοῦτον auf einander beziehen, iſt klar.
4. Daß die Levitiſche Prieſter ohne Eid- ſchwur verordnet ſind, das ſchlieſſet der Apoſtel daraus, weil bey ihrer Verordnung nirgends eines Eidſchwures iſt gedacht worden. Daher man denn erkennet, daß man in goͤttlichen Din- gen einen Schluß machen kan, nicht allein aus dem, was die heilige Schrift ſaget, ſondern auch aus dem, was ſie nicht ſaget.
5. Gleichwie nun die ohne Eid geſchehene Verordnung des Levitiſchen Prieſterthums eine Anzeigung war von dem, daß es noch nicht das rechte waͤre, und alſo auch nicht immer beſtehen ſolte: alſo war hingegen der zur Verordnung des Meßianiſchen Prieſterthums hinzugethane Eid ein Zeichen von deſſelben Vortreflichkeit,
und
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[331/0333]
Cap. 7. v. 18-22. an die Hebraͤer.
che in ihrer Ordnung und in ihrem rechten Ge-
brauche auch ihre Guͤte hatte. Aber ſoviel beſ-
ſer als das Gegenbild, oder die Sache ſelbſt, vor
dem Vorbilde iſt, ſoviel beſſer iſt auch die neue
Oeconomie und das Meßianiſche Prieſter-
thum als das Levitiſche in der alten Oecono-
mie.
3. Mit den Worten: durch welche wir
zu GOtt nahen, werden wir zuruͤck gewieſen
in das Levitiſche Prieſterthum, da ſich niemand
zu GOtt ins Allerheiligſte nahen durfte, denn
nur allein der Hoheprieſter. Weil nun dieſer
des gantzen Volckes wegen mit einem Opfer zur
Verſoͤhnung in daſſelbe einging, ſo nahete ſich
denn das Volck durch ihn zu GOtt. Und eine
ſolche Beſchaffenheit hatte es auch mit den Ver-
richtungen bey dem groſſen Altar im Vorhofe:
als dazu ſich kein Jſraelit, ja nicht einmal ein
Levit, nahen durfte, um ein Opfer darauf zu
bringen; ſondern diß war allein die Verrich-
tung der Prieſter, durch welche ſich ein ieder auf
gewiſſe Art zu GOtt nahete, wenn jene das
Opfer von einem ieden annahmen, und es an
ihrer ſtatt GOtt auf dem Altar darbrachten.
4. Duͤrfen nun alle glaͤubige Chriſten ſich
ſelbſt zu GOtt nahen in Chriſto, ſo ſind ſie auch
alle geiſtliche Prieſter, deren Wuͤrde und
Pflicht es iſt, daß ſie ſich GOtt aufopfern, Roͤm.
12, 1. 1 Pet. 2, 5. 9. als welche mit dem Geiſte
Chriſti geſalbet, und mit dem weiſſen Prieſter-
Kleide der Gerechtigkeit gezieret ſind. Jeſ. 61, 10.
5. Und wie ſolten ſie nicht in Chriſto und
durch Chriſtum ſich zu GOtt nahen, da er ſelbſt
iſt der Weg, durch welchen wir zum Vater kom-
men. Joh. 14, 6. Denn durch ihn haben wir
den Zugang zum Vater. Cph. 2, 18. c. 3, 12.
6. Dieſes Zunahen zu GOtt geſchie-
het nicht erſt im ſeligen Tode, ſondern vorher
ſchon im gantzen Leben, weil es iſt ein Werck des
Glaubens und des Gebets. Darum Paulus
Roͤm. 5, 1. 2. ſpricht: Nachdem wir ſind ge-
recht worden durch den Glauben, ſo ha-
ben wir Friede mit GOtt durch unſern
HErrn JEſum Chriſt, durch welchen wir
auch einen Zugang haben im Glauben zu
dieſer Gnade, darinn wir ſtehen. Zu die-
ſem zunahen erwecket Paulus die glaͤubigen He-
braͤer, wenn er c. 4, 16. ſpricht: Laſſet uns
hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gna-
den-Stuhl, u. f. Siehe auch c. 10, 19.
7. Daß aber dieſes zu GOTT nahen,
die durch Chriſtum geſchehene τελείωσιν Voll-
kommenmachung, welche dem Levitiſchen Prie-
ſterthum v. 11. 18. 19. abgeſprochen wird, zum
Grunde habe, iſt aus dem ietzt gedachten Ge-
genſatze des ehemaligen nicht hinzu nahen, und
aus dem gantzen Pauliniſchen Contexte, und ſon-
derlich aus der Materie der folgenden Capitel
offenbar.
8. Wohl dem, der ſich beyzeiten im Glau-
ben zu Chriſto, und in Chriſto zu GOtt nahet,
und ſein gantzes Leben nichts anders ſeyn laͤſſet,
als gleichſam ein ausgehen von ſich ſelbſt und ein
nahen zu GOtt. Nahet euch zu GOTT, ſo
nahet er ſich zu euch, ſpricht Jacobus cap.
4, 8.
V. 20. 21. 22.
Und dazu, das viel iſt, nicht ohne
Eid, (iſt JEſus eines beſſern Teſtaments Aus-
richter worden v. 22.) denn jene (die Levitiſchen
Prieſter) ſind ohne Eid Prieſter worden:
dieſer aber (der Meßias) mit dem Eid, durch
den der zu ihm ſpricht (vermoͤge des durch
David davon abgelegten Zeugniſſes,) der HErr
hat geſchworen, und wird ihn nicht ge-
reuen: du biſt ein Prieſter in Ewigkeit,
nach der Ordnung Melchiſedech: alſo gar
viel eines beſſern Teſtaments Ausrichter
iſt JEſus worden.
Anmerckungen.
1. Der Verbindung nach, in welcher dieſe
Verſe mit den vorhergehenden ſtehen, iſt zu mer-
cken, daß, nachdem vorher iſt geſaget worden,
daß eine beſſere Hoffnung eingefuͤhret ſey, oder
daß die Einfuͤhrung einer beſſern Hoffnung die
Vollkommenmachung zuwege bringe; ſo erlaͤu-
tert der Apoſtel dieſen Vorzug des neuen Teſta-
ments vor dem alten, und des Meßianiſchen
Prieſterthums vor dem Levitiſchen, damit, daß
er bezeuget, es ſey nicht das Levitiſche, ſondern
das Meßianiſche mit einem Eide, ſeiner Kraft
und Beſtaͤndigkeit nach, beſtaͤtiget. Welches
denn eine Anzeige ſey von einer ſo viel wichtigern
und hoͤhern Sache.
2. Der ſtructur nach iſt zu mercken, daß
der 20. und 22. Vers zuſammen gehoͤren, und der
21. in parentheſi darzwiſchen ſtehe, nach der
Paulo gewoͤhnlichen parenthetiſchen Schreib-
Art.
3. Der Verſtand des 20. Verſes wird erſt
im 22. voll gemachet; nemlich alſo: und in ſo-
weit als es nicht ohne Eid geſchehen, oder Chri-
ſtus des neuen Teſtaments Ausrichter nicht ohne
Eid worden iſt, in ſoweit iſt Chriſtus eines beſ-
ſern Teſtaments Ausrichter worden. Welches
eben ſoviel iſt, als: Chriſtus iſt ſoweit eines beſ-
ſern Teſtaments Ausrichter worden, in ſoweit
er ein ſolcher nicht ohne Eid worden iſt. Daß
ſich die Worte καϑ᾽ ῾όσον und κατὰ τοσοῦτον auf
einander beziehen, iſt klar.
4. Daß die Levitiſche Prieſter ohne Eid-
ſchwur verordnet ſind, das ſchlieſſet der Apoſtel
daraus, weil bey ihrer Verordnung nirgends
eines Eidſchwures iſt gedacht worden. Daher
man denn erkennet, daß man in goͤttlichen Din-
gen einen Schluß machen kan, nicht allein aus
dem, was die heilige Schrift ſaget, ſondern
auch aus dem, was ſie nicht ſaget.
5. Gleichwie nun die ohne Eid geſchehene
Verordnung des Levitiſchen Prieſterthums eine
Anzeigung war von dem, daß es noch nicht das
rechte waͤre, und alſo auch nicht immer beſtehen
ſolte: alſo war hingegen der zur Verordnung
des Meßianiſchen Prieſterthums hinzugethane
Eid ein Zeichen von deſſelben Vortreflichkeit,
und
T t 2
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/333>, abgerufen am 27.07.2024.
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