Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.C. 6. v. 10-15. an die Hebräer. [Spaltenumbruch]
11. Man hat im übrigen zu so viel mehrer V. 11. 12. Wir begehren aber (nach dem gnädigen Anmerckungen. 1. Es sind diese Worte eigentlich an dieje- 2. Gleichwie ein Rückfall leichtlich ge- 3. Kan und soll man aber im Laufe der Er- 4. Wer vor dem gäntzlichen Rückfall sicher 5. Was der sel. Lutherus durch vest be- 6. Was der Apostel alhier nennet plero- 7. Glaube und Geduld, oder makrothu- 8. Mancher wird auf der Welt durch Erb- V. 13. 14. 15. Denn als GOtt Abraham (dem Va- Anmerckungen. 1. Nachdem der Apostel v. 12. den gläubi- gern R r 3
C. 6. v. 10-15. an die Hebraͤer. [Spaltenumbruch]
11. Man hat im uͤbrigen zu ſo viel mehrer V. 11. 12. Wir begehren aber (nach dem gnaͤdigen Anmerckungen. 1. Es ſind dieſe Worte eigentlich an dieje- 2. Gleichwie ein Ruͤckfall leichtlich ge- 3. Kan und ſoll man aber im Laufe der Er- 4. Wer vor dem gaͤntzlichen Ruͤckfall ſicher 5. Was der ſel. Lutherus durch veſt be- 6. Was der Apoſtel alhier nennet πληρο- 7. Glaube und Geduld, oder μακροϑυ- 8. Mancher wird auf der Welt durch Erb- V. 13. 14. 15. Denn als GOtt Abraham (dem Va- Anmerckungen. 1. Nachdem der Apoſtel v. 12. den glaͤubi- gern R r 3
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C. 6. v. 10-15. an die Hebraͤer.
11. Man hat im uͤbrigen zu ſo viel mehrer
Erlaͤuterung dieſes Verſes folgende Oerter der
heiligen Schrift zu conferiren: 2 Chron. 15, 7.
Sprichw. 14, 31. Mal. 3, 16. Matth. 10, 24. c. 25,
40. Joh. 13, 20. 1 Cor. 15, 58. 1 Tim. 5, 10. 2 Joh.
v. 8. 3 Joh. v. 5. 7. 8.
V. 11. 12.
Wir begehren aber (nach dem gnaͤdigen
willen GOttes an euch) daß euer ieglicher
(ein) ieder (ohne fernere Ausnahme ſo vieler,
welche ſich bisher traͤge bezeuget haben) denſel-
ben (τὴν ἀυτην`, eben denſelben, welchen ihr, oder
doch viele unter euch (wie ich itzo an euch billig ge-
ruͤhmet habe) ſchon bewieſen habet, und noch er-
weiſet) Fleiß beweiſe, die Hoffnung veſt zu be-
halten bis ans Ende (eures Lebens: als wel-
ches, wenn es ſelig iſt, eigentlich eroͤnet.) V. 12.
Daß ihr nicht wanckel werdet (νω ϑρὸι, traͤ-
ge; denn ſintemal mit der Traͤgheit die Wan-
ckelmuͤthigkeit verknuͤpfet iſt) ſondern (in der
rechten Munterkeit, und im rechten Ernſt) Nach-
folger derer, die (nach dem Exempel Abra-
hams v. 13.) durch den Glauben und Ge-
duld ererben (als Kinder und Freunde GOt-
tes, welchen das Erbtheil gehoͤret, ſchon laͤngſt
ererbet haben und in ihren beſtaͤndigen Nachfol-
gern noch immer ererben) die Verheiſſungen
(von der noch zukuͤnftigen und ewigen Herrlich-
keit.)
Anmerckungen.
1. Es ſind dieſe Worte eigentlich an dieje-
nigen unter den Hebraͤern gerichtet, welche dieſe
Ermunterungen vor andern ſonderlich noͤthig hat-
ten; und welche der Apoſtel ſchon vorher c. 4, 11.
12. 13. als νωθρου`ς und νηπίους, als traͤge und un-
muͤndige Kinder beſtrafet hatte. Dieſe ſollen
nachfolgen denen, welche ſie als beſſere Exempel
theils vorher ſchon unter ſich gehabt, theils noch
unter ſich hatten, auch wol wuſten, daß ſie ander-
waͤrtig geweſen und noch waren.
2. Gleichwie ein Ruͤckfall leichtlich ge-
ſchehen kan; ſo kan und ſoll man hingegen auch
im guten bis an ſein ſeliges Ende verharren.
Welches auch die Eigenſchaft iſt rechtſchaffner
Kinder GOttes. Und folglich findet in der Ord-
nung des Heyls kein abſolutum decretum
ſtatt; nach welchem man nemlich entweder nicht
verharren, oder auch nicht ruͤckfaͤllig werden
koͤnnte.
3. Kan und ſoll man aber im Laufe der Er-
neuerung durch ſein gantzes Leben ohne Ruͤckfall,
welcher durch muthwillige Suͤnden geſchiehet,
gar wohl verharren; wie groß, ſchaͤdlich und
ſchaͤndlich iſt denn nicht der Jrrthum, da man eine
ſolche Beharrung leugnet, und damit zugleich
auch alle glaͤubige Hebraͤer und alle uͤbrige Kinder
GOttes, welche iemals gelebet haben, und noch
leben, in der That beſchuldiget, als waͤre ih-
rer keiner ohne herrſchende Laſter nach ihrer wah-
ren Bekehrung geblieben.
4. Wer vor dem gaͤntzlichen Ruͤckfall ſicher
ſeyn will, der huͤte ſich zuvorderſt vor der Traͤg-
heit und Unlauterkeit; als wodurch er befo-
dert wird.
5. Was der ſel. Lutherus durch veſt be-
halten uͤberſetzet hat, heißt eigentlich πληροϕορία,
eine Freudigkeit, welche gantz Evangeliſcher
Art und des Glaubens Eigenſchaft, auch von der
Beſchaffenheit iſt, daß man damit wie ein Schiff
mit ausgeſpanneten Segeln auf dem Meere un-
ter allerhand Ungewitter fortgehet, und endlich
den froͤlichen Hafen des ewigen Lebens erreichet.
Welche Glaubens-Freudigkeit denn auch eine
freudige Gewißheit in der Hoffnung iſt.
6. Was der Apoſtel alhier nennet πληρο-
ϕορίαν τῆς ἐλπίδος, die Freudigkeit der Hof-
nung, das heißt vorher c. 3, 6. παῤῥησία καὶ τὸ
καύχημα τῆς ἐλπίδος, und v. 14. ἀρχὴ τῆς
ὑποςάσεως, das Vertrauen und der Ruhm
der Hoffnung, das angefangene Weſen;
welches man ſoll veſt behalten bis ans Ende.
7. Glaube und Geduld, oder μακροϑυ-
μία, die Chriſtliche Großmuͤthigkeit, gehoͤren
zuſammen. Denn gleichwie dieſe aus dem
Glauben entſtehet, alſo iſt ſie auch eine recht aͤchte
Glaubens-Probe, der Verzagtheit, dabey man
ſich entkraͤftet zeiget und noch immer mehr ent-
kraͤftet wird, entgegen geſetzet. Siehe auch unten
c. 10, 36.
8. Mancher wird auf der Welt durch Erb-
ſchaft reich, aber dadurch, wenn er uͤber die Guͤ-
ter nicht einen guten Haushalter abgiebet, arm ja
gar unſelig an ſeiner Seelen. Wohl dem, der nur
des ewigen Erbes nicht verfehlet; er mag viel, we-
nig, oder nichts von zeitlichen Dingen alhier ha-
ben. GOtt haben, iſt alles haben.
V. 13. 14. 15.
Denn als GOtt Abraham (dem Va-
ter, oder Muſter aller Glaͤubigen, deſſen leibliche
und geiſtliche Nachkommen ihr ſeyd, und deſſen
Exempel ihr alſo billig folget) verhieß (1 B.
Moſ. 12, 3. c. 17, 4. c. 22, 16. 17. daß in ſeinem
Samen, in dem Meßia, alle Voͤlcker auf Erden
ſolten geſegnet werden) da er bey keinem groͤſ-
ſern zu ſchweren hatte, ſchwur er bey ſich
ſelbſt, und ſprach: Warlich, ich will dich
(nemlich an und in deinem Samen) ſegnen (in
himmliſchen Guͤtern Eph. 1, 3.) und vermeh-
ren, (alſo daß das Reich des Meßiaͤ, der aus dei-
nen Nachkommen ſoll geboren werden, auch un-
ter die Heyden ausgebreitet, und auch dieſe deine
geiſtliche Kinder werden ſollen.) Und alſo trug
er Geduld (obgleich die Erfuͤllung der ſo theuren
Verheiſſung verzogen wurde) und erlangte
die Verheiſſung (wie fuͤr ſeine Perſon, daß er
im Glauben an den Meßiam ſelig ſturb; alſo auch
fuͤr ſeine Nachkommen.)
Anmerckungen.
1. Nachdem der Apoſtel v. 12. den glaͤubi-
gen Hebraͤern zum Ruhm das Zeugniß gegeben
hatte, daß ſie Nachfolger worden derer,
welche durch den Glauben und Geduld die
Verheiſſung ererben; ſo fuͤhret er von denen
zur loͤblichen Nachfolge vorgeſtelleten Vorgaͤn-
gern
R r 3
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