Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.C. 6. v. 4. 5. 6. an die Hebräer. [Spaltenumbruch]
von der Judischen zu der Christlichen Re-ligion getreten waren, aber von die- ser mit der Verleugnung Christi wieder zu der Judischen traten. c. Daß man die Sünde wider den Heiligen Geist zuvorderst aus den bey den Evangeli- sten angeführten und dergleichen Oertern mehr eigentlich zu beschreiben habe; nemlich also, daß es zwar besser überzeugete, aber doch noch unbekehrte und unerleuchtete Menschen sind. Was aber unter der Uber- zeugung und der eigentlichen Erleuchtung und dem Stande der Gnaden für ein gros- ser Unterscheid sey, siehet man sonderlich aus dem Exempel des zwar schon besser von Chri- sto überzeugeten, und daher auch zu ihm kom- menden, aber noch sehr blinden und unwie- dergebornen Nicodemi, der seiner Uber- zeugung wegen zu Christo sagte: Meister, wir wissen, daß du bist ein Lehrer von GOtt kommen, u. s. w. Zu dem hingegen Christus sagte: Warlich, warlich, ich sage dir, es sey denn, daß iemand von neuen geboren werde, sonst kan er nicht in das Reich GOttes kommen. - - Bist du ein Meister in Jsrael, und weißt das nicht? Joh. 3, 2. 3. 10. d. Daß man zwar nach dem Orte Hebr. 6. wol sagen könne: welcher wahrhaftig Er- leuchteter und Bekehrter also sündiger, wie es Paulus beschreibet, der begehet die Sünde wider den Heiligen Geist. Allein daß man diesen Satz nicht umkehren und sagen könne: wer die Sünde wider den Heiligen Geist begehet, der ist wahrhaftig erleuchtet, und bekehret, sündiget auch also, wie es Paulus be- schreibet. Denn die Pharisäer haben diese Sünde begangen, sind aber nicht allein nicht wahrhaftig erleuchtet und bekehret ge- wesen, sondern haben auch auf eine solche Art, daß sie von der Christlichen Religion zu der Judischen, mit einer grossen Feindseligkeit wider jene, gefallen wären, nicht gesündiget. e. Daß demnach die Sünde wider den Heiligen Geist von gedoppelter Art sey. Die eine, eine gemeinere, wie sie von den Evangelisten an dem Exempel der Pharisäer vorgestellet wird: Die andere und seltenere an denen, welche Paulus als rückfällige vom Christen- thum zum Judenthum beschreibet. Jch habe diese Materie von der Sünde wi- der den Heiligen Geist ausführlich abge- handelt theils im Anhange zu dem Buche, Gestalt des Creutzreiches, und der Un- schuld, mitten unter den falschen Be- schuldigungen und Lästerungen genannt; theils auch in zween academischen Disserta- tionibus de peccato in Spiritum Sanctum. 13. Jm übrigen ist noch mit wenigen anzu- 1. Zur Lehre. a. Daß das wahre Christenthum nicht in einer [Spaltenumbruch] leeren Speculation und blossen Wissenschaft, sondern in einer solchen Realität und Solidi- tät bestehe, da man wahrhaftig erleuchtet und bekehret ist; da man schmecket die himm- lischen Gaben, und theilhaftig wird des Hei- ligen Geistes, u. s. w. b. Daß der Mensch im Genuß solcher Heyls- Güter, als in einem Vorschmack des ewi- gen Lebens, schon wircklich, ob gleich noch unvollkommen, selig sey, und also den Him- mel gleichsam auf Erden habe: und folglich daß ihm, wenn er bey solchem Genusse bleibet, der Weg zum Himmel viel leichter und angenehmer sey, als der zur Höllen, als der voller Unruhe bey dem Genusse der Sünde ist. c. Daß die Christliche Religion an diesem so seligen Gnaden-Stande der Gläubigen ei- nen fürtreflichen character von ihrem gött- lichen Ursprunge und von ihrer recht göttli- chen Wahrheit und Vortreflichkeit habe. d. Daß ein Gläubiger im Stande der Gnaden bis an sein seliges Ende durch GOttes Gnade gar wohl beharren könne, wenn er nur wolle; und daß er auch billig beharren solle. Ob auch wol nicht ein ieder Rückfall so gefähr- lich ist, als dieser alhier beschriebene, so ist er doch niemals ohne Gefahr. Davon sonderlich zu erwegen der Ort Petri 2 Ep. 2, 20. u. f. 2. Zur Widerlegung der Jrrthümer/ welche sind: a. Daß niemand recht wahrhaftig erleuch- tet und bekehret werde, als nur die Auserwehlten. Da wir alhier klärlich se- hen, daß einer könne wahrhaftig bekehret ge- wesen seyn, und doch verloren gehen. b. Daß niemand aus dem Stande der Gnaden wiederum gäntzlich verfallen könne. Davon wir aus diesem Orte gleich- falls das Gegentheil sehen. Dagegen man nichts einzuwenden hat, als daß die Leute, davon alhier gehandelt werde, noch nicht im Stande der Gnaden gestanden. Welches zu erweisen man wider alle hermeneutische Regeln den Wort-Verstand dieses gantzen Orts gantz verkehren muß, dadurch man aber seine Jrrthümer deutlich genug an den Tag leget. c. Daß die Gnade GOttes von der Beschaf- fenheit sey, daß ihr in ihren Wirckun- gen niemand widerstehen könne. Da- von wir alhier nicht weniger das Gegentheil sehen. d. Daß auf Seiten GOttes ein solches ab- solutes Decret zur Verwerfung der mei- sten Menschen sey, vermöge dessen kein Ver- worfener zur Seligkeit und also auch zum Glauben an Christum, oder zum Stande der Gnaden gelangen könne. Denn wir se- hen, daß einer kan dazu gelanget seyn, und dennoch verloren gehen, und also damit an sich selbst erweisen, daß er verworfen sey. Denn wenn bey den wahrhaftig Bekehrten dieses R r
C. 6. v. 4. 5. 6. an die Hebraͤer. [Spaltenumbruch]
von der Judiſchen zu der Chriſtlichen Re-ligion getreten waren, aber von die- ſer mit der Verleugnung Chriſti wieder zu der Judiſchen traten. c. Daß man die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt zuvorderſt aus den bey den Evangeli- ſten angefuͤhrten und dergleichen Oertern mehr eigentlich zu beſchreiben habe; nemlich alſo, daß es zwar beſſer uͤberzeugete, aber doch noch unbekehrte und unerleuchtete Menſchen ſind. Was aber unter der Uber- zeugung und der eigentlichen Erleuchtung und dem Stande der Gnaden fuͤr ein groſ- ſer Unterſcheid ſey, ſiehet man ſonderlich aus dem Exempel des zwar ſchon beſſer von Chri- ſto uͤberzeugeten, und daher auch zu ihm kom- menden, aber noch ſehr blinden und unwie- dergebornen Nicodemi, der ſeiner Uber- zeugung wegen zu Chriſto ſagte: Meiſter, wir wiſſen, daß du biſt ein Lehrer von GOtt kommen, u. ſ. w. Zu dem hingegen Chriſtus ſagte: Warlich, warlich, ich ſage dir, es ſey denn, daß iemand von neuen geboren werde, ſonſt kan er nicht in das Reich GOttes kommen. ‒ ‒ Biſt du ein Meiſter in Jſrael, und weißt das nicht? Joh. 3, 2. 3. 10. d. Daß man zwar nach dem Orte Hebr. 6. wol ſagen koͤnne: welcher wahrhaftig Er- leuchteter und Bekehrter alſo ſuͤndiger, wie es Paulus beſchreibet, der begehet die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt. Allein daß man dieſen Satz nicht umkehren und ſagen koͤnne: wer die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt begehet, der iſt wahrhaftig erleuchtet, und bekehret, ſuͤndiget auch alſo, wie es Paulus be- ſchreibet. Denn die Phariſaͤer haben dieſe Suͤnde begangen, ſind aber nicht allein nicht wahrhaftig erleuchtet und bekehret ge- weſen, ſondern haben auch auf eine ſolche Art, daß ſie von der Chriſtlichen Religion zu der Judiſchen, mit einer groſſen Feindſeligkeit wider jene, gefallen waͤren, nicht geſuͤndiget. e. Daß demnach die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt von gedoppelter Art ſey. Die eine, eine gemeinere, wie ſie von den Evangeliſten an dem Exempel der Phariſaͤer vorgeſtellet wird: Die andere und ſeltenere an denen, welche Paulus als ruͤckfaͤllige vom Chriſten- thum zum Judenthum beſchreibet. Jch habe dieſe Materie von der Suͤnde wi- der den Heiligen Geiſt ausfuͤhrlich abge- handelt theils im Anhange zu dem Buche, Geſtalt des Creutzreiches, und der Un- ſchuld, mitten unter den falſchen Be- ſchuldigungen und Laͤſterungen genannt; theils auch in zween academiſchen Diſſerta- tionibus de peccato in Spiritum Sanctum. 13. Jm uͤbrigen iſt noch mit wenigen anzu- 1. Zur Lehre. a. Daß das wahre Chriſtenthum nicht in einer [Spaltenumbruch] leeren Speculation und bloſſen Wiſſenſchaft, ſondern in einer ſolchen Realitaͤt und Solidi- taͤt beſtehe, da man wahrhaftig erleuchtet und bekehret iſt; da man ſchmecket die himm- liſchen Gaben, und theilhaftig wird des Hei- ligen Geiſtes, u. ſ. w. b. Daß der Menſch im Genuß ſolcher Heyls- Guͤter, als in einem Vorſchmack des ewi- gen Lebens, ſchon wircklich, ob gleich noch unvollkommen, ſelig ſey, und alſo den Him- mel gleichſam auf Erden habe: und folglich daß ihm, wenn er bey ſolchem Genuſſe bleibet, der Weg zum Himmel viel leichter und angenehmer ſey, als der zur Hoͤllen, als der voller Unruhe bey dem Genuſſe der Suͤnde iſt. c. Daß die Chriſtliche Religion an dieſem ſo ſeligen Gnaden-Stande der Glaͤubigen ei- nen fuͤrtreflichen character von ihrem goͤtt- lichen Urſprunge und von ihrer recht goͤttli- chen Wahrheit und Vortreflichkeit habe. d. Daß ein Glaͤubiger im Stande der Gnaden bis an ſein ſeliges Ende durch GOttes Gnade gar wohl beharren koͤnne, wenn er nur wolle; und daß er auch billig beharren ſolle. Ob auch wol nicht ein ieder Ruͤckfall ſo gefaͤhr- lich iſt, als dieſer alhier beſchriebene, ſo iſt er doch niemals ohne Gefahr. Davon ſonderlich zu erwegen der Ort Petri 2 Ep. 2, 20. u. f. 2. Zur Widerlegung der Jrrthuͤmer/ welche ſind: a. Daß niemand recht wahrhaftig erleuch- tet und bekehret werde, als nur die Auserwehlten. Da wir alhier klaͤrlich ſe- hen, daß einer koͤnne wahrhaftig bekehret ge- weſen ſeyn, und doch verloren gehen. b. Daß niemand aus dem Stande der Gnaden wiederum gaͤntzlich verfallen koͤnne. Davon wir aus dieſem Orte gleich- falls das Gegentheil ſehen. Dagegen man nichts einzuwenden hat, als daß die Leute, davon alhier gehandelt werde, noch nicht im Stande der Gnaden geſtanden. Welches zu erweiſen man wider alle hermeneutiſche Regeln den Wort-Verſtand dieſes gantzen Orts gantz verkehren muß, dadurch man aber ſeine Jrrthuͤmer deutlich genug an den Tag leget. c. Daß die Gnade GOttes von der Beſchaf- fenheit ſey, daß ihr in ihren Wirckun- gen niemand widerſtehen koͤnne. Da- von wir alhier nicht weniger das Gegentheil ſehen. d. Daß auf Seiten GOttes ein ſolches ab- ſolutes Decret zur Verwerfung der mei- ſten Menſchen ſey, vermoͤge deſſen kein Ver- worfener zur Seligkeit und alſo auch zum Glauben an Chriſtum, oder zum Stande der Gnaden gelangen koͤnne. Denn wir ſe- hen, daß einer kan dazu gelanget ſeyn, und dennoch verloren gehen, und alſo damit an ſich ſelbſt erweiſen, daß er verworfen ſey. Denn wenn bey den wahrhaftig Bekehrten dieſes R r
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item> <list> <item><pb facs="#f0315" n="313"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">C. 6. v. 4. 5. 6. an die Hebraͤer.</hi></fw><lb/><cb/> von der Judiſchen zu der <hi rendition="#fr">Chriſtlichen Re-<lb/> ligion</hi> getreten waren, aber von die-<lb/> ſer mit der <hi rendition="#fr">Verleugnung Chriſti</hi> wieder<lb/> zu der Judiſchen traten.</item> </list> </item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Daß man die <hi rendition="#fr">Suͤnde wider den Heiligen<lb/> Geiſt</hi> zuvorderſt aus den bey den <hi rendition="#fr">Evangeli-<lb/> ſten angefuͤhrten</hi> und dergleichen <hi rendition="#fr">Oertern</hi><lb/> mehr eigentlich zu beſchreiben habe; nemlich<lb/> alſo, daß es zwar beſſer <hi rendition="#fr">uͤberzeugete,</hi> aber<lb/> doch noch <hi rendition="#fr">unbekehrte</hi> und <hi rendition="#fr">unerleuchtete<lb/> Menſchen</hi> ſind. Was aber unter der <hi rendition="#fr">Uber-<lb/> zeugung</hi> und der eigentlichen <hi rendition="#fr">Erleuchtung</hi><lb/> und dem <hi rendition="#fr">Stande der Gnaden</hi> fuͤr ein groſ-<lb/> ſer Unterſcheid ſey, ſiehet man ſonderlich aus<lb/> dem Exempel des zwar ſchon beſſer von Chri-<lb/> ſto <hi rendition="#fr">uͤberzeugeten,</hi> und daher auch zu ihm kom-<lb/> menden, aber noch ſehr <hi rendition="#fr">blinden</hi> und <hi rendition="#fr">unwie-<lb/> dergebornen</hi> Nicodemi, der ſeiner Uber-<lb/> zeugung wegen zu Chriſto ſagte: <hi rendition="#fr">Meiſter,<lb/> wir wiſſen, daß du biſt ein Lehrer von<lb/> GOtt kommen,</hi> u. ſ. w. Zu dem hingegen<lb/> Chriſtus ſagte: <hi rendition="#fr">Warlich, warlich, ich ſage<lb/> dir, es ſey denn, daß iemand von neuen<lb/> geboren werde, ſonſt kan er nicht in das<lb/> Reich GOttes kommen. ‒ ‒ Biſt du<lb/> ein Meiſter in Jſrael, und weißt das<lb/> nicht?</hi> Joh. 3, 2. 3. 10.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Daß man zwar nach dem Orte Hebr. 6. wol<lb/> ſagen koͤnne: <hi rendition="#fr">welcher wahrhaftig Er-<lb/> leuchteter und Bekehrter alſo ſuͤndiger,<lb/> wie es Paulus beſchreibet, der begehet<lb/> die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt.</hi><lb/> Allein daß man dieſen Satz nicht umkehren<lb/> und ſagen koͤnne: <hi rendition="#fr">wer die Suͤnde wider<lb/> den Heiligen Geiſt begehet, der iſt<lb/> wahrhaftig erleuchtet, und bekehret,<lb/> ſuͤndiget auch alſo, wie es Paulus be-<lb/> ſchreibet.</hi> Denn die <hi rendition="#fr">Phariſaͤer</hi> haben dieſe<lb/> Suͤnde begangen, ſind aber nicht allein <hi rendition="#fr">nicht<lb/> wahrhaftig erleuchtet</hi> und <hi rendition="#fr">bekehret</hi> ge-<lb/> weſen, ſondern haben auch auf eine ſolche Art,<lb/> daß ſie von der Chriſtlichen Religion zu der<lb/> Judiſchen, mit einer groſſen Feindſeligkeit<lb/> wider jene, gefallen waͤren, nicht geſuͤndiget.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">e.</hi> Daß demnach die Suͤnde wider den Heiligen<lb/> Geiſt von <hi rendition="#fr">gedoppelter Art</hi> ſey. Die eine,<lb/> eine <hi rendition="#fr">gemeinere,</hi> wie ſie von den Evangeliſten<lb/> an dem Exempel der Phariſaͤer vorgeſtellet<lb/> wird: Die andere und <hi rendition="#fr">ſeltenere</hi> an denen,<lb/> welche Paulus als ruͤckfaͤllige vom Chriſten-<lb/> thum zum Judenthum beſchreibet.</item><lb/> <item>Jch habe dieſe Materie von der <hi rendition="#fr">Suͤnde wi-<lb/> der den Heiligen Geiſt</hi> ausfuͤhrlich abge-<lb/> handelt theils im <hi rendition="#fr">Anhange</hi> zu dem Buche,<lb/><hi rendition="#fr">Geſtalt des Creutzreiches, und der Un-<lb/> ſchuld, mitten unter den falſchen Be-<lb/> ſchuldigungen</hi> und <hi rendition="#fr">Laͤſterungen</hi> genannt;<lb/> theils auch in zween <hi rendition="#aq">academi</hi>ſchen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Diſſerta-<lb/> tionibus</hi> de peccato in Spiritum Sanctum.</hi></item> </list><lb/> <p>13. Jm uͤbrigen iſt noch mit wenigen anzu-<lb/> zeigen, wie dieſer bisher erlaͤuterter wichtiger<lb/> Ort wohl zu <hi rendition="#aq">applicir</hi>en ſey: und zwar</p><lb/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b">1. Zur Lehre.</hi> </head><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Daß das wahre Chriſtenthum nicht in einer<lb/><cb/> <hi rendition="#fr">leeren</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Speculation</hi></hi> und bloſſen Wiſſenſchaft,<lb/> ſondern in einer ſolchen <hi rendition="#aq">Reali</hi>taͤt und <hi rendition="#aq">Solidi-</hi><lb/> taͤt beſtehe, da man <hi rendition="#fr">wahrhaftig erleuchtet</hi><lb/> und <hi rendition="#fr">bekehret</hi> iſt; da man ſchmecket die himm-<lb/> liſchen Gaben, und theilhaftig wird des Hei-<lb/> ligen Geiſtes, u. ſ. w.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Daß der Menſch im Genuß ſolcher Heyls-<lb/> Guͤter, als in einem Vorſchmack des ewi-<lb/> gen Lebens, ſchon <hi rendition="#fr">wircklich,</hi> ob gleich noch<lb/> unvollkommen, <hi rendition="#fr">ſelig ſey,</hi> und alſo <hi rendition="#fr">den Him-<lb/> mel</hi> gleichſam <hi rendition="#fr">auf Erden</hi> habe: und folglich<lb/> daß ihm, wenn er bey ſolchem Genuſſe bleibet,<lb/> der <hi rendition="#fr">Weg zum Himmel viel leichter</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">angenehmer ſey, als der zur Hoͤllen,</hi><lb/> als der voller Unruhe bey dem Genuſſe der<lb/> Suͤnde iſt.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Daß die Chriſtliche <hi rendition="#fr">Religion</hi> an dieſem ſo<lb/> ſeligen <hi rendition="#fr">Gnaden-Stande</hi> der Glaͤubigen ei-<lb/> nen <hi rendition="#fr">fuͤrtreflichen</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">character</hi></hi> von ihrem <hi rendition="#fr">goͤtt-<lb/> lichen Urſprunge</hi> und von ihrer recht goͤttli-<lb/> chen Wahrheit und Vortreflichkeit habe.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Daß ein Glaͤubiger im Stande der Gnaden<lb/> bis an ſein ſeliges Ende durch GOttes Gnade<lb/><hi rendition="#fr">gar wohl beharren koͤnne,</hi> wenn er nur<lb/> wolle; und daß er auch billig <hi rendition="#fr">beharren ſolle.</hi><lb/> Ob auch wol nicht ein ieder Ruͤckfall ſo gefaͤhr-<lb/> lich iſt, als dieſer alhier beſchriebene, ſo iſt er<lb/> doch niemals ohne Gefahr. Davon ſonderlich<lb/> zu erwegen der Ort Petri 2 Ep. 2, 20. u. f.</item> </list> </div><lb/> <div n="5"> <head><hi rendition="#b">2. Zur Widerlegung der Jrrthuͤmer/</hi><lb/> welche ſind:</head><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi><hi rendition="#fr">Daß niemand recht wahrhaftig erleuch-<lb/> tet und bekehret werde, als nur die<lb/> Auserwehlten.</hi> Da wir alhier klaͤrlich ſe-<lb/> hen, daß einer koͤnne wahrhaftig bekehret ge-<lb/> weſen ſeyn, und doch verloren gehen.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi><hi rendition="#fr">Daß niemand aus dem Stande der<lb/> Gnaden wiederum gaͤntzlich verfallen<lb/> koͤnne.</hi> Davon wir aus dieſem Orte gleich-<lb/> falls das Gegentheil ſehen. Dagegen man<lb/> nichts einzuwenden hat, als daß die Leute,<lb/> davon alhier gehandelt werde, noch nicht im<lb/> Stande der Gnaden geſtanden. Welches zu<lb/> erweiſen man wider alle <hi rendition="#aq">hermeneuti</hi>ſche<lb/> Regeln den Wort-Verſtand dieſes gantzen<lb/> Orts gantz verkehren muß, dadurch man aber<lb/> ſeine Jrrthuͤmer deutlich genug an den Tag<lb/> leget.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi><hi rendition="#fr">Daß die Gnade GOttes von der Beſchaf-<lb/> fenheit ſey, daß ihr in ihren Wirckun-<lb/> gen niemand widerſtehen koͤnne.</hi> Da-<lb/> von wir alhier nicht weniger das Gegentheil<lb/> ſehen.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi><hi rendition="#fr">Daß auf Seiten GOttes ein ſolches</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ab-<lb/> ſolut</hi></hi><hi rendition="#fr">es</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Decret</hi></hi><hi rendition="#fr">zur Verwerfung der mei-<lb/> ſten Menſchen ſey,</hi> vermoͤge deſſen kein Ver-<lb/> worfener zur Seligkeit und alſo auch zum<lb/> Glauben an Chriſtum, oder zum Stande<lb/> der Gnaden gelangen koͤnne. Denn wir ſe-<lb/> hen, daß einer kan dazu gelanget ſeyn, und<lb/> dennoch verloren gehen, und alſo damit an<lb/> ſich ſelbſt erweiſen, daß er verworfen ſey.<lb/> Denn wenn bey den wahrhaftig Bekehrten<lb/> <fw place="bottom" type="sig">R r</fw><fw place="bottom" type="catch">dieſes</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [313/0315]
C. 6. v. 4. 5. 6. an die Hebraͤer.
von der Judiſchen zu der Chriſtlichen Re-
ligion getreten waren, aber von die-
ſer mit der Verleugnung Chriſti wieder
zu der Judiſchen traten.
c. Daß man die Suͤnde wider den Heiligen
Geiſt zuvorderſt aus den bey den Evangeli-
ſten angefuͤhrten und dergleichen Oertern
mehr eigentlich zu beſchreiben habe; nemlich
alſo, daß es zwar beſſer uͤberzeugete, aber
doch noch unbekehrte und unerleuchtete
Menſchen ſind. Was aber unter der Uber-
zeugung und der eigentlichen Erleuchtung
und dem Stande der Gnaden fuͤr ein groſ-
ſer Unterſcheid ſey, ſiehet man ſonderlich aus
dem Exempel des zwar ſchon beſſer von Chri-
ſto uͤberzeugeten, und daher auch zu ihm kom-
menden, aber noch ſehr blinden und unwie-
dergebornen Nicodemi, der ſeiner Uber-
zeugung wegen zu Chriſto ſagte: Meiſter,
wir wiſſen, daß du biſt ein Lehrer von
GOtt kommen, u. ſ. w. Zu dem hingegen
Chriſtus ſagte: Warlich, warlich, ich ſage
dir, es ſey denn, daß iemand von neuen
geboren werde, ſonſt kan er nicht in das
Reich GOttes kommen. ‒ ‒ Biſt du
ein Meiſter in Jſrael, und weißt das
nicht? Joh. 3, 2. 3. 10.
d. Daß man zwar nach dem Orte Hebr. 6. wol
ſagen koͤnne: welcher wahrhaftig Er-
leuchteter und Bekehrter alſo ſuͤndiger,
wie es Paulus beſchreibet, der begehet
die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt.
Allein daß man dieſen Satz nicht umkehren
und ſagen koͤnne: wer die Suͤnde wider
den Heiligen Geiſt begehet, der iſt
wahrhaftig erleuchtet, und bekehret,
ſuͤndiget auch alſo, wie es Paulus be-
ſchreibet. Denn die Phariſaͤer haben dieſe
Suͤnde begangen, ſind aber nicht allein nicht
wahrhaftig erleuchtet und bekehret ge-
weſen, ſondern haben auch auf eine ſolche Art,
daß ſie von der Chriſtlichen Religion zu der
Judiſchen, mit einer groſſen Feindſeligkeit
wider jene, gefallen waͤren, nicht geſuͤndiget.
e. Daß demnach die Suͤnde wider den Heiligen
Geiſt von gedoppelter Art ſey. Die eine,
eine gemeinere, wie ſie von den Evangeliſten
an dem Exempel der Phariſaͤer vorgeſtellet
wird: Die andere und ſeltenere an denen,
welche Paulus als ruͤckfaͤllige vom Chriſten-
thum zum Judenthum beſchreibet.
Jch habe dieſe Materie von der Suͤnde wi-
der den Heiligen Geiſt ausfuͤhrlich abge-
handelt theils im Anhange zu dem Buche,
Geſtalt des Creutzreiches, und der Un-
ſchuld, mitten unter den falſchen Be-
ſchuldigungen und Laͤſterungen genannt;
theils auch in zween academiſchen Diſſerta-
tionibus de peccato in Spiritum Sanctum.
13. Jm uͤbrigen iſt noch mit wenigen anzu-
zeigen, wie dieſer bisher erlaͤuterter wichtiger
Ort wohl zu appliciren ſey: und zwar
1. Zur Lehre.
a. Daß das wahre Chriſtenthum nicht in einer
leeren Speculation und bloſſen Wiſſenſchaft,
ſondern in einer ſolchen Realitaͤt und Solidi-
taͤt beſtehe, da man wahrhaftig erleuchtet
und bekehret iſt; da man ſchmecket die himm-
liſchen Gaben, und theilhaftig wird des Hei-
ligen Geiſtes, u. ſ. w.
b. Daß der Menſch im Genuß ſolcher Heyls-
Guͤter, als in einem Vorſchmack des ewi-
gen Lebens, ſchon wircklich, ob gleich noch
unvollkommen, ſelig ſey, und alſo den Him-
mel gleichſam auf Erden habe: und folglich
daß ihm, wenn er bey ſolchem Genuſſe bleibet,
der Weg zum Himmel viel leichter und
angenehmer ſey, als der zur Hoͤllen,
als der voller Unruhe bey dem Genuſſe der
Suͤnde iſt.
c. Daß die Chriſtliche Religion an dieſem ſo
ſeligen Gnaden-Stande der Glaͤubigen ei-
nen fuͤrtreflichen character von ihrem goͤtt-
lichen Urſprunge und von ihrer recht goͤttli-
chen Wahrheit und Vortreflichkeit habe.
d. Daß ein Glaͤubiger im Stande der Gnaden
bis an ſein ſeliges Ende durch GOttes Gnade
gar wohl beharren koͤnne, wenn er nur
wolle; und daß er auch billig beharren ſolle.
Ob auch wol nicht ein ieder Ruͤckfall ſo gefaͤhr-
lich iſt, als dieſer alhier beſchriebene, ſo iſt er
doch niemals ohne Gefahr. Davon ſonderlich
zu erwegen der Ort Petri 2 Ep. 2, 20. u. f.
2. Zur Widerlegung der Jrrthuͤmer/
welche ſind:
a. Daß niemand recht wahrhaftig erleuch-
tet und bekehret werde, als nur die
Auserwehlten. Da wir alhier klaͤrlich ſe-
hen, daß einer koͤnne wahrhaftig bekehret ge-
weſen ſeyn, und doch verloren gehen.
b. Daß niemand aus dem Stande der
Gnaden wiederum gaͤntzlich verfallen
koͤnne. Davon wir aus dieſem Orte gleich-
falls das Gegentheil ſehen. Dagegen man
nichts einzuwenden hat, als daß die Leute,
davon alhier gehandelt werde, noch nicht im
Stande der Gnaden geſtanden. Welches zu
erweiſen man wider alle hermeneutiſche
Regeln den Wort-Verſtand dieſes gantzen
Orts gantz verkehren muß, dadurch man aber
ſeine Jrrthuͤmer deutlich genug an den Tag
leget.
c. Daß die Gnade GOttes von der Beſchaf-
fenheit ſey, daß ihr in ihren Wirckun-
gen niemand widerſtehen koͤnne. Da-
von wir alhier nicht weniger das Gegentheil
ſehen.
d. Daß auf Seiten GOttes ein ſolches ab-
ſolutes Decret zur Verwerfung der mei-
ſten Menſchen ſey, vermoͤge deſſen kein Ver-
worfener zur Seligkeit und alſo auch zum
Glauben an Chriſtum, oder zum Stande
der Gnaden gelangen koͤnne. Denn wir ſe-
hen, daß einer kan dazu gelanget ſeyn, und
dennoch verloren gehen, und alſo damit an
ſich ſelbſt erweiſen, daß er verworfen ſey.
Denn wenn bey den wahrhaftig Bekehrten
dieſes
R r
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |