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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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C. 4. v. 6-8. an die Thessalonicher.
[Spaltenumbruch] sollen, das thut ihr ihnen; und also auch:
alles, was ihr wollet, das euch die Leute nicht
thun sollen, das thut ihr ihnen auch nicht; das
ist das Gesetz und die Propheten,
(so viel
nemlich darinn die Vorschrift von der Liebe ge-
gen den Nächsten betrift,) Matth. 7, 12.

4. Gleichwie es auf Seiten des Verkäu-
fers
eine nicht geringe Sünde ist, den Nächsten
worinnen übersetzen, oder auch auf diese und
jene Art übervortheilen, und sich mit kahlen
Entschuldigungen, wo nicht bey andern, doch
bey sich selbst behelfen, da man sagt: giebt ers
doch: geben es doch andere: ich kan so viel be-
kommen; also ist es auch gewiß eine nicht gerin-
gere Sünde, wenn mancher Käufer dem Ver-
käufer dis und das theils ohne allen seinen auch
rechtmäßigen, zur Führung seines Handels und
seiner Haushaltung gehörigen Vortheil, theils
auch wol gar mit seinem Schaden, mit dem so gar
genauen abdingen, fast recht abdringet: zumal
da ein Verkäufer sich in solchen Umständen be-
sindet, daß er des Geldes hoch benöthiget ist,
und also das Seinige so hingeben muß mit Kum-
mer seines Hertzens, und hinter dem Käufer her
seusfzet. Und noch ärger ists, wenn man her-
nach dieses, daß man hie und da dis und das so
und so wohlfeil an sich gebracht hat, zur Regul
machet, und es allezeit und bey iedermann dafür
haben will; daher es denn kommt, daß man-
cher bey seiner Profession mit aller seiner sauren
Arbeit kaum das liebe Brodt erwirbet. Es wird
den Geitzhals gewiß nicht entschuldigen, wenn er
saget: ich kan es dafür haben. Es geschiehet
auch nicht selten, daß ein Armer etwas, wel-
ches er selbst sehr nöthig hätte, aus Noth ver-
stossen, und damit er nur bald zum Geld kom-
me, es weit unter seinem Werth ausbieten muß.
Was muß es nun nicht für eine schwere Sünde
seyn, dem Dürftigen noch dazu ein mehrers ab-
zudingen; da es des Wohlhabenden Pflicht ist,
jenem lieber ein mehrers zu geben, als er fo-
dert; ja ihm lieber mit einiger Beysteuer zu hülfe
zu kommen, und das Seinige zu seiner eigenen
Nothdurft wieder zurück zu geben.

5. Der HERR ist Rächer über alle im
Handel begangene Ungerechtigkeit, und zwar
um soviel mehr, soviel weniger sie vor menschli-
chem Gerichte pfleget angebracht, untersuchet
und bestrafet zu werden. Es wird die gerechte
Rache sich zwar mit besonderm Nachdruck aller-
erst am Jüngsten Gericht äussern: allein es pfle-
gen doch auch wol allerhand Vorgerichte vorher
zu gehen; also daß sich in manchen Stücken der
Fluch GOttes im besondern Unsegen, wo nicht
bey den ersten ungerechten Erwerbern, doch bey
den Nachkommen hervor thut.

6. Man siehet, wie sorgfältig Paulus zu
Thessalonich nebst den Evangelischen Glau-
bens-Geheimnissen und Heyls-Schätzen auch die
Lebens-Pflichten, wie überhaupt, also auch
besonderer Stände eingeschärfet habe, zum
Exempel und Character eines rechtschaffenen
Lehrers. Er hat demnach, wenn er des vor-
getragenen Evangelii gedencket, als c. 1, 5. c. 2,
4. 9. 13. das Gesetz gar nicht bey Seite gesetzet.

[Spaltenumbruch]
V. 6. 7.

Denn GOtt hat uns nicht berufen zur
Unreinigkeit
(en akatharsia pro eis akathar-
sian, die von GOtt geoffenbarete Religion füh-
ret nicht auf die Freyheit, oder vielmehr, Frech-
heit zu sündigen; wie die Principia der Heydni-
schen Abgötterey thun,) sondern zur Heiligung
(wie überhaupt, also insonderheit zu derjenigen,
welche der Unreinigkeit der Sünden wider das
sechste und siebende Gebot entgegen stehet.)

Anmerckung.

Der himmlische Gnaden-Beruf wird in
der heiligen Schrift nach dem termino ad
quem,
nach der Sache, oder nach der Selig-
keit, wozu wir berufen werden, auf mancherley Art
benennt. Denn bald heißt es überhaupt: wir
werden berufen zum Reiche GOttes, zum
Reiche der Gnade und der Herrlichkeit,

als zur geistlichen Vermählung und Hochzeit des
Lammes Matth. 22, 2. u. s. f. Offenb. 19, 7. bald
werden wir mit der Berufung auf die Ordnung
des Heyls
geführet, z. E. Wenn es heißt zur
Busse, zur Heiligung
berufen werden Matth.
9, 13. u. f. Ferner mit Benennung der Heyls-
Güter:
berufen werden zur Gemeinschaft
Christi
1 Cor. 1, 9. zur geistlichen Erqvi-
ckung.
Matth. 11, 18. zum wunderbaren Lich-
te GOttes
1 Pet. 2, 9. zur Freyheit Gal. 5, 13.
Und da uns die Berufung auch zugleich auf unsere
Pflichten weiset, so heißts berufen werden zur
Liebe
und zum Frieden Eph. 4, 4. Col. 3, 15.
auch zur Nachfolge Christi, sonderlich im
Leiden. 1 Pet. 2, 21. u. f.

V. 8.

Wer nun (derohalben, da es mit unserer
Berufung und dem künftigen Gerichte GOttes
eine solche Beschaffenheit hat, wer) verachtet
(ja verwirft, atheton, die bisher gegebnen Gebote
und Ermahnung) der verachtet (eigentlich
und fürnemlich) nicht Menschen (als von wel-
chen das Gesetz nicht herrühret) sondern GOtt,
der seinen Heiligen Geist gegeben hat in uns

(und uns dadurch tüchtig gemachet, das Wort
der Versöhnung und Ermahnung vorzutragen:
aus dessen Eingebung und Regierung wir reden,
schreiben und handeln: daher es einer nicht so
wol mit uns, als mit GOTT selbst zu thun
hat.

Anmerckungen.

1. Ob gleich der Apostel von der Thessalo-
nicensischen Gemeine überhanpt das herrlichste
Zeugniß in den ersten Capiteln abgeleget hat, so
war er doch nicht ohne alle Beysorge, daß sich ei-
nige entweder schon damals funden, oder noch
künftig von der Art finden würden, daß sie dieser
ernstlichen Warnung nöthig hatten. Und also
zeiget er disfals an sich einen rechten Character
von der Oeconomischen Klugheit eines recht-
schaffenen Lehrers, der auf allen Seiten die gehö-
rige Vorsorge für seine Gemeine träget.

2. Haben Christliche Lehrer gleich von Rechts
wegen ein solches äusserliches Ansehen nicht, als

sich
D 2

C. 4. v. 6-8. an die Theſſalonicher.
[Spaltenumbruch] ſollen, das thut ihr ihnen; und alſo auch:
alles, was ihr wollet, das euch die Leute nicht
thun ſollen, das thut ihr ihnen auch nicht; das
iſt das Geſetz und die Propheten,
(ſo viel
nemlich darinn die Vorſchrift von der Liebe ge-
gen den Naͤchſten betrift,) Matth. 7, 12.

4. Gleichwie es auf Seiten des Verkaͤu-
fers
eine nicht geringe Suͤnde iſt, den Naͤchſten
worinnen uͤberſetzen, oder auch auf dieſe und
jene Art uͤbervortheilen, und ſich mit kahlen
Entſchuldigungen, wo nicht bey andern, doch
bey ſich ſelbſt behelfen, da man ſagt: giebt ers
doch: geben es doch andere: ich kan ſo viel be-
kommen; alſo iſt es auch gewiß eine nicht gerin-
gere Suͤnde, wenn mancher Kaͤufer dem Ver-
kaͤufer dis und das theils ohne allen ſeinen auch
rechtmaͤßigen, zur Fuͤhrung ſeines Handels und
ſeiner Haushaltung gehoͤrigen Vortheil, theils
auch wol gar mit ſeinem Schaden, mit dem ſo gar
genauen abdingen, faſt recht abdringet: zumal
da ein Verkaͤufer ſich in ſolchen Umſtaͤnden be-
ſindet, daß er des Geldes hoch benoͤthiget iſt,
und alſo das Seinige ſo hingeben muß mit Kum-
mer ſeines Hertzens, und hinter dem Kaͤufer her
ſeuſfzet. Und noch aͤrger iſts, wenn man her-
nach dieſes, daß man hie und da dis und das ſo
und ſo wohlfeil an ſich gebracht hat, zur Regul
machet, und es allezeit und bey iedermann dafuͤr
haben will; daher es denn kommt, daß man-
cher bey ſeiner Profeſſion mit aller ſeiner ſauren
Arbeit kaum das liebe Brodt erwirbet. Es wird
den Geitzhals gewiß nicht entſchuldigen, wenn er
ſaget: ich kan es dafuͤr haben. Es geſchiehet
auch nicht ſelten, daß ein Armer etwas, wel-
ches er ſelbſt ſehr noͤthig haͤtte, aus Noth ver-
ſtoſſen, und damit er nur bald zum Geld kom-
me, es weit unter ſeinem Werth ausbieten muß.
Was muß es nun nicht fuͤr eine ſchwere Suͤnde
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zudingen; da es des Wohlhabenden Pflicht iſt,
jenem lieber ein mehrers zu geben, als er fo-
dert; ja ihm lieber mit einiger Beyſteuer zu huͤlfe
zu kommen, und das Seinige zu ſeiner eigenen
Nothdurft wieder zuruͤck zu geben.

5. Der HERR iſt Raͤcher uͤber alle im
Handel begangene Ungerechtigkeit, und zwar
um ſoviel mehr, ſoviel weniger ſie vor menſchli-
chem Gerichte pfleget angebracht, unterſuchet
und beſtrafet zu werden. Es wird die gerechte
Rache ſich zwar mit beſonderm Nachdruck aller-
erſt am Juͤngſten Gericht aͤuſſern: allein es pfle-
gen doch auch wol allerhand Vorgerichte vorher
zu gehen; alſo daß ſich in manchen Stuͤcken der
Fluch GOttes im beſondern Unſegen, wo nicht
bey den erſten ungerechten Erwerbern, doch bey
den Nachkommen hervor thut.

6. Man ſiehet, wie ſorgfaͤltig Paulus zu
Theſſalonich nebſt den Evangeliſchen Glau-
bens-Geheimniſſen und Heyls-Schaͤtzen auch die
Lebens-Pflichten, wie uͤberhaupt, alſo auch
beſonderer Staͤnde eingeſchaͤrfet habe, zum
Exempel und Character eines rechtſchaffenen
Lehrers. Er hat demnach, wenn er des vor-
getragenen Evangelii gedencket, als c. 1, 5. c. 2,
4. 9. 13. das Geſetz gar nicht bey Seite geſetzet.

[Spaltenumbruch]
V. 6. 7.

Denn GOtt hat uns nicht berufen zur
Unreinigkeit
(ἐν ἀκαϑαρσίᾳ pro ἐις ἀκαθαρ-
σίαν, die von GOtt geoffenbarete Religion fuͤh-
ret nicht auf die Freyheit, oder vielmehr, Frech-
heit zu ſuͤndigen; wie die Principia der Heydni-
ſchen Abgoͤtterey thun,) ſondern zur Heiligung
(wie uͤberhaupt, alſo inſonderheit zu derjenigen,
welche der Unreinigkeit der Suͤnden wider das
ſechſte und ſiebende Gebot entgegen ſtehet.)

Anmerckung.

Der himmliſche Gnaden-Beruf wird in
der heiligen Schrift nach dem termino ad
quem,
nach der Sache, oder nach der Selig-
keit, wozu wir berufen werden, auf mancherley Art
benennt. Denn bald heißt es uͤberhaupt: wir
werden berufen zum Reiche GOttes, zum
Reiche der Gnade und der Herrlichkeit,

als zur geiſtlichen Vermaͤhlung und Hochzeit des
Lammes Matth. 22, 2. u. ſ. f. Offenb. 19, 7. bald
werden wir mit der Berufung auf die Ordnung
des Heyls
gefuͤhret, z. E. Wenn es heißt zur
Buſſe, zur Heiligung
berufen werden Matth.
9, 13. u. f. Ferner mit Benennung der Heyls-
Guͤter:
berufen werden zur Gemeinſchaft
Chriſti
1 Cor. 1, 9. zur geiſtlichen Erqvi-
ckung.
Matth. 11, 18. zum wunderbaren Lich-
te GOttes
1 Pet. 2, 9. zur Freyheit Gal. 5, 13.
Und da uns die Berufung auch zugleich auf unſere
Pflichten weiſet, ſo heißts berufen werden zur
Liebe
und zum Frieden Eph. 4, 4. Col. 3, 15.
auch zur Nachfolge Chriſti, ſonderlich im
Leiden. 1 Pet. 2, 21. u. f.

V. 8.

Wer nun (derohalben, da es mit unſerer
Berufung und dem kuͤnftigen Gerichte GOttes
eine ſolche Beſchaffenheit hat, wer) verachtet
(ja verwirft, ἀϑετῶν, die bisher gegebnen Gebote
und Ermahnung) der verachtet (eigentlich
und fuͤrnemlich) nicht Menſchen (als von wel-
chen das Geſetz nicht herruͤhret) ſondern GOtt,
der ſeinen Heiligen Geiſt gegeben hat in uns

(und uns dadurch tuͤchtig gemachet, das Wort
der Verſoͤhnung und Ermahnung vorzutragen:
aus deſſen Eingebung und Regierung wir reden,
ſchreiben und handeln: daher es einer nicht ſo
wol mit uns, als mit GOTT ſelbſt zu thun
hat.

Anmerckungen.

1. Ob gleich der Apoſtel von der Theſſalo-
nicenſiſchen Gemeine uͤberhanpt das herrlichſte
Zeugniß in den erſten Capiteln abgeleget hat, ſo
war er doch nicht ohne alle Beyſorge, daß ſich ei-
nige entweder ſchon damals funden, oder noch
kuͤnftig von der Art finden wuͤrden, daß ſie dieſer
ernſtlichen Warnung noͤthig hatten. Und alſo
zeiget er disfals an ſich einen rechten Character
von der Oeconomiſchen Klugheit eines recht-
ſchaffenen Lehrers, der auf allen Seiten die gehoͤ-
rige Vorſorge fuͤr ſeine Gemeine traͤget.

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wegen ein ſolches aͤuſſerliches Anſehen nicht, als

ſich
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[27/0029] C. 4. v. 6-8. an die Theſſalonicher. ſollen, das thut ihr ihnen; und alſo auch: alles, was ihr wollet, das euch die Leute nicht thun ſollen, das thut ihr ihnen auch nicht; das iſt das Geſetz und die Propheten, (ſo viel nemlich darinn die Vorſchrift von der Liebe ge- gen den Naͤchſten betrift,) Matth. 7, 12. 4. Gleichwie es auf Seiten des Verkaͤu- fers eine nicht geringe Suͤnde iſt, den Naͤchſten worinnen uͤberſetzen, oder auch auf dieſe und jene Art uͤbervortheilen, und ſich mit kahlen Entſchuldigungen, wo nicht bey andern, doch bey ſich ſelbſt behelfen, da man ſagt: giebt ers doch: geben es doch andere: ich kan ſo viel be- kommen; alſo iſt es auch gewiß eine nicht gerin- gere Suͤnde, wenn mancher Kaͤufer dem Ver- kaͤufer dis und das theils ohne allen ſeinen auch rechtmaͤßigen, zur Fuͤhrung ſeines Handels und ſeiner Haushaltung gehoͤrigen Vortheil, theils auch wol gar mit ſeinem Schaden, mit dem ſo gar genauen abdingen, faſt recht abdringet: zumal da ein Verkaͤufer ſich in ſolchen Umſtaͤnden be- ſindet, daß er des Geldes hoch benoͤthiget iſt, und alſo das Seinige ſo hingeben muß mit Kum- mer ſeines Hertzens, und hinter dem Kaͤufer her ſeuſfzet. Und noch aͤrger iſts, wenn man her- nach dieſes, daß man hie und da dis und das ſo und ſo wohlfeil an ſich gebracht hat, zur Regul machet, und es allezeit und bey iedermann dafuͤr haben will; daher es denn kommt, daß man- cher bey ſeiner Profeſſion mit aller ſeiner ſauren Arbeit kaum das liebe Brodt erwirbet. Es wird den Geitzhals gewiß nicht entſchuldigen, wenn er ſaget: ich kan es dafuͤr haben. Es geſchiehet auch nicht ſelten, daß ein Armer etwas, wel- ches er ſelbſt ſehr noͤthig haͤtte, aus Noth ver- ſtoſſen, und damit er nur bald zum Geld kom- me, es weit unter ſeinem Werth ausbieten muß. Was muß es nun nicht fuͤr eine ſchwere Suͤnde ſeyn, dem Duͤrftigen noch dazu ein mehrers ab- zudingen; da es des Wohlhabenden Pflicht iſt, jenem lieber ein mehrers zu geben, als er fo- dert; ja ihm lieber mit einiger Beyſteuer zu huͤlfe zu kommen, und das Seinige zu ſeiner eigenen Nothdurft wieder zuruͤck zu geben. 5. Der HERR iſt Raͤcher uͤber alle im Handel begangene Ungerechtigkeit, und zwar um ſoviel mehr, ſoviel weniger ſie vor menſchli- chem Gerichte pfleget angebracht, unterſuchet und beſtrafet zu werden. Es wird die gerechte Rache ſich zwar mit beſonderm Nachdruck aller- erſt am Juͤngſten Gericht aͤuſſern: allein es pfle- gen doch auch wol allerhand Vorgerichte vorher zu gehen; alſo daß ſich in manchen Stuͤcken der Fluch GOttes im beſondern Unſegen, wo nicht bey den erſten ungerechten Erwerbern, doch bey den Nachkommen hervor thut. 6. Man ſiehet, wie ſorgfaͤltig Paulus zu Theſſalonich nebſt den Evangeliſchen Glau- bens-Geheimniſſen und Heyls-Schaͤtzen auch die Lebens-Pflichten, wie uͤberhaupt, alſo auch beſonderer Staͤnde eingeſchaͤrfet habe, zum Exempel und Character eines rechtſchaffenen Lehrers. Er hat demnach, wenn er des vor- getragenen Evangelii gedencket, als c. 1, 5. c. 2, 4. 9. 13. das Geſetz gar nicht bey Seite geſetzet. V. 6. 7. Denn GOtt hat uns nicht berufen zur Unreinigkeit (ἐν ἀκαϑαρσίᾳ pro ἐις ἀκαθαρ- σίαν, die von GOtt geoffenbarete Religion fuͤh- ret nicht auf die Freyheit, oder vielmehr, Frech- heit zu ſuͤndigen; wie die Principia der Heydni- ſchen Abgoͤtterey thun,) ſondern zur Heiligung (wie uͤberhaupt, alſo inſonderheit zu derjenigen, welche der Unreinigkeit der Suͤnden wider das ſechſte und ſiebende Gebot entgegen ſtehet.) Anmerckung. Der himmliſche Gnaden-Beruf wird in der heiligen Schrift nach dem termino ad quem, nach der Sache, oder nach der Selig- keit, wozu wir berufen werden, auf mancherley Art benennt. Denn bald heißt es uͤberhaupt: wir werden berufen zum Reiche GOttes, zum Reiche der Gnade und der Herrlichkeit, als zur geiſtlichen Vermaͤhlung und Hochzeit des Lammes Matth. 22, 2. u. ſ. f. Offenb. 19, 7. bald werden wir mit der Berufung auf die Ordnung des Heyls gefuͤhret, z. E. Wenn es heißt zur Buſſe, zur Heiligung berufen werden Matth. 9, 13. u. f. Ferner mit Benennung der Heyls- Guͤter: berufen werden zur Gemeinſchaft Chriſti 1 Cor. 1, 9. zur geiſtlichen Erqvi- ckung. Matth. 11, 18. zum wunderbaren Lich- te GOttes 1 Pet. 2, 9. zur Freyheit Gal. 5, 13. Und da uns die Berufung auch zugleich auf unſere Pflichten weiſet, ſo heißts berufen werden zur Liebe und zum Frieden Eph. 4, 4. Col. 3, 15. auch zur Nachfolge Chriſti, ſonderlich im Leiden. 1 Pet. 2, 21. u. f. V. 8. Wer nun (derohalben, da es mit unſerer Berufung und dem kuͤnftigen Gerichte GOttes eine ſolche Beſchaffenheit hat, wer) verachtet (ja verwirft, ἀϑετῶν, die bisher gegebnen Gebote und Ermahnung) der verachtet (eigentlich und fuͤrnemlich) nicht Menſchen (als von wel- chen das Geſetz nicht herruͤhret) ſondern GOtt, der ſeinen Heiligen Geiſt gegeben hat in uns (und uns dadurch tuͤchtig gemachet, das Wort der Verſoͤhnung und Ermahnung vorzutragen: aus deſſen Eingebung und Regierung wir reden, ſchreiben und handeln: daher es einer nicht ſo wol mit uns, als mit GOTT ſelbſt zu thun hat. Anmerckungen. 1. Ob gleich der Apoſtel von der Theſſalo- nicenſiſchen Gemeine uͤberhanpt das herrlichſte Zeugniß in den erſten Capiteln abgeleget hat, ſo war er doch nicht ohne alle Beyſorge, daß ſich ei- nige entweder ſchon damals funden, oder noch kuͤnftig von der Art finden wuͤrden, daß ſie dieſer ernſtlichen Warnung noͤthig hatten. Und alſo zeiget er disfals an ſich einen rechten Character von der Oeconomiſchen Klugheit eines recht- ſchaffenen Lehrers, der auf allen Seiten die gehoͤ- rige Vorſorge fuͤr ſeine Gemeine traͤget. 2. Haben Chriſtliche Lehrer gleich von Rechts wegen ein ſolches aͤuſſerliches Anſehen nicht, als ſich D 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/29>, abgerufen am 23.11.2024.