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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 3. v. 7-12.
[Spaltenumbruch]

17. Mit dem Hertzen irren ist, mit den
Begierden des Hertzens, und mit dem Vertrau-
en von dem lieben GOTT abweichen und auf
sich selbst und auf die Creaturen ausser sich hin
und her gehen, und oft diese und sich selbst GOtt
vorziehen, und solchergestalt eine verborgene und
dabey recht arge Abgötterey treiben.

18. Um dieses geistlichen irre gehens we-
gen, da die Jsraeliten, an statt des geraden, lauter
krumme Wege giengen, ließ sie GOTT poe-
nam talionis
erfahren, das ist, er ließ sie auch
nicht den geraden Weg in das gelobte Land zie-
hen, sondern er führete sie durch lauter grosse
und lange, auch gar krumme, Umwege, und ließ
sie dazu bald hie bald da eine lange Zeit stille lie-
gen; gleichwie sie innerlich mit ihrem Hertzen so
viel falsche Ruhen suchten.

19. Bey solchen Jrrwegen ihres Hertzens
sahen sie zwar wol die Wege und Wercke GOt-
tes, welche er nach seiner Gnade und Barm-
hertzigkeit sehen ließ; wie es v. 9. heißt: aber
sie wusten, oder erkannten, sie doch nicht also,
wie sie dieselbe erkennen und zugleich anwen-
den solten. Und der Uberzeugung, die sie da-
von oftmals bekamen, widerstunden sie. Da-
her denn die Blindheit ihres Verstandes so groß
war, als die Bosheit ihres Willens. Und
demnach waren sie als Boshaftige gar nicht er-
leuchtet: wie denn kein beharrlich Boshaftiger
wahrhaftig erleuchtet seyn kan.

20. Der Schwur, oder Eyd GOttes,
findet sich 4 B. Mos. 14, 28. 29. So wahr
ich lebe, spricht der HERR, ich will euch
thun, wie ihr vor meinen Ohren gesaget
habt,
(daß ihr nicht in das gelobte Land ziehen
wollet, und daher auch nicht kommen sollet,)
eure Leiber sollen in dieser Wüsten verfal-
len, und alle, die ihr gezehlet seyd von 20.
Jahren und drüber, die ihr wider mich ge-
murret habt, sollet nicht in das Land kom-
men.
u. s. w. Siehe auch 5 B. Mos. 1, 34. u. f.
Da denn GOTT, wenn er etwas mit einem
Eyd-Schwur bezeuget, sich zu derselben Sache
Ausführung also verbindet, daß er sich auf die
Wahrheit seines Lebens, oder seiner Existentz,
beziehet: welches mehr ist, ale eine blosse Beja-
hung. Denn obwol auch diese unfehlbar ist;
so ist doch GOTT darinn der menschlichen
Schwachheit zu Hülfe gekommen, daß er es in
manchen Aussprüchen bey der blossen Bejahung
nicht gelassen, sondern eine solche Art der Ver-
sicherung gebrauchet hat, welche eine Aehn-
lichkeit hat mit einem unter Menschen ge-
wöhnlichen Eydschwur; davon aber doch son-
derlich darinnen unterschieden ist, daß, da
GOTT niemand über, oder neben sich hat, da-
bey er schweren könnte, er bey sich selbst schwe-
ret, das ist, sich auf die unläugbare Existentz
und Wahrheit seines Wesens und Lebens be-
ziehet. Siehe c. 6, 13. 14. Als GOtt dem A-
braham verhieß, da er bey keinem grössern
zu schweren hatte, schwur er bey sich selbst.

Und also ist aus solcher Bezeugung GOttes offen-
bar, daß die Uberzeugung von seiner Existentz
[Spaltenumbruch] bey allen Menschen, welche nicht gar gleichsam
zu Unmenschen worden sind, gantz unleugbar
sey.

21. Die Redens-Art: wo sie sollen hin-
ein kommen,
hat den Verstand einer sehr
scharfen Verneinung, und ist darunter zu verste-
hen, daß, so wenig GOtt aufhöre GOtt zu seyn,
so wenig soll es geschehen.

22. Durch die Ruhe wird das gelobte
Land
verstanden, als darinnen das Volck
Jsrael von seinen langwierigen Zügen, und vie-
len Beschwerlichkeiten solte zur äusserlichen Ru-
he, oder, nach der Intention GOttes, zum ru-
higen Besitz des ihren Vätern schon gelobten
Landes kommen, und daran ein beständiges
Denckmahl haben der geistlichen und ewigen Ru-
he. Welche der Meßias nennet seine Ruhe,
weil sie sein Geschenck und Gabe war, und als
aus seiner Segens-Hand solte angenommen
werden.

V. 12.

Darum (v. 7.) weil es den alten Jsraeli-
ten ihres Unglaubens wegen also ergangen ist,
der heilige Geist auch durch David im funf und
neuntzigsten Psalm die Application auf die
Zeiten des Meßiä gemachet hat) sehet zu (wen-
det nebst dem geistlichen Verstande alle eure von
GOTT geschenckte und leichtlich zu erhaltende
geistliche Kräfte des Willens, in genauer Wahr-
nehmung euer selbst, dazu an) lieben Brüder
(die ihr mit mir zur Gemeinschaft der Gnade ge-
kommen und Christi theilhaftig worden seyd v.
14.) daß nicht jemand (er selbst; da ein jeder
zuvorderst auf sich zu sehen hat, und denn auch
keiner von seinen Neben-Christen) unter euch
ein arges unglaubiges Hertz habe
(die noch
übrige Erbsünde dazu wieder überhand nehmen
lasse) das da abtrete von dem lebendigen
GOtt
(und vom Christenthum zum Judenthum,
oder zur rohen Welt falle. Siehe 5 B. Mos.
29, 18.)

Anmerckungen.

1. Gleichwie es möglich ist, daß ein Mensch
aus dem Stande der Gnade verfalle: also sie-
het man es auch leider an manchen Exempeln.
Und stehen uns darinnen sonderlich die alten
Jsraeliten vor Augen. Auch fehlet es daran lei-
der noch heute zu tage nicht. Welche betrübte
Exempel anderer einen billig sollen klug machen,
um das Aufsehen auf sich selbst getreulich und
zum öftern zu üben.

2. Zu diesem Aufsehen aber wird ausser der
beständigen Wachsamkeit auch eine absonder-
liche Sammlung seiner selbst erfodert, die man
zum öftern, etwa täglich einmal, zu widerhohlen
hat. Denn wenn man auch gleich überhaupt in
der Furcht GOttes wandelt, und dabey seiner
selbst wahrnimmt; so kömmt doch theils wegen
angeborner und noch übriger Unart, theils we-
gen äusserlicher Veranlassungen, der Zerstreu-
ungen und Ubereilungen so viel, daß man gar
leichtlich dadurch ausser einem lautern Umgan-
ge mit GOtt und Anhangen an GOTT gesetzet

und
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 3. v. 7-12.
[Spaltenumbruch]

17. Mit dem Hertzen irren iſt, mit den
Begierden des Hertzens, und mit dem Vertrau-
en von dem lieben GOTT abweichen und auf
ſich ſelbſt und auf die Creaturen auſſer ſich hin
und her gehen, und oft dieſe und ſich ſelbſt GOtt
vorziehen, und ſolchergeſtalt eine verborgene und
dabey recht arge Abgoͤtterey treiben.

18. Um dieſes geiſtlichen irre gehens we-
gen, da die Jſraeliten, an ſtatt des geraden, lauter
krumme Wege giengen, ließ ſie GOTT pœ-
nam talionis
erfahren, das iſt, er ließ ſie auch
nicht den geraden Weg in das gelobte Land zie-
hen, ſondern er fuͤhrete ſie durch lauter groſſe
und lange, auch gar krumme, Umwege, und ließ
ſie dazu bald hie bald da eine lange Zeit ſtille lie-
gen; gleichwie ſie innerlich mit ihrem Hertzen ſo
viel falſche Ruhen ſuchten.

19. Bey ſolchen Jrrwegen ihres Hertzens
ſahen ſie zwar wol die Wege und Wercke GOt-
tes, welche er nach ſeiner Gnade und Barm-
hertzigkeit ſehen ließ; wie es v. 9. heißt: aber
ſie wuſten, oder erkannten, ſie doch nicht alſo,
wie ſie dieſelbe erkennen und zugleich anwen-
den ſolten. Und der Uberzeugung, die ſie da-
von oftmals bekamen, widerſtunden ſie. Da-
her denn die Blindheit ihres Verſtandes ſo groß
war, als die Bosheit ihres Willens. Und
demnach waren ſie als Boshaftige gar nicht er-
leuchtet: wie denn kein beharrlich Boshaftiger
wahrhaftig erleuchtet ſeyn kan.

20. Der Schwur, oder Eyd GOttes,
findet ſich 4 B. Moſ. 14, 28. 29. So wahr
ich lebe, ſpricht der HERR, ich will euch
thun, wie ihr vor meinen Ohren geſaget
habt,
(daß ihr nicht in das gelobte Land ziehen
wollet, und daher auch nicht kommen ſollet,)
eure Leiber ſollen in dieſer Wuͤſten verfal-
len, und alle, die ihr gezehlet ſeyd von 20.
Jahren und druͤber, die ihr wider mich ge-
murret habt, ſollet nicht in das Land kom-
men.
u. ſ. w. Siehe auch 5 B. Moſ. 1, 34. u. f.
Da denn GOTT, wenn er etwas mit einem
Eyd-Schwur bezeuget, ſich zu derſelben Sache
Ausfuͤhrung alſo verbindet, daß er ſich auf die
Wahrheit ſeines Lebens, oder ſeiner Exiſtentz,
beziehet: welches mehr iſt, ale eine bloſſe Beja-
hung. Denn obwol auch dieſe unfehlbar iſt;
ſo iſt doch GOTT darinn der menſchlichen
Schwachheit zu Huͤlfe gekommen, daß er es in
manchen Ausſpruͤchen bey der bloſſen Bejahung
nicht gelaſſen, ſondern eine ſolche Art der Ver-
ſicherung gebrauchet hat, welche eine Aehn-
lichkeit hat mit einem unter Menſchen ge-
woͤhnlichen Eydſchwur; davon aber doch ſon-
derlich darinnen unterſchieden iſt, daß, da
GOTT niemand uͤber, oder neben ſich hat, da-
bey er ſchweren koͤnnte, er bey ſich ſelbſt ſchwe-
ret, das iſt, ſich auf die unlaͤugbare Exiſtentz
und Wahrheit ſeines Weſens und Lebens be-
ziehet. Siehe c. 6, 13. 14. Als GOtt dem A-
braham verhieß, da er bey keinem groͤſſern
zu ſchweren hatte, ſchwur er bey ſich ſelbſt.

Und alſo iſt aus ſolcher Bezeugung GOttes offen-
bar, daß die Uberzeugung von ſeiner Exiſtentz
[Spaltenumbruch] bey allen Menſchen, welche nicht gar gleichſam
zu Unmenſchen worden ſind, gantz unleugbar
ſey.

21. Die Redens-Art: wo ſie ſollen hin-
ein kommen,
hat den Verſtand einer ſehr
ſcharfen Verneinung, und iſt darunter zu verſte-
hen, daß, ſo wenig GOtt aufhoͤre GOtt zu ſeyn,
ſo wenig ſoll es geſchehen.

22. Durch die Ruhe wird das gelobte
Land
verſtanden, als darinnen das Volck
Jſrael von ſeinen langwierigen Zuͤgen, und vie-
len Beſchwerlichkeiten ſolte zur aͤuſſerlichen Ru-
he, oder, nach der Intention GOttes, zum ru-
higen Beſitz des ihren Vaͤtern ſchon gelobten
Landes kommen, und daran ein beſtaͤndiges
Denckmahl haben der geiſtlichen und ewigen Ru-
he. Welche der Meßias nennet ſeine Ruhe,
weil ſie ſein Geſchenck und Gabe war, und als
aus ſeiner Segens-Hand ſolte angenommen
werden.

V. 12.

Darum (v. 7.) weil es den alten Jſraeli-
ten ihres Unglaubens wegen alſo ergangen iſt,
der heilige Geiſt auch durch David im funf und
neuntzigſten Pſalm die Application auf die
Zeiten des Meßiaͤ gemachet hat) ſehet zu (wen-
det nebſt dem geiſtlichen Verſtande alle eure von
GOTT geſchenckte und leichtlich zu erhaltende
geiſtliche Kraͤfte des Willens, in genauer Wahr-
nehmung euer ſelbſt, dazu an) lieben Bruͤder
(die ihr mit mir zur Gemeinſchaft der Gnade ge-
kommen und Chriſti theilhaftig worden ſeyd v.
14.) daß nicht jemand (er ſelbſt; da ein jeder
zuvorderſt auf ſich zu ſehen hat, und denn auch
keiner von ſeinen Neben-Chriſten) unter euch
ein arges unglaubiges Hertz habe
(die noch
uͤbrige Erbſuͤnde dazu wieder uͤberhand nehmen
laſſe) das da abtrete von dem lebendigen
GOtt
(und vom Chriſtenthum zum Judenthum,
oder zur rohen Welt falle. Siehe 5 B. Moſ.
29, 18.)

Anmerckungen.

1. Gleichwie es moͤglich iſt, daß ein Menſch
aus dem Stande der Gnade verfalle: alſo ſie-
het man es auch leider an manchen Exempeln.
Und ſtehen uns darinnen ſonderlich die alten
Jſraeliten vor Augen. Auch fehlet es daran lei-
der noch heute zu tage nicht. Welche betruͤbte
Exempel anderer einen billig ſollen klug machen,
um das Aufſehen auf ſich ſelbſt getreulich und
zum oͤftern zu uͤben.

2. Zu dieſem Aufſehen aber wird auſſer der
beſtaͤndigen Wachſamkeit auch eine abſonder-
liche Sammlung ſeiner ſelbſt erfodert, die man
zum oͤftern, etwa taͤglich einmal, zu widerhohlen
hat. Denn wenn man auch gleich uͤberhaupt in
der Furcht GOttes wandelt, und dabey ſeiner
ſelbſt wahrnimmt; ſo koͤmmt doch theils wegen
angeborner und noch uͤbriger Unart, theils we-
gen aͤuſſerlicher Veranlaſſungen, der Zerſtreu-
ungen und Ubereilungen ſo viel, daß man gar
leichtlich dadurch auſſer einem lautern Umgan-
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[280/0282] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 3. v. 7-12. 17. Mit dem Hertzen irren iſt, mit den Begierden des Hertzens, und mit dem Vertrau- en von dem lieben GOTT abweichen und auf ſich ſelbſt und auf die Creaturen auſſer ſich hin und her gehen, und oft dieſe und ſich ſelbſt GOtt vorziehen, und ſolchergeſtalt eine verborgene und dabey recht arge Abgoͤtterey treiben. 18. Um dieſes geiſtlichen irre gehens we- gen, da die Jſraeliten, an ſtatt des geraden, lauter krumme Wege giengen, ließ ſie GOTT pœ- nam talionis erfahren, das iſt, er ließ ſie auch nicht den geraden Weg in das gelobte Land zie- hen, ſondern er fuͤhrete ſie durch lauter groſſe und lange, auch gar krumme, Umwege, und ließ ſie dazu bald hie bald da eine lange Zeit ſtille lie- gen; gleichwie ſie innerlich mit ihrem Hertzen ſo viel falſche Ruhen ſuchten. 19. Bey ſolchen Jrrwegen ihres Hertzens ſahen ſie zwar wol die Wege und Wercke GOt- tes, welche er nach ſeiner Gnade und Barm- hertzigkeit ſehen ließ; wie es v. 9. heißt: aber ſie wuſten, oder erkannten, ſie doch nicht alſo, wie ſie dieſelbe erkennen und zugleich anwen- den ſolten. Und der Uberzeugung, die ſie da- von oftmals bekamen, widerſtunden ſie. Da- her denn die Blindheit ihres Verſtandes ſo groß war, als die Bosheit ihres Willens. Und demnach waren ſie als Boshaftige gar nicht er- leuchtet: wie denn kein beharrlich Boshaftiger wahrhaftig erleuchtet ſeyn kan. 20. Der Schwur, oder Eyd GOttes, findet ſich 4 B. Moſ. 14, 28. 29. So wahr ich lebe, ſpricht der HERR, ich will euch thun, wie ihr vor meinen Ohren geſaget habt, (daß ihr nicht in das gelobte Land ziehen wollet, und daher auch nicht kommen ſollet,) eure Leiber ſollen in dieſer Wuͤſten verfal- len, und alle, die ihr gezehlet ſeyd von 20. Jahren und druͤber, die ihr wider mich ge- murret habt, ſollet nicht in das Land kom- men. u. ſ. w. Siehe auch 5 B. Moſ. 1, 34. u. f. Da denn GOTT, wenn er etwas mit einem Eyd-Schwur bezeuget, ſich zu derſelben Sache Ausfuͤhrung alſo verbindet, daß er ſich auf die Wahrheit ſeines Lebens, oder ſeiner Exiſtentz, beziehet: welches mehr iſt, ale eine bloſſe Beja- hung. Denn obwol auch dieſe unfehlbar iſt; ſo iſt doch GOTT darinn der menſchlichen Schwachheit zu Huͤlfe gekommen, daß er es in manchen Ausſpruͤchen bey der bloſſen Bejahung nicht gelaſſen, ſondern eine ſolche Art der Ver- ſicherung gebrauchet hat, welche eine Aehn- lichkeit hat mit einem unter Menſchen ge- woͤhnlichen Eydſchwur; davon aber doch ſon- derlich darinnen unterſchieden iſt, daß, da GOTT niemand uͤber, oder neben ſich hat, da- bey er ſchweren koͤnnte, er bey ſich ſelbſt ſchwe- ret, das iſt, ſich auf die unlaͤugbare Exiſtentz und Wahrheit ſeines Weſens und Lebens be- ziehet. Siehe c. 6, 13. 14. Als GOtt dem A- braham verhieß, da er bey keinem groͤſſern zu ſchweren hatte, ſchwur er bey ſich ſelbſt. Und alſo iſt aus ſolcher Bezeugung GOttes offen- bar, daß die Uberzeugung von ſeiner Exiſtentz bey allen Menſchen, welche nicht gar gleichſam zu Unmenſchen worden ſind, gantz unleugbar ſey. 21. Die Redens-Art: wo ſie ſollen hin- ein kommen, hat den Verſtand einer ſehr ſcharfen Verneinung, und iſt darunter zu verſte- hen, daß, ſo wenig GOtt aufhoͤre GOtt zu ſeyn, ſo wenig ſoll es geſchehen. 22. Durch die Ruhe wird das gelobte Land verſtanden, als darinnen das Volck Jſrael von ſeinen langwierigen Zuͤgen, und vie- len Beſchwerlichkeiten ſolte zur aͤuſſerlichen Ru- he, oder, nach der Intention GOttes, zum ru- higen Beſitz des ihren Vaͤtern ſchon gelobten Landes kommen, und daran ein beſtaͤndiges Denckmahl haben der geiſtlichen und ewigen Ru- he. Welche der Meßias nennet ſeine Ruhe, weil ſie ſein Geſchenck und Gabe war, und als aus ſeiner Segens-Hand ſolte angenommen werden. V. 12. Darum (v. 7.) weil es den alten Jſraeli- ten ihres Unglaubens wegen alſo ergangen iſt, der heilige Geiſt auch durch David im funf und neuntzigſten Pſalm die Application auf die Zeiten des Meßiaͤ gemachet hat) ſehet zu (wen- det nebſt dem geiſtlichen Verſtande alle eure von GOTT geſchenckte und leichtlich zu erhaltende geiſtliche Kraͤfte des Willens, in genauer Wahr- nehmung euer ſelbſt, dazu an) lieben Bruͤder (die ihr mit mir zur Gemeinſchaft der Gnade ge- kommen und Chriſti theilhaftig worden ſeyd v. 14.) daß nicht jemand (er ſelbſt; da ein jeder zuvorderſt auf ſich zu ſehen hat, und denn auch keiner von ſeinen Neben-Chriſten) unter euch ein arges unglaubiges Hertz habe (die noch uͤbrige Erbſuͤnde dazu wieder uͤberhand nehmen laſſe) das da abtrete von dem lebendigen GOtt (und vom Chriſtenthum zum Judenthum, oder zur rohen Welt falle. Siehe 5 B. Moſ. 29, 18.) Anmerckungen. 1. Gleichwie es moͤglich iſt, daß ein Menſch aus dem Stande der Gnade verfalle: alſo ſie- het man es auch leider an manchen Exempeln. Und ſtehen uns darinnen ſonderlich die alten Jſraeliten vor Augen. Auch fehlet es daran lei- der noch heute zu tage nicht. Welche betruͤbte Exempel anderer einen billig ſollen klug machen, um das Aufſehen auf ſich ſelbſt getreulich und zum oͤftern zu uͤben. 2. Zu dieſem Aufſehen aber wird auſſer der beſtaͤndigen Wachſamkeit auch eine abſonder- liche Sammlung ſeiner ſelbſt erfodert, die man zum oͤftern, etwa taͤglich einmal, zu widerhohlen hat. Denn wenn man auch gleich uͤberhaupt in der Furcht GOttes wandelt, und dabey ſeiner ſelbſt wahrnimmt; ſo koͤmmt doch theils wegen angeborner und noch uͤbriger Unart, theils we- gen aͤuſſerlicher Veranlaſſungen, der Zerſtreu- ungen und Ubereilungen ſo viel, daß man gar leichtlich dadurch auſſer einem lautern Umgan- ge mit GOtt und Anhangen an GOTT geſetzet und

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/282>, abgerufen am 23.11.2024.