5. Hingegen aber war die alte Oecono- mie, oder das Ceremonial-Gesetze, so fern es nach unglaubiger Judischer Art ausser Christo betrachtet wurde, nur eine Verfassung bloß äusserlicher Dinge, und hatte man es darinnen mit vergänglichen sichtbaren auf den Leib, oder auf das sichtbare Fleisch gehenden Sachen, als dem Opfer-Viehe, opfern, waschen, besprengen und reinigen u. s. w. zu thun. Da nun dem Worte Geist, geistlich in der heiligen Schrift nicht allein das ungeistliche und sündliche, sondern auch das bloß äusserliche und vergängliche entgegen gesetzet wird, zumal wenn jenes soviel heisset, als das innerliche und beständige; so kömmt es daher, daß das Wort Fleisch, fleisch- lich nicht allein soviel, als unrein und sündlich, sondern auch soviel als äusserlich und vergäng- lich ist. Und in solchem Verstande heisset das äusserliche Ceremonial-Wesen ein Gesetz des fleischlichen Gebots.
6. Diese Redens-Art ist nun auch mit an- dern Oertern zu erläutern; die da sonderlich fol- gende sind, und zwar aus dieser Epistel c. 9, 10. heissen die Levitischen Ceremonien mit Speisen und Tranck, und mancherley Taufen, oder Reinigungen dikaiomata sarkos, Verdienste, oder Rechtfertigungen des Fleisches, oder nach des seligen Lutheri Ubersetzung äusserliche Heiligkeit, die bis auf die Zeit der Besserung aufgeleget. Und v. 13. heißt es: So der Och- sen und der Böcke Blut, und die Asche von der Kuhe gesprenget, heiliget die Unreinen pros ten tes sarkos katharoteta, zu der Rei- nigkeit des Fleisches, Luth. zu der leiblichen Reinigkeit: wie vielmehr wird das Blut Christi unsere Gewissen reinigen u. s. w. Hierher gehöret auch der Ort Phil. 3, 3. Wir sind die Beschneidung, die wir GOtt im Geiste dienen, und rühmen uns von Christo JEsu und verlassen uns nicht auf Fleisch. Siehe auch Röm. 2, 28. 29. deßgleichen Gal. 4, 3. 9. Col. 2, 8. 20. und Hebr. 9, 1. Da die Levi- tischen Satzungen genennet werden stoikhei~a tou~ k'osmou, weltliche, das ist äusserliche oder aufs äusserliche gehende Satzungen, schwache und dürftige Satzungen,[fremdsprachliches Material]a'gion kosmikon, äusser- liche Heiligkeit.
7. Das unendliche Leben wird Christo zugeschrieben nicht allein nach seiner Person, son- dern auch und alhier fürnemlich nach seinem Am- te und zwar nach dem Hohen-Priesterlichen, im Gegensatze auf die sterblichen Levitischen Priester, und im Gegenbilde von dem Melchisedech, von dessen Leben und Priesterthum weder Anfang noch Ende aufgezeichnet gefunden wird. v. 3. Jst nun gleich Christus am Creutze gestorben, so hat doch damit sein Hohes-Priesterthum nicht aufgehöret, noch er darinnen, nach Levitischer Art, einen Nachfolger gehabt; er hat auch das Leben bald wieder genommen, und höret nicht auf noch zur Rechten GOttes als ein Hoher-Priester, Kraft seines Versöhn-Opfers uns zu vertreten. Und also behält er darinn und damit zoen 'akatalu- ton, ein unzerstörliches ewiges Leben.
[Spaltenumbruch]
8. Und die Kraft dieses unendlichen Lebens hat ihren Grund in der wahren Gottheit, und, nachdem sie durch die Salbung der menschlichen Natur mitgetheilet worden, so hat sie sich nach beyden Naturen von der gantzen Person Christi in seinem Hohenpriesterlichen Amte zur Erlösung und Versöhnung des gantzen menschlichen Ge- schlechts aufs mächtigste hervor gethan. Und nicht weniger thut sie sich beständig hervor bey und in dem Evangelio durch die kräftige Wir- ckung des Heiligen Geistes; daher auch das Ev- angelium selbst von dieser Kraft Christi die Kraft GOttes genennet wird Röm. 1, 16. Auf welche Art denn das Hohepriesterliche Amt Christi sowol der Application, als der Erwer- bung nach, die v. 11. gedachte rechte teleiosin, Vollkommenmachung hat und giebet.
V. 18. 19.
Denn es wird das vorige (das vor der Verheissung vom Melchisedechischen Priester- thum des Meßiä vorhergehende) Gesetz (durch den göttlichen Ausspruch, der im 110 Psalm ge- schehen ist,) aufgehaben, darum daß es zu schwach und nicht nütze war, (nemlich ohne die wirckliche Erlösung Christi an sich selbst unsere Seligkeit zuwege zu bringen:) V. 19. denn das Gesetz konte nichts vollkommen machen; und wird eingeführet eine bessere Hoffnung, (Gr. aber die Einführung einer bessern Hoff- nung, die neue Oeconomie des Evangelii,) durch welche wir zu GOtt nahen, (die ma- chet alles vollkommen, wie der Erwerbung, also der Zueignung nach.)
Anmerckungen.
1. Wir sehen alhier gar deutlich, daß der Apostel von dem Ceremonial-Gesetze redet, in so fern es, nach ungläubiger, und werckheiliger, judischer Art, ohne Christum betrachtet wird. Jn welchem Verstande es auch von der Be- schneidung heißt: die Beschneidung ist nichts 1 Cor. 7, 19. Denn wenn das Levitische Gesetz nach der göttlichen intention auf den Meßiam und sein Hohespriesterthum, auch auf seine Glie- der im Vorbilde geführet wurde, war es aller- ding eine herrliche, weise und sehr nützliche Ver- fassung, welche uns noch heute zu Tag zu vieler Erläuterung der Geheimnisse des Reiches GOt- tes gar wohl zu statten kömmt: wie sich denn auch Paulus selbst sonderlich in diesem Briefe desselben gar nützlich bedienet hat.
2. Die neue Oeconomie des Evangelii wird eine Hoffnung genennet in Ansehung der Gläubigen des alten Testaments, welche, weil sie an den Meßiam glaubeten, immer in sehnli- cher Hoffnung seiner Zukunft erwarteten, wel- ches auch nach Jes. 11, 10. Röm. 15, 12. von den Heyden gesaget wird. Und weil diese Hoffnung auf die gehoffete Sache ging, so wird diese, ja unser Heyland selbst, daher die Hoffnung genennet, Col. 1, 27. 1 Tim. 1, 1. Tit. 2, 13. Und heisset diese Hoffnung die bessere, in Ansehung der vorigen, oder alten Oeconomie, als wel-
che
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 7. v. 15-19.
[Spaltenumbruch]
5. Hingegen aber war die alte Oecono- mie, oder das Ceremonial-Geſetze, ſo fern es nach unglaubiger Judiſcher Art auſſer Chriſto betrachtet wurde, nur eine Verfaſſung bloß aͤuſſerlicher Dinge, und hatte man es darinnen mit vergaͤnglichen ſichtbaren auf den Leib, oder auf das ſichtbare Fleiſch gehenden Sachen, als dem Opfer-Viehe, opfern, waſchen, beſprengen und reinigen u. ſ. w. zu thun. Da nun dem Worte Geiſt, geiſtlich in der heiligen Schrift nicht allein das ungeiſtliche und ſuͤndliche, ſondern auch das bloß aͤuſſerliche und vergaͤngliche entgegen geſetzet wird, zumal wenn jenes ſoviel heiſſet, als das innerliche und beſtaͤndige; ſo koͤmmt es daher, daß das Wort Fleiſch, fleiſch- lich nicht allein ſoviel, als unrein und ſuͤndlich, ſondern auch ſoviel als aͤuſſerlich und vergaͤng- lich iſt. Und in ſolchem Verſtande heiſſet das aͤuſſerliche Ceremonial-Weſen ein Geſetz des fleiſchlichen Gebots.
6. Dieſe Redens-Art iſt nun auch mit an- dern Oertern zu erlaͤutern; die da ſonderlich fol- gende ſind, und zwar aus dieſer Epiſtel c. 9, 10. heiſſen die Levitiſchen Ceremonien mit Speiſen und Tranck, und mancherley Taufen, oder Reinigungen δικαιωματα σαρκὸς, Verdienſte, oder Rechtfertigungen des Fleiſches, oder nach des ſeligen Lutheri Uberſetzung aͤuſſerliche Heiligkeit, die bis auf die Zeit der Beſſerung aufgeleget. Und v. 13. heißt es: So der Och- ſen und der Boͤcke Blut, und die Aſche von der Kuhe geſprenget, heiliget die Unreinen πϱὸς τὴν τῆς σαϱκὸς καθαϱότητα, zu der Rei- nigkeit des Fleiſches, Luth. zu der leiblichen Reinigkeit: wie vielmehr wird das Blut Chriſti unſere Gewiſſen reinigen u. ſ. w. Hierher gehoͤret auch der Ort Phil. 3, 3. Wir ſind die Beſchneidung, die wir GOtt im Geiſte dienen, und ruͤhmen uns von Chriſto JEſu und verlaſſen uns nicht auf Fleiſch. Siehe auch Roͤm. 2, 28. 29. deßgleichen Gal. 4, 3. 9. Col. 2, 8. 20. und Hebr. 9, 1. Da die Levi- tiſchen Satzungen genennet werden στοιχει῀α του῀ κ´οσμου, weltliche, das iſt aͤuſſerliche oder aufs aͤuſſerliche gehende Satzungen, ſchwache und duͤrftige Satzungen,[fremdsprachliches Material]α´γιον κοσμικὸν, aͤuſſer- liche Heiligkeit.
7. Das unendliche Leben wird Chriſto zugeſchrieben nicht allein nach ſeiner Perſon, ſon- dern auch und alhier fuͤrnemlich nach ſeinem Am- te und zwar nach dem Hohen-Prieſterlichen, im Gegenſatze auf die ſterblichen Levitiſchen Prieſter, und im Gegenbilde von dem Melchiſedech, von deſſen Leben und Prieſterthum weder Anfang noch Ende aufgezeichnet gefunden wird. v. 3. Jſt nun gleich Chriſtus am Creutze geſtorben, ſo hat doch damit ſein Hohes-Prieſterthum nicht aufgehoͤret, noch er darinnen, nach Levitiſcher Art, einen Nachfolger gehabt; er hat auch das Leben bald wieder genommen, und hoͤret nicht auf noch zur Rechten GOttes als ein Hoher-Prieſter, Kraft ſeines Verſoͤhn-Opfers uns zu vertreten. Und alſo behaͤlt er darinn und damit ζωὴν ᾽ακατάλυ- τον, ein unzerſtoͤrliches ewiges Leben.
[Spaltenumbruch]
8. Und die Kraft dieſes unendlichen Lebens hat ihren Grund in der wahren Gottheit, und, nachdem ſie durch die Salbung der menſchlichen Natur mitgetheilet worden, ſo hat ſie ſich nach beyden Naturen von der gantzen Perſon Chriſti in ſeinem Hohenprieſterlichen Amte zur Erloͤſung und Verſoͤhnung des gantzen menſchlichen Ge- ſchlechts aufs maͤchtigſte hervor gethan. Und nicht weniger thut ſie ſich beſtaͤndig hervor bey und in dem Evangelio durch die kraͤftige Wir- ckung des Heiligen Geiſtes; daher auch das Ev- angelium ſelbſt von dieſer Kraft Chriſti die Kraft GOttes genennet wird Roͤm. 1, 16. Auf welche Art denn das Hoheprieſterliche Amt Chriſti ſowol der Application, als der Erwer- bung nach, die v. 11. gedachte rechte τελείωσιν, Vollkommenmachung hat und giebet.
V. 18. 19.
Denn es wird das vorige (das vor der Verheiſſung vom Melchiſedechiſchen Prieſter- thum des Meßiaͤ vorhergehende) Geſetz (durch den goͤttlichen Ausſpruch, der im 110 Pſalm ge- ſchehen iſt,) aufgehaben, darum daß es zu ſchwach und nicht nuͤtze war, (nemlich ohne die wirckliche Erloͤſung Chriſti an ſich ſelbſt unſere Seligkeit zuwege zu bringen:) V. 19. denn das Geſetz konte nichts vollkommen machen; und wird eingefuͤhret eine beſſere Hoffnung, (Gr. aber die Einfuͤhrung einer beſſern Hoff- nung, die neue Oeconomie des Evangelii,) durch welche wir zu GOtt nahen, (die ma- chet alles vollkommen, wie der Erwerbung, alſo der Zueignung nach.)
Anmerckungen.
1. Wir ſehen alhier gar deutlich, daß der Apoſtel von dem Ceremonial-Geſetze redet, in ſo fern es, nach unglaͤubiger, und werckheiliger, judiſcher Art, ohne Chriſtum betrachtet wird. Jn welchem Verſtande es auch von der Be- ſchneidung heißt: die Beſchneidung iſt nichts 1 Cor. 7, 19. Denn wenn das Levitiſche Geſetz nach der goͤttlichen intention auf den Meßiam und ſein Hohesprieſterthum, auch auf ſeine Glie- der im Vorbilde gefuͤhret wurde, war es aller- ding eine herrliche, weiſe und ſehr nuͤtzliche Ver- faſſung, welche uns noch heute zu Tag zu vieler Erlaͤuterung der Geheimniſſe des Reiches GOt- tes gar wohl zu ſtatten koͤmmt: wie ſich denn auch Paulus ſelbſt ſonderlich in dieſem Briefe deſſelben gar nuͤtzlich bedienet hat.
2. Die neue Oeconomie des Evangelii wird eine Hoffnung genennet in Anſehung der Glaͤubigen des alten Teſtaments, welche, weil ſie an den Meßiam glaubeten, immer in ſehnli- cher Hoffnung ſeiner Zukunft erwarteten, wel- ches auch nach Jeſ. 11, 10. Roͤm. 15, 12. von den Heyden geſaget wird. Und weil dieſe Hoffnung auf die gehoffete Sache ging, ſo wird dieſe, ja unſer Heyland ſelbſt, daher die Hoffnung genennet, Col. 1, 27. 1 Tim. 1, 1. Tit. 2, 13. Und heiſſet dieſe Hoffnung die beſſere, in Anſehung der vorigen, oder alten Oeconomie, als wel-
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[330/0332]
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 7. v. 15-19.
5. Hingegen aber war die alte Oecono-
mie, oder das Ceremonial-Geſetze, ſo fern es
nach unglaubiger Judiſcher Art auſſer Chriſto
betrachtet wurde, nur eine Verfaſſung bloß
aͤuſſerlicher Dinge, und hatte man es darinnen
mit vergaͤnglichen ſichtbaren auf den Leib, oder
auf das ſichtbare Fleiſch gehenden Sachen, als
dem Opfer-Viehe, opfern, waſchen, beſprengen
und reinigen u. ſ. w. zu thun. Da nun dem
Worte Geiſt, geiſtlich in der heiligen Schrift
nicht allein das ungeiſtliche und ſuͤndliche, ſondern
auch das bloß aͤuſſerliche und vergaͤngliche
entgegen geſetzet wird, zumal wenn jenes ſoviel
heiſſet, als das innerliche und beſtaͤndige; ſo
koͤmmt es daher, daß das Wort Fleiſch, fleiſch-
lich nicht allein ſoviel, als unrein und ſuͤndlich,
ſondern auch ſoviel als aͤuſſerlich und vergaͤng-
lich iſt. Und in ſolchem Verſtande heiſſet das
aͤuſſerliche Ceremonial-Weſen ein Geſetz des
fleiſchlichen Gebots.
6. Dieſe Redens-Art iſt nun auch mit an-
dern Oertern zu erlaͤutern; die da ſonderlich fol-
gende ſind, und zwar aus dieſer Epiſtel c. 9, 10.
heiſſen die Levitiſchen Ceremonien mit Speiſen
und Tranck, und mancherley Taufen, oder
Reinigungen δικαιωματα σαρκὸς, Verdienſte,
oder Rechtfertigungen des Fleiſches, oder
nach des ſeligen Lutheri Uberſetzung aͤuſſerliche
Heiligkeit, die bis auf die Zeit der Beſſerung
aufgeleget. Und v. 13. heißt es: So der Och-
ſen und der Boͤcke Blut, und die Aſche von
der Kuhe geſprenget, heiliget die Unreinen
πϱὸς τὴν τῆς σαϱκὸς καθαϱότητα, zu der Rei-
nigkeit des Fleiſches, Luth. zu der leiblichen
Reinigkeit: wie vielmehr wird das Blut
Chriſti unſere Gewiſſen reinigen u. ſ. w.
Hierher gehoͤret auch der Ort Phil. 3, 3. Wir
ſind die Beſchneidung, die wir GOtt im
Geiſte dienen, und ruͤhmen uns von Chriſto
JEſu und verlaſſen uns nicht auf Fleiſch.
Siehe auch Roͤm. 2, 28. 29. deßgleichen Gal. 4,
3. 9. Col. 2, 8. 20. und Hebr. 9, 1. Da die Levi-
tiſchen Satzungen genennet werden στοιχει῀α του῀
κ´οσμου, weltliche, das iſt aͤuſſerliche oder aufs
aͤuſſerliche gehende Satzungen, ſchwache und
duͤrftige Satzungen, _ α´γιον κοσμικὸν, aͤuſſer-
liche Heiligkeit.
7. Das unendliche Leben wird Chriſto
zugeſchrieben nicht allein nach ſeiner Perſon, ſon-
dern auch und alhier fuͤrnemlich nach ſeinem Am-
te und zwar nach dem Hohen-Prieſterlichen, im
Gegenſatze auf die ſterblichen Levitiſchen Prieſter,
und im Gegenbilde von dem Melchiſedech, von
deſſen Leben und Prieſterthum weder Anfang noch
Ende aufgezeichnet gefunden wird. v. 3. Jſt nun
gleich Chriſtus am Creutze geſtorben, ſo hat doch
damit ſein Hohes-Prieſterthum nicht aufgehoͤret,
noch er darinnen, nach Levitiſcher Art, einen
Nachfolger gehabt; er hat auch das Leben bald
wieder genommen, und hoͤret nicht auf noch zur
Rechten GOttes als ein Hoher-Prieſter, Kraft
ſeines Verſoͤhn-Opfers uns zu vertreten. Und
alſo behaͤlt er darinn und damit ζωὴν ᾽ακατάλυ-
τον, ein unzerſtoͤrliches ewiges Leben.
8. Und die Kraft dieſes unendlichen Lebens
hat ihren Grund in der wahren Gottheit, und,
nachdem ſie durch die Salbung der menſchlichen
Natur mitgetheilet worden, ſo hat ſie ſich nach
beyden Naturen von der gantzen Perſon Chriſti
in ſeinem Hohenprieſterlichen Amte zur Erloͤſung
und Verſoͤhnung des gantzen menſchlichen Ge-
ſchlechts aufs maͤchtigſte hervor gethan. Und
nicht weniger thut ſie ſich beſtaͤndig hervor bey
und in dem Evangelio durch die kraͤftige Wir-
ckung des Heiligen Geiſtes; daher auch das Ev-
angelium ſelbſt von dieſer Kraft Chriſti die Kraft
GOttes genennet wird Roͤm. 1, 16. Auf
welche Art denn das Hoheprieſterliche Amt
Chriſti ſowol der Application, als der Erwer-
bung nach, die v. 11. gedachte rechte τελείωσιν,
Vollkommenmachung hat und giebet.
V. 18. 19.
Denn es wird das vorige (das vor der
Verheiſſung vom Melchiſedechiſchen Prieſter-
thum des Meßiaͤ vorhergehende) Geſetz (durch
den goͤttlichen Ausſpruch, der im 110 Pſalm ge-
ſchehen iſt,) aufgehaben, darum daß es zu
ſchwach und nicht nuͤtze war, (nemlich ohne
die wirckliche Erloͤſung Chriſti an ſich ſelbſt unſere
Seligkeit zuwege zu bringen:) V. 19. denn das
Geſetz konte nichts vollkommen machen;
und wird eingefuͤhret eine beſſere Hoffnung,
(Gr. aber die Einfuͤhrung einer beſſern Hoff-
nung, die neue Oeconomie des Evangelii,)
durch welche wir zu GOtt nahen, (die ma-
chet alles vollkommen, wie der Erwerbung, alſo
der Zueignung nach.)
Anmerckungen.
1. Wir ſehen alhier gar deutlich, daß der
Apoſtel von dem Ceremonial-Geſetze redet, in
ſo fern es, nach unglaͤubiger, und werckheiliger,
judiſcher Art, ohne Chriſtum betrachtet wird.
Jn welchem Verſtande es auch von der Be-
ſchneidung heißt: die Beſchneidung iſt nichts
1 Cor. 7, 19. Denn wenn das Levitiſche Geſetz
nach der goͤttlichen intention auf den Meßiam
und ſein Hohesprieſterthum, auch auf ſeine Glie-
der im Vorbilde gefuͤhret wurde, war es aller-
ding eine herrliche, weiſe und ſehr nuͤtzliche Ver-
faſſung, welche uns noch heute zu Tag zu vieler
Erlaͤuterung der Geheimniſſe des Reiches GOt-
tes gar wohl zu ſtatten koͤmmt: wie ſich denn
auch Paulus ſelbſt ſonderlich in dieſem Briefe
deſſelben gar nuͤtzlich bedienet hat.
2. Die neue Oeconomie des Evangelii
wird eine Hoffnung genennet in Anſehung der
Glaͤubigen des alten Teſtaments, welche, weil
ſie an den Meßiam glaubeten, immer in ſehnli-
cher Hoffnung ſeiner Zukunft erwarteten, wel-
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Heyden geſaget wird. Und weil dieſe Hoffnung
auf die gehoffete Sache ging, ſo wird dieſe,
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genennet, Col. 1, 27. 1 Tim. 1, 1. Tit. 2, 13. Und
heiſſet dieſe Hoffnung die beſſere, in Anſehung
der vorigen, oder alten Oeconomie, als wel-
che
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/332>, abgerufen am 23.11.2024.
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Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.